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Kommunikation als Lebensform. Kuriale in Thüringen vom 13. bis zum 16. Jahrhundert

von Robert Gramsch

Der Aufstieg des römischen Papsttums im Hochmittelalter, die Ausweitung seines Geschäftsfeldes auf vielfältigste geistliche und weltliche Belange im gesamten abendländischen Orbis Christianus, die Erweiterung des Papsthofes, der curia Romana, zu einer leistungsfähigen kirchlichen „Zentralbehörde“ – diese dem Historiker allgemein geläufigen Entwicklungen stellten die römische Kirche vor eine in dieser Form neuartige Aufgabe: die Sicherstellung einer im Vergleich zu früher enorm verdichteten Kommunikation zwischen Zentrum und Peripherie.[Anm. 1] Neben die hochrangigen päpstlichen Legationen, neben die Romfahrten von Herrschern und Prälaten, trat zu nehmend eine Kommunikation auf immer niedrigerer Ebene. Je unscheinbarer die Angelegenheiten, die da vor die Kurie gebracht werden sollten, desto unscheinbarer die Personen, die über die Alpen zogen – man gewinnt zuweilen den Eindruck, als hätte es im Spätmittelalter kaum noch ein "Priesterlein" gegeben, das sich nicht ein- oder mehrmals nach Rom aufmachte, beträchtliche Mühen und Risiken dabei nicht scheuend. Erinnert sei hier nur an den Erfurter Chronisten Konrad Stolle, ein von seinem Pfründenbesitz her alles andere als prominenter Geistlicher, der zur Zeit Pius' II. mehrere Jahre an der Römischen Kurie zugebracht hat: Als er im Winter 1477 wieder einmal nach Rom zog, kamen er und sein Begleiter im Thüringer Wald in einen tiefen Schnee und wären wohl verloren gewesen, wenn sie sich nicht an eine Fuhrwerkkolonne hätten anhängen können, in deren Wagengeleisen sie vorwärts kamen.[Anm. 2] Und erinnert sei auch an den jungen Mönch Martin Luther, der in Begleitung eines Ordensbruders 1511 in die Ewige Stadt kam, um einen Prozeß an der Römischen Rota, dem kurialen Gerichtshof zu füh ren.[Anm. 3] Doch nicht um solche Romreisenden in eigener Sache wird es im folgenden gehen, son dern um "professionelle" Verbindungsleute und unter ihnen vor allem um die Kurialen, diejeni gen Kleriker also, die tatsächlich oder zumindest ehrenhalber zum kurialen Personal gehörten, zu einem Personenverband also, der sich seinerseits aus vielen verschiedenen Rängen – vom Kar dinal bis hinab zum Briefboten – zusam mensetzte, und der etwa im 14. Jahrhundert um die 1.000 Personen umfaßte.[Anm. 4] Wer diese Verbindungsleute waren und wie die Bedingungen ihres Wirkens sich seit etwa 1200 gestalteten, soll hier mit Blick vornehmlich auf die Verhältnisse einer deutschen Provinz, Thüringen, näher dargestellt werden.

Kennzeichnend für das 13. Jahrhundert ist, dass sich der Kontakt zwischen der Kurie und Deutschland immer dann intensivierte, wenn die Zeichen der politischen Großwetterlage auf Sturm standen, beginnend mit dem staufisch-welfischen Thronstreit. Unter den Deutschen, die im Pontifikat Innozenz' III. und seines Nachfolgers Honorius' III. dem kurialen Umfeld angehörten, finden wir auch einen ersten "waschechten" Thüringer aus prominentem Hause: Wilbrand von (Schwarzburg-)Käfernburg, Domherr von Magdeburg und Propst des Stiftes Bibra, der zuerst 1209 als päpstlicher Subdiakon genannt wird.[Anm. 5] Vom Papst persönlich geweiht, exemt von bischöflicher Jurisdiktion und zumindest ehrenhalber der päpstlichen Kapelle angehörend, hatte er eine privilegierte Position inne, die nicht gering zu achten ist. Päpstlichen Subdiakonen und Kaplänen konnte eine wichtige Vermittlerrolle zwischen Kurie und Peripherie zukommen, da für durften sie sich im Gegenzug berechtigte Hoffnungen auf Karriere in der kirchlichen Hierarchie machen. Erst ab der Mitte des 13. Jahrhunderts erlebte diese Position durch eine gewisse "Vermassung" eine Abwertung.[Anm. 6] Freilich ist bei Wilbrand nichts von größerer Kuriennähe zu bemerken, so dass wir annehmen müssen, dass seine Ernennung doch nur ehrenhalber, mit Blick auf seinen Halbbruder, den Erzbischof Albrecht von Magdeburg, erfolgte.[Anm. 7]

Gehen wir in der Liste der Kurialen in Thüringen weiter, kommen wir zu einem interessanteren Fall: Am 2. März 1221 erhielt Rainald von Puzalia, päpstlicher Subdiakon und Propst von St. Severi in Erfurt, von Honorius III. Dispens wegen Pfründenhäufung gewährt.[Anm. 8] Dieser Rainald ist nun freilich kein Thüringer, aber er hat lange Jahre die Propstei zu St. Severi innegehabt, was ihn in unser Blickfeld treten läßt.[Anm. 9] Sein Herkunftsort ist wahr scheinlich Pozzaglia Sabina, ein heute unbedeutendes Dorf im mittleren Apennin, im Ein zugs bereich des Klosters Farfa gelegen.[Anm. 10] Suchen wir nach Gründen für seine "Verpflanzung" nach Deutschland, so sticht zunächst ein weiterer Beleg zu seiner Person vom Juni des selben Jahres 1221 ins Auge: Damals fällte der Papst eine salomonische Entscheidung in einem Prozeß zwischen Rainald und dem päpstlichen Kaplan Alatrin um eine Pfründe am St. Kastorstift Koblenz.[Anm. 11] Diese Angelegenheit läßt tief blicken, ist doch Alatrin kein anderer als der kuriale Diplomat, der dem jungen Friedrich II. "auf die Finger sehen" sollte und der insbe sondere bei den Vorgängen um die Wahl Heinrichs (VII.) eine prominente Rolle spielte.[Anm. 12] Auch Alatrin bemühte sich um deutsche Pfründen, hatte aber trotz seiner politischen Bedeutung einige Male das Nachsehen: Die Propstei von St. Kastor, die er in diesen Jahren beanspruchte, konnte er gegen einen einheimischen Kandidaten nicht behaupten und vorher waren bereits Vorstöße Innozenz' III. und Honorius' III. fehlgeschlagen, ihn als Nachfolger Engelberts von Berg, des neuen Kölner Erzbischofs, in der Propstei des altehrwürdigen Reichsstifts St. Marien in Aachen unterzubringen.[Anm. 13] So finden wir Alatrin seit 1225 wieder in Italien, wo er mit weiteren päpstlichen Missionen betraut wurde. Wenig bekannt war allerdings bisher, dass er, genau wie Rainald, im Erzbistum Mainz doch eine Propstei erwerben konnte, nämlich um 1219 im Kollegiatstift St. Marien in campis nahe Mainz.[Anm. 14] Wenn auch Friedrich II. nicht bereit gewesen war, Alatrin in Aachen zu unterstützen, so gelang es diesem doch immer hin, sich in Mainz als Protegé Erzbischof Siegfrieds II. von Eppstein zu etablieren.[Anm. 15]

Bei Rainald von Puzalia haben wir nun offenbar einen Parallelfall vor uns. Auch er muß, obgleich darüber keine expliziten Nachrichten vorliegen, als Kontaktmann zwischen dem Papst und Siegfried II. von Eppstein, dem Erzbischof und päpstlichen Legaten, fungiert haben.[Anm. 16] Spätere Erwähnungen seiner Person zeigen deutlich, dass er sowohl bei den Mainzer Oberhirten als auch bei den Päpsten eine Vertrauensstellung ge noß. So ist er im Umfeld des Mainzer Erzbischofs in den 1220-er Jahren des öfteren als Zeuge genannt.[Anm. 17] Begegnet er 1233 auch als Domherr zu Mainz,[Anm. 18] so verdient seine Nennung als Propst des Salvatorstifts in Frankfurt 1235 besondere Beachtung.[Anm. 19] Vorbesitzer der Propstei war der 1230 zum Erzbischof erhobene Siegfried III. von Eppstein, ein Neffe Siegfrieds II. Wenn dessen wertvollste Pfründe nun an Rainald überging, so sagt dies über Rainalds Verhältnis zu dem im Erzbistum unangefochten führenden Adelsgeschlecht viel aus.[Anm. 20] Er hat in Frankfurt nachgerade als "Platz halter" für die Familie fungiert, denn sein Nachfolger wurde später wiederum ein Eppsteiner.[Anm. 21] In Frankfurt selbst hat sich Rainald Verdienste erworben beim Neubau der Stiftskirche, die 1239 am St. Bartholomäustag neu geweiht wurde.[Anm. 22]

Die Bepfründung Rainalds in Erfurt muß ebenfalls auf Initiative der Mainzer Erzbischöfe geschehen sein. Insbesondere Siegfried II. residierte gerne hier, obwohl er sich in Thüringen gewissermaßen in einem feindlichen Umfeld befand, denn mit den thüringischen Landgrafen lebten er und seine Nachfolger in einem dauernden Spannungsverhältnis. Gerade 1218/19 war der Konflikt um die Wiederverleihung der Mainzer Kirchenlehen eskaliert.[Anm. 23] Als im April 1220 auf dem Frankfurter Hoftag der Erzbischof und der Landgraf jeweils mit zahlreichem Gefolge wieder zusammentrafen, drohte offener Streit, was – so die Darstellung Friedrichs II. in seinem Brief an Honorius III. – die versammelten Fürsten dazu bewog, den jugendlichen Heinrich (VII.) entgegen aller früheren Absprachen zwischen Friedrich und dem Papst zum König zu wählen.[Anm. 24] Thüringisch-mainzische Querelen störten die päpstlichen Pläne – es mochte sinnvoll sein, da einen päpstlichen Kaplan vor Ort zu haben!

In den 1230-er Jahren ist Rainald mehrmals als Exekutor päpstlicher Mandate bezeugt, eine typische Aufgabe für Kleriker, die gute Beziehungen zur Kurie besaßen und dabei gleichzeitig mit den Gegebenheiten vor Ort vertraut waren (besonders häufig kam unter Gregor IX. der ehemalige Kreuzzugsprediger und päpstliche Pönitentiar, Bischof Konrad II. von Hildesheim, zum Einsatz). So sollte Rainald 1233 im St. Florinstift Koblenz einem gewissen Deodat, dem nepos des verstorbenen päpstlichen Notars Gottfried, zu einer Pfründe verhelfen, die diesem schon früher verliehen worden war, die er aber nicht hatte in Besitz nehmen können, da ihm das Kapitel die Pfründe "unter Todesdrohungen verweigerte, so dass er schimpflich und unter hohen Kosten in die Heimat zurückkehren mußte".[Anm. 25] Es wird sich bei diesem Deodat ebenfalls um einen Italiener gehandelt haben, der die üblichen Abstoßungsreaktionen des einheimischen Klerus erleben mußte, und dem sein Landsmann nun helfen sollte – freilich mit ganz ungewissem Ausgang.[Anm. 26] Rainalds Todeszeitpunkt ist unbekannt, als termini post und ante quem lassen sich nur die Jahreszahlen 1240 und 1253 angeben. Es ist wohl eher unwahrscheinlich, dass er an dem „Endkampf“ des mit dem Erzbischof verbündeten Papstes gegen die Staufer noch einen Anteil hatte.

