0.Die Reformation und die frühe evangelische Pfarrgeschichte in Horchheim
1.1.Die Reformation in den Eisbachgemeinden
Die Herrschaft über die sogenannten Rheindörfer, zu denen auch Horchheim zählte, war seit dem 14. Jahrhundert zwischen dem Wormser Hochstift und den Grafen von Nassau aufgeteilt. In den 1540er Jahren wurde gegen den Willen des Wormser Bischofs durch Graf Philipp III. von Nassau-Weilburg (1504–1559) die Reformation in den Dörfern Horchheim, Weinsheim und Wiesoppenheim eingeführt. Seit 1548 wirkte ein lutherischer Prediger in der Pfarrei Horchheim, der auch die Filialgemeinde Weinsheim zugeordnet war. Auch die bislang unabhängige Pfarrei Wiesoppenheim wurde zunehmend der Verwaltung von Horchheim unterstellt. [Anm. 1]
Während des Dreißigjährigen Krieges (1618–1648) entschied vor allem der Kriegserfolg der einzelnen Parteien, welche Konfession in den betreffenden Gebieten die Oberhand hatte. Der Wormser Bischof Georg Greiffenclau zu Vollrads (1573–1629) setzte 1625 den lutherischen Pfarrer von Horchheim ab und verbot 1627 den Bewohner:innen der Rheindörfer bei hoher Strafe, den lutherischen Glauben auszuüben und reformierte Gottesdienste zu besuchen. Mit dem Erfolg der Schweden unter König Gustav II. Adolf (1594–1632), die 1630 auf reformierter Seite in den Krieg eintraten, konnte der reformierte Glauben wieder kurzzeitig Fuß fassen. Spätestens nach der Niederlage der schwedischen Truppen bei der Schlacht von Nördlingen 1634 wurde wieder der katholische Glauben verbreitet. Nach dem Ende des Dreißigjährigen Krieges waren die Gemeinden Horchheim, Weinsheim und Wiesoppenheim erneut katholisch. [Anm. 2]
