0.Historische Wohnhäuser
Herrnsheim diente seit dem Bau des Herrnsheimer Schlosses als Residenz der Kämmerer von Worms genannt von Dalberg. In der Folge entwickelte sich auch der Ort weiter. Vor allem die Herrnsheimer Hauptstraße, die bis 1788 als Durchgangsstraße von Worms kommend zum Schloss führte und darüber hinaus weiter nach Osthofen verlief, besitzt zahlreiche stattliche Hofanwesen. Während Herrnsheim im Pfälzischen Erbfolgekrieg (1688–1697) von französischen Truppen gebrandschatzt wurde, überstand der Ort die Weltkriege relativ unbeschadet. In der Folge sind besonders in der Denkmalzone Herrnsheimer Hauptstraße eine große Anzahl historischer Hofanlagen aus dem 18. und 19. Jahrhundert erhalten, die das Bild des historischen Ortskerns von Herrnsheim prägen.
Herrnsheimer Hauptstraße 2: Der sogenannte „Kronenbau“ ist der Gutshof des Herrnsheimer Schlosses. Das barocke Hofanwesen verfügt teilweise über Fachwerk und ein Walmdach. Das Gebäude wurde im Kern um 1600 errichtet und im 18. Jahrhundert baulich verändert. Die Toreinfahrt ist mit der Jahreszahl 1708 bezeichnet. Die Bruchsteinscheune stammt aus dem 18. Jahrhundert, wobei der zweigeschossige Verbindungstrakt mit Wohnhaus um 1900 entstand. Der Türsturz ist mit dem Wappen der Freiherren von Heyl zu Herrnsheim geschmückt.
Herrnsheimer Hauptstraße 6 (Ecke Kettengasse): klassizistisches Eckwohnhaus einer zweiseitigen Hofanlage; Walmdach; erbaut um 1820/30.
Herrnsheimer Hauptstraße 9: Das Herrnsheimer Rathaus wurde um 1820/30 als aufwendiges zweistöckiges Gebäude im klassizistischen Stil errichtet. Das Gebäude verfügt über einen Dreiecksgiebel und ein Walmdach. Der Mitteltrakt des Gebäudes ist durch eine Sandsteinquaderung besonders hervorgehoben. Die reiche Gestaltung des Rathauses ist ungewöhnlich für den ländlichen Raum, lässt sich jedoch auf die Nachbarschaft zum Herrnsheimer Schloss und der Pfarrkirche zurückzuführen und diente repräsentativen Zwecken.
Herrnsheimer Hauptstraße 12: Hofanlage mit dreigeschossigem klassizistischem Wohnhaus mit Motiven des Empire-Stils; erbaut nach 1850; Gestaltung der Konsolen und Rosetten unterhalb der Dachtraufe und an den Pfosten der Einfahrt erinnern an das Schloss; stattliche Scheune mit Nischenfiguren im Rokokostil; erbaut 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts. Eine Inschrift erinnert an den Brand von 1850, bei dem 25 Wohngebäude im Ort abbrannten.
Herrnsheimer Hauptstraße 18: Das katholische Pfarrhaus gegenüber der Pfarrkirche ist ein zweigeschossiger barocker Putzbau mit Walmdach. Die Eingangstür mit vorgelagerter, zweiarmiger Treppe befindet sich in der Mittelachse der geschmückten Fassade. Über der Tür befindet sich das Allianzwappen Dalberg-Eltz. [Anm. 1] Oberhalb des Wappens befindet sich eine Muschelnische mit einer Madonnenfigur. Das barocke Pfarrhaus ist ein Blickfang in der von historischen Anwesen geprägten Herrnsheimer Hauptstraße. 2001/02 wurde das Gebäude außen restauriert.
