Nerzweiler in der Pfalz

Nerzweiler

0.1.Allgemeine Angaben

Dorf am Talbach

Nerzweiler

Ortsgemeinde in der Verbandsgemeinde Lauterecken

Einwohner (2007): 150

Einwohner (2010): 129 

Wohnplätze: Ortskern

Gemarkung:  213 ha, davon  ca. 10 ha Siedlungsfläche

 

 

0.2.Lage

Der Ort liegt zwischen Hinzweiler und Offenbach-Hundheim eingebettet in das Eßweiler Tal in rund 190 m Höhe über dem Meeresspiegel. Die Erhebungen rechts und links des Tals erreichen Höhen von etwa 300 Metern über NN (Auf der Platte 310 m, Stiehlberg 280 m) 

 

0.3.Siedlung und Wohnung

Das Gemeindehaus

Es handelt sich um ein locker besiedeltes Haufendorf an der Straße durch das Eßweiler Tal (L 372). In der Dorfmitte kreuzen sich die Nebenstraßen des Dorfes mit der Hauptstraße, und in diesem Bereich herrscht eine dichtere Besiedlung vor. Der Friedhof liegt im Nordwesten außerhalb des Dorfes.

 


0.4.Wüstungen

In der Beschreibung des Eßweiler Tals von Johannes Hofmann ist folgendes zu lesen: „Im Nerzweiler Bann, oben zu End der Dellen Rendbach, haben vor Zeiten die Mühlsteiner Junker ein Viehhof gehabt, Heinzenmauren genannt.“ (Lißmann o. J. S. 137) Erwähnt wird auch ein Gutleuthaus (Haus für Aussätzige), das an der Straße zwischen Nerzweiler und Hinzweiler gestanden hat. (Lißmann o. J. S. 135) Nachrichten über ehemalige Dörfer im Bereich der heutigen Gemarkung Nerzweiler liegen nicht vor.

0.5.Name

Ebenfalls bei Johannes Hofmann ist zu lesen, Nerzweiler sei von einem Mann mit Namen Narriseus gegründet worden, und deshalb habe der Ort den Namen Narriseusweiler erhalten. Heutige Namenforscher könnten mit dieser Namensbestimmung fast einverstanden sein. Bestimmungswort ist nach den Angaben bei Dolch und Greule der Personenname Nerizo, Grundwort der Siedlungsname -weiler. Demnach wurde der Ort von einem Siedler mit Namen Herizo gegründet. Wann überhaupt die Weilerorte des Eßweiler Tales gegründet wurden, ist nicht festzustellen. In Betracht kommt ein sehr großer Zeitraum vom 8. bis zum 12. Jahrhundert. Die erste bekannt gewordene Erwähnung des Ortes Nerzweiler stammt aus dem Jahr 1350. Die übrigen Orte des Tales wurden fast 100 Jahre früher genannt. Es ist vertretbar, die Gründungen dieser Orte etwa 300 Jahre vor der Erstbenennung anzusetzen. In der Urkunde der Ersterwähnung wird der Ort als „Nertzwilre“ bezeichnet. Spätere Namensformen sind Nerzewilre (14. Jhd.), Nerzwilr (1443) und Nerzweiler (1575).

0.6.Wappen

Das Wappen von Nerzweiler ist horizontal zweigeteilt. Das obere Feld zeigt auf goldenem Grund einen blaubewehrten und blaubezungten roten Löwen, das untere Feld auf grünem Grund einen silbernen Kuckuck. Bei dem roten Löwen handelt es sich um das Wappentier der Rheingrafen von Grumbach, zu deren Herrschaft Nerzweiler im ausgehenden 18. Jahrhundert gehörte. Der Kuckuck bezieht sich auf einen früheren Übernamen für die Bewohner von Nerzweiler. (Vgl. auch Debus o. J. S. 165)

 

