Römisch-katholische Pfarrkirche Mariä Himmelfahrt
Die erste Erwähnung einer Kirche in Undenheim geht auf das Jahr 1184 zurück, als Papst Lucius III. (1097–1185; Amtszeit: 1181–1185) dem Mainzer Benediktinerkloster St. Alban den Besitz von 21 zugehörigen Kirchen bestätigte. [Anm. 1]
Das Patrozinium der katholischen Kirche lautet Mariä Himmelfahrt – allerdings erst seit etwa 1730. Im Mittelalter war aber schon die Muttergottes als Kirchen-und Ortspatronin bezeugt und die Kirche als Liebfrauenkirche bekannt. [Anm. 2]
Wegen ihrer guten Lage wurde — wahrscheinlich zur Zeit des Interregnums — eine Befestigung um den Kirchhof gebaut. Sie bot den flüchtenden Einwohnern Schutz vor Raubrittertum. Die Reste der Wehrmauer des Kirchhofs sind bis heute erhalten. [Anm. 3] Die Undenheimer Kirche lag – wie es aber in kaum einer rheinhessischen Ortschaft noch zu erkennen ist – am Ortsrand und war befestigt. Die befestigte Lage am Ortsrand macht die katholische Kirche in Undenheim zu einer der malerischsten Kirchen in Rheinhessen.
Der älteste Teil der Kirche ist der im gotischen Stil errichtete Chor. Er liegt höher als das Mittelschiff und endet in einem fünfseitigen Chorschluss mit hohen Maßwerkfenstern. Das mittlere Fenster war bis zur Restaurierung 1958 größtenteils zugemauert und wurde dann geöffnet. Der Zeitraum der Errichtung des Chors war bis zur Restaurierung von 1979 unklar. Genaue Angaben lieferte eine Rötelzeichnung, die am zweiten südlichen Strebepfeiler im Chor dabei freigelegt wurde. In einem Wappen sind Maurerwerkzeuge zu sehen und darunter die Jahreszahl 1523, die sich wohl auf die Fertigstellung des Chors bezieht. Stilistisch ist der Chor mit dem nur durch Zeichnungen überlieferten Chor der Stiftskirche St. Alban verwandt. Das dortige Stift hatte zur Entstehungszeit des Chors in Undenheim die Baupflicht inne. [Anm. 4]Über die Einrichtung der Kirche vor dem calvinistischen Bildersturm ist nichts bekannt. Mit Sicherheit hatte sie aber die für den liturgischen Gebrauch notwenige Ausstattung sowie einen Hochaltar und wahrscheinlich auch zwei Nebenaltäre, die Pfarrer Häffner noch zu Beginn des 18. Jahrhunderts vorgefunden hat.
Das Kirchenschiff ist im 18. Jahrhundert umgestaltet worden. Neben dem Einbau einer Spiegeldecke wurden rundbogige Fenster eingebaut. Die Spiegeldecke war ursprünglich stuckiert gewesen. Da sie im 19. Jahrhundert schadhaft war, hat man den Stuck entfernt und die Decke tiefergelegt, so dass sie heute die Spitze des Chorbogens überschneidet. [Anm. 5]
Während der Restaurierung der Kirche 1904/06, entdeckte man unter einer Steinplatte Teile eines Heiligen Grabes. Dabei handelt es sich um eine Skulptur den Leichnams Christi darstellend und Teile der in Reliefform ausgeführten Wächter. Es wird angenommen, dass die Gruppe gegen 1430 entstanden ist. Als im Zuge eines von Kurfürst Friedrich III. (1515-1576; 1559–1576) befohlenen Bildersturms (1563) alle Bilder in den Kirchen der Pfalz entfernt werden sollten, da ihre Verehrung den Calvinisten als „Teufelswerk“ galt, wurde das Heilige Grab gerettet, indem es vergraben wurde. [Anm. 6] 1926 wurden die Figuren als Leihgabe dem Dom- und Diözesanmuseum in Mainz überlassen. Seit 1964 befinden sie sich in der Nassauer Grabkapelle des Mainzer Doms. [Anm. 7] Der ursprüngliche Aufstellungsort in der Undenheimer Kirche wird von Hildegard Sobel in der mit einem flachen Bogen abschließende Nische, die sich neben dem Südportal befindet, vermutet. [Anm. 8]