Ein Italiener als Propst in Erfurt – diese Konstellation sollte sich erst im ausgehenden 14. Jahrhundert wiederholen! Doch noch von einem anderen Erfurter Prä laten der aus gehenden Stauferzeit, diesmal von einem Deutschen, ist die Mitgliedschaft in der päpstlichen Kapelle bezeugt, nämlich von Propst Hermann von St. Marien, der ungefähr zwischen 1242 und 1248 amtierte und welcher am 29. Januar 1247 in einem Schreiben Innozenz' IV. als päpstlicher Kaplan bezeichnet wird. Über seine Person wissen wir wenig – er war als Marienpropst und Domdekan von Mainz jedenfalls eine führende Persönlichkeit des Erzstifts.[Anm. 27] Bezeichnend ist der Zeitpunkt seiner Erwähnung: Nur wenige Tage später verstarb auf der Wartburg der „Pfaffenkönig“ Heinrich Raspe.[Anm. 28] Das Bündnis zwischen Innozenz IV. und dem thüringischen Land grafen um 1245/46 hatte einen für die damaligen Verhältnisse – und über die nächsten 100 Jahre hinaus – singulären „Boom“ thüringischer Kurialer mit sich gebracht.

Die Kommunikation zwischen dem Landgrafen und dem Papst, die sich im März 1244 schlag artig intensivierte und die bald darauf so weitreichende politische Folgen haben sollte, mußte ja irgendwie abgewickelt werden. Eine große Bedeutung kam hierbei augenscheinlich Deutschordensbrüdern zu, insbesondere solchen aus dem den Ludowingern eng verbundenen Haus Marburg.[Anm. 29] Doch hat sich Heinrich Raspe in seinen Verhandlungen mit dem Papst nicht nur auf Deutschordensbrüder gestützt, sondern offenbar auch auf Weltkleriker, von denen mindestens drei, vielleicht noch mehr, auf seine persönliche Verwendung hin in die päpstliche Kapelle aufgenommen wurden:[Anm. 30] Der Halberstädter Domherr und Kleri ker des Land grafen Otto von Vippach erlangte diese privilegierte Stellung 1245. 1246 kam Hermann von Anhalt hinzu, ein Verwandter Raspes, Kanoniker und später Propst in Halberstadt. Dass solche Kaplans ernennungen ein Politikum waren, zeigt ein Brief des Papstes an Heinrich Raspe, er habe des sen Bitte entsprochen, einen Verwandten – wahrscheinlich Hermann, viel leicht aber auch ein anderer – in die Kapelle aufzunehmen.[Anm. 31] Und noch greifbarer wird dies bei Hermann von Wildberg, der im Oktober 1246 zum päpstlichen Sub diakon ernannt wurde.[Anm. 32] Dessen Vater und Bruder, fränkische Grafen, die ihrerseits auch noch päpstliche Exemtionsprivilegien erhielten, waren zuvor bei der Königs wahl Raspes in Veitshöchheim anwesend gewesen.[Anm. 33] Hermann ist von den Genannten übrigens der Einzige, der auch später noch an der Kurie aktiv tätig nach gewiesen werden kann, nämlich min destens noch bis 1249.[Anm. 34] In den anderen Fällen sieht es hingegen eher so aus, als wäre die Er nennung zum Kaplan vor allem ehrenhalber erfolgt, um die feste Bindung zwischen dem Papst und dem König zu manifestieren und die genannten Kleriker gesondert zu privilegieren. Nach Heinrich Raspes Tod setzte sein Erbe, Markgraf Heinrich der Erlauchte, diese Tradition fort, als er 1252 den Parteiwechsel auf die päpstliche Seite vollzog. Auch er schickte Kleriker nach Rom und ließ sich seine Parteinahme mit politischen Zugeständnissen vergelten, während seine Gesandten, etwa der Magister und spätere "decretorum doctor" Heinrich von Kirchberg (bei Jena), unter den päpstlichen Subdiakonen Aufnahme fanden.[Anm. 35]

Mit dem endgültigen Sieg des Papsttums über seine staufi schen Konkurrenten endete die erste kleine Blütezeit der thüringischen Kurialen. Die Bande zwischen dem thüringisch-mittel deutschen Raum und Rom lockerten sich, da keiner mehr des anderen bedurfte. Thüringen ordnete sich hier in einen gesamtdeutschen Trend ein, der auch etwa bei den Bistumsbesetzungen deutlich erkennbar wird.[Anm. 36] Wenn thüringische Belange, selten genug, überhaupt in Rom zur Sprache kamen, so waren dies allgemeine Unterschutzstellungen geistlicher Institutionen, Beauftragungen in Streit sachen und einige wenige Personalentscheidungen – alles in allem belanglose Fälle. Professionelle Verbindungs leute aus Deutschland begegnen hierbei lange Zeit nicht mehr.[Anm. 37]

Um 1320 trat langsam ein Umschwung ein. Die Zahl der uns interessierenden Stücke ver mehrt sich, inhaltlich ist eine Verlagerung zu Personal-, das heißt Pfründenangelegenheiten fest zustellen. In zunehmendem Maße sind uns auch die Namen von Prokuratoren und anderen Kurialen bekannt, die in diese Geschäfte involviert waren (wobei ich Prokuratoren dann zu den Kurialen rechne, wenn sie längere Zeit an der Kurie wirkten beziehungsweise wenn sie noch andere kuriale Titel, etwa als Kardinalsfamiliaren führten). Unter ihnen nimmt die Zahl der Deutschen beträchtlich zu. Als erster zu nennen ist Gerhard von Rostock, der 1319 die Stadt Nord hausen in der Angelegenheit einer städtischen Schulgründung vertrat, welche zu einem lang andauern den, für spätmittelalterliche Verhältnisse höchst charakteristischen Streit mit dem Heiligkreuzstift um die Schulhoheit führte.[Anm. 38] Ebenfalls im Nordhäuser Schulstreit begegnet 1325 der Prokurator Gerhard von Frank furt. Der spätere Kantor des Bartholomäusstifts Frank furt, dessen Kurienkarriere am 19. Januar 1321 mit der Ernennung zum öffentlichen Notar begann, zählte in den 1330/40er Jah ren als einer der „Horchposten“ (Friedhelm Burgard), die Erzbischof Baldewin von Luxem burg in Avignon unterhielt, zu den wichtigeren Figuren in der Kommunikation zwischen der Kurie und Deutsch land.[Anm. 39] In seinem Umfeld tritt alsbald ein Mann hervor, dem sich unser Interesse geradezu zwangsläufig zuwenden muß: Rudolf Losse von Eisenach. Losse, der bedeutende kurtrierische Diplomat, Kanzlist und Offizial, Ehrenkaplan bzw. -familiar von Königen, Fürsten, zwei Kardinälen (die beiläufig Napoleon und Talayrandus hießen) und später auch – nach weisbar ab 1347 – des Papstes, der 1364 als Domdekan zu Mainz starb, ist alles andere als ein Unbekannter, was uns von einer näheren Vor stellung seiner Person ent bin det.[Anm. 40] Ihm verdanken wir eine umfangreiche Sammlung von Korrespondenzen und Dokumen ten aller Art, die eine höchst wertvolle Quelle zur Reichs geschichte seiner Zeit dar stellt.[Anm. 41]

Der in Losses Handakten ausführlich dokumentierte Konflikt zwischen dem Papsttum und Ludwig dem Bayern und die zahlreichen damit verwobenen Affären, wie etwa der Streit um die Besetzung des Mainzer Erzstuhls, bildeten eine erste, wesentliche Ursache für die Intensivierung der Kontakte zwischen Avignon und Deutschland über einen Zeitraum von mehr als zwei Jahrzehnten hinweg.[Anm. 42] Doch auch nachdem sich unter Karl IV. die Verhältnisse norma lisiert hatten, riß die Verbindung zwischen kurialem Zentrum und deutscher Peripherie nicht mehr ab, was seine Gründe im Strukturwandel der Kirchenherrschaft selbst hatte. Die Aus weitung des päpstlichen Provisionswesens vor allem, zunächst von der Geldbedürftigkeit der Kurie diktiert, erwies sich für die Personalpolitik auch der deutschen Kirche als ein in bedeutendem Maße dynamisierendes Moment.[Anm. 43] Das steigende Angebot an päpstlichen Rechtstiteln verband sich mit der Möglichkeit, dieselben zumindest in einem gewissen Maße auch in den örtlichen Kirchen umzusetzen (was keine Selbstverständlichkeit ist).[Anm. 44] Die Auswirkungen dieses "Systemwechsels" sind bekannt – die Stifte "verbürgerlichten" (zumindest zeitweilig), gute Zeiten brachen an für Studierte und Kuriale, die im päpstlichen Provisionswesen privilegiert waren und gewandt die neuen Angebote für sich nutzten und die sich bei den weltlichen Machthabern wie auch den kirchlichen Institutionen andienen konnten als Fachleute, die man immer weniger entbehren konnte.[Anm. 45] Diese sehr allgemeinen Aussagen, die natürlich einer zeitlichen und örtlichen Differenzie rung bedürften, mögen den Blick schärfen für das, was auch im Verhältnis zwi schen Thüringen und der Kurie im 14. und 15. Jahrhundert geschah. Der verstärkte Andrang an den "päpstlichen Pfründenschalter" zeitigte eine Nachfrage nach erfahrenen Interessenvertretern mit "Landsleutebonus" an der Kurie – für tatendurstige und häufig auch höher gebildete Kleri ker tat sich ein ganz neuer Arbeitsmarkt auf.[Anm. 46]

Fragen wir nach Einzelbeispielen mit Thüringer Bezug, so bietet sich vorzüglich Rudolf Losse selber an, wie wohl er kein Kurialer im strengen Sinne war. Seine Handakten bieten aber ein so reich haltiges Anschauungsmaterial, wie die Kommunikation zwischen Kurie und Peripherie funktionierte, wie Rudolf seine Vermittlerdienst sich entgelten ließ und welche Widrigkeiten seine "Pfründenjagd" erschwerten, dass einige Episoden aus seinem Leben hier näher beleuchtet seien. Dank seines Sammelfleißes können wir hier die Lebenswirk lichkeit eines prominen ten "Multifunktionärs" und seiner Freunde fast hautnah erleben oder wir vermeinen dies zumindest, denn vieles muß doch Konstrukt und Hypothese bleiben. Eine solche Rekonstruktion reizt umso mehr, als unsere wichtigste Informationsquelle für derartige Klerikerkarrieren wie auch für die Beziehungen zwischen Kurie und Peripherie, nämlich das in den päpstlichen Registern enthaltene Material, welches in seinen deutschen Betreffen für die Zeit nach 1378 im Repertorium Germanicum erschlossen ist, einen so spröden Charakter besitzt, dass ein Blick "hinter die Kulissen", wie ihn Losses Sammlung gewährt, auch zum besseren Verständnis dieser Quelle nur von Nutzen sein kann.[Anm. 47]