Herrnsheimer Hauptstraße 19: Der ehemalige Zehnthof ist ein großzügiges Hofanwesen mit dreigeschossigem klassizistischem Wohnhaus mit Motiven im Empire-Stil. Das Anwesen wurde um 1850 erbaut, hat jedoch einen barocken und teilweise noch älteren Kern. Neben dem Wohnhaus verfügt das Anwesen über eine Scheune mit Schildgiebeln und korbbogiger Toreinfahrt. In der Scheune sind Reste von Renaissancefenstern verbaut. Die Hofeinfahrt wird, wie das Schloss und Haus Nr. 12, von klassizistischen Torpfosten flankiert. Der Zehnthof wurde nach 2002 umfassend restauriert und zu einer betreuten Senioren-Wohnanlage umgenutzt.
Herrnsheimer Hauptstraße 21: ehemalige Bäckerei mit rundbogiger Hofeinfahrt; Scheitelstein mit Brezel als Zunftzeichen der Bäcker, bezeichnet „JAB 1718“.
Herrnsheimer Hauptstraße 23: Das Gasthaus „Zum Löwen“ ist ein zweigeschossiges Gebäude, das von der Straße abgerückt ist. Es verfügt über ein Krüppelwalmdach und wurde Anfang des 18. Jahrhunderts gebaut. Das Erdgeschoss ist massiv aus Stein errichtet, während das Obergeschoss mit Zierfachwerk geschmückt ist. Der barocke Fachwerkbau ist der Einzige, der sich in dieser Art im Ort erhalten hat.
Vor Herrnsheimer Hauptstraße 23: Auf dem kleinen Platz vor dem Gasthaus „Zum Löwen“ befindet sich das Herrnsheimer Kriegerdenkmal für die Teilnehmer des Deutsch-Französischen Krieges 1870/71. Das Denkmal besteht aus einer Sandsteinstele mit giebelartigem Kapitel und kuppelartigem Aufsatz. Auf der Frontseite befindet sich ein Lorbeerkranz mit Kreuz sowie die Inschrift: „Gewidmet von der Gemeinde Herrnsheim / Ihren tapferen Kriegern. / Zur Erinnerung an den Ruhmreichen Feldzug gegen Frankreich 1870–1871.“ Auf den anderen drei Seiten des Denkmals sind die Namen der Soldaten aus Herrnsheim gelistet, die an diesem Feldzug teilnahmen.
Herrnsheimer Hauptstraße 36: Spätbarockes Wohnhaus mit originaler, rundbogiger Toreinfahrt mit den ursprünglichen hölzernen Torflügeln; Scheitelstein mit Pferd, bezeichnet 1773.
Herrnsheimer Hauptstraße 38: Anwesen der ehem. Thurn und Taxis’schen Posthalterei mit Brauerei; traufständiges Wohnhaus, erbaut im 18. Jahrhundert; überbaute Toreinfahrt aus dem frühen 19. Jahrhundert.
Herrnsheimer Hauptstraße 51: giebelständiges, verputztes, zweigeschossiges Wohnhaus; Satteldach; Rundbogige Mannpforte und rundbogige Toreinfahrt; Wappen im Scheitel ist beschädigt.
Herrnsheimer Hauptstraße 54: vierseitiges Hofanwesen; barockes Wohnhaus, Umbau und Erweiterung im 19. Jahrhundert; rundbogige Toreinfahrt, geschmückter Scheitelstein mit Lamm und Kreuz – Symbol der Metzgerzunft oder „Lamm Gottes“ – bezeichnet 1736; originale Torflügel mit Schlupfpforte.
An Herrnsheimer Hauptstraße 56 und 57: Torpfosten des Wormser Tors der ehemaligen Ortsbefestigung, 18. Jahrhundert.
Höhenstraße 19: Das stattliche Gebäude der Dalbergschule ist ein zweigeschossiger Walmdachbau mit Zwiebeltürmchen im Jugendstil mit Anklängen des Heimatstils auf einem Bossenquadersockel. Das Gebäude wurde 1908 mit der Unterstützung des Lederindustriellen Cornelius Wilhelm von Heyl zu Herrnsheim errichtet, nachdem die alte Schule (Neuplatzgasse 6) in direkter Nachbarschaft der Pfarrkirche zu klein geworden war. Im Zweiten Weltkrieg richtete sich nach der Bombardierung von Worms am 21. Februar 1945 die Wehrmacht im Schulgebäude ein, räumte es jedoch beim Anrücken der amerikanischen Truppen im März 1945 bereits wieder. In den 1960er Jahren wurden zusätzlich zum historischen Schulhaus noch zwei weitere Gebäude sowie eine Turnhalle errichtet. Das Schulgebäude ist das einzige erhaltene Dorfschulhaus dieser Art in Worms.