Zwischen der Einführung des lutherischen Bekenntnisses durch Kurfürst Ottheinrich (1502-1559; Amtszeit:1556–1559) 1556 bis zu der Rückkehr des Kurfürsten Karl I. Ludwig (1617-1680; Amtszeit: 1649–1680) nach dem Dreißigjährigen Krieg 1650 gab es mindestens acht Änderungen des religiösen Bekenntnisses in Undenheim. Im Augsburger Religionsfrieden (1555) wurde beschlossen, dass der jeweilige Landesherr bestimmen konnte, welche Religion in seinem Territorium ausgeübt werden sollte. Folgte ein Untertan dieser Religion nicht, so wurde ihm freigestellt, in ein anderes Territorium auszuwandern. Ende des 17. Jahrhundert war die Kirche in Undenheim im simultanen Gebrauch zwischen reformierten und katholischen Christen. Unter dem katholischen Kurfürsten Johann Wilhelm von Pfalz-Neuburg (1658-1716, Amtszeit: 1690–1716) erfolgte nach vorangehenden Uneinigkeiten zwischen den Konfessionen die Kurpfälzische Religionsdeklaration (1705). Mit der Pfälzischen Kirchenteilung von 1707 fiel die Undenheimer Kirche der katholischen Gemeinde zu, einschließlich Pfarr- und Schulhaus. Die reformierte Pfarrei wurde nach Selzen verlegt. [Anm. 9]
Während der Pfälzischen Kirchenteilung 1705/06 wurden die Kirchen im kurpfälzischen Amt Oppenheim, zu dem Undenheim gehörte, unter den Religionsgemeinschaften aufgeteilt. Die Kirche von Undenheim war unter den im guten Bauzustand befindlichen Kirchen gelistet. Neben Undenheim erhielten die katholischen Christen im Amt auch die Kirchen von Spiesheim, Gau-Weinheim, Weinolsheim, Wintersheim und Eimsheim. Manche Kirchen, wie Bechtolsheim und Gau-Odernheim, wurden geteilt. [Anm. 10]
Obwohl bereits seit 1686 die Franziskanermönche aus dem Kloster in Oppenheim die Hl. Messe in Undenheim und Umgebung lasen, wurde der erste katholische Pfarrer nach der Glaubensspaltung nicht ein Franziskaner- sondern ein Benediktinermönch aus dem Kloster St. Jakob in Mainz. Es handelte sich um Pater Pantaleon Häffner (1671–1745), der 1695 zum Priester ordiniert wurde und seit 1702 Pfarrer und Verwalter in Schornsheim war. Daraus erfolgte ein Rechtsstreit mit dem Franziskanerkloster in Oppenheim. Man argumentierte nicht unbegründet, dass die Franziskaner aus Oppenheim schon seit längerer Zeit die Gegend um Undenheim pastorierten und sie deshalb den Anspruch hätten, den ersten katholischen Pfarrer nach der Glaubensspaltung in Undenheim zu stellen. Obgleich Pantaleon Häffner sowohl vom pfälzischen Kurfürsten als auch von der Mainzer erzbischöflichen Vikarie als Pfarrer eingesetzt worden war – mit der Begründung, dass Undenheim und Umgebung von Schornsheim aus besser zu verwalten war als vom weitab im Rheintal gelegenen Oppenheim – legte das Franziskanerkloster beim Kurfürsten Johann Wilhelm in Düsseldorf und bei der kurpfälzischen Regierung in Heidelberg Beschwerde ein. Die katholischen Bewohner Undenheims baten inständig um Pater Häffner als Pfarrer, denn während die Franziskaner aus Oppenheim allein sonntags die Hl. Messe lasen, kam Häffner auf seinem Pferd auch unter der Woche mehrmals nach Undenheim, um dort die Sterbenden mit den Sakramenten zu versehen, Kranke zu besuchen und Seelsorge zu leisten. Nach einem Vergleich über die Pfarreinkünfte 1708 wurde der gerichtliche Streit 1711 beigelegt und Pfarrer Häffner in Undenheim eingesetzt. [Anm. 11]
Pfarrer Häffner setzte sich tatkräftig für die Instandsetzung und Ausstattung der Kirche ein. In einem Eintrag von 1732 im Kirchenbuch beschreibt er den Zustand der Kirche bei seiner Ankunft: Als ich hierher kam fand ich überhaupt nichts an Paramenten, die Kirche glich einem Stall. [Anm. 12] Durch einzelne Wohltäter und durch Initiative des Pfarrers konnten mehrere wichtige Anschaffungen getätigt werden. 1709 ließ Pfarrer Häffner aus eigenen finanziellen Mitteln einen steinernen Seitenaltar und den Taufstein errichten. Den kupfernen Kessel dazu beschaffte der katholische Schulmeister Johann Peter Hubernagel. 