Rudolf Losse, der in Montpellier Recht studiert hatte und um 1332 in trierische Dienste trat, war zwischen 1328 und 1355 häufiger Gast an der Kurie zu Avignon. Schon seine Studienplatzwahl wurde offenbar davon mitdiktiert, dass er dort der Kurie nahe war.[Anm. 48] Nach dem Eintritt in trierische Dienste war Rudolf fast ständig zwischen Avignon und Deutschland unterwegs – schon das Reisen an sich, könnte man sagen, bildete eine Dienstleistung, die beschwerlich und nicht immer ungefährlich war. So ist von ihm die Episode überliefert, dass er auf die Durchführung eines Kurienprozesses um ein Kanonikat in Cambrai verzichten mußte, weil er am 2. Juni 1349 in itinere ad Romanam curiam nahe der Burg Schadeck, Mainzer Diözese, von zwei Rittern überfallen worden war, die ihm unter anderem die zur Führung des Prozesses notwendigen Beweisdokumente geraubt hatten – equis, pecuniis, scripturis predictis et aliis … misera biliter spoliatus.[Anm. 49] Um auch während der Abwesenheit von Avignon beziehungsweise von Deutschland auf dem Laufenden zu sein, führte Losse Korrespondenz mit Vertrauensleuten, wovon einiges in seinen Hand akten Aufnahme gefunden hat. Nehmen wir als Beispiel hierfür den Brief, den ihm sein älterer Verwandter, Dietmar Maul von Schlotheim, ebenfalls ein Kaplan Erzbischof Balduins, am 27. August 1336 von Trier aus nach Avignon schrieb und in welchem er ihm in bunter Folge politische und mehr private Neuigkeiten mitteilte:[Anm. 50] Geht es zuerst um den letzten Stand der Verhandlungen über die umstrittene Administration Erzbischof Balduins in Mainz und Worms sowie summarisch um Briefeingänge im Juni und Juli (17 Briefe über einen Zeitraum von sechs Wochen, die meisten wohl von Losse stammend, werden aufgezählt), werden anschließend einige private Angelegenheiten abge handelt – eine Geldzahlung im Auftrag Losses an einen Pfründentauschpartner, der Brand eines Maulschen Gutes, das Versprechen, sich um Losses Interessen in Karden, wo er Kanoniker war, zu küm mern, die Antwort auf Rudolfs Anfrage bezüglich eines Kanonikats in Erfurt (dazu unten). Es folgt eine kurze Notiz über Johann von Böhmen und den "Doppelzüngler" (Dyptongus) Ludwig den Bayern.[Anm. 51] Dann wird der Überbringer des Briefes empfohlen, der Franziskaner Her mann Toppelstein aus Mühlhausen, ein entfernter Ver wandter – Rudolf soll ihn an der Kurie bei der Erledigung seiner dienstlichen Angelegenheiten unterstützen, patrie et cognacionis intuitu.[Anm. 52] Zuletzt werden noch einige Kleinigkeiten und Grüße mitgeteilt und auch ein freundlicher Rat fehlt nicht, die eigenen Kräfte zu schonen und an die Gesundheit zu denken.[Anm. 53]

Das Beispiel illustriert anschaulich, wie viele Dinge, große wie kleine, so einen Kuriendiplomaten gleichzeitig umtrieben. Eine Trennung in "Dienst" beziehungsweise "große Politik" und "persönliches Fortkommen" erschiene da kaum angemessen, denn Rudolf und seine Zeitgenossen empfanden nicht so. Die Bemühungen Losses um eine Pfründe am Erfurter Marienstift, die wir anhand seiner Handakten detailliert nachvollziehen können, beleuchten diesen Sachverhalt in klarem Licht. Den Anfang machte der oben genannte Brief, in dem Dietmar Maul dem in Avignon Weilenden von seinen ersten Bemühungen um diese Pfründe berichtete: Item procuravi pro vobis scribi valde efficaciter per dominum nostrum capitulo sancte Marie Erford(ensi) super canon(icatu) et prebenda domini Jo(hannis) de Aquis nuper defuncti et misi specialiter ob hoc ad dictum locum Erfor(diam) Wig(andum) nuncium domini nostri eciam cum specialibus litteris ad singulares personas amicos vestros super promocione dicti negocii (…).[Anm. 54] Vermittelt über Dietmar suchte Rudolf also Verbündete vor Ort, um seinen Wunsch, Johannes' Nachfolge an zutreten, realisieren zu können. Sein Vorstoß kam freilich zu unpassender Zeit, denn erst im Juli hatten erzbischöfliche und landgräfliche Truppen das gegen Balduin rebel lierende Erfurt belagert (wobei Rudolfs Bruder Hermann zwei Pferde verlor).[Anm. 55] Zwar wurde der Frieden rasch wiederhergestellt, doch mußte Dietmar Maul am 23. September auch aus anderen Gründen Rudolfs Zuversicht bremsen – er hatte, wie er nach Avignon schrieb, mittlerweile in Trier mit dem Mainzer Domdekan (damals Johannes Unterschopf, der auch Kanoniker in Erfurt war)[Anm. 56] gesprochen, der ihm von der Verfolgung dieser Pfründe abriet propter papales plures ipsam acceptantes, quorum unus est nepos domini mei … Verden(sis), quem nollem per vos impediri nec vos velletis propter dominum memoratum.[Anm. 57] Die Konkurrenz war also stark – und besonders bedenklich stimmte es Dietmar, dass auch ein Verwandter seines alten Gönners Johannes Hake von Göttingen, ehemals Professor in Montpellier und nun Leibarzt Benedikts XII. und (glückloser) Bischof in Verden, darunter war.[Anm. 58]

Rudolf gab jedoch nicht auf. Nach Trier zurückgekehrt, "bearbeitete" er den Erz bischof in seinem Sinne. Am 10. Februar 1337 verlieh dieser ihm daraufhin das Kanonikat kraft seiner Eigenschaft als Admini strator von Mainz mit der Begründung, dass das Verlei hungsrecht ihm wegen der Untätigkeit des Kapitels devolviert sei.[Anm. 59] Und gleichzeitig schickte ihn der Erzbischof nach Thüringen, damit er dort – hier wird die Verschränkung von Dienst und Karrierestreben besonders deutlich – in nostris et suis negociis tätig werde.[Anm. 60] Daß Balduin im Begriff war, die Mainzer Administration niederzulegen – eben deshalb sollte Rudolf nach Thüringen gehen –, würde dabei wohl notwendig auf Rudolf zurück wirken, mußte er doch sehen, ob er seine Pfründen interessen in Erfurt trotzdem würde durchsetzen können.

Zunächst schien es in Erfurt gut anzulaufen. Am 19. Februar traf Rudolf auf der Burg Mühlberg mit dem aus Erfurt geflohenen Mariendekan und Provisor Hermann von Bibra zusammen, seinem stärksten Verbündeten, der jedoch nach den vorangegangenen Konflikten noch immer nicht sicher nach Erfurt zurückkehren konnte und andere Dignitäre mit der Exekution des erzbischöflichen Mandats beauftragen mußte.[Anm. 61] Das Kapitel erzeigte sich scheinbar willfährig, es anerkannte Rudolfs Anspruch, wies aber darauf hin, dass seitens eines gewissen Hermann von Worbis ein konkurrierender Rechtsanspruch geltend gemacht worden war. Für den nun anstehenden Kurienprozeß zwischen dem Kapitel und Hermann ernannten die Stiftsherren Rudolf Losse, ihren concanonicus, dazu Gerhard von Frankfurt, den schon erwähnten Bekannten Losses, Gerlach (Henrici) von Butzbach, Losses Notar und zwei weitere Kleriker zu Prokuratoren.[Anm. 62] Daß es sich bei diesem Vorgehen des Kapitels jedoch nur um einen Trick handelte, um Zeit zu gewinnen, Losse in Sicherheit zu wiegen und ihn schnell wieder loszuwerden, darauf deutet sehr stark das Verhalten der Kanoniker im Sommer, als Hermann von Worbis überraschend gestorben war. Anstatt dass Losse, der wieder nach Trier zurückgekehrt war, nunmehr automatisch in den Besitz des Kanonikats gekommen wäre, übertrug das Kapitel die Stelle an Jakob von Naumburg, genannt zum See, und zwar, wie es hieß, gemäß eines bereits früher gegebenen Versprechens.[Anm. 63] Jakob, der bereits 1331 als iurisperitus eine päpstliche Provision erworben hatte, war sicherlich sehr viel eher der Wunschkandidat des Kapitels als Rudolf, stammte er doch väter- und mütter licher seits von angesehenen Erfurter Familien ab.[Anm. 64] Rein formal glich das weitere Vorgehen des Kapitels dem vom Februar – Jakob wurde für die neue Etappe des Appellationsprozesses zum Proku rator des Kapitels ernannt, und zwar nunmehr gegen Rudolf, der am 5. Juli als Prokurator abbe rufen wurde.[Anm. 65]

Damit wurde die Täuschung offenbar und bei Rudolf war der Ärger groß. Am 25. Juli ließ er eine Erklärung aufsetzen, in welcher er den bisherigen Gang des Verfahrens zu Protokoll gab und die Zustimmung zu seiner Abberufung verweigerte, zumal der Prozeß schon in Gang gekommen sei und Kosten verursacht habe.[Anm. 66] Da Rudolf kurz darauf an die Kurie zurück kehrte, konnte er weitere Schritte in dieser Sache selbst in die Wege leiten. Im Oktober erhob er Klage gegen den "Pfründenräuber" Jakob und sorgte für eine Delegation des Prozesses an den Dekan von Sankt Simeon in Trier mit der Begründung, er könne sich wegen der Macht seines Gegners nicht in dessen Diözese begeben – primär ein aus formalen Erfordernissen vorgeschützter Grund, der aber doch anzeigt, dass Rudolf in Erfurt keine starken Verbündeten besaß.[Anm. 67] Ein Hoffnungsschimmer mochte sich abzeichnen, als Erzbischof Heinrich von Virneburg, der alte Gegner Balduins, mit dem sich der Trierer aber nun ins Benehmen gesetzt hatte, Rudolfs Rechtstitel auf das Kanonikat bestätigte, doch letztlich blieb der Eisenacher chancenlos. Lediglich eine finanzielle Abfindung konnte er von seinem Gegner erstreiten – immerhin etwas.[Anm. 68]