Neuplatzgasse 6: Ehemaliges Schulhaus neben der Kirche; zweigeschossiger, traufständiger Putzbau mit Satteldach in neuklassizistischem und historisierendem Stil und Sandsteingliederung; bezeichnet 1874; Eingang auf der Rückseite des Treppenhausanbaus mit neugotischen, gekuppelten Spitzbogenfenster.
Schmiedgasse 1 / Schillerturmstraße 2: Die Gaststätte „Zum Schwan“ (Nr. 1) ist ein traufständiger, zweigeschossiger Putzbau mit Satteldach. Das Gebäude wurde in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts errichtet. Das anschließende Haus der Schillerturmstraße 2 ist ein dreiachsiges Eckhaus, wurde etwa gleichzeitig errichtet und ist der Gaststätte angepasst. Die beiden Bauten prägen das Straßenbild.
Schmiedgasse 2: sogenanntes Untertor; Eckwohnhaus, teilweise Fachwerk; als Rückwand spätmittelalterliche Ortsbefestigung mit Bogenfries.
Untergasse 6/8: Das Untere Schloss wurde über Jahrhunderte von der zweiten Linie der Kämmerer von Worms, die in Herrnsheim siedelten, bewohnt. Der Komplex entstand im 16. Jahrhundert und ist zusammen mit dem Schloss von großer ortsgeschichtlicher Bedeutung. Die Gebäude sind heute baulich stark verändert. Auf der Straßenseite des giebelständigen zweigeschossigen Wohnhauses wurde eine Ecke mit Renaissancebuckelquaderung verziert. Auf der Hofseite steht ein mehreckiger Treppenturm mit markanten Fensterrahmungen. Im hinteren Gebäudetrakt, unterhalb des Eingangsbereichs befindet sich am Kellerabgang ein geschmückter Schlussstein, der mit 1594 bezeichnet ist. Auf beiden Seiten des Hauseingangs befinden sich Kellerabgänge im Stil der Renaissance mit kassettenartigen Ornamenten und Wappensteinen im Scheitel. Das Erdgeschoss verfügt über rechteckige Renaissancefenster. Der gesamte Gebäudekomplex ist unterkellert und weist Kreuzgewölbe auf, die teilweise über eine Mittelsäule verfügen.
Nachweise
Verwendete Literatur:
- Generaldirektion Kulturelles Erbe Rheinland-Pfalz: Nachrichtliches Verzeichnis der Kulturdenkmäler. Kreisfreie Stadt Worms. Stand Juni 2023. URL: https://gdke.rlp.de/wer-wir-sind/landesdenkmalpflege/anleitungen-antraege-formulare-und-informationen/denkmalliste (aufgerufen am: 22.02.2024).
- Spille, Irene: Herrnsheim. In: Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland. Kulturdenkmäler in Rheinland-Pfalz. Hrsg. im Auftrag des Kultusministeriums vom Landesamt für Denkmalpflege Rheinland-Pfalz. Bd. 10. Stadt Worms. Worms 1992. S. 198–217.
- Spille, Irene: Die Herrnsheimer Hauptstraße. In: Herrnsheimer Chronik. Beiträge zur Kulturgeschichte von Adel, Kirche und Bürgertum. Hrsg. vom Heimatkreis Worms-Herrnsheim e.V. Worms-Herrnsheim 2007. S. 63–68.
Anmerkungen:
- Franz-Heinrich von Dalberg heiratete 1743 Maria Anna von Eltz-Kempenich. Diese sind wohl als Bauherren des Pfarrhauses anzusehen. Zurück