1714 wurde das Kirchengestühl aus der Kirchenkasse bezahlt. Dazu schreibt Häffner in lateinischer Sprache: 1714: In hoc anno sunt … scamna pro navi ecclesiae comparata sunt. [Anm. 13] 1727 wurden wiederum Kirchenbänke angeschafft. Es handelt sich dabei wahrscheinlich um die heute noch vorhandenen. [Anm. 14] Das elegante Kirchengestühl mit den schön verzierten geschweiften Bankwangen ist sehr wahrscheinlich aus einer anderen Kirche aufgekauft worden, denn gerade der obere Abschluss im Knorpelwerk-Stil war im Gegensatz zum üblichen Akanthus-Werk zu Beginn des 18. Jahrhunderts als Dekorationsform außer Gebrauch gekommen. Spätestens gegen 1690 kommt das Knorpelwerk aus der Mode. Hildegard Sobel äußert bereits die stilistisch begründete Vermutung der Herkunft des Gestühls aus einer anderen Kirche in ihrer Studie zu den Kirchenbänken im Gebiet des Mittelrheins. [Anm. 15] Die Bankwangen des Kirchengestühls in Undenheim sind an den Rändern von Knorpelwerk verziert. Im unteren Bereich sind gegenständige Tierprotome zu sehen. Die Qualität der Bankwangen ist beachtlich, so dass es durchaus möglich erscheint, dass sie von einer der Mainzer Kirchen stammen, die zu Beginn des 18. Jahrhunderts neue Bänke beschaffen hatte. 1738 wurde auch ein Gestühl für den Schultheißen und die Schöffen angeschafft, das unter der Orgelempore seinen Platz fand.
Das Hauptstück der Kirchenausstattung war der 1725 errichtete Hochaltaraufbau. Er wurde von Gottfried Langwerth von Simmern (1669–1741) gestiftet. Er war Weihbischof in der Diözese Regensburg, besaß einen Gutshof in Undenheim und war deshalb mit der katholischen Gemeinde eng verbunden. Es ist überliefert, dass Pfarrer Häffner einen Riß für den Hochaltar vorgelegt hatte, den aber Weihbischof Langwerth von Simmern zu aufwendig fand. Er begründete es damit, dass es noch viele bedürftige Kirchen gebe, weshalb man nur das Nötigste aufgreifen solle. Man könne den Altar auch zu einem späteren Zeitpunkt aufwendiger verzieren, Der Altar solle ein Kruzifix tragen, darunter Maria als Patronin der Kirche von Undenheim sowie der Hl. Johannes. Der Preis pro Schuh an Bildhauerarbeit betrug 2 ½ Gulden. Mit dem Gesamtpreis von 110 Gulden war Weihbischof Langwerth von Simmern einverstanden. [Anm. 16]
Die Skulpturen des Gekreuzigten Heilands, der schmerzhaften Muttergottes und des Hl. Johannes wurden vom Bildhauer Martin Biterich (1691–1759) in Mainz gefertigt und geliefert. [Anm. 17] Es handelt sich um große qualitätvolle Figuren. Maria steht in betender gefasster Haltung zur rechten Christi. Zwischen ihren Handflächen hält sie das Tränentuch, die einzige Spur von Trauer bei ihr. Auf der anderen Seite blickt der klagende Johannes zum Kreuz herauf. Auf seiner Stirn zeichnen sich deutliche Sorgenfalten ab. In seiner rechten Hand hält er ein Buch an seine Hüfte gedrückt. Das Attribut ist ein Hinweis auf seine spätere Tätigkeit als Verfasser des Johannes-Evangeliums. Der gekreuzigte Heiland folgt den typischen Varianten des Kruzifixus von Martin Biterich, wie sie in vielen Kirchen der Gegend zu finden sind. Eine ähnliche Kreuzigungsgruppe hatte Martin Biterich bereits für den Hochaltar der Kirche von Laumersheim (1721) geschaffen. [Anm. 18] Mit noch größerer Virtuosität sollte Martin Biterich eine Kreuzigungsgruppe für den Hochaltar der katholischen Kirche von Hattenheim ausführen. Die Ausstattung dieser Kirche ist 1740 entstanden. [Anm. 19] Dort ist die Gruppe noch durch die weinende Hl. Maria Magdalena ergänzt. In Sandstein gearbeitet befindet sich eine Kreuzigungsgruppe von Martin Biterich in der katholischen Kirche von Gonsenheim und eine in St. Nikolaus in Kamp (1716, mit Signatur von Martin Biterich). [Anm. 20] Eine verkleinerte Variante der Undenheimer Kreuzigungsgruppe befindet in der katholischen Kirche von Winnweiler, wobei der Kruzifixus allerdings nicht von Martin Biterich stammt. [Anm. 21] Aus dem ehemaligen Franziskanerkloster in Bad Kreuznach stammt ebenfalls eine Kreuzigungsgruppe, die ehemals den Hochaltar der Klosterkirche zierte und sich heute in der katholischen Kirche Hl. Kreuz befindet.