0.7.Abriss der Ortsgeschichte

0.7.1.Frühgeschichte

Nach zahlreichen vorgeschichtlichen Funden in der weiteren Umgebung von Nerzweiler ist anzunehmen, dass die direkte Umgebung des Dorfes ebenfalls während der Bronze- und der Eisenzeit, vielleicht auch schon während der jüngeren Steinzeit bewohnt war. Das gilt auch für die Römerzeit. Wieder können wir uns auf Johannes Hofmann berufen: „Desgleichen findet man auch ein gemauertes Zeichen bei Hintzweiler und Nerzweiler in den Feldern unten am Gutleuthaus auf der Straßen. Da man auch solche Stein, Münzen und ganz feste Stück von Kalkfelsen wie ein Tisch formiert in der Erde gefunden“. (Lißmann S. 135) Offensichtlich handelte es sich dabei um Funde aus der Römerzeit, wie sie im ganzen Tal zahlreich vorzufinden waren. Auch Ludwig Mahler, Chronist der Gemeinde Hachenbach, berichtete über römische Funde im Bereich zwischen Nerzweiler und Aschbach. So sollen im Jahre 1827 die Grundmauern eines Römerbades mit sechs Räumen freigelegt worden sein. 

0.7.2.Mittelalter

Nerzweiler teilt weitgehend die mittelalterliche Geschichte aller Dörfer des Eßweiler Tals, die in vieler Hinsicht eine Einheit bildeten. Neben N. selbst handelte es sich ursprünglich um Hundheim (Neuenglan), Hachenbach, Hinzweiler, Aschbach, Horschbach, Oberweiler, Elzweiler, Eßweiler und die inzwischen untergegangenen Dörfer (Wüstungen) Letzweiler, Niederaschbach, Nörweiler, Mittelhofen, Zeizelbach, Füllhof, Neideck und Lanzweiler. Nach Annahmen der Historiker lagen diese Dörfer in dem freien Reichsland rings um die Königsburg Lautern und wurden irgendwann vor dem 9. Jahrhundert dem Kloster Prüm zum Besitz übergeben. Geistlicher Mittelpunkt dieses Gebietes war zunächst die Hirsauer Kirche bei Hundheim. Das Dorf Hundheim trug zu dieser Zeit noch den Namen Glena oder Glan, wohl Neuenglan (Niuwen Glena) im Gegensatz zu Altenglan (Gleni). Dieses Glena wurde Sitz eines "Hund", eines weltlichen Verwalters für 14 Lehnsherren, die dazu berechtigt waren, im gesamten Tal den Zehnten unter sich aufzuteilen. Bei diesen Lehensherren handelte es sich um den Junker Mühlenstein von Grumbach als dem Vasallen der Rheingrafen, um die Pfalzgrafschaft Zweibrücken, um die Klöster Offenbach, Remigiusberg, Tholey und Enkenbach und die Johanniterkommende Sulzbach, um die Kirchen von Zweibrücken, St. Julian und Hinzweiler (zuvor Hirsau), um den Stangenjunker von Lauterecken, um die Blick von Lichtenberg, um die Herren von Mauchenheim und um die Herren von Mickelheim. Offensichtlich unterhielten die Lehensherren unterschiedliche Verwaltungssitze im Eßweiler Tal. Die Wild- und Rheingrafen als Inhaber der Hochgerichtsbarkeit unterhielten ihre Herrschaft über die Herren von Mühlenstein (später Cratz- von Scharfenstein) bei der Hirsauer Kirche und in der Springeburg zwischen Oberweiler und Eßweiler. Die Grafen von Veldenz als Lehensherren der „armen Leute“ des Tals (ab 1444 die Pfalzgrafen oder Herzöge von Zweibrücken) erwählten aber Nerzweiler zu ihrem Amtssitz. So wird zwischen 1350 und 1451 Nerzweiler in einer Reihe von Urkunden stets als Sitz des "Nerzweiler Amtes" genannt. Michael Frey behauptet in seiner Beschreibung des bayerischen Rheinkreises, daß das Amt Nerzweiler bereits 1130 dem Grafen von Veldenz zum Lehen gegeben worden sei, also gleich nach der Gründung dieser Grafschaft. Allerdings nennt Frey keine Quelle, und so lässt sich seine Angabe nicht überprüfen.

