Katholische Pfarrkirche St. Philippus und St. Jakobus in Badenheim
Die Kirche in Badenheim soll erstmals 1341 erwähnt worden sein, als sie dem Mainzer St. Albansstift unterstellt wurde. Die Kirche ist den heiligen Aposteln Philippus (gest. 80) und Jakobus d.J. (24 v. Chr.-62) geweiht. In der Zeit der Glaubensspaltung ging die Pfarrei ein und die Reformierten übernahmen das Gotteshaus. Nachdem während der französischen Besetzung die Kirche wieder für kurze Zeit katholisch war, wurde sie 1697 im Frieden von Rijswijk zu einer Simultankirche erklärt, d.h. Reformierte und Katholiken benutzten die Kirche gemeinsam. Die katholische Pfarrei wurde 1699 neu gegründet. [Anm. 1]Nachdem der Konvent der Augustiner-Chorherren im benachbarten Pfaffen-Schwabenheim wieder entstanden war, übernahmen diese um 1700 die Seelsorge der katholischen Christen Badenheims.[Anm. 2]
Nach mehreren Konfessionswechseln in der alten Simultankirche, ließ Graf Eugen Erwin Schönborn-Heusenstamm (1727–1801) zwischen 1772 und 1775 diese katholische Kirche erbauen.[Anm. 3] Über dem Hauptportal ist das Wappen angebracht, das ihn als Stifter ausweist. Dort steht: Eugenius Erwinus Comes/ a Schönborn Patronus et Novus Fundator exstruxit. (Eugen Erwin Graf Schönborn, Ortsherr und Neustifter, hat dies neu errichtet [Anm. 4]. Die Kirche ist ein spätbarocker Saalbau mit dreiseitig geschlossenem Chor. Die Westfassade wird von Pilastern gegliedert. Über dem Westportal mit dem Schönborner Wappen, befindet sich in einer Nische eine hölzerne Verkündigungsmadonna. Bekrönt wird die Westfassade von einem stark auskragenden Walmdach, worauf ein oktogonaler Dachreiter mit welscher Haube steht. An der oberen westlichen Ecke der Südwand ist eine Sonnenuhr angebracht, die in einer Inschrift ihre Entstehungszeit (1775) und letzte Renovierung (1925) verrät. Die darunter befindliche Eingangstür zeigt eine reiche Schnitzerei im Rokoko-Stil. Am Chorscheitel schließt sich die Sakristei an.
Der Innenraum ist großzügig gegliedert und farblich hell gestaltet. Sandsteingerahmte Rundbogenfenster beleuchten den von einer dekorierten Voutendecke überwölbten und durch Pilastern gegliederten Raum.[Anm. 5] Im Zentrum des Chorraumes ist wiederum das Familienwappen der Schönborns aufgemalt. Der Hochaltar stammt wahrscheinlich aus der Hauskapelle der Grafen von Eltz in Mainz. Sein Pendant steht in der katholischen Kirche St. Martin in Vendersheim. Sie gehören beide zu den schönsten Rokoko-Altären der Region. Das Gebälk ist fein geschwungen und mit reich-vergoldeten Rocaille-Ornamenten durchzogen. In der Nische des Retabelaufbaus befindet sich eine Pietà, die Ähnlichkeit mit den Werken des Bildhauers Heinrich Jung (1715-1766) zeigt.[Anm. 6] Die Pietà scheint nachträglich in die Nische eingefügt worden sein, denn die Nische ist für die Skulptur zu groß. Ein später eingepasster Kasten hebt die Figur auf eine adäquate Höhe. Darüber befindet sich, ebenfalls in einer Nische, eine Skulptur der Heiligen Anna, die in Begriff ist der kleinen Maria das Lesen zu lehren. Beide Figuren tragen eine Farbfassung des 19. Jahrhunderts. Über den Seitenaltären hängen in aufgemalter Scheinarchitektur zwei Gemälde aus der Barockzeit mit Motiven aus der Passion Christi (Kreuzigungsszene mit hl. Maria Magdalena und Kreuzabnahme). Davor stehen jeweils ein heiliger Joseph aus dem 19. Jahrhundert und eine Maria Immaculata des Mainzer Bildhauers Martin Biterich (1691-1759).[Anm. 7] Die Kanzel zeigt ein sehr sparsames Rokoko-Dekor und nähert sich vom Stil dem Hochaltar an. Die qualitätvollen und gut erhaltenen Kreuzwegstationen hingen ehemals in der katholischen Filialkirche Mariä Himmelfahrt in Pfaffen-Schwabenheim. Sie folgen dem berühmten Kreuzweg des Joseph Freiherr von Führich (1800-1876). Der Orgelprospekt stammt von 1789 und wurde von den Brüdern Friedrich und Konrad Grosch in Partenheim gefertigt. 