[Anm. 22] Eine Vorgängergruppe der Undenheimer Kreuzigung steht auf dem 1720 errichteten Hochaltar der St. Barbara-Kapelle in Oberursel. Interessant sind die eben genannten Gruppen deshalb, weil Maria und Johannes in diesen Gruppen nahezu identisch ausgeführt sind. Da es sich bei der Gruppe in Undenheim um Hochaltarfiguren handelt, ist sie freilich größer ausgefallen. Der Hochaltar wurde leider zwischen 1906 und 1912 abgerissen und durch einen angekauften wesentlich kleineren im neugotischen Stil gestalteten Nebenaltar aus der katholischen Kirche St. Jakob in Saarbrücken ersetzt, wo er 1886 aufgestellt und bereits 1906 wieder verkauft worden war. Den Altar aus Saarbrücken zieren u.a. Stuckfiguren der heiligen Evangelisten Johannes, Lukas, Markus und Matthäus. Der Umgestaltung des Chorraums voran ging eine Predigt des Dekans Werner anlässlich der Renovierung der Kirche und der darin den alten barocken Hochaltar kritisierte. [Anm. 23] Er könne an Schönheit und Würdigkeit nicht den geringsten Anspruch machen und sei für den gotischen Chor völlig unpassend und stilwidrig. [Anm. 24] Mit solchen Aussagen wurde die Kunst des 18. Jahrhunderts in Misskredit gebracht und daraus erfolgten zahlreiche Vernichtungsaktionen gegen Barock- und Rokoko-Altäre. Insbesondere das Argument der Stilwidrigkeit tauchte als Kritikpunkt immer wieder auf. Der Hochaltar war jedoch schon zuvor bearbeitet, verkürzt und verändert worden, so dass er nicht mehr das Erscheinungsbild seiner Entstehungszeit hatte. Insbesondere vermisst man auf alten Fotografien das für Altäre des frühen 18. Jahrhunderts typische Obergeschoss, das zu dem Zeitpunkt bereits fehlte. Andererseits hatte sich Weihbischof Langwerth von Simmern für eine schlichte Ausführung des Retabels ausgesprochen, so dass es durchaus möglich ist, dass der Altarbauer einen bewusst schlichten und einfachen Aufbau gefertigt hatte.
Die Figuren des alten Hochaltars, die Kreuzigungsgruppe von Martin Biterich wanderte 1912 auf einen Balken am Chorscheitel und schließlich bei der Renovierung 1958 an die nördliche Seitenwand des Kirchenschiffs. [Anm. 25] Zwar sind die Figuren beim Eintreten in die Kirche ein Blickfang, doch sie kommen im Allgemeinen kaum zur Geltung. Zudem kommt erschwerend hinzu, dass die Nordseite einer Kirche den Wettereinflüssen mehr ausgesetzt ist als andere Teile der Kirche. Die Figuren haben deshalb unter der Feuchtigkeit sehr zu leiden. Es wäre wünschenswert, dass diese hochwertige Bildhauerarbeit Martin Biterichs, wenn sie schon ihren ursprünglichen Bestimmungsort verloren hat, doch wenigstens einen ihr würdigen und angemessenen Platz erhalten würde.
Als der Chorraum 1906 umgestaltet wurde, hat man auch die Chorfenster angeschafft. [Anm. 26] Die schönen Buntglasfenster mit religiösen Motiven sind meist von einheimischen Familien oder Gruppen gestiftet worden. In Rheinhessen sind solche Kirchenfenster in recht hoher Zahl erhalten. Ihnen ist allen gemeinsam, dass sich die Stifter der Fenster in einem Rahmen unter dem Bildmotiv zu erkennen geben. Die vielen Beispiele aufzuzählen macht hier keinen Sinn. In unmittelbarer Nähe zu Undenheim hat die katholische Kirche von Friesenheim Fenster mit Heiligenmotiven und Stifterinschriften.