Obwohl Rudolf seine zahlreichen Kontakte geschickt ausgespielt hatte – selbst König Johann von Böhmen hatte die Erfurter zur Wiedereinsetzung seines Klerikers in das Kanonikat aufgefordert, ein Ansinnen, das die Städter aber mit wortreicher Entschuldigung zurückwiesen –,[Anm. 69] war ihm als "Außenseiter" letztlich der Erfolg versagt geblieben. Dies war etwas, womit gerade Kuriale mit ihren oft weit gespannten Pfründeninteressen immer zu rechnen hatten. Daß gegen die Beharrungskräfte der Stiftsgesell schaften vor Ort selbst mit Hilfe eines so energischen Kirchenfürsten, wie Balduin es war, oft nur schwer anzukommen war, zeigte sich im Falle Rudolfs auch bei seinem Kampf um eine Trierer Domherrenstelle, der sich vier Jahre lang hinzog.[Anm. 70] In den kleineren Stiften der Trierer Diözese konnte Rudolf hingegen besser Fuß fassen. Wann freilich der förmlichen Inbesitz nahme einer Stelle die erste Auszahlung der Pfründenerträge folgte, war dann noch ein anderes Problem.[Anm. 71] Trotz all dieser durchaus typischen Schwierigkeiten ist der große, auch finanzielle Erfolg, den Losse letztlich hatte, aber nicht zu bezweifeln.[Anm. 72] So glänzend waren seine ständischen Ausgangsbedingungen ja nicht gewesen, zumal er früh Waise geworden und dann auch noch von seinem Vormund über vorteilt worden war. Um Pfründen zu erwerben – insgesamt 30 hat er (nach- und nebeneinander) besessen oder beansprucht, eine aus gesprochen respektable Zahl –, konnte Losse Rechtstitel aller Art ins Feld führen: päpstliche Provisionen, königliche Erste Bitten, erzbischöfliche Verleihungen, patronats herrliche Präsenta tionen, Kooptationen durch Stiftskapitel, Tauschgeschäfte. Häufig war natürlich die Fürsprache mächtiger Patrone wie König Karls IV. oder Erzbischof Balduins im Spiel. Eine wichtige Beobachtung ist dabei, dass Losse die verschiedenen Verleihungsformen der ordentlichen und außerordentlichen Kollatur, deren spezifische Realisierungschancen in den systematisierenden Bestandsaufnahmen der Historiker zuweilen zehntel- oder hundertstelprozentgenau ermittelt worden sind,[Anm. 73] völlig unbefangen und virtuos einsetzte, je nach der rechtlichen Situation vor Ort und seinen individuellen Möglichkeiten, "den Hebel anzusetzen". Historische Abstraktionen, als solche durchaus legitim, verdecken hier zuweilen Lebenswirklichkeit – wie etwa sollte ein Fall in die gängigen Schemata eingeordnet werden, wo der Abt von Fulda, dessen Familiar Rudolf war, diesen regelrecht aufforderte, sich "irgendeinen" päpstlichen Rechtstitel auf eine frei gewordene Pfarrpfründe zu besorgen, damit der Abt die Möglichkeit bekäme, ihm die Pfarrei zu ver schaffen?[Anm. 74] Eine Supplik an den Papst wäre hier keineswegs nur auf „gut Glück“ erfolgt – und zu vermuten ist, dass dies auch für viele andere Fälle gilt, wo wir angesichts fehlender Hintergrundinformationen vor schnell geneigt sind, päpstliche Rechtstitel als chancen los abzu tun. Dies aber rückt die Pfründenbemühungen gerade der Kurialen, die ja durchaus vielfältige Möglichkeiten hatten, sich durch ihre Dienstleistungen Unterstützer vor Ort zu verpflichten, erst in das rechte Licht.[Anm. 75] Oder anders gesagt: es verbietet sich, kurialen und regionalen "Pfründenmarkt" als isoliert vonein ander und womöglich als antagonistisch zu betrachten.

In welch starkem Maße Angehörige der Kurie im 14. und 15. Jahrhundert in einer Region wie Thüringen präsent waren, zeigt sich eindrucksvoll bei den Prälaturen des Erfurter Marien stifts:[Anm. 76] In der Zeit zwischen 1350 und 1500 waren unter 15 Pröpsten 9 Kuriale,[Anm. 77] unter 12 Dekanen waren 6 Kuriale,[Anm. 78] unter 14 Scholastern und 15 Kantoren je drei Kuriale.[Anm. 79] Um 1440/50 waren alle herausgehobenen Positionen am Marienstift von ehemaligen Kurialen besetzt! Näher erschließt sich dieses Phänomen, wenn man berücksichtigt, dass die Besetzung namentlich der Propstei und wohl auch des Dekanats Gegenstand von Interessenpolitik im Spannungsfeld namentlich zwi schen den Erzbischöfen von Mainz und den Wettinern war. Kuriale können hier mehrmals gewissermaßen als neutralisierende "Puffer" zum Zuge gekommen sein. So war die Propstei 1411 bis 1420 durch den wettinischen Kanzler Matthias von Herbstein besetzt, dann ging sie an einen Nepoten des Mainzer Erzbischofs, Johannes Adolphi von Nassau, der aber bald darauf starb. Nun fiel die Propstei an den Kurialen Heinrich von Gerbstedt, der entfernt der Klientel der Wettiner zugerechnet werden kann, der es aber wohl auch verstand, das Vertrauen aller Parteien, insbesondere auch der Erfurter gewinnen, wobei er vor allem als Förderer der Universität hervortrat. Nach seinem Tode meldete zunächst Kardinal Nikolaus von Kues einen Anspruch an, der aber bald darauf zugunsten des vielbeschäftigten gelehrten wettinischen und mainzischen Rates und „Ehrenkurialen“ Heinrich Leubing von Nordhausen, einer besonders schillernden Gestalt in dieser an auffälligen Personen so reichen Zeit, verzichtete. Leubing wiederum war letztlich nur Platz halter für einen weiteren Nassauer Grafen Adolf. Und als sich dieser 1463 mit massiver päpstlicher Unter stützung in der Mainzer Stiftsfehde gegen den (auch von der Stadt Erfurt favorisierten) bisherigen Erzbischof Dieter von Isenburg durchsetzte, fiel die Propstei an einen Günstling des Papstes, welcher den Kontakt zwischen Pius II. und Adolf hergestellt hatte.

Für die Geschichte der deutschen und Thüringer Kurialen ist ein Datum von besonderer Bedeutung – das Jahr des Ausbruchs des Großen Abendländischen Schismas 1378. Erst damals, als mit der Einrichtung einer neuen "Gegenkurie" in Rom (während das Gros der alten Kurialen nach Avignon abzog), plötzlich ein großer Personalbedarf entstand, konnten sich Deutsche in größerer Zahl an der Kurie etablieren. Im Lichte der Erkenntnisse über den Aufschwung deutscher Kurienkontakte bereits nach 1320 möchte ich jedoch diese insbesondere von Christiane Schuchard herausgestellte Zäsur etwas relativieren: Die wenigen schon vor 1378 an der Kurie tätigen Deutschen bildeten durchaus ein Fundament, auf das 1378 aufzubauen war. Verschiedene Personennetzwerke deutscher Kurialer haben ihren Ursprung bereits vor 1378.[Anm. 80] In anderen Fällen reichen die Kurien karrieren bruchlos über das 1378er Datum hinweg, etwa bei Dietrich Livoldi von Lüneburg, dem langjährigen Scholaster von St. Marien, dessen kuriale Aktivitäten sich über den Zeitraum von 1366 bis 1389 erstrecken.

Thüringer vermochten es nach 1378 in durchaus achtbarem Maße, sich an der Kurie zu etablieren.[Anm. 81] Als prominentere unter ihnen seien genannt: Johannes Hesse von Eisenach, der Domherr in Regensburg wurde, Hermann von Beichlingen, ein unehelicher Abkömmling eines alten Thüringer Grafengeschlechts, der zwischen 1475 und 1498 die Propstei von St. Severi Erfurt inne hatte, und Hugo Förster von Erfurt, päpstlicher Akolyth und Kaplan, der es zum Dompropst von Naumburg brachte.[Anm. 82] Und bedenken wir, dass es nur wenige heute noch sichtbare Spuren gibt, die deutsche Kuriale im mittelalterlichen Rom hinter lassen haben – zu denken wäre etwa an das Grabdenkmal des Cusanus oder an den Largo Argentina[Anm. 83] – dann gewinnt folgender Fall an Gewicht, mit dem ich diese Tour d'horizon abschließen möchte: Es gibt im alten "deutschen Viertel" nahe der Piazza Navona ein 1508 erbautes Haus, das über dem Eingangstor und den Rundbogenfenstern die Inschrift trägt: Jo. Sander Northusanus Rotae Notarius fec(it). Es steht in direkter Nachbarschaft zur Anima-Kirche, die seit dem frühen 15. Jahrhundert bis heute das liturgische Zentrum der deutschen Kolonie in Rom bildet. Papst Hadrian VI., der letzte deutsche, oder sollte man sagen, niederländische Papst der Kirchen geschichte, liegt hier begraben. Und in derselben Kirche befindet sich als eines der ältesten noch erhaltenen Grabmale auch das des Johannes Sander Northusanus / germane proximus silve natus, / Duringus, Erfurdiae canonicus.[Anm. 84]

Anmerkungen:

