Flurschützen
Unter der Aufsicht der Baumeister übten die vereidigten Flurschützen die Kontrolle in der Gemarkung aus. Von ihnen wurde erwartet, dass sie regelmäßig die Fluren durchwanderten. Sie waren dafür verantwortlich, dass Wiesen, Felder, Früchte, Obstbäume, Gartengewächse, Hecken und Zäune in ordnungsgemäßem Zustand blieben. Sie hatten darauf zu achten, dass keine unrechten Wege und Stege angelegt wurden. Verstöße mussten sie dem Bürgermeister melden. Trafen sie Vieh, das die Flur schädigte oder auf fremder Weide graste, waren sie berechtigt, dieses Vieh zu pfänden.[Anm. 1]
Den beiden Flurschützen,[Anm. 2] die im Jahr 1463 zum ersten Mal in den Schriftquellen auftauchen,[Anm. 3] zahlte die Stadt ein Grundgehalt. Da sie viel "auf Schusters Rappen" unterwegs waren, spendierte ihnen die Stadt darüber hinaus jedes Jahr ein neues Paar Schuhe.[Anm. 4]
Die Schützen hatten vor allem auf Holzfrevel[Anm. 5] zu achten. Auch Felddiebstahl galt der Herrschaft als schwere Straftat. Manchmal versahen die Schützen ihr Amt zu nachlässig,[Anm. 6] dann wieder schossen sie in ihrem Pflichteifer über das Ziel hinaus und betätigten sich nach der Feststellung von Unregelmäßigkeiten gleich selbst als Vollzugsbeamte, obwohl ihnen eine solche "Polizeigewalt" von Amts wegen nicht zustand.[Anm. 7]
Anfang des 18. Jahrhunderts nahm die Stadt ihre Bürger in die Pflicht. Wer immer einen Schaden in der Gemarkung entdeckte, musste dies dem Bürgermeister anzeigen. Bei Zuwiderhandlung drohte Bestrafung.[Anm. 8] Diese allgemeine Anzeigepflicht der Bürger resultierte vor allem daraus, dass das Schützenamt äußerst unbeliebt war und nicht konsequent ausgeübt wurde. Es nahm viel Zeit in Anspruch, die Gemarkung zu durchwandern. Zudem liefen die Schützen ständig Gefahr, einen Freund oder Nachbarn anzeigen zu müssen, wollten sie nicht selbst bestraft werden. Als sich 1734/35 kein Bewerber für das Schützenamt meldete, musste der neue Bürgermeister ein Jahr lang diese Aufgabe selbst übernehmen.[Anm. 9] In ihrer Not ging die Stadt dazu über, die Flurschützen einfach zu bestimmen.[Anm. 10] Wer dann das Amt ablehnte, musste vier Gulden Entschädigung in die Stadtkasse zahlen.[Anm. 11]
Im Jahr 1793 wurde den mittlerweile vier Flurschützen jeweils ein bestimmtes Revier zugewiesen.[Anm. 12] Nach einem Magistratsbeschluss vom 10. Januar 1794 zahlte jeder Bürger, der nicht bereit war, das Amt des Schützen ein Jahr lang auszuüben, eine Pauschale von neun Gulden.[Anm. 13] Ähnliche Regeln galten auch für Neubürger.[Anm. 14] Mit diesem Geld wurden dann die Stadtschützen durch die Stadt entlohnt. Auch dank dieser Reform konnte in der Folgezeit das Schützenamt wieder mehr oder weniger problemlos besetzt werden.[Anm. 15]
Das Amt des Flurschützen überdauerte die politischen Veränderungen des späten 18. Jahrhunderts. Bis 1839 lassen sich Hachenburger Flur- bzw. Feldschützen belegen.[Anm. 16] Nach Heuzeroth[Anm. 17] waren es Flurschützen, die im Jahr 1888 als hauptamtliche Nachtwächter nachts durch die Stadt patrouillierten.
Nach dem 2. Weltkrieg wurde dem städtischen Flurschützen Becker gekündigt, da die Besetzung des Amtes nicht mehr für notwendig erachtet wurde. Dem 2. Flurschützen war wenig zuvoir bereits gekündigt worden.[Anm. 18]
Redaktioneller Hinweis: Die hier vorgestellten Ausführungen sind inhaltliche Ergänzungen und Erweiterungen der entsprechenden Abschnitte des Buches „Geschichte der Stadt Hachenburg“. Die zugehörigen Basis-Informationen sind u.U. nur in der Druckausgabe zu finden. Die Inhalte dieser Seiten entsprechen also nicht denjenigen des Buches.