Die zwei Fenster in Undenheim zeigen biblische Szenen, links die Epiphanie Christi und rechts die Schlüsselübergabe an den Hl. Petrus. Letzteres Fenster verdient besondere Aufmerksamkeit. Neben den Hauptakteuren Jesus Christus und Petrus sind die zwei Lieblingsjünger Jesu Johannes und Jakobus der Ältere dargestellt. Hinter ihnen ist ein mit zum Gebet gefalteten Händen die Szene betrachtender Prälat ohne Heiligenschein dargestellt. Es handelt sich um den Mainzer Bischof Georg Heinrich Maria Kirstein (1858–1921; Amtszeit: 1904–1921). Die Umschrift lautet: Du bist Petrus und auf diesem Felsen will ich meine Kirche bauen (MT 16). Bischof Kirstein ist nach einer zeitgenössischen Fotografie von ihm dargestellt. Die Stifter des Fensters haben sich unterhalb der Szene verewigt. Dort steht: Gest. v. d. Fam. Bruiard u. Lahr. Die Familie Lahr erschien erstmals 1714 im katholischen Kirchenbuch. Der Familienvater Hermann Lahr war Bäcker. Noch 1706 ließ er ein Kind reformiert taufen, was darauf hinweisen könnte, dass die Familie daraufhin zum katholischen Glauben konvertiert ist. [Anm. 27] Das Fenster mit der Epiphanie Christi ist von der Familie des Johannes Frank gestiftet. Die Inschrift zeigt den in lateinischer Sprache verfassten Psalm Reges Tharsis et insulae munera offerent. Der Psalm ist der Eingangspsalm zum Fest der Hl. Drei Könige und Epiphanie. So sind diese Fenster ein beeindruckendes Zeugnis frommer Stiftungen der Vergangenheit. Im 1729 verfassten Visitationsbericht gibt P. Häffner an, dass die Kirche in Undenheim drei Altäre besaß. Den Hochaltar zu Ehren der Allerseligsten Jungfrau Maria und zwei kleine Nebenaltäre zu Ehren der Hl. Katharina von Alexandria und der Hl. Barbara von Nikomedien. Die Statue der Hl. Barbara war 1727 von einem Stiftsherrn namens Beer aus Mainz gestiftet worden. [Anm. 28]
1763 befahl die Geistliche Administration in Heidelberg das Dach des Kirchenschiffs zu reparieren und wiederherzustellen. Die Arbeiten dauerten bis 1765.Während der Arbeiten waren durch Regen, Schnee und Handwerker die Kirchenstühle verdorben, die Kanzel völlig zerschlagen, die Seitenaltäre zerstückelt, die Orgel und ihr Gehäuse ruiniert worden. [Anm. 29] Als Ersatz für die Seitenaltäre erwarb die katholische Kirchengemeinde 1767 zwei Altäre zum Preis von 70 Gulden aus der Mainzer Augustinerkirche. Der Augustinerorden hatte einen kompletten Kirchenneubau geplant und bot die abgängigen Altäre zu kleinen Beträgen ärmeren Pfarreien zum Kauf an. Die zwei erworbenen Seitenaltäre waren 1716 konsekriert worden und allen Heiligen sowie der Hl. Anna geweiht. Wohl mit dem Allerheiligen-Altar kamen die Figuren der 14 Nothelfer nach Undenheim. Mit dem St. Anna-Altar kam auch eine Sitzfigur der Hl. Anna in die Kirche von Undenheim. Die 14 Nothelfer wurden auf beide Altaraufbauten verteilt.[Anm. 30] Die Nothelfer-Figuren werden der Werkstatt von Johann Kaspar (1710–1755) und Sebastian Hiernle (1705–1755) zugeschrieben.[Anm. 31] Sie sind von der Qualität her etwas niedriger als die von den Hiernle-Brüdern gefertigte Gruppe in St. Peter in Mainz.[Anm. 32] Allerdings sind auch diese Figuren elegant bewegt und zeugen von der hervorragenden Arbeit der Werkstatt Hiernle. Sie sind auch ein Zeugnis der jahrhundertealten Verehrung der 14 Nothelfer im deutschen Sprachraum und auch im kurmainzischen Gebiet, wovon die Wallfahrten auf dem St. Jakobsberg bei Ockenheim oder zur Kapelle im Lennebergwald bei Gonsenheim zeugen.[Anm. 33] Einen Überblick über einige Nothelfergruppen am Mittelrhein gibt Hildegard Sobel. Dort sind auch die Figuren in Undenheim aufgeführt.[Anm. 34]