  1. Die Zahl der Einzelstudien, welche Aspekte dieser Kommunikation zwischen der Kurie und Deutschland behandeln, ist Legion. Genannt seien nur einige jüngere Arbeiten, die dieses Anliegen schon im Titel tragen: D. BROSIUS, Kurie und Peripherie – das Beispiel Niedersachsen, in: QFIAB 71 (1991) S. 325–339; A. ESCH, Rom und Bursfelde: Zentrum und Peripherie, in: L. PERLITT (Hg.), 900 Jahre Bursfelde, Reden und Vorträge zum Jubiläum 1993, Göttingen 1994, S. 31–57 (ND in: DERS., Wege nach Rom. Annäherungen aus zehn Jahrhunderten, München 2003, S. 82–103); B. SCHWARZ, Norddeutschland und die römische Kurie im späten Mittelalter (1200–1450): Probleme der Kommunikation, in: C. KRÖTZL/K. SALONEN (Hg.), The Roman Curia, the apostolic penitentiary and the partes in the later Middle Ages (Acta Instituti Romani Finlandiae 28), Rom 2003, S. 3–22. Zurück
  2. R. THIELE (Hg.), Memoriale, thüringisch-erfurtische Chronik von Conrad Stolle (Geschichtsquellen der Provinz Sachsen 39), Halle 1900, Stück 316, S. 374. Zur Person Stolles vgl. zuletzt E. BÜNZ, Neues zur Biographie des Chronisten Konrad Stolle (1436–1501), in: Deutsches Archiv 56 (2000) S. 201–211.  Zurück
  3. Zu Luthers Romreise 1510/11 vgl. insbes. H. BOEHMER, Luthers Romfahrt, Leipzig 1914 sowie O. SCHEEL, Martin Luther. Vom Katholizismus zur Reformation, Bd. 2: Im Kloster, Tübingen 3/41930, S. 487–539.  Zurück
  4. Über die Römische Kurie, ihren Aufbau und ihr Personal liegen zahlreiche Untersuchungen vor, von denen hier nur in engster Auswahl zu nennen sind: W. VON HOFMANN, Forschungen zur Geschichte der kurialen Behörden vom Schisma bis zur Reformation, 2 Bde. (BiblKPHIR 12– 13), Rom 1914 (ND Turin 1971); B. RUSCH, Die Behörden und Hofbeamten der päpstlichen Kurie des 13. Jahrhunderts, Königsberg 1936; B. GUILLEMAIN, La cour pontifi cale d'Avignon (1309–1376). Etude d'une société, Paris 1962; Ch. SCHUCHARD, Die Deutschen an der päpstlichen Kurie im späten Mittelalter (1378–1447) (BiblDHIR 65), Tübingen 1987 (hier S. 34 zu der Zahl von ca. 1.000 Kurialen "im engeren und weiteren Sinne"); DIES., Deutsche an der päpstlichen Kurie im 15. und frühen 16. Jahrhundert, in: RQ 86 (1991) S. 78–97.  Zurück
  5. O. DOBENECKER (Hg.), Regesta diplomatica necnon epistolaria historiae Thuringiae, Bd. 2–4, Jena 1900–39, hier Bd. 2, Nr. 1438.  Zurück
  6. Über die Mitglieder der päpstlichen Kapelle und die päpstlichen Subdiakone vgl. RUSCH, Behörden (wie Anm. 4) S. 77–90; R. ELZE, Die päpstliche Kapelle im 12. und 13. Jahrhundert, in: Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte, Kanonistische Abteilung 36 (1950) S. 145–204, sowie K. H. SCHÄFER, Päpstliche Ehrenkapläne aus deutschen Diözesen im 14. Jahrhundert, in: RQ 21 (1907) 2. Abt., S. 97–113.  Zurück
  7. Zu Wilbrand, dem späteren Magdeburger Erzbischof, vgl. insbes. F. LUNDGREEN, Kirchenfürsten aus dem Hause Schwarzburg (Historische Studien 154), Berlin 1923, S. 115–146; zu Albrecht ebd., S. 8–114.  Zurück
  8. DOBENECKER (wie Anm. 5) Bd. 2, Nr. 1950.  Zurück
  9. Vgl. die Belege in DOBENECKER (wie Anm. 5) Bde. 2 und 3. Rainald muß 1219/20 Propst geworden sein, denn sein Vorgänger, Gerwig, wird zuletzt um 1219 genannt, vgl. ebd., Bd. 2, Nr. 1862 mit nicht ganz sicherer Datierung.  Zurück
  10. Das Kloster erwarb bereits im frühen 9. Jahrhundert Güter in Puzalia, so verzeichnet im Regestum Farfense: I. GIORGI/U. BALZANI (Hg.), Il regesto di Farfa compilato da Gregorio di Catino, Bd. 2 (Biblioteca della Società Romana di Storia Patria), Rom 1879, Nr. CCCXII. Die Zugehörigkeit der nahegelegenen Benediktinerabtei S. Maria del Piano zum Kloster Farfa wurde noch 1262 von Papst Urban IV. bestätigt, vgl. http://www.sabina.it/comuni/ pozzaglia.html. Rainald von Puzalia ist zu unterscheiden von anderen päpstlichen Kaplänen mit diesem Vornamen, insbes. von Rainald Munaldi, der 1223 Bischof von Fermo wurde.  Zurück
  11. DOBENECKER (wie Anm. 5) Bd. 2, Nr. 1964.  Zurück
  12. Vgl. die Studie von R. MANSELLI: Federico II ed Alatrino, diplomatico pontifi cio del secolo 13, in: Studi Romani 6 (1958) S. 650–658. Zur Mission Alatrins und seiner Teilnahme an der Königswahl von 1220 siehe auch P. THORAU, Jahrbücher des deutschen Reiches unter Heinrich (VII.). Kg. Heinrich (VII.), das Reich und die Territorien: Untersuchungen zur Phase der Minderjährigkeit und der "Regentschaften" Erzbischof Engelberts I. von Köln und Herzog Ludwigs I. von Bayern (Jahrbücher der Deutschen Geschichte 21), Tl. 1 (1220–28), Berlin 1998, S. 78 f. Zur Tätigkeit Alatrins an der Kurie auch ELZE, Päpstliche Kapelle (wie Anm. 6) S. 179.  Zurück
  13. E. MEUTHEN, Die Aachener Pröpste bis zum Ende der Stauferzeit, in: Zeitschrift des Aachener Geschichtsvereins 78 (1966/67) S. 5–95, hier: S. 59 f.  Zurück
  14. Vgl. J. F. BÖHMER/C. WILL (Bearb.), Regesta archiepiscoporum Maguntiensium. Regesten zur Geschichte der Mainzer Erzbischöfe , Bd. 2: Von Konrad I. bis Heinrich II. 1161–1288, Innsbruck 1886, Nr. XXXII/338: Alatrin, päpstlicher Subdiakon und Propst des genannten Stifts urkundet am 11.12.1219 zusammen mit dem Mainzer Erzbischof. Der Beleg fällt in die Zeit des wichtigsten Deutschland-Aufenthaltes Alatrins im Vorfeld der Wahl Heinrichs (VII.).  Zurück
  15. Das Verleihungsrecht für die Propstei lag wahrscheinlich beim Erzbischof, vgl. S. R. SCHÜRMANN, Das Stift St. Maria in campis oder Heilig Kreuz bei Mainz, phil. Diss. Mainz 1968, S. 38 f. Da Alatrin die meiste Zeit in Italien weilte, nahm ein Kanoniker des Marienstifts, Siegfried, seine Vertretung wahr. Dieser war direkt vom Erzbischof bestimmt worden, vgl. H. BÄR, Diplomatische Geschichte der Abtei Eberbach im Rheingau, hg. v. K. ROSSEL, Bd. 1, Wiesbaden 1855, S. 626 f. Nach Alatrins Tode wurde dem Kapitel zwar durch den Erzbischof das Propstwahlrecht verbrieft, er durfte aber mit Erlaubnis des Kapitels die nächste Ernennung selbst vornehmen, vgl. BÖHMER/WILL (wie Anm. 14) Bd. 2, Nr. XXXIII/419 ff. zum 11./14.5.1242 – auch willkommen als Hinweis auf Alatrins bisher unbekannten Todeszeitpunkt.  Zurück
  16. Zu Siegfried und zu seinem Nachfolger, bedeutenden Protagonisten der Reichspolitik in der späten Stauferzeit, liegen nur veraltete biographische Studien vor, vgl. G. W. SANTE, Siegfried II. von Eppstein. Erzbischof von Mainz 1200 bis 1230, in: Nassauische Lebensbilder 1 (1940) S. 1–16 sowie DERS., Siegfried III. von Eppstein, Erzbischof von Mainz 1230 bis 1249, ebd., S. 17–32; H. LEWIN, Der Mainzer Erzbischof Siegfried II. von Eppstein, Schlüchtern 1895; E. FINK, Sigfrid III. von Eppstein. Erzbischof von Mainz 1230–49, phil. Diss. Rostock u. Berlin 1892.  Zurück
  17. DOBENECKER (wie Anm. 5) Bd. 2, Nr. 2014, 2061, 2181, 2333, 2354.  Zurück
  18. Ebd., Bd. 3, Nr. 337.  Zurück
  19. Erste Nennung im April 1235, es folgen Nennungen bis zum 27.2.1240, vgl. ebd., Bd. 3, Nr. 519, 736, 748, 789, 857.  Zurück
  20. Der Erzbischof besaß für die Frankfurter Propstei das Verleihungsrecht, zudem kam den Herren von Eppstein auch die Vogtei über dieselbe zu, vgl. G. RAUCH, Pröpste, Propstei und Stift von St. Bartholomäus in Frankfurt: 9. Jahrhundert bis 1802 (Studien zur Frankfurter Geschichte 8), Frankfurt 1975, S. 243, 272 sowie S. 34 f. zur Person Rainalds.  Zurück
  21. Nämlich Gerhard, der gerade erst um 1230 geborene spätere Mainzer Erzbischof, welcher seit 1253 in der Propstei bezeugt ist. Vgl. zu ihm F. JÜRGENSMEIER, G. V. Eppstein, in: E. GATZ (Hg.), Die Bischöfe des Heiligen Römischen Reiches 1198–1448: ein biographisches Lexikon, Berlin 2001, S. 404 ff., zu seiner Zeit als Propst RAUCH, Pröpste (wie vorige Anm.) S. 35–38. Zurück
  22. Rainald hatte am 16.9.1238 einen päpstlichen Ablaß zur Unter stützung des Kirch baus erwirkt, vgl. DOBENECKER (wie Anm. 5) Bd. 3, Nr. 748; dazu RAUCH, Pröpste (wie Anm. 20) S. 35.  Zurück
  23. Vgl. R. WAGNER, Die äußere Politik Ludwigs IV., Landgrafen von Thüringen, in: Zeitschrift des Vereins für Thüringische Geschichte und Altertumskunde 27 (1908) S. 23–82, hier: S. 28–33.  Zurück
  24. E. WINKELMANN (Hg.), Acta imperii inedita, Bd. 1: Urkunden und Briefe zur Geschichte des Kaiserreichs und des Königreichs Sicilien in den Jahren 1198 bis 1273, Innsbruck 1880, Nr. 180, hier: S. 156 f.  Zurück
  25. J. F. BÖHMER/J. FICKER (Hg.), Regesta Imperii V (1198–1272), 3 Bde., Innsbruck 1881–1901, Nr. 6942. Ein weiteres Mandat zugunsten eines Magister Marinus, Kleriker des Kardinals Johannes (Colonna) von S. Prassede: ebd., Nr. 7145. Siehe auch DOBENECKER (wie Anm. 5) Bd. 3, Nr. 346.  Zurück