Nach der Urkunde von 1350, in der Nerzweiler erstmalig erwähnt wird, bekundet ein Edelknecht Endris genannt Müller von Grumbach, dass ihn Graf Heinrich II. von Veldenz zum Burgmann für seine Burg Lauterecken angenommen hat. Endris kann allerdings wegen des vorherrschenden Platzmangels in der Burg Lauterecken keine Wohnung nehmen. Er muss sich deshalb nur dann vor der Burg einfinden, wenn dazu eine besondere Aufforderung an ihn ergeht. Es wird ihm ein Manngeld (Gehalt) von sechs Pfund Hellern pro Jahr zugesprochen. Dieses Geld soll er sich jährlich bei dem Amtmann zu Nertzwilre abholen. (Vgl. Dolch 1999a) In einer Urkunde von 1377 wird ein Henne Weber genannt, also ein Mann mit Namen Hans, der den Beruf eines Webers ausübte. Dieser Henne Weber von Nertzwilre war einer von 40 Bürgen für Gerhard von Lauterecken, dessen Ehefrau Gertrud und die Söhne von Henne Heinzmann. Gerhard von Lauterecken hatte sich gegenüber dem Grafen Heinrich II. von Veldenz zur Treue verpflichtet und erklärte sich bereit dazu, 1000 Mainzer Gulden zu zahlen für denn Fall, dass er sein Versprechen nicht halten würde. (Vgl. Dolch 1999b)

In fünf weiteren Urkunden aus der Zeit des Grafen Friedrich III. von Veldenz weisen die Aussteller auf das Verhältnis zwischen der Grafschaft Veldenz und der Kurpfalz hin. Ein bedeutender Teil der Grafschaft Veldenz bestand nämlich aus kurpfälzischen Lehen, d. h. diese Gebiete waren ursprünglich im Besitz der Kurfürsten von der Pfalz, wurden aber als Erblehen an die Grafen von Veldenz vergeben. Dabei handelte es sich um Burg Lichtenberg, um die Stadt Kusel, um die Michelsburg auf dem Remigiusberg, um Burg Pettersheim, um das gesamte Remigiusland und schließlich um die Ämter Bosenbach und Nerzweiler. In den Urkunden von 1387, 1398, 1437 und 1443 bestätigt Graf Friedrich III., diesen Besitz von der Kurpfalz erhalten zu haben. In einer Urkunde von 1393 erlaubt umgekehrt Ruprecht von der Kurpfalz (ab 1398 Kurfürst, ab 1400 deutscher König) dem Grafen Friedrich, seine Frau Margarethe von Nassau-Saarbrücken mit den Ämtern Bassenbach und Nertzevilre zu bewidmen. Das bedeutete, dass die Gräfin, wenn sie ihren Ehemann überleben sollte, aus diesen beiden Ämtern ihren Unterhalt beziehen konnte. Pfalzgraf Stephan, ein Sohn von König Ruprecht, war mit der Tochter Anna des Grafen Friedrich III. von Veldenz verheiratet. Anna war Friedrichs einzige Tochter, und so erbte Stephan 1444 bei Friedrichs Tod die gesamte Grafschaft Veldenz. Er vereinigte diese mit seinem von der Kurpfalz ererbten Eigenbesitz und gründete damit die Pfalzgrafschaft Zweibrücken, die zumeist als Herzogtum bezeichnet wird. Noch im Jahre 1444 teilte Stephan die neue Pfalzgrafschaft auf unter seine Söhne Friedrich und Ludwig. Im Jahre 1446 wurden auch ihnen durch den neuen Kurfürsten Ludwig die ehemals veldenzischen Gebiete bestätigt. In dieser Bestätigungsurkunde, ausgestellt am 27. Juli 1446 in Alzey, taucht zum letzten Mal die Bezeichnung Nerzweiler Amt auf. Zu einem unbestimmten Zeitpunkt in der Folgezeit wurde der Amtssitz nach Hundheim verlegt, und es erscheint dann in den Urkunden die Bezeichnung Hundheimer Pflege.