Anmerkungen:
- HHStAW Abt. 360 Hachenburg Nr. 10 pag. 44. Zurück
- 1495/96 gab es zwei Flurschützen (Söhngen S. 454f.). Zurück
- Rechnung des Bürgermeisters Heinrich Webach gen. Weschbach 1463/64 (HHStAW Abt. 1098 Nr. I, 98). Zurück
- Söhngen S. 386ff. Zurück
- 1551/1552 erwischten die Schützen Hunchen, den Sohn Henrichs, der mit dem Wagen unerlaubt Holz aus der Flur "Roden klebe" holte. Er musste 1 Gulden Strafe bezahlen (Söhngen S. 51). Zurück
- Die gräfliche Kanzlei ordnete am 27.8.1625 an, die Schützen sollten besser aufpassen. Wer bei Felddiebereien erwischt würde, sollte in Haft genommen und am Schnapf "gewässert" werden (Söhngen S. 110). 1627 ordnete Graf Ernst an, Felddiebe als abschreckendes Beispiel "am Leibe" zu strafen (Söhngen S. 110). Zurück
- Am 13.6.1654 wird berichtet, dass die Flurschützen die Übeltäter selbst gepfändet hatten. Die Stadt bat die Herrschaft, dagegen vorzugehen und die Schützen aufzufordern, keine Pfändungen mehr bei den Bürgern vorzunehmen. Graf Salentin Ernst entschied, solange die Bürger maßvoll Holz hauten und Eichen und Buchen verschonten, sollte nicht gepfändet werden (HHStAW Abt. 360 Hachenburg Nr. 3). Zurück
- HHStAW Abt. 360 Hachenburg Nr. 10 pag. 24ff. Zurück
- 1760/61 Kilian Wilhelm Rüb ist "heimlicher Schütze" und wird von der Stadt bezahlt (Söhngen S. 151). Zurück
- 1773 mussten die Flurschützen "ernannt" werden. Das Amt mussten junge Bürger gegen geringen Lohn übernehmen (Söhngen S. 161ff.). Zurück
- Söhngen S. 130 zum Jahr 1733/3429ff. Zurück
- Als Schützen waren Zeppenfeld, Hatterod, Fuhr und Salterbach genannt. Dem ersten wurde der Bereich vom Untertor rechter Hand die Baum- und Grabgärten entlang bis zum Nisterpfad sowie die Felder von der Locherwiese bis zur Nister, unten hinaus die Straße bis zum Eisenweg zugewiesen. Der zweite Flurschütze ging vom Untertor links der Gärten vom Bachweg an, die Krummewiese bis zum Dorf Altstadt, die Felder hinter Altstadt bis zur Hauptstraße und unten hinaus zum Eisenweg. dem dritten oblag das Gebiet von der Trifft unter der Freiheit, die Freiheit selbst, der ganze Rothenberg, oberhalb dem Schafstall hinaus, die Gärten vom Bachweg bis zum Obertor, sodann die Gärten, Felder und Wiesen bis zum Weg aus der Stadt an den Steinbruch. Der Vierte kümmerte sich um die Gärten rechts des Nisterpfads, die Lochwiese bis zur Nister, den Mittelberg, die Holtzbach, Arfelden, die Nisterwiesen, die Felder rechts bis an den Weg zum Steinbruch. (Söhngen S.183; Gensicke, Geschichte S. 47). Zurück
- Stadtrechnung von 1802 (HHStAW Abt. 224 Nr. 4659). Zurück
- Am 3.1.1777 beschloss man "nach reiflicher Überlegung", dass fortan jeder neu aufgenommene Bürger vier Reichstaler für die Ablösung des Schützendienstes zu zahlen hatte (Söhngen S. 166f.). Zurück
- 1784 wurde dem Flurschützen Engelbert Enderlein das Schützenamt wegen Pflichtverletzung abgenommen und dem Kilian Kayser übertragen (Söhngen S. 173f.). Zurück
- 1825 gab es zwei Flurschützen (HHStAW Abt. 224 Nr. 4665 Stadtrechnung 1825), ebenso 1830 (HHStAW Abt. 224 Nr. 4668 Stadtrechnung 1830). 1839 wurde beim Herbsten ein dritter Schütze angestellt (HHStAW Abt. 224 Nr. 4674 Stadtrechnung 1839). Zurück
- Heuzeroth, Ahle Verzellcher Nr. VI von März 1952. Zurück
- Stadtratssitzungsprotokoll vom 5.8.1947 (StAH Abt. C-13 Nr. 60). Zurück