  26. Rainald selbst hat möglicherweise einen Verwandten, Bernhard von Puzalia, auch Bernhardus Romanus genannt, ins Domkapitel Mainz nachziehen können, vgl. RAUCH, Pröpste (wie Anm. 20) S. 34 f., Anm. 66 und 73. Zum Widerstand der örtlichen Kirchen gegen päpstliche Provisen vgl. H. BAIER, Päpstliche Provisionen für niedere Pfründen bis zum Jahre 1304 (Vorreformations geschichtliche Forschungen 7), Münster 1911, S. 188–204, insbes. (zu tätlichen Auseinandersetzungen) S. 196 ff. Über die Pfründen vergabe im Spannungsfeld zwischen Kurie und Peripherie geben moderne Studien Aufschluß, die aber in der Regel nicht bis in das materialärmere 13. Jahrhundert zurückgehen, vgl. etwa als vorbildlich: A. MEYER, Zürich und Rom. Ordentliche Kollatur und päpstliche Provision am Frau- und Großmünster 1316–1523 (BiblDHIR 64), Tübingen 1986. Siehe auch unten Anm. 43.  Zurück
  27. Vgl. F. P. SONNTAG, Das Kollegiatstift St. Marien zu Erfurt von 1117–1400 (Erfurter theologische Stu dien 13), Leipzig 1962, S. 128. Zum (auf Bitten des Erzbischofs erteilten) päpstlichen Privileg vom Januar 1247, wonach das Marienstift keine päpstlichen Provisen mehr aufzunehmen brauchte – eine kuriose Inschutz nahme des Papstes vor sich selbst, wie sie gerade Innozenz IV. häufig aussprach, dazu Baier, Päpstliche Provisionen (wie vorige Anm.) S. 154– 164 – vgl. DOBENECKER (wie Anm. 5) Bd. 3, Nr. N. 82. Auf Hermann zu beziehen ist wohl auch BÖHMER/WILL (wie Anm. 14) Bd. 2, Nr. XXXIII/480.  Zurück
  28. Zum letzten Landgrafen aus dem Hause der Ludowinger vgl. nunmehr M. WERNER (Hg.), Heinrich Raspe – Landgraf von Thüringen und römischer König (1227–1247) (Jenaer Beiträge zur Geschichte 3), Frankfurt a. M. u. a. 2003.  Zurück
  29. R. GRAMSCH, Deutschordensdiplomaten in den Verhandlungen zwischen Innozenz IV. und Heinrich Raspe 1244–1246, in: M. WERNER (Hg.), Heinrich Raspe (wie vorige Anm.) S. 317– 358. Siehe auch DERS., Nikolaus von Bibra und Heinrich von Kirchberg: Juristenschelte und Juristen leben im 13. Jahrhundert, in: Zeitschrift des Vereins für Thüringische Geschichte 56 (2002) S. 133–168, hier: S. 145 zu der unter Innozenz IV. beginnenden Reihe von aus den Reihen des Deutschen Ordens stammenden "ostiarii", päpstlichen Türhütern mit einer Schlüsselfunktion bei der Herstellung von Kontakten zum Papst.  Zurück
  30. Vgl. GRAMSCH, Deutschordensdiplomaten (wie vorige Anm.) S. 343 f.  Zurück
  31. P. SAMBIN (Hg.), Lettere inedite di Innocenzo IV (Italia Sacra 5), Padova 1961, Nr. 159.  Zurück
  32. BÖHMER/FICKER, Regesta Imperii V (wie Anm. 25) Nr. 7712.  Zurück
  33. Exemtionsprivileg: C. RODENBERG (Hg.), MGH Epistolae saeculi XIII e regestis pontificum Romanorum selectae, Bd. 2, Berlin 1887, Nr. 259. Teilnahme an der Königswahl: D. HÄGERMANN/J. G. KRUISHEER (Hg.), Die Urkunden Heinrich Raspes und Wilhelms von Holland 1246–1252 (MGH DD XVIII/1), Hannover 1989, Nr. 3. Im Umkehr schluß lassen sich aus den päpstlichen Providierungen des Jahres 1246 auch Rückschlüsse auf damalige Parteiverhältnisse ziehen, etwa im Falle der Grafen von Everstein und von Waldeck, die am 15.11.1246 beim Papst als Fürsprecher eines Paderborner Klerikers auftreten, vgl. RODENBERG (Hg.), ebd., Nr. 258.  Zurück
  34. P. HERDE, Beiträge zum päpstlichen Kanzlei- und Urkundenwesen im 13. Jahrhundert (Münchener Historische Studien, Abt. Historische Hilfs wissenschaften 1), Kallmünz/OPf. 21967, S. 135. Zurück
  35. Vgl. GRAMSCH, Nikolaus von Bibra (wie Anm. 29) S. 142–151.  Zurück
  36. Vgl. K. GANZER, Papsttum und Bistumsbesetzungen in der Zeit von Gregor IX. bis Bonifaz VIII. (Forschungen zur kirchlichen Rechtsgeschichte und zum Kirchenrecht 9), Köln u. Graz 1968.  Zurück
  37. Diesen Eindruck vermittelt das in DOBENECKER (wie Anm. 5) Bd. 4 und in P. KEHR/G. SCHMIDT (Bearb.), Päpstliche Urkunden und Regesten, die Gebiete der heutigen Provinz Sachsen und deren Umlande betreffend, 2 Teile (Geschichtsquellen der Provinz Sachsen 21–22), Halle 1886/89 zusammen gestellte Material. Auf einigen originalen Stücken finden sich Prokuratoren vermerke, die Hinweise auf bis ca. 1320 durchweg italienische Sachwalter geben, die an der Kurie mit den thüringischen Angelegenheiten betraut wurden. Vgl. KEHR/SCHMIDT, Bd. 1, Nr. B[onifaz VIII.] 58, 63 und 67 sowie Nr. J[ohannes XXII.] 91; K. H. LAMPE (Hg.), Urkundenbuch der Deutschordensballei Thüringen (Thüringische Geschichtsquellen NF 7), Jena 1936, Nr. 340 f.  Zurück
  38. Zu dem mit weiteren Konflikten verwobenen Nordhäuser Schulstreit (1319–1326) vgl. H. SILBERBORTH, Geschichte der Freien Reichsstadt Nordhausen (Das tausendjährige Nordhausen 1), Nordhausen 1927, S. 112–117. Gerhard von Rostock als Prokurator der Stadt: KEHR/SCHMIDT (wie vorige Anm.) Bd. 1, Nr. J. 58. Zu diesem, der 1295 in Bologna studiert hatte und der in den 1320/30er Jahren in rühriger Weise in Avignon tätig war, vgl. G. C. KNOD, Deutsche Studenten in Bologna 1289–1562. Biographischer Index zu den Acta nationis Germanicae Universitatis Bononiensis, Berlin 1899 (ND Aalen 1970), Nr. 3120 (S. 461); KEHR/SCHMIDT, Bd. 1, passim und Mecklenburgisches Urkundenbuch, hg. v. Verein für Mecklenburgische Geschichte und Altertumskunde, 25 Bde., Schwerin u. Leipzig 1863–1977, hier: Bd. 6–8, passim.  Zurück
  39. Beleg zum Schulstreit: KEHR/SCHMIDT (wie Anm. 37) Bd. 1, Nr. J. 197. Zur Person vgl. F. BURGARD, Familia archiepiscopi: Studien zu den geistlichen Funktionsträgern Erzbischof Balduins von Luxemburg (1307–1354) (Trierer Historische Forschungen 19), Trier 1991, S. 108 ff. und 412 ff. Zu Erzbischof Balduin, dem "Genius des deutschen Staates seiner Zeit" (Stengel) vgl. etwa E. E. STENGEL, Baldewin von Luxemburg, ein grenzdeutscher Staatsmann des 14. Jahrhunderts, in: DERS., Abhandlungen und Untersuchungen zur mittelalterlichen Geschichte, Köln u. Graz 1960, S. 180–215 (zuerst: 1936) sowie J. MÖTSCH/F. J. HEYEN (Hg.), Balduin von Luxemburg – Erzbischof von Trier, Kurfürst des Reiches 1285–1354 (Quellen und Abhandlungen zur mittelrheinischen Kirchengeschichte 53), Mainz 1985.  Zurück
  40. Vgl. zu ihm neben verschiedenen Handbuchartikeln insbes. die ausführliche biographische Abhandlung bei H.-G. LANGER, Urkundensprache und Urkunden formeln in Kurtrier um die Mitte des 14. Jahrhunderts. Ein Beitrag zur Geschichte der deutschsprachigen Urkunde in der kurtrierischen Kanzlei während der Tätigkeit Rudolf Losses und seines Kreises, Teil 2, in: Archiv für Diplomatik 17 (1971) S. 348–436; ferner L. E. SCHMITT, Untersuchungen zu Entstehung und Struktur der „neuhochdeutschen Schriftsprache“, Bd. 1: Sprachgeschichte des Thüringisch-Obersächsischen im Spätmittelalter: die Geschäftssprache von 1300 bis 1500 (Mitteldeutsche Forschungen 36/1), Köln u. Graz 1966, S. 81–111; F. BURGARD, Rudolf Losse (um 1310–1364), in: Rheinische Lebensbilder 14 (1994) S. 47–70 und DERS., Der thüringische Bildungskreis am Hofe des Trierer Erzbischofs Balduin von Luxemburg (1307–1354), in: Zeitschrift des Vereins für Thüringische Geschichte 49 (1995) S. 151–174.  Zurück
  41. E. E. STENGEL (Hg.), Nova Alamanniae. Urkunden, Briefe und andere Quellen besonders zur deutschen Geschichte des 14. Jahrhunderts, 1. Teil, 1./2. Hälfte, Berlin 1921/30; 2. Teil, 2. Hälfte (unter Mitwirkung von Klaus Schäfer), Hannover 1976 (kurz: NA).  Zurück
  42. Aus dem umfangreichen Schrifttum zur Ereignis- und Ideengeschichte dieses letzten großen Konflikts zwischen dem mittelalterlichen Papst- und Kaisertum sei hier nur der "Klassiker" von E. E. STENGEL, Avignon und Rhens. Forschungen zur Geschichte des Kampfes um das Recht am Reich in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts (Quellen und Studien zur Verfassungsgeschichte des Deutschen Reiches in Mittelalter und Neuzeit 6/1), Weimar 1930 genannt sowie zuletzt J. MIETHKE, Der Kampf Ludwigs des Bayern mit Papst und avignonesischer Kurie in seiner Bedeutung für die deutsche Geschichte, in: H. NEHLSEN u. a. (Hg.), Kaiser Ludwig der Bayer: Konflikte, Weichenstellungen und Wahrnehmung seiner Herrschaft (Quellen und Forschungen aus dem Gebiet der Geschichte, NF 22), Paderborn u. a. 2002, S. 39–74.  Zurück
  43. Die Mechanismen des spätmittelalterlichen "Pfründenmarktes" sind in den letzten zwei Jahrzehnten umfassend untersucht worden, vgl. etwa MEYER, Zürich und Rom (wie Anm. 26); DERS., Der deutsche Pfründenmarkt im Spätmittelalter, in: QFIAB 71 (1991) S. 266–279; B. SCHWARZ, Römische Kurie und Pfründenmarkt im Spätmittelalter, in: ZHF 20 (1993) S. 129– 152; T. ULBRICH, Päpstliche Provision oder patronatsherrliche Präsentation? Pfründenerwerb Bamberger Weltgeistlicher im 15. Jahrhundert (Historische Studien 455), Husum 1998. 44 Die Durchsetzungschancen päpstlicher Expektanzen und Provisionen werden von der Forschung verhalten be urteilt, vgl. etwa die Statistiken bei MEYER, Zürich und Rom und ULBRICH (wie vorige Anm.). In Massenuntersuchungen verstellt sich freilich auch der Blick auf die vielfältigen Einzelkonstellationen, die solche Rechtstitel zu durchaus wirkungsvollen Waffen machen konnten, etwa wenn weltliche Machthaber vor Ort ihr klerikales Dienstpersonal mit Hilfe päpstlicher Rechtstitel in Kirchen unter bringen konnten, auf deren Stellenbesetzungen sie sonst – theoretisch – keinen Einfluß mehr gehabt hätten. Für das hierzu klassische Beispiel der virtuosen Bistumspolitik Karls IV. – zu dieser etwa G. LOSHER, Königtum und Kirche zur Zeit Karls IV. Ein Beitrag zur Kirchenpolitik im Spätmittel alter (Veröffentlichungen des Collegium Carolinum 56), München 1985 – ließen sich Paralle len auf allen Ebenen der kirchlichen Hierarchie aufzeigen, so etwa in dem unten auf S. 432 geschilderten Fall. Zurück
