Wolfsheim in Rheinhessen

Das sogenannte „Fürstengrab“ von Wolfsheim

Die Funde des sogenannten "Fürstengrabes" von Wolfsheim. Oben ist der dreiteilige Goldhalsring zu sehen. Unterhalb des Halsringes befindet sich Amulett mit der Inschrift auf der Rückseite. Links ist oben die goldene Fibel zu sehen, darunter der Handgelenkring. Rechts sind die beiden Goldschnallen zu sehen, in der Mitte der Solidus des Valens und darunter der Schwertanhänger aus Bernstein.[Bild: IGL-Bildarchiv]

Im Jahr 1870 wurde in Wolfsheim in der Nähe eines römischen Gräberfeldes ein Grab gefunden, welches durch seine reichen Beigaben aus Edelmetall Bekanntheit erlangte. Die Funde wurden in mehreren Etappen in die Sammlung Nassauischer Altertümer eingeliefert und sind somit heute im Besitz des Landesmuseums in Wiesbaden. Die Fundumstände selbst sich dabei unklar, da bei der Bergung kein Bericht angefertigt wurde. 1923 stellte der damalige Direktor des Römisch-Germanischen Zentralmuseums in Mainz Nachforschungen in Wolfsheim an und kam zu dem Schluss, dass die Grabbeigaben wahrscheinlich zwischen Oberhilbersheimer und Mainzer Weg, in der Gewann „In der Hohl“ bei landwirtschaftlichen Arbeiten hochgepflügt wurden.[Anm. 1]

Bei den Funden handelte es sich im Einzelnen um einen dreiteiligen Goldhalsring mit Tierköpfen als Verzierung, eine goldene Fibel, zwei Goldschnallen, einem goldenen Handgelenkring, einen Schwertanhänger aus Bernstein und ein goldenes Amulett mit Almandineinlagen – einer Granatart, also einem Edelstein.[Anm. 2] Datiert wurde das Grab anhand eines ebenfalls gefundenen Solidus des römischen Kaisers Valens (364-378 n. Chr.).[Anm. 3] Der goldene Handgelenkring ist ein Hinweis auf einen hohen sozialen Rang, den der Bestattete zu Lebzeiten besaß.[Anm. 4] Dies lässt sich durch die reichen Edelmetallbeigaben aber ohnehin vermuten. Der Bestattete wird in der Forschung als möglicher Führer eines mit den Römern verbündeten Germanenstammes aus Ostgermanien identifiziert.[Anm. 5] Die ethische Zugehörigkeit des Toten lässt sich dabei nicht mit Sicherheit herausfinden, aber die gefundenen Goldschnallen lassen auf Kontakte zum mittleren Donauraum/Pannonien – Gebiet des heutigen Westungarn bis Wien – schließen und auch die goldene Fibel ist ein Produkt aus Ostgermanien.[Anm. 6] Da der „Fürst“, wie bereits beschrieben, bei einem römischen Gräberfeld entdeckt wurde, geht Bernhard davon aus, dass dieses Gräberfeld zu einem Gutshof gehörte, in dem der hier Bestattete wohnte. Sicher zu belegen ist dies aber nicht.[Anm. 7] Sollte es sich tatsächlich um einen germanischen Föderaten der Römer handeln, der im Kontext einer villa rustica gefunden wurde, so wäre dies der einzige Fund in diesem Kontext mit einer Datierung nach 400 n. Chr.[Anm. 8]

Weitere spätantike Grabfunde aus den Gewannen „Auf der Platte“ und „Im Weiler“, sowie der Fund einer weiteren Goldschnalle in der Nähe der Fundstelle des „Fürstengrabes“, deuten auf die Existenz weiterer Gutshöfe im spätantiken Wolfsheim hin. Diese Grabfunde waren zwar bei weitem nicht so reich ausgestattet wie der erste Fund, aber die hier gefundenen Glasbeigaben lassen auch bei den Bewohnern jener Höfe auf einen gewissen Reichtum schließen.[Anm. 9]

Der bekannteste Fund in dem zuvor beschriebenen „Fürstengrab“ ist das goldene Amulett mit Almandineinlagen. Auf der Rückseite des Amulettes befindet sich eine mittelpersische Inschrift: „Artachschatar“. Übersetzt nennt diese Inschrift den Namen Ardaschir. Dabei handelt es sich entweder um Ardaschir I. (224-239/40 n. Chr.), den Gründer des Sasanidenreiches in Persien, oder um Ardaschir II. (379-383 n. Chr.), einer seiner Nachfolger.[Anm. 10] Es handelt sich bei dem Amulett somit um eine sasanidische Arbeit. Quast konnte nachweisen, dass es sich bei dem Amulett ursprünglich um eine Verschlussplatte eines persischen Manschettenarmbandes handelte.[Anm. 11] Der Bestattete ließ sich die Platte dann aber umarbeiten, indem er einen herzförmigen Anhänger anbringen ließ. Er nutzte es dann auch nicht mehr als Armband, sondern trug es als Amulett.[Anm. 12] Aufgrund der Inschrift wird das Armulett ins 4. oder sogar ins späte 3. Jahrhundert n. Chr. datiert. Sollte in der Inschrift Ardaschir I. genannt sein, so war das Amulett bereits 100 Jahre alt, als der „Germanenfürst“ es mit ins Grab nahm.[Anm. 13]

Nachweise

Verfasser: Lutz Luckhaupt

Verwendete Literatur:

  • Bernhard, Helmut: Germanische Funde der Spätantike zwischen Straßburg und Mainz. SJ 38 (1982), S. 72-109.
  • Quast, Dieter: Das „Pektorale“ von Wolfsheim, Kr. Mainz-Bingen. Germania 77, 2 (1999), S. 705-718.
  • Rupprecht, Gerd. Wolfsheim. „Fürstengrab“. In: Heinz Cüppers (Hrsg.): Die Römer in Rheinland-Pfalz. Stuttgart 1990, S. 672.

Erstellt am: 10.01.2017

Anmerkungen:

  1. Bernhard, Helmut: Germanische Funde der Spätantike zwischen Straßburg und Mainz. SJ 38 (1982), S. 72-109, hier S. 82. Zurück
  2. Ebd., S. 82 und 84. Zurück
  3. Rupprecht, Gerd. Wolfsheim. „Fürstengrab“. In: Heinz Cüppers (Hrsg.): Die Römer in Rheinland-Pfalz. Stuttgart 1990, S. 672. Zurück
  4. Bernhard, S. 82. Siehe auch Quast, Dieter: Das „Pektorale“ von Wolfsheim, Kr. Mainz-Bingen. Germania 77, 2 (1999), S. 705-718, hier S. 706. Zurück
  5. Rupprecht, S. 672. Siehe auch Quast, S. 705 und Bernhard, S. 82. Zurück
  6. Quast, S. 705. Zurück
  7. Bernhard, S. 82. Zurück
  8. Ebd., S. 82. Zurück
  9. Ebd., S. 85. Zurück
  10. Quast, S. 706. Es gab auch noch einen sasanidischen Herrscher namens Ardaschir III. Dieser regierte aber im 7. Jhd. n. Chr. und kommt zeitlich somit nicht in Frage. Zurück
  11. Ebd., S. 710 und 712. Zurück
  12. Ebd., S. 708. Zurück
  13. Ebd., S. 709. Zurück