In formaler Hinsicht harmonierten die Seitenaltäre gut mit dem Hochaltar und seinem runden Aufbau. Der rechte Altar erhielt im 19. Jahrhundert eine Skulptur des Hl. Joseph mit dem Jesusknaben, die sich heute noch in der Kirche befindet. Im linken Altar fand die Statue der Maria Immaculata ihren Platz, die ehemals in der Mitte der Kirche hing. [Anm. 35] 1907 wurden die Figuren der 14 Nothelfer restauriert und neu bemalt. [Anm. 36] Nachdem der Hochaltar 1909 durch den Altar aus Saarbrücken ersetzt worden war, fielen die Seitenaltäre nach und nach dem Stilempfinden der Neugotik einerseits sowie dem modernen Zeitgeist andererseits zum Opfer. Zuerst wurde der St. Anna-Altar durch ein neugotisches Retabel ersetzt, der 1909 in Auftrag gegeben wurde, aber – aufgrund von Geldmangel – erst 1926 vollendet war. [Anm. 37] Der Anna-Altar wurde mit der Figur der Hl. Anna versehen, durch eine kleinere als Maria gedeutete Heiligenfigur ergänzt und an die Seitenwand des Kirchenschiffs gestellt. Ins neugotische Retabel kamen die Nothelfer-Figuren zusammen mit der Maria Immaculata, wie das heute noch zu sehen ist. Im Gesprenge des Retabels war eine Muttergottes von Lourdes zu sehen, die heute in der Sakristei steht. Das Gesprenge wurde bei der Renovierung 1958 entfernt. Der neugotische Seitenaltar, der durchaus seine künstlerische Qualität hat, wurde durch diese Verstümmelung seiner Wirkung vollends beraubt. Der rechte Seitenaltar wurde nicht entfernt und so standen sich ein neugotischer Altar und ein barocker Altar gegenüber, was freilich keinen harmonischen Anblick bot. Der rechte Seitenaltar wurde bei der Renovierung 1958 entfernt, so dass die Skulptur des Hl. Joseph heute vor der nackten Wand steht.
Die Skulptur der Maria Immaculata stammt – wie die Kreuzigungsgruppe – aus der Werkstatt des Martin Biterich in Mainz. Der Nachfolger von Panthaleon Häffner wurde der aus dem Kloster St. Jakob in Mainz stammende Benediktinerpater Placidus Schmitt (1717–1793). Seine Schwester Maria Margarete Schmitt stiftete 1749 ein vergoldetes Muttergottesbild, das in der Mitte der Kirche hing. Der Bildhauer Johann Martin Schwank in Mainz vergoldete die Statue 1777 in Mainz neu. Eine fast gleiche Immaculata von Martin Biterich befindet sich in der katholischen Kirche von Niederwalluf. Während der Renovierung von 1979 hat man die originale Farbfassung der Figur rekonstruiert. Dabei kommen die eleganten Blütenmuster, die Maria auf ihrem Gewand trägt und die Martin Biterich selbst in das Holz graviert hat, schön zur Geltung. [Anm. 38]
Die Renovierung 1958 brachte es mit sich, dass der neugotische Seitenaltar verstümmelt wurde, der rechte Seitenaltar komplett entfernt wurde und der Anna-Altar im Kirchenschiff an die katholische Kirche von Offenheim gegeben wurde, wo er heute etwas verändert steht. Die Skulptur der Hl. Anna blieb allerdings in Undenheim. In Offenheim stellte man eine Figur der Maria Immaculata in die Nische. [Anm. 39]
Die zerschlagene Kanzel hatte viel durch Regen und Schnee gelitten, da sie an der Schwelle zum Chorraum stand. Wegen der Uneinigkeit, wer denn eine neue Kanzel zu bezahlen hätte, verzögerte sich die Anschaffung einer neuen Kanzel bis ins Jahr 1786. Es wurde der Heidelberger Schreiner Traschus mit der Anfertigung einer neuen Kanzel im frühklassizistischen Stil beauftragt. Ebenso wurde ein neuer Beichtstuhl in Auftrag gegeben. Die Kanzel wurde in den 1970er Jahren entfernt. [Anm. 40]