  44. 44 Zurück
  45. R. GRAMSCH, Erfurter Juristen im Spätmittelalter. Die Karrieremuster und Tätigkeitsfelder einer gelehrten Elite des 14. und 15. Jahrhunderts (Education and Society in the Middle Ages and Renaissance 17), Leiden u. Boston 2003, insbes. das Kapitel 4 und speziell S. 283–292 zu den Wettbewerbsbedingungen des "Pfründenmarktes".  Zurück
  46. R. GRAMSCH, Kurientätigkeit als "Berufsbild" gelehrter Juristen. Der Beitrag Roms zur Akademisierung Deutschlands im Spätmittelalter. Eine personengeschichtliche Betrachtung, in: QFIAB 80 (2000) S. 117–163.  Zurück
  47. Die Grenzen der Aussagekraft dieses Materials thematisiert SCHUCHARD, Die Deutschen (wie Anm. 4) S. 22 f. Zum Repertorium Germanicum und seiner Benutzung vgl. insbes. W. DEETERS,Über das Repertorium Germanicum als Geschichtsquelle. Versuch einer methodischen Anleitung, in: Blätter für deutsche Landesgeschichte 105 (1969) S. 27–43; B. SCHWARZ, Klerikerkarrieren und Pfründenmarkt. Perspektiven einer sozialgeschichtlichen Auswertung des Repertorium Germanicum, in: QFIAB 71 (1991) S. 243–265; ferner zahlreiche "stilbildende" Studien hierzu von derselben Autorin, zuletzt als Überblicks darstellung mit aktuellster Bandaufführung: DIES., Das Repertorium Germanicum. Eine Einführung, in: VSWG 90 (2003) S. 429–440.  Zurück
  48. Daß er die daraus resultierenden Chancen wahrnahm, ist deutlich erkennbar: Schon 1328 supplizierte er an der Kurie "in forma pauperum" um ein Kanonikat in Ohrdruf, im Juli 1330 weilte er ebenfalls in Avignon und sah dort die Botschafter Johanns von Böhmen und Erzbischof Balduins. Vom "habitator de Avinion(e)" Robert Anglicus von England – vielleicht ein dort ansässiger Buchhändler, vielleicht ein Kurialer – kaufte er im Dezember desselben Jahres in Montpellier ein juristisches Fachbuch. Belege in NA (wie Anm. 41) Tl. 1/1, Nr. 194, 200 f., 205, 225 und 231. Zu den folgenden Ausführungen vgl. auch die in Anm. 40 genannten biographischen Untersuchungen. Zurück
  49. NA (wie Anm. 41) Tl. 1/2, Nr. 852 ff. Schadeck, gemäß Stengel möglicherweise eine untergegangene Burg bei Bad Kreuznach. Verschiedene weitere Beispiele der Beraubung und Inhaftierung von Kurialen, z. T. auch mit der expliziten Zielsetzung, ihnen Pfründen abzupressen, in GRAMSCH, Erfurter Juristen (wie Anm. 45) Personenkatalog (unter dem Stichwort "*Haft"). Zurück
  50. NA (wie Anm. 41) Tl. 1/1, Nr. 407. Zu Dietmar Maul, der bereits um 1328 in trierischen Diensten stand und der somit auch als Vermittler Rudolfs nach Trier in Frage kommt, vgl. BURGARD, Familia (wie Anm. 39) S. 394 ff. u. ö. sowie DERS., Der thüringische Bildungskreis (wie Anm. 40) S. 159.  Zurück
  51. Über diesen Spitznamen vgl. STENGEL, Avignon (wie Anm. 42) S. 79 f.  Zurück
  52. Das ritterliche Geschlecht Toppelstein ist in Mühlhausen vom 13. bis zum 15. Jahrhundert bezeugt, vgl. insbes. K. HERQUET, Urkundenbuch der ehemaligen freien Reichsstadt Mühlhausen in Thüringen (Geschichtsquellen der Provinz Sachsen 3), Halle 1874, passim (Reg. S. 585). Die Toppelstein unterhielten enge Beziehungen zu den Mühlhäuser Franziskanern, wie an den zahlreichen Gedenkeinträgen für Familienangehörige in deren Totenbuch zu erkennen ist, vgl. R. SCHEITHAUER, Die Toten des liber mortuorum von Mühlhausen, in: Mühlhäuser Geschichtsblätter 24 (1923/24) S. 33–65, hier: S. 44 und 59. Hermann Toppelstein, der in einem weiteren Brief Dietmar Mauls als "lector" des Ordens bezeichnet wird (NA [wie Anm. 41] Tl. 1/1, Nr. 412), erwarb am 22.4.1344 in Oxford den Grad eines "doctor theologiae" (Doktorzeugnis in NA 1/2, Nr. 762). Er dürfte dem Franzis kanerkloster in Erfurt angehört haben, wo für 1356 ein Lektor Hermann bezeugt ist, vgl. A. OVERMANN (Bearb.), Urkundenbuch der Erfurter Stifter und Klöster, Teil 2 (Geschichtsquellen der Provinz Sachsen 7), Magdeburg 1929, Nr. 419 und 436. Zur Verwandtschaft der Mühlhäuser Toppelstein mit Maul und Losse siehe auch SCHMITT, Untersuchungen (wie Anm. 40) S. 108 f. Zurück
  53. Absatz 13 des genannten Briefs (S. 227): "Preterea, consangwinee karissime, dixit michi dns. decanus Worm(aciensis) (…), quod vos sitis nimis sedulus in labore et sollicitudinibus, in quo rogo moderamen vobis metipsi imponatis et parcatis corpori vestro, ubi et in quantum potestis, vobis solacia per societates et alias faciendo. Scitis enim, quod sollicitudo nimia, licet aliquibus … hominibus plus sit delectabilis quam aliis, nichilominus ipsa est corporis consumptiva." Zurück
  54. Absatz 8 des genannten Briefs (S. 226). Zu Johannes von Aachen vgl. SONNTAG, Kollegiatstift St. Marien (wie Anm. 27) S. 302 f. Zurück
  55. Vgl. insbes. die Berichte von Rudolfs Klienten Dietrich Hake, genannt von Deidesheim, und Nikolaus, beide vom 23.9.1336, in: NA (wie Anm. 41) Tl. 1/1, Nr. 410 f. Zu Hermann Losses Teilnahme an den Kämpfen siehe auch ebd., Nr. 595 und NA 1/2, Nr. 684. Zur Haltung Erfurts gegenüber Balduin und seinem Provisor Hermann von Bibra, die Ende 1335 plötzlich in Feindschaft umschlug, vgl. C. BEYER/J. BIEREYE, Geschichte der Stadt Erfurt von der ältesten bis auf die neueste Zeit, Bd. 1: bis 1664, Erfurt 1935, S. 96–103.  Zurück
  56. Zu diesem vgl. insbes. G. BRABAND, Domdekan Johannes Unterschopf (1325 bis 1345). Studien zur Geschichte des Mainzer Domkapitels und seiner Beziehungen zu Papsttum und Reich unter Ludwig dem Bayern, in: Archiv für mittelrheinische Kirchengeschichte 7 (1955) S. 22–76 und 8 (1956) S. 94–132.  Zurück
  57. NA (wie Anm. 41) Tl. 1/1, Nr. 412, Abschn. 6 (S. 240).  Zurück
  58. Zu Johannes Hake, einem Klienten Balduins, der möglicherweise am Anfang der trierischen Karriere Dietmar Mauls stand (so die Vermutung bei BURGARD, Der thüringische Bildungskreis [wie Anm. 40] S. 159) und dem des halb viel leicht auch Rudolf Losse indirekt seinen Aufstieg verdankte, vgl. nunmehr A. MINDERMANN, "Der berühmteste Arzt der Welt": Bischof Johann Hake, genannt von Göttingen (um 1280–1349) (Göttinger Forschungen zur Landesgeschichte 5), Bielefeld 2001, hier insbes. S. 77 ff. zu den Beziehungen Hakes zu Balduin sowie zur Konkurrenz zwischen Hake und Unterschopf im Herbst 1336 hinsichtlich des von beiden erstrebten Bischofs sitzes zu Speyer (auch hierfür ist uns ein Bericht Dietmars an Losse die entscheidende Quelle, vgl. NA [wie Anm. 41] Tl. 1/1, Nr. 416); ferner B. SCHWARZ, Die römische Kurie und das Bistum Verden im Spätmittelalter, in: B. KAPPELHOFF/Th. VOGTHERR (Hg.), Immunität und Landes herrschaft. Beiträge zur Geschichte des Bistums Verden, Stade 2002, S. 107–174, hier: S. 109–113. Der namenlose nepos Hakes ist vielleicht Konrad Hake, Kanoniker in Fritzlar, welcher jedoch nie in den Besitz eines Erfurter Kanonikats gekommen ist, vgl. zu ihm MINDERMANN, ebd., S. 18–25, insbes. die Anm. 41 auf S. 24.  Zurück
  59. NA (wie Anm. 41) Tl. 1/1, Nr. 435. Siehe auch Nr. 416 bzgl. weiterer Kontakte nach Erfurt.  Zurück
  60. Ebd., Nr. 436.  Zurück
  61. Ebd., Nr. 438. Zu Hermann vgl. insbes. SONNTAG, Kollegiatstift St. Marien (wie Anm. 27) S. 164–169.  Zurück
  62. Ebd., Nr. 440 ff. Zu Gerlach von Butzbach vgl. BURGARD, Familia (wie Anm. 39) S. 118 f. u. ö.  Zurück
  63. Vgl. OVERMANN, Urkundenbuch Erfurter Stifter (wie Anm. 52) Bd. 2, Nr. 69.  Zurück
  64. Zum Zusammenspiel des Erfurter Rates mit dem Stiftskapitel bei der Einsetzung Jakobs siehe auch NA (wie Anm. 41) Tl. 1/1, Nr. 541. Zu Jakob von Naumburg vgl. SONNTAG, Kollegiatstift St. Marien (wie Anm. 27) S. 301 f. Losses Kandidatur ist bei Sonntag gänzlich unberücksichtigt geblieben.  Zurück
  65. NA (wie Anm. 41) Tl. 1/1, Nr. 463 f.  Zurück
  66. Ebd., Nr. 469 und auch Nr. 484 f . (an die Kurienprokuratoren geleistete Zahlungen).  Zurück
  67. Ebd., Nr. 478. Einige Zeit später wandte sich auch Jakob von Naumburg an den kurialen Gerichtshof, wovon Losse durch seinen Vertrauten, den schon erwähnten Kurienprokurator Gerhard von Frankfurt, Nachricht erhielt, vgl. ebd., Nr. 531 (Abschn. 3).  Zurück
  68. Heinrichs Bestätigung: ebd., Nr. 543 vom 15.7.1338. Nur einen Tag später schlossen die Kurfürsten, darun ter die wieder versöhnten Erzbischöfe von Mainz und Trier, den berühmten Kurverein von Rhens, an dessen Zustandekommen Losse wesentlich mitgewirkt hatte. Auch hier verschränkten sich also große Politik und "individueller Pfründenschacher". Erwähnung der finanziellen Entschädigung in NA (wie Anm. 41) Tl. 1/2, Nr. 760.  Zurück
  69. NA (wie Anm. 41) Tl. 1/1, Nr. 541.  Zurück