1909 wurde von Michael Hubert Körfer (1868–1950) in Gau-Algesheim ein neues Orgelwerk eingesetzt. Der Taufstein stammt aus dem Jahr 1780.[Anm. 8] Die Fenster der Westfront und im Chorbereich zeigen farbige Heiligendarstellungen: Der heilige Georg (gest. um 303) – gestiftet von den Eheleuten Georg und Maria Brandt – und die hl. Elisabeth von Thüringen (1207-1231) – gestiftet von Elisabeth Brandt, 1925. Im Chorbereich sind in den seitlichen Buntglasfenstern von 1896 die Kirchenpatrone, die Apostel Philippus und Jakobus d.J. zu sehen. Über dem schlichten Beichtstuhl ist ein Patron der Beichte angebracht: Der reuige hl. Apostel Petrus (gest. um 65/67). Gegenüber befand sich in der Nische sicherlich sein Pendant mit der büßenden hl. Maria Magdalena, das aber allerdings verschwunden ist. Die in der Kirche befindliche Figur des hl. Augustinus (354–430) ist der Bozzetto für die in Gußstein ausgeführte Figur über dem Westportal der ehemaligen Augustiner-Chorherren-Stiftskirche in Pfaffen-Schwabenheim (1914 datiert). Sie stammt, genauso wie die Version in Pfaffen-Schwabenheim vom in Mainz ansässigen Bildhauer Hubertus Hiller. 2013 wurde der Bozzetto neu bemalt.[Anm. 9] Ein Messkelch, der sich in Besitz der katholischen Pfarrgemeinde befindet, stammt von 1718 und ist laut Beschauzeichen ein Werk des Mainzer Goldschmieds Johann Ledent (1671-1735).[Anm. 10] Ein Kelch in der katholischen Kirche St. Remigius in Wöllstein wird aus stilistischen Vergleichen mit dem Badenheimer Kelch auch Johann Ledent zugeschrieben.[Anm. 11] Die Glocken im Dachreiter stammen von folgenden Glockengießern:
1.) cis'' (175 kg) Georg Friedrich Schrader, Frankenthal 1789.
2.) d'' (163 kg) Karl Hamm (1866–1931) , Frankenthal 1925 (aus der Klosterkirche von Pfaffen-Schwabenheim übernommen).
3.) fis'' (75,5 kg) Bruder Michael Reuter, Abtei Maria Laach 2004.[Anm. 12]
Nachweise
Verfasser: Alexander Wißmann M.A.
Verwendete Literatur:
- Behrens, Gustav (Hrsg.): Rheinhessen in seiner Vergangenheit, Bd. 2, Der Südwesten Rheinhessens in der geschichtlichen Zeit, Mainz 1923.
- Bösken, Sigrid: Die Mainzer Goldschmiedezunft. Ihre Meister und deren Werke vom Ende des 15. bis zum ausgehenden 18. Jahrhundert (= Beiträge zur Geschichte der Stadt Mainz 21), Mainz 1971.
- Döry, Ludwig Baron: Der Mainzer Barockbildhauer Martin Biterich, in: Mainzer Zeitschrift 66, 1971, S.9–43.
- Hess, Manfred: Johannes Ledent. Ein Mainzer Goldschmied des 18. Jahrhunderts, in: Friedrich Gerke (Hrsg.): Mainz und der Mittelrhein in der europäischen Kunstgeschichte, Mainz 1966, S. 493–520.
- Krienke, Dieter: Denkmaltopographie der Bundesrepublik Deutschland. Kulturdenkmäler in Rheinland-Pfalz 18.1, Kreis Mainz-Bingen, Worms 2007.
- Wißmann, Alexander: Barock in der Pfarrgruppe Sprendlingen. Pfarrbrief der katholischen Pfarrei Badenheim, 2014.
Archivmaterial:
- Bischöfliches Ordinariat Mainz, Dezernat IX, Bau- und Kunstwesen, Abt. 5, Orgeln und Glocken: Glockenakten der Pfarrei Badenheim.
Aktualisiert am: 10.10.2017.
Anmerkungen:
- Siehe Krienke 2007, S. 642. Zurück
- Siehe Behrens 1923, S. 94. Zurück
- Siehe Krienke 2007, S. 642. Zurück
- Übersetzung: Gerald Müller, Alzey Zurück
- Siehe a.a.O., S. 644. Zurück
- Siehe Wißmann 2014. Zurück
- Siehe Döry 1971, S. 42. Zurück
- Siehe Krienke 2007, S. 644. Zurück
- Auskunft von Gerald Müller, Alzey. Zurück
- Siehe Hess 1966, S. 505. Zurück
- Siehe Bösken 1971, S. 87. Zurück
- Glockenakten der Pfarrei Badenheim. Freundliche Recherche und Mitteilung von Herrn Gerald Müller (Alzey). Zurück