Reichenberg
Erstmals schriftlich erwähnt wurde Reichenberg im Jahr 1319 als „Richenberch“. In einer Urkunde belehnte Erzbischof Balduin von Trier den Grafen Wilhelm I. von Katzenelnbogen und dessen zweite Gemahlin Adelheid mit den Dörfern Bornich, St. Goarshausen, Patersberg und Offenthal. Auch wurde dem Grafen erlaubt, auf dem Berg, an dessen Fuß das heutige Reichenberg liegt, eine Burg zu errichten. Der Bau dürfte wohl im Frühjahr darauf begonnen worden sein, denn bereits am 18. Januar 1324 nahm König Ludwig der Bayer die Burg Reichenberg in seinen Schutz.[Anm. 1] Gleichzeitig verlieh er dem Ort, der unterhalb der Burg entstehen sollte, schon vor seiner Gründung das Recht der Stadt Frankfurt sowie einen Wochenmarkt. Doch zu der wohl geplanten wirtschaftskräftigen Stadt entwickelte sich die Siedlung, die „Dal“, „Thall“ oder schließlich „Tal“ genannt wurde, nie. Die ersten Bewohner:Innen der Talsiedlung waren vorwiegend Tagelöhner, Arbeiter und Handwerker und deren Familien, die an dem Bau der Burg beschäftigt waren.
Nach dem Aussterben des Katzenelnbogener Grafenhauses gelangte die Niedergrafenschaft Katzenelnbogen im Jahr 1479 bis 1806 wechselnd an die Landgrafen von Hessen in Kassel und Darmstadt.
Im Dreißigjährigen Krieg (1618-1648) erfuhr Reichenberg wie fast alle umliegenden Dörfer großes Leid durch die umherziehenden Truppen, Seuchen und Hungersnöte. Jedoch schreckte die unmittelbare Nähe der Burg wohl so manche Plünderer ab, und auch viele Menschen aus den umliegenden Dörfern flohen in ihre schützenden Mauern. Im Jahr 1647 schließlich wurde die Burg von rund 6.000 Soldaten belagert und große Teile des Dorfes zerstört. Pfarrer Plebanus aus Miehlen berichtete: „Reichenberg liegt ganz wüste, nicht ein Mensch ist mehr darinnen, die Mauern eingerissen, die Pforten verbrannt.“[Anm. 2] Die Kirche des Ortes konnte erst 1737 wiedererrichtet werden.
1815 zählte das Dorf Reichenberg 98 Einwohner:Innen.[Anm. 3] Die Burg Reichenberg war im Laufe der Jahre zunehmend verfallen und ging im 19. Jahrhundert durch die Hände verschiedener Privatbesitzer, die sich jedoch nur unzureichend um den Erhalt der Anlage kümmerten. Die zwei einst markanten Türme der Burg stürzten ein.
Von 1806 bis 1813 war das Gebiet der Niedergrafschaft unter französischer Verwaltung Napoleons (Pays réservé de Catzenellenbogen). Im Wiener Kongress 1815 schließlich wurden Reichenberg und 34 andere Gemeinden dem Herzogtum Nassau einverleibt, welches wiederum im preußisch-österreichischen Krieg 1866 vom Königreich Preußen annektiert worden war. Es war zunächst der Provinz Hessen-Nassau zugeordnet und ab 1885 dem neu gegründeten Kreis Sankt Goarshausen.
Seit 1843 ist das früher als Dorf bezeichnete Offenthal, heute der Offenthaler Hof, Teil der Gemarkung von Reichenberg. Offenthal existiert nachweislich seit 1250.
Im Jahr 1841 erhielt Reichenberg einen eigenen Lehrer. Zuvor mussten die Kinder die Schule in Patersberg besuchen. Mit Einrichtung der Mittelpunktschulen in umliegenden größeren Städten wurde die Schule in Reichenberg 1965 geschlossen.
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts verzeichnete das Dorf über 200 Einwohner:Innen.[Anm. 4] Im Ersten Weltkrieg fielen acht Soldaten aus Reichenberg. Zur Zeit des Nationalsozialismus beteiligte sich Reichenberg bei der Errichtung eines Lagers des Reichsarbeiterdienstes (RAD) in Bogel. Aus dem Zweiten Weltkrieg kehrten 18 Soldaten nicht mehr zurück. Zivilisten kamen nicht um, obwohl die Umgebung 1943–45 mehrfach von Bomben getroffen wurde. Nach der Befreiung durch amerikanische Truppen am 26./27. März 1945 lag Reichenberg in der französischen Besatzungszone.
Seit 1946 gehört Reichenberg zum neugegründeten Bundesland Rheinland-Pfalz und seit 1972 zur Verbandsgemeinde Loreley.
Nachweise
Erstellt am: 25.11.2020
Verfasserin: Katrin Kober
Dieser Artikel basiert auf: Hebel, Karl Willi: Reichenberg. Dorf und Burg im Taunus. Argenthal 2000.
Anmerkungen:
- Mehr zur Burg Reichenberg bei EBIDAT – Burgendatenbank des Europäischen Burgeninstituts, http://www.ms-visucom.de/cgi-bin/ebidat.pl?id=90 (Aufruf am 25.11.2020). Zurück
- Zitiert in Hebel 2000, S. 21. Zurück
- Statistisches Landesamt Rheinland-Pfalz: Reichenberg, Bevölkerung – Zeitreihen, https://infothek.statistik.rlp.de/MeineHeimat/tscontent.aspx?id=103&l=3&g=0714109114&tp=1027&ts=tsPop01 (Aufruf am 25.11.2020). Zurück
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