Die Abhängigkeit von einer Vielzahl von Lehensherren ließ im Eßweiler Tal offensichtlich größere Freiheiten walten als in anderen Gebieten, in denen einheitliche Macht- und Regierungsverhältnisse vorherrschten. Rechtliche Fragen innerhalb des Eßweiler Tals regelten eine Reihe von Weistümern, die schon im Mittelalter gültig waren, aber erst zu Beginn des 16. Jahrhunderts aufgeschrieben wurden. Sie sind erhalten geblieben und gelten heute als Musterbeispiele für mittelalterliche Rechtsprechung. Es handelte sich um ein Gerichts- und Grenzweistum, um ein Kanzelweistum, um ein Huberweistum und um ein Gemeindeweistum. (Vgl. Mehl und Weizsäcker)

0.7.3.Neuzeit

1537 wurde im Eßweiler Tal die Reformation eingeführt. Im Verlauf des 16. Jahrhunderts wütete die Pest, und die Dörfer wurden entvölkert. In Nerzweiler selbst lebten 1575 nur noch 10 Menschen. Hinsichtlich der herrschaftlichen Verhältnisse kam es im Jahr 1595 dadurch zu einer Änderung, dass die Hochgerichtsbarkeit, die bis dahin die Wild- und Rheingrafen etwa 250 Jahre lang inne hatten, den Pfalzgrafen (Herzögen) von Zweibrücken übergeben wurde. Als Gegenleistung dafür überließ Pfalzgraf Johannes I. von Zweibrücken den Rheingrafen das Dorf Kirchenbollenbach bei Idar-Oberstein. Damit waren Hochgerichtsbarkeit und Herrschaft über die „armen Leute“ in einer Hand, wenngleich die übrigen genannten Lehensherren nach wie vor berechtigt waren, ihren Anteil am Zehnten in den verschiedenen Dörfern einzuziehen. 1614 tauschte Pfalzgraf Johannes II. seine Leibeigenen in Teschenmoschel gegen Leibeigene des Freiherrn Johann Gottfried von Sickingen in Schallodenbach ein, die diesem im Eßweiler Tal gehörten. Im Dreißigjährigen Krieg hatte Nerzweiler zu leiden. Einzelheiten liegen uns nicht vor. Eine neue grundsätzliche Änderung hinsichtlich der territorialen Zugehörigkeit erfolgte 1755. Jetzt übergab Pfalzgraf (Herzog) Christian IV. das Kloster Offenbach mit den Dörfern Hundheim, Nerzweiler, Hinzweiler; Oberweiler, Ober- und Niederhaschbach sowie die Hirsauer Kirche an die Rheingrafen von Grumbach, die bereits bis 1595 in diesen Dörfern die Hochgerichtsbarkeit ausgeübt hatten. Nerzweiler bleib nun in der Rheingrafschaft bis zum Zusammenbruch der alten Feudalherrschaft zur Zeit der Französischen Revolution.

0.7.4.Neueste Zeit

Während der Zeit der Französischen Revolution und der Regierungszeit des Kaisers Napoleon wurde das linksrheinische Deutschland von Frankreich annektiert. Dabei beseitigten die Franzosen alle bis dahin bestehenden Landesgrenzen und gründeten neue Départements. Grob gesehen bildete der Glan die Grenze zwischen dem Saardepartement und dem Département Donnersberg. Nerzweiler kam zusammen mit den Dörfern Aschbach, Hinzweiler, Hachenbach und Gumbsweiler zu der neu gegründeten Mairie (Bürgermeisterei) Hundheim. Nach dem Sieg über Kaiser Napoleon entstand durch den Wiener Kongress nach einer gewissen Übergangszeit der Baierische Rheinkreis des Königreichs Bayern, die spätere Bayerische Rheinpfalz. Nerzweiler gehörte nun zur Bürgermeisterei Hundheim im Kanton (Distrikt) Lauterecken und im Landkommissariat (Bezirksamt, Landkreis) Kusel. Nur in der Zeit zwischen 1880 und 1892 war Nerzweiler Sitz der Bürgermeisterei. Weitere Veränderungen ergaben sich durch die Gebiets- und Verwaltungsreform von 1968. Die Ortsgemeinde Nerzweiler gehört seit dem 1. Januar 1972 zur Verbandsgemeinde Lauterecken.