  70. Dazu NA (wie Anm. 41) Tl. 1/2, Nr. 803, 805, 824, 838, 862, 866, 868, 872, 874: Rudolf erhielt die Pfründe auf Bitten Karls IV. 1346 durch den Papst verliehen – mit einem an sich exzellenten Rechtstitel, da der Vorbesitzer päpstlicher Kaplan gewesen war und das Verleihungsrecht deshalb "iure reservationis" exklusiv dem Papst zustand (dazu MEYER, Zürich und Rom [wie Anm. 26] S. 38 f.). Das Domkapitel hielt aber zu Simon Brömser von Rüdesheim und es bedurfte eines langen Kurienprozesses (Kostenpunkt: 158 ½ Gulden allein an die beteiligten Auditoren), um den Konkurrenten aus dem Felde zu schlagen. Möglicherweise gehört der Überfall von Schadeck, an dem ein Schwab von Rüdesheim beteiligt war (siehe S. 427), in diesen Zusammenhang. Hans-Günther Langer, der es erstaunlich findet, dass Rudolf „trotz aller Protektion und Gönner schaft seines Dienst herrn“ so lange brauchte, um sich in Trier durchzusetzen, und der auch für die spätere Zeit eine spürbare Reserviertheit der Domherren gegenüber ihrem nunmehrigen "concanonicus" zu bemerken glaubt, meint, Rudolf sei vielleicht persönlich unbeliebt gewesen, etwa wegen seiner Prozeßsucht (LANGER, Urkunden sprache [wie Anm. 40] S. 383 f.). Doch bedarf es einer solchen psychologisierenden Erklärung gar nicht, denn es ist ein gerade im Falle Trier aber auch von andern orts gut bekanntes Phänomen, dass die aus dem ein heimischen Adel stammenden Domkapitulare sich gut vorsahen, nicht von (zudem womöglich ständisch unter privilegierten) Kreaturen ihrer Bischöfe unter wandert zu werden. Vgl. GRAMSCH, Erfurter Juristen (wie Anm. 45) S. 350 sowie zu Trier: R. HOLBACH, Kanoniker im Dienste von Herrschaft. Beobachtungen am Beispiel des Trierer Domkapitels, in: H. MILLET (Hg.), I canonici al servizio dello Stato in Europa secoli XIII–XVI, Modena 1992, S. 121–148, hier: S. 133 und 136.  Zurück
  71. In Aschaffenburg, wo Rudolf durch einen Pfründentausch Ende 1335 zu einem Kanonikat gekommen war, ver suchte er im Sommer 1337 Druck zu machen, dass ihm endlich die Pfründenerträge ausgezahlt würden. Sein Ver trauter Gerlach von Butzbach fragte deshalb beim Dekan von Aschaffenburg an, "ut ipse pro fructibus vobis ad exitum biennii dimittendis apud suum capitulum laboraret." Der Dekan antwortete ausweichend, bat um Geduld und verwies auf die bestehenden Gepflogenheiten: "Qui dixit et hoc iurando affirmavit, quod, si essetis frater suus, non posset aliter ordinare …" (NA [wie Anm. 41] Tl. 1/1, Nr. 467). Ein gutes Jahr später vertauschte Losse das Kanonikat wieder (ebd., Nr. 572). Zu den diesbezüglichen Regelungen in Aschaffenburg vgl. I. H. RINGEL, Studien zum Personal der Kanzlei des Mainzer Erzbischofs Dietrich von Erbach (1434–59) (Quellen und Abhandlungen zur mittelrheinischen Kirchengeschichte 34), Mainz 1978, S. 21 f. In St. Florin in Koblenz, wo Rudolf im Februar 1338 geradezu bilderbuch mäßig zu einem Kanonikat gekommen war, kaufte er sich am 12.2.1339 durch Zahlung von 5 Pfund Turnosen, von denen ihm ein Pfund wegen noch zu erbringender Dienste erlassen wurde, von der üblichen Regelung los, dass die Pfründenerträge auf weitere drei Jahre (ein Jahr war ja schon vergangen) der Kirchenfabrik zuflossen (ebd., Nr. 600). Diese Ablösung war ein durchaus gängiges Verfahren, vgl. etwa RINGEL, ebd., S. 21.  Zurück
  72. Dieser zeigt sich auch in einer Vielzahl von geschäftlichen Transaktionen, vgl. NA passim. Eine besondere Note besitzt dabei die Stiftung einer Peter-Pauls-Kapelle in seinem Eisenacher Anwesen, dem Lossenhof, für die er u. a. auch päpstlichen Ablaß erwirkte. Der Lossenhof kam übrigens nach Losses Tod und dem raschen Niedergang der Familie an einen anderen sehr prominenten Kurialen aus Eisenach, Nikolaus Lubich, der aber, soweit ich sehe, in keiner direkten Beziehung zu Losse stand. Zurück
  73. Vgl. etwa MEYER, Zürich und Rom (wie Anm. 26) passim, insbes. die Zusammenfassung auf S. 158–173 sowie ULBRICH, Päpstliche Provision (wie Anm. 43) S. 307–342 u. ö.  Zurück
  74. Die Konstellation ist relativ kompliziert, weshalb die betreffende Briefstelle hier vollständig wiedergegeben sei (NA [wie Anm. 41] Tl. 1/2, Nr. 779): "Scire vos affectantes, quod ecclesia parrochialis in Flachstadt [Florstadt] vacans ex morte quondam magistri Dithmari dicti Mulen nepotis vestri, ut nobis scripsistis, collata est illi de Stekilnberg cano nico Mogunt(ino) per prepositum monasterii Novi montis prope Fuldam nobis subiecti, ad quem ius patronatus eiusdem ecclesie dinoscitur pertinere, ita quod de provisione ipsius pro nunc disponere nil habemus. Sed si per viam impetracionis in Romana curia aliquod ius vel eciam gratiam acquirere possetis, ad hoc vos vellemus multa promptitudine promovere, presertim cum ipsum beneficium vos gauderemus pre cunctis aliis nostris cle ricis et familiaribus possidere." Der Abt wollte also den von Rudolf zu erwerbenden päpstlichen Rechtstitel als Hebel dafür einsetzen, das eigentlich bestehende Besetzungsrecht des ihm unterstellten Propstes vom Neuenberg zugunsten seines "Lieblingsfamiliaren" Losse zu unterlaufen.  Zurück
  75. Siehe auch die Beispiele bei GRAMSCH, Kurientätigkeit (wie Anm. 46) S. 148 ff. Zu allgemeinen Merkmalen der Pfründenkarrieren von Kurialen vgl. GRAMSCH, Erfurter Juristen (wie Anm. 45) S. 274–281 und 362–379.  Zurück
  76. Zu ihrer Prosopographie vgl. SONNTAG, Kollegiatstift St. Marien (wie Anm. 27) S. 105–218 sowie J. PILVOUSEK, Die Prälaten des Kollegiatstifts St. Marien in Erfurt von 1400–1555 (Erfurter theologische Studien 55), Leipzig 1988.  Zurück
  77. Am Anfang standen die beiden Kardinäle Francesco Moricotti und Philipp d'Alencon zwischen 1384 und 1397, gefolgt von Johannes von Mihla und seinem Vizepropst Johannes Rymann* (bis 1410). 1422–51 amtierte der auch als Rechtslehrer der Universität bedeutende Heinrich von Gerbstedt*. Sein Nachfolger, Heinrich Leubing* (1451–56) wies in seiner Eigenschaft als vielbeschäftigter Diplomat zumindest große Kuriennähe auf (ähnlich wie einst Losse) und nach 1461 kamen mit Johannes Werner von Flachsland, Hugo von Hohenlandenberg und Engelbrecht Erkel gleich dreimal Kuriale zum Zuge. Zu den mit (*) gekennzeichneten Personen vgl. nunmehr auch die biographischen Skizzen in GRAMSCH, Erfurter Juristen (wie Anm. 45) Personenkatalog.  Zurück
  78. Dies waren Dietrich von Margarethen, ein päpstlicher Ehrenkaplan (1367–78), Nikolaus Lubich*, der spätere Bischof von Merseburg (1400–11), Heinrich von Gerbstedt* (1411–20) und dessen jüngerer Vertrauter, Johannes Brun* (1420–55), ferner Günther von Bünau (von Schkölen)* (1476–80) und Markus Decker* (ab 1482).  Zurück
  79. Scholaster waren der eben schon genannte Dietrich von Margarethen, dann Dietrich Livoldi von Lüneburg* (1388–1408) und Johannes Bettenhausen* (1439–73), das Amt des Kantors bekleideten Dietrich von Nazza in den 1360er Jahren (Beleg zu seiner Tätigkeit an der Kurie insbes. KEHR/SCHMIDT [wie Anm. 37] Bd. 2, Nr. 556, er gehörte möglicherweise zum Umfeld Rudolf Losses) sowie zwischen 1432 und 1466 Nikolaus Hertnid* und Heinrich Wynner*.  Zurück
  80. Als Beispiel seien insbesondere die Rymann von Rotenburg (Hessen) sowie die in Erfurt, Naumburg und Meißen im 14./15. Jahrhundert einflußreiche Gelehrtenfamilie von Goch genannt, vgl. deren Viten in GRAMSCH, Erfurter Juristen (wie Anm. 45) Personenkatalog.  Zurück
  81. Statistische Untersuchungen zur regionalen Streuung päpstlicher Provisionen des 14./ 15. Jahrhunderts und zur Herkunft der deutschen Kurialen leiden bzgl. Thüringens daran, dass diese Region in der sehr viel größeren Mainzer Diözese aufgeht, vgl. E. MEUTHEN, Auskünfte des Repertorium Germanicum zur Struktur des deutschen Klerus im 15. Jahrhundert, in: QFIAB 71 (1991) S. 280–309; SCHUCHARD, Die Deutschen (wie Anm. 4) S. 177–182. Die hohen Werte für die Mainzer Diözese "insgesamt" deuten auf eine angemessene Repräsentanz von Thüringern an der Kurie hin, entsprechend ist auch der statistische Befund für die aus Thüringen stammenden Kurialen bei GRAMSCH, Erfurter Juristen (wie Anm. 45) S. 584.  Zurück
  82. Vgl. zu diesen die Viten in GRAMSCH, Erfurter Juristen (wie Anm. 45) Personenkatalog.  Zurück
  83. Benannt nach einem Turm, den sich der bekannte päpstliche Zeremonienmeister und (halb unfreiwillige) Borgia-Historio graph Johannes Burckhard von Straßburg um 1500 bauen ließ, vgl. zu diesem insbes. P. PASCHINI, A proposito di Giovanni Burckardo ceremoniere pontificio, in: Archivio della Socièta Romana di storia patria 51 (1928) S. 33–59; L. OLIGER, Der päpstliche Zeremonienmeister Johannes Burckard von Straßburg 1450–1506, in: Archiv für elsässische Kirchengeschichte 9 (1934) S. 199–232 und zuletzt nun seine Vita in GRAMSCH, Erfurter Juristen (wie Anm. 45) Personenkatalog, Nr. 103.  Zurück
  84. Zur Person vgl. K. H. SCHÄFER, Johannes Sander von Northusen, Notar der Rota und Rektor der Anima: ein deutsch-römisches Lebensbild am Ausgang des Mittelalters, Rom 1913 (mit Fotographie des bis heute erhaltenen Grabsteins). Zurück