Wohl auch aus der Augustinerkirche stammt die Figur der Hl. Anna. Sie wird dem Bildhauer Martin Biterich zugeschrieben, vereinigt allerdings wenige Merkmale der Kunst dieses Bildhauers. Vielmehr verweisen die mandelförmigen und leicht nach unten gezogenen Augen der Heiligen auf Gesichtszüge, die der Kunst des Aschaffenburger Bildhauers Anton Wermerskirch (1654–1728) zu eigen sind. [Anm. 41] Die kleine weibliche Heilige bei der Hl. Anna muss nicht zwingend Maria sein. Es widerspricht dem Darstellungstopos Maria im Zusammenhang mit ihrer Mutter Anna als kleinformatige Figur darzustellen. Zudem ist die Figur zu klein, so dass ihr im 19. Jahrhundert ein Sockel beigegeben wurde, um sie auf adäquate Höhe zu heben. Es spricht also nichts dafür in der kleinen Gestalt Maria zu erblicken. Vielmehr könnte es sich bei der kleinen Statuette um eine Figur handelt, die schon immer in Undenheim gewesen ist. Mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit ist eine Märtyrerin dargestellt, die etwas in ihrer rechten Hand hielt. Möglicherweise handelt es sich um die Figur einer der beiden kleinen Nebenaltäre. Vielleicht ist das die Figur der Hl. Barbara, die 1727 gestiftet wurde? Stilistisch lässt sich noch kein konkreter Künstler für die Figur benennen. Eventuell kommt Christian Rosaller aus Mainz in Frage.
Mit all diesen Veränderungen wurde die barocke Prägung der Undenheimer Kirche fast restlos zerstört. Mit einer.nahezu unerklärlichen Neuerungssucht sind zahlreiche Zeugnisse der katholischen Geschichten Undenheims verlorengegangen. Es wäre wünschenswert gewesen, wenn sich die Gemeinde wenigstens bemüht hätte, die letzte neugotische Ausstattung zu erhalten. Stattdessen ist der neugotische Nebenaltar zerstückelt worden. Immerhin hat sich der Hochaltar aus St. Jakob in Saarbrücken erhalten, der dem Chorraum zusammen mit den farbenfrohen Chorfenstern ein ansprechendes Ensemble bildet. Nun wäre es zu wünschen, dass der neugotische Nebenaltar wieder sein Gesprenge erhalten würde und eine Art Schrein für die Josephs-Figur an der gegenüberliegenden Stirnwand gefunden werden könnte. So könne immerhin ein einheitliches Erscheinungsbild geschaffen werden, der den Verlust der wertvollen Barockaltäre zwar nicht wiedergutmachen kann, aber doch zu einer Harmonie des Kirchenraums führen könnte.
Ein manchmal übersehenes Kleinod bemerkt man beim Verlassen der Kirche neben der Eingangstür an der Wand: Ein eher kleinformatiges Gemälde aus dem 18. Jahrhundert, das die Himmelfahrt Mariens zeigt. Es hing früher an der Orgelempore und wurde nach einer zeitweiligen Unterbringung im Pfarrhaus an die südliche Seitenwand neben dem Eingang gehängt. [Anm. 42]
Nachweise
Verfasser: Alexander Wißmann M.A.
Verwendete Literatur:
- Curschmann, Dieter: Von der Frankenzeit bis zur Franzosenzeit. Kleine Geschichte Undenheims. In: 1200 Jahre Undenheim. 767-1967. Beiträge zur Geschichte des Dorfes. Hrsg. v. der Gemeinde Undenheim. Oppenheim. 1967.
- Curschmann, Dieter: Geschichte von Kirche und Schule in Undenheim. In: Katholische Pfarrei Undenheim (Hrsg.): Festschrift zur Restaurierung der katholischen Pfarrkirche Undenheim 1976–1979, Undenheim 1979.
- Döry, Ludwig Baron: Anton Wermerskirch. Bildhauer von Aschaffenburg. Ein Beitrag zur Kunstgeographie des Barock. In: Kunst in Hessen und am Mittelrhein, Darmstadt 1969, S. 73–95.
- Döry. Ludwig Baron: Der Mainzer Barockbildhauer Martin Biterich. In: Mainzer Zeitschrift 66, 1971, S. 9–59.
- Döry, Ludwig Baron: Sebastian und Johann Kaspar Hiernle. Mainzer Bildhauer der zweiten Generation. In: Mainzer Zeitschrift 84/85, S. 209–238.