0.8.Wahlergebnisse, Bundestag Zweitstimmen

SPDKPDDNVPDVPNSDAP
Reichstag 192821,16,115,245,53,0
Reichstag 193013,01,47,17,265,2
Reichstag 1933--- ---------98,1
SPDCDUFDP GrüneLinkeSonstige
Landtag 200156,615,13,85,7---18,9
Landtag 200650,025,04,56,82,311,4
Landtag 201144,719,12,129,82,12,2
Bundestag 200255,115,47,79,0---12,8
Bundestag 200550,819,78,24,99,86,5
Bundestag 200913,825,922,48,624,15,1
Bundestag 201330,433,95,45,410,714,4

0.9.Zeittafel

VorgeschichteFunde aus den verschiedenen vorgeschichtlichen Epochen in der weiteren Umgebung des Ortes
RömerzeitRömerzeitliche Funde im Bereich der Gemarkung von N.
Frühes MittelalterNerzweiler wird innerhalb des Königslands gegründet. Spätere Besitzrechte des Klosters Prüm sind zeitlich nicht genau festzulegen
1350Ersterwähnung von Nerzweiler
um 1350Verpfändung des Eßweiler Tals an die Kurpfalz, die das Gebiet in der Hochgerichtsbarkeit an die Wildgrafen vergibt, außerdem an die sogenannten 14 Lehnsherren, unter denen vor allem die Grafen von Veldenz zu nennen sind. Das Eßweiler Tal wird als veldenzisches Amt von Nerzweiler aus verwaltet.
1444Nerzweiler in der Pfalzgrafschaft Zweibrücken
nach 1446Nerzweiler verliert die Funktion als Amtssitz an Hundheim
1537Einführung der Reformation in der Pfalzgrafschaft Zweibrücken
1595Die hohe Gerichtsbarkeit geht an die Pfalzgrafschaft Zweibrücken über
1614Austausch der Leibeigenen im Eßweiler Tal und Teschenmoschel zwischen Pfalzgrafschaft Zweibrücken und Herrschaft Sickingen
1755Das Eßweiler Tal kommt in den Besitz der Rheingrafen von Grumbach.
1801Nerzweiler liegt im Departement Donnersberg und in der Mairie Hundheim
1816Nerzweiler liegt in der bayerischen Rheinpfalz, im Kanton Lauterecken und in der Bürgermeisterei Hundheim
1880 - 1892Nerzweiler ist vorübergehend wieder Sitz der Bürgermeisterei
1972Nerzweiler Ortsgemeinde in der Verbandsgemeinde Lauterecken

