Herrnsheim in Rheinhessen

0.Der jüdische Friedhof

Verfasser: Jonathan Bugert M.A.

Erstellt am: 22.02.2024

Der jüdische Friedhog liegt nördlich des Herrnsheimer Ortsgebietes. Er umfasst eine Fläche von 3.157 qm und wurde im frühen 18. Jahrhundert angelegt.
Der jüdische Friedhof liegt nördlich des Herrnsheimer Ortsgebietes an der Straße nach Abenheim. [Bilderstrecke][Bild: Jonathan Bugert]

Der jüdische Friedhof Worms-Herrnsheim ist ein jüdischer Friedhof im Norden des Herrnsheimer Ortsgebietes an der Landstraße nach Abenheim. Der Friedhof umfasst eine Fläche von 3.157 Quadratmetern und ist in einen alten und neuen Teil gegliedert. Der neue Teil ist dabei nur wenig belegt und verfügt nur über zwei Gräberreihen des späten 19. und 20. Jahrhunderts. Im alten Teil hingegen finden sich eine große Anzahl barocker Grabsteine, von denen einige von 1721/22 stammen.

Herrnsheim gehörte seit dem Mittelalter zum Herrschaftsbereich der Kämmerer von Worms genannt zu Dalberg. Diese waren in Worms auch für den Judenschutz verantwortlich. Eine jüdische Gemeinde in Herrnsheim ist dagegen erst seit dem frühen 18. Jahrhundert belegt. Auch der jüdische Friedhof wurde zu dieser Zeit angelegt.

Der jüdische Friedhog liegt nördlich des Herrnsheimer Ortsgebietes. Er umfasst eine Fläche von 3.157 qm und wurde im frühen 18. Jahrhundert angelegt.
Der jüdische Friedhof in Herrnsheim[Bild: Jonathan Bugert]

Die jüdische Gemeinde im Ort war relativ klein und ab spätestens 1840 eine Filialgemeinde der jüdischen Gemeinde in Worms. Die Gemeinde verfügte über einen Bet- und Versammlungsraum, der in einer Erfassung der Juden vom 20. Juli 1815 im Kanton Pfeddersheim als jüdische Schule gelistet wurde. Zeitweise wurde diese Betstube auch von einer jüdischen Familie aus Leiselheim besucht. Daneben besaß die Gemeinde ein rituelles Bad sowie den jüdischen Friedhof. Wo sich der Betraum und das rituelle Bad im Ortsgebiet befanden, ist heute nicht mehr überliefert.

Ihre Blütezeit erlebte die jüdische Gemeinde in Herrnsheim in den 1830er Jahren, als sie auf knapp 50 Personen angewachsen war. Doch bereits kurz danach nahm der jüdische Bevölkerungsanteil in Herrnsheim wieder ab. Ab 1845 besuchten die Herrnsheimer Jüdinnen und Juden die Synagoge in Abenheim. 1853 löste sich die Herrnsheimer Gemeinde auf, nachdem ein großer Teil der Gemeinde vor allem nach Amerika ausgewandert war. Bis 1866 lebten nur noch acht jüdische Einwohner:innen in Herrnsheim.

Zu Beginn der NS-Zeit lebte nur eine jüdische Familie in Herrnsheim. In der Zeitschrift „Der Israelit“ vom 16. April 1931 wurde eine Meldung veröffentlicht, dass der jüdische Friedhof in Herrnsheim geschändet worden sei. Die Polizei stellte dabei fest, dass bei der Tat kein direkter politischer Hintergrund festgestellt werden konnte, sondern diese einem Betrunkenen zuzuschreiben war. Die letzte Bestattung auf dem jüdischen Friedhof fand 1934 statt.

Stolpersteine der jüdischen Familie Gutmann vor dem Haus Herrnsheimer Hauptstraße 31
Stolpersteine der jüdischen Familie Gutmann vor dem Haus Herrnsheimer Hauptstraße 31[Bild: Alfons Tewes [CC BY-SA 4.0]]

Während des Nationalsozialismus wurden alle sechs Mitglieder der jüdischen Familie Gutmann aus Herrnsheim deportiert. Ludwig Gutmann (1893–1939) wurde im Konzentrationslager Buchenwald ermordet, während Klara Gutmann (1869–1942) im Konzentrationslager Theresienstadt getötet wurde. Wilhelm Isidor Gutmann (geb. 1901, deportiert 1942), Lina Mira Gutmann, geb. Barth (geb. 1892, deportiert 1942), Ruth Gutmann (geb. 1931, deportiert 1942), Heinz Samuel Gutmann (geb. 1926, deportiert 1942) verloren im jüdischen Ghetto im polnischen Piaski ihr Leben. Für die Familie Gutmann befindet sich vor ihrem ehemaligen Wohnhaus in der Herrnsheimer Hauptstraße 31 sogenannte Stolpersteine zur Erinnerung an die ermordeten Einwohner:innen von Herrnsheim.

Daneben wurden im Holocaust auch die in Herrnsheim geborenen Jüdinnen Johanna Kossmann, geb. Mayer (geb. 1874, deportiert 1942) im Konzentrationslager Theresienstadt und Karoline Cahn, geb. Rosenbaum (geb. 1878, deportiert 1941) im Ghetto Minsk ermordet.

Der jüdische Friedhof in Herrnsheim ging nach dem Zweiten Weltkrieg (1939–1945) in den Besitz der jüdischen Gemeinde in Mainz über und ist heute ein eingetragenes Kulturdenkmal von Herrnsheim.

Nachweise

Verwendete Literatur:

 

  • Herrnsheim (Stadt Worms) Jüdischer Friedhof. In: Alemannia Judaica, URL: https://www.alemannia-judaica.de/herrnsheim_friedhof.htm (aufgerufen am: 22.02.2024).
  • Herrnsheim (Stadt Worms) Jüdische Geschichte / Synagoge. In: Alemannia Judaica, URL: https://www.alemannia-judaica.de/herrnsheim_synagoge.htm (aufgerufen am: 22.02.2024).
  • Herrnsheim bei Yad Veshem, The World Holocaust Remembrance Center. Shoa-Namen Datenbank. Online verfügbar unter: https://collections.yadvashem.org/en/names/search-results/herrnsheim?page=1 (aufgerufen am: 22.02.2024)
  • Peters, Dieter / Strehlen, Martina: Jüdische Friedhöfe, Begräbnisstätten, Gedenkstätten in Rheinland-Pfalz. In: Sachor. Beiträge zur Jüdischen Geschichte und zur Gedenkstättenarbeit in Rheinland-Pfalz 8 (1998), S. 48–62.
  • Spille, Irene: Ortsteil Herrnsheim. In: „… und dies ist die Pforte des Himmels“. Synagogen in Rheinland-Pfalz und Saarland. Hrsg. vom Landesamt für Denkmalpflege Rheinland-Pfalz. Mainz 2005, S. 406.