- Döry, Ludwig Baron: Altäre und Statuen des Barock in Kreuznach. In: Archiv für mittelrheinische Kirchengeschichte 53, 2001, 301–348.
- Feußner, Christof; Schneider, Anja: Flehlappe, Käsbrot und Batzekuche. Wallfahrten und Andachtsstätten in der Stadt Mainz. Neues Jahrbuch für das Bistum Mainz. Beiträge zur Zeit- und Kulturgeschichte der Diözese, Mainz 2000.
- Hellmeister, Gerhard: Die Jakobsberger Wallfahrten – Streiflichter durch drei Jahrhunderte. In: Der Jakobsberg. Berg – Wallfahrt – Kloster – Aus Ockenheim, Band 2, St. Ottilien 1987, S. 89–106.
- Huyer, Michael; Krienke, Dieter: Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland. Kulturdenkmäler in Rheinland-Pfalz 20.1. Kreis Alzey-Worms, Worms 2013.
- Sobel, Hildegard: Nothelferdarstellungen im Mainzer Raum. In: Kunst und Kultur am Mittelrhein, Worms 1982, S. 298–310.
- Sobel, Hildegard: Barocke Kirchenbänke im Gebiet des Mittelrheins. In: Mainzer Zeitschrift 92/93, 1997/98, S. 27–56.
- Wißmann, Alexander: Tota pulchra est Maria. Martin Biterich und die Immaculata von Obermoschel. In: Donnersberg-Jahrbuch 38, 2015, S. 134–139.
Aktualisiert am: 11.05.2018.
Anmerkungen:
- Siehe Curschmann 1979, S. 43. Zurück
- Siehe a.a.O., S. 44. Zurück
- Siehe ders. 1967, S. 14. Zurück
- Siehe Sobel 1979, S. S. 179f. Zurück
- Siehe a.a.O., S. 180. Zurück
- Siehe Curschmann 1979, S. 48f. Zurück
- Siehe a.a.O., S. 49. Zurück
- Siehe Sobel 1979, S. 180. Zurück
- Siehe Curschmann 1967, S. 15f. Zurück
- Siehe ders. 1979, S. 57f. Zurück
- Siehe a.a.O., S. 71. Zurück
- A.a.O., S. 74. Zurück
- Sobel 1997/98, S. 29. Übers. In diesem Jahr sind Bänke für das Schiff der Kirche gekauft worden. Zurück
- Siehe Curschmann 1979, S. 74. Zurück
- Siehe Sobel 1997/98, S. 29. Zurück
- Siehe Curschmann 1979, S. 75. Zurück
- Zu Martin Biterich vgl. Döry 1971. Die Figuren in Undenheim sind im Werkverzeichnis auf S. 40. Die Datierung des Hochaltars von Undenheim konnte Döry nicht gekannt zu haben, denn er lässt die Figuren undatiert und die Undenheimer Festschrift ist einige Jahre nach dem Aufsatz von Döry erschienen. Zurück
- Siehe a.a.O., S. 38. Zurück
- Siehe a.a.O., S. 39. Zurück
- Siehe a.a.O., S. 38. Zurück
- Siehe a.a.O., S. 41. Zurück
- Siehe a.a.O., S. 39 sowie Döry 2001, S.309. Zurück
- Siehe Curschmann 1979, S. 90. Zurück
- Ebd. Zurück
- Siehe ebd. Zurück
- Siehe a.a.O., S. 92. Zurück
- Siehe a.a.O., S. 98. Zurück
- Siehe a.a.O., S. 75. Zurück
- Siehe a.a.O., S. 89. Zurück
- Siehe Sobel 1979, S. 181. Zurück
- Siehe Döry 1984/85, S. 239. Zurück
- Siehe a.a.O., S. 235ff. Zurück
- Siehe Feußner, Schneider 2000, S. 89ff. sowie Hellmeister 1987, S. 89ff. Zurück
- Siehe Sobel 1982, S. 298–310; Undenheimer Nothelferfiguren, S. 303f. Zurück
- Siehe dies. 1979, S. 181f. Zurück
- Siehe Curschmann 1979, S. 90. Zurück
- Siehe a.a.O., S. 90f. Zurück
- Siehe Wißmann 2015, S. 137. Zurück
- Siehe Huyer, Krienke 2013 S. 320. Zurück
- Siehe Curschmann 1979, S. 90. Zurück
- Siehe Döry 1969, S. 77. Zurück
- Siehe Sobel 1979, S. 185. Zurück