0.10.Religiöse Verhältnisse

Ursprünglich war die Hirsauer Kirche geistlicher Mittelpunkt für alle Dörfer des Eßweiler Tales, damit auch für Nerzweiler. Wann in Hirsau zum ersten Mal eine Kirche erbaut wurde, ist heute nicht mehr festzustellen. Wir nehmen an, daß schon Jahrhunderte vor der Erbauung des heute noch bestehenden Gebäudes (um 1100) eine Kirche am selben Ort stand, vielleicht eine aus Holz erbaute Kirche. Aus dem ganzen Tal zogen die Menschen nach Hirsau zum Gottesdienst, alle Hochzeiten wurden hier gefeiert, alle Toten hier beerdigt. Zudem trafen sich die Männer zur Abhaltung des Things, und an bestimmten Tagen wurde Markt gehalten. Hirsau verlor diese zentrale Rolle, als 1451 auch in Hinzweiler eine Kirche gebaut wurde. Hinzweiler war zunächst nur eine Filialkirche von Hirsau. In der Folgezeit kam es zu einem Konkurrenzstreben zwischen beiden Kirchen, indem Hinzweiler die Funktion einer Mutterkirche anstrebte. Bereits 1537 führte die Pfalzgrafschaft von Zweibrücken in der Kirche des Oberamtes Meisenheim die Reformation nach der Lehre von Martin Luther ein, wodurch auch im Eßweiler Tal der Gottesdienst nach und nach im reformierten Sinne durchgeführt wurde. Das Kloster Offenbach, von dem auch die Kirche Hinzweiler abhängig war, widersetzte sich zunächst den reformatorischen Bestrebungen. Doch 1556 führten auch die Rheingrafen von Grumbach die Reformation ein, und 1588 kam es zur Auflösung des Klosters Offenbach. 1562 erhielt Eßweiler einen eigenen Friedhof. Nachdem die Pfalzgrafen von Zweibrücken 1595 unumschränkte Lehensherren über das Eßweiler Tal geworden waren, mussten die Gläubigen gemäß der Entwicklung in der Pfalzgrafschaft zum reformierten Glauben nach Calvin übertreten. Ab 1601 wurde Hinzweiler zunächst vorübergehend Mutterkirche, doch schon 1610 musste der Ort diese Funktion wieder an Hirsau zurückgeben. Nach dem Ende des Dreißigjährigen Krieges wurde Hinzweiler erneut Mutterkirche, und dieses Verhältnis blieb bis zum heutigen Tag bestehen. Nach ihrer religiösen Zugehörigkeit waren die Einwohner von Nerzweiler in früherer Zeit überwiegend Reformierte. Als Minderheiten gab es Lutheraner, die  sich 1818 in der protestantischen Union mit den Reformierten vereinigten. Christen katholischer Konfession gab bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts nicht in Nerzweiler, und sie kommen auch später nur vereinzelt vor. 1743 gehörten von den 14 Haushaltungen nur zwei der lutherischen Konfession an, während es keine Katholiken, auch keine Juden gab. 1825 lebten nur Protestanten  im Dorf, also unierte Calvinisten und Lutheraner. 1961 gab es unter 180 Einwohnern einen Katholiken.  

0.11.Bewohner

Nerzweiler war schon während des ganzen Mittelalters ein kleines Dorf, dessen Existenz in Zeiten der Pest und des Krieges nicht selten bedroht war. Die Menschen lebten vornehmlich von der Landwirtschaft. Die Nennung eines vermögenden Webers mit Namen Hans in der Urkunde von 1377 kann als ein Hinweis darauf verstanden werden, dass im Mittelalter schon die Weberei als eigenständiges Handwerk betrieben wurde. 1477 wurden zwei Steuerpflichtige für die Maibede genannt. 1559 gab es folgende Namen in Nerzweiler: Daniel Jung, Hans Poth, Daniel Beller, Hans Lay, Bastian Krill, Jakob Anthes. Schon vor dem 30-jährigen Krieg wurde der Ort durch die Pest stark entvölkert. Vom 17. Jahrhundert an arbeiteten manche Einwohner in den Erzgruben des Königsbergs. Bei Hinzweiler gab es eine Kalkgrube, die einige Personen beschäftigte. Bei Nerzweiler selbst gab es Kohlengruben auf beiden Seiten des Tales, in denen ebenfalls die Männer des Ortes Arbeit fanden. In einer Statistik von 1743 galten alle 14 Familienväter des Dorfes als freie Untertanen. Fünf Bewohner übten neben ihrer landschaftlichen Tätigkeit noch einen Handwerksberuf aus. Es gab einen Leinenweber, einen Müller, einen Schneider, einen Gerber und einen Schuhmacher. Im Prinzip blieb diese Berufsstruktur bis weit in 20. Jahrhundert hinein erhalten. Vom ausgehenden 19. Jahrhundert an bis in die Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg mögen vereinzelt auch Wandermusikanten in die Welt gezogen sein. Inzwischen sind die herkömmlichen Handwerksbetriebe ganz verschwunden. Die Mehrzahl der Bewohner muss außerhalb des Ortes dem Broterwerb nachgehen. Die Einwohnerzahl erreichte um 1870 einen Höhepunkt. Inzwischen wohnen weniger Menschen in Nerzweiler als vor 200 Jahren.

Folgende Einwohnerzahlen (aus früherer Zeit)

1510174318251827183518501885190519391962198620012007
10 Fam.70150143202219184189180189170145121

0.12.Schulen, Kultur, Vereinswesen

0.12.1.Schulen

Das Schulwesen erfuhr allgemein seit der Reformationszeit einen Aufschwung, kam aber während des Dreißigjährigen Krieges wieder zum Erliegen. Über die Anfänge der Schule in Nerzweiler liegen uns nur wenige Nachrichten vor. Wahrscheinlich gab es im 18. Jahrhundert bereits eine Winterschule. Schulakten des Landesarchivs Speyer aus dem 19. Jahrhundert lassen erkennen, dass 1845 ein Schulexpectant Wilhelm Hahn in einer Privatwohnung den Unterricht leitete. Hahn wurde bald aufgefordert, sich eine neue Stelle zu suchen, da er durch einen Lehrer mit Abschlussprüfung ersetzt werden sollte. Dieser Nachfolger an der protestantischen Schule Nerzweiler war Heinrich Engel, geb. 1824 in Einöllen, 1856 zum ordentlichen Lehrer ernannt. Da die Gemeinde finanziell sehr schlecht gestellt war, kam es mit Engel und seinen Nachfolgern immer wieder zu Zwistigkeiten wegen des Gehalts und wegen der gemeindlichen Zuwendungen. So forderte dieser Lehrer 1862 vergeblich 650 Gulden ein, die ihm die Gemeinde während der vorangegangenen Dienstzeit nicht bezahlt hatte. Die Zahl der Schüler betrug damals durchweg über 50 bei 7 Schülerjahrgängen und etwas mehr als 200 Einwohnern. (1850/51: 53; 1851/52: 56) Die Gemeinde ließ 1870 ein Schulhaus bauen und gleichzeitig den eigenen Friedhof anlegen. Wegen der finanziellen Schwierigkeiten in diesem Zusammenhang verkaufte sie den gemeindeeigenen Wald an die Gemeinde Aschbach. Es heißt, dass die Bewohner des Ortes aus diesem Grund den Scherznamen „Kuckuck“ erhielten.

Heinrich Engel war bei der Ausübung seiner Dienstpflichten anfangs sehr genau, doch im Laufe der Zeit stellten sich Nachlässigkeiten ein, möglicherweise verursacht durch die schlechte Bezahlung. Der Lehrer wurde krank und musste 1877 vorzeitig in Pension gehen. Nachfolger wurde Jacob Förster, der aus Hinterweidenthal kam. Auch über ihn gab es bald Klagen, und er wurde 1879 nach Blaubach versetzt. Mehrere Verweser leiteten in den folgenden zwei Jahren den Unterricht, bis 1881 Peter Lang eingestellt wurde. Lang (geb.1848)  stammte aus Nerzweiler selbst. Er übernahm 1896 zusätzlich das Amt eines Rechners der Spar- und Darlehenskasse Hundheim-Nerzweiler, musste aber ebenfalls krankheitshalber bereits 1897 um die vorzeitige Pensionierung nachsuchen. Wiederum wurde die Stelle mehrmals kurzzeitig besetzt, bis von 1912 bis 1923 Rudolf Brügel unterrichtete. Er wurde 1923 nach Hütschenhausen versetzt. Letzter Lehrer vor Ort war Armin Hübner. 1967 wurde die Schule in Nerzweiler aufgelöst. Die Schüler mussten zunächst die Zentralschule in Sankt Julian, dann die Grund- und Hauptschule in Offenbach-Hundheim besuchen.

0.12.2.Feste, Brauchtum und Vereine

Der Ort feiert seine Kirchweih am dritten Wochenende im August. Im Jahr 2000 veranstaltete die Ortsgemeinde ein Dorffest im Zusammenhang mit dem 650-jährigen Ortsjubiläum mit einer Ausstellung alter Bilder aus dem Heimatbereich, die beim Publikum einen großen Anklang fand. Weiteres altes Brauchtum wird kaum noch gepflegt. Vereine sind im kleinen Ort nicht stark vertreten. Es gibt einen Gesangverein, eine Landjugendgruppe, einen Förderverein der Feuerwehr und der Gemeinde.

0.13.Gesundheits- und Sozialwesen

Allgemeinärzte und Apotheken stehen in Offenbach-Hundheim, in Lauterecken und in Wolfstein zur Verfügung. Zuständige Sozialstation ist Lauterecken. Die nächsten Krankenhäuser sind die Westpfalzkliniken in Kaiserslautern und in Kusel. 

0.13.1.Wirtschaft und Verkehr

Nerzweiler war früher ein reines Bauerndorf. Bei einer Viehzählung von 1928 gab es 27 Pferde, 208 Rinder, 79 Schweine, 22 Ziegen, 547 Hühner und 10 Bienenvölker. Es standen in früherer Zeit am Bach eine Mühle und eine kleine Gerberei. Nach einem Bericht von 1744 hatte die Mühle zwei Wasserräder und zwei Mahlgänge. Peter Hornbacher war damals der Erbbeständer. Kohlengruben gab es während des 18. Jahrhunderts in etwa 5-6 Stollen in den Distrikten Wernesacker, in der Hölle, im Bächel. In neueren Gruben wurde noch zwischen 1821 bis 1869 gearbeitet. Die Belegschaft von anfänglich 12 Mann ging im Laufe der Zeit auf 6 Mann zurück. Zuletzt wurden 12 964 t Kohlen pro Jahr gefördert. 

Nerzweiler liegt an der L 273, die Rothselberg mit Offenbach-Hundheim verbindet. Südlich des Ortes zweigt die L 368 von der L 273 ab und stellt nach Osten hin über Aschbach eine Verbindung zum Lautertal her. Die L 368 führt vom benachbarten Hinzweiler aus über Horschbach und Welchweiler nach Altenglan. Die Autobahnauffahrten Kusel und Kaiserslautern sind 20 bzw. 30 km weit entfernt. Nächste  Bahnhöfe sind  die von Lauterecken (6 km) und von Wolfstein (8 km).

0.14.Nachweise

Verfasser: Ernst Schworm

Redaktionelle Bearbeitung: Ernst Schworm

Literatur:

  • Dolch, Martin und Greule, Albrecht: Historisches Siedlungsnamenbuch der Pfalz, Speyer 1991.
  • Dolch, Martin und Greule, Albrecht: Fünf Orte im Landkreis Kusel feiern Geburtstag, in: Westrichkalender Kusel 1999 (=1999 a), S. 57-58.
  • Dolch, Martin und Greule, Albrecht: Zwei mittelalterliche Urkunden, in: Westricher Heimatblätter Jg. 30, Kusel 1999 (=1999b), S. 170-175.
  • Fabricius, Wilhelm: Die Grafschaft Veldenz, in: Mitteilungen des Historischen Vereins der Pfalz (=Bd. 33) Speyer 1913, S. 1-91.
  • Frey, Michael: Historisch-geographische Beschreibung des  bayerischen Rheinkreises, Band III, Speyer 1836.
  • Hofmann, Johannes: Gründliche und wahrhaftige Beschreibung des Eßweiler Tals von 1595, Transkription Otto Lißmann, o. O. und o. J. Skriptum der Kreisverwaltung Kusel, eine neuere bisher unveröffentlichte Transkription durch Dieter Zenglein.
  • Kluding, Jakob: Die geschichtliche Entwicklung des Steinkohlenbergbaus in der Pfalz bis 1920, insbesondere im Kreis Kusel, in Westricher Heimatblätter Jg. 7, Kusel 1976, S. 44-90.
  • Mahler, Ludwig: Hachenbach am Glan und die nähere Umgebung im Wandel der Zeiten, Hachenbach 1966.
  • Mehl, Elisabeth: Die rechts- und sozialgeschichtliche Bedeutung der Weistümer im Eßweiler Tal, in: Westricher Heimatblätter Jg. 10, Kusel 1979, S. 4 - 22. (Manuskriptvorlage 1959)
  • Weizsäcker, Wilhelm: Pfälzische Weistümer Band I, Speyer 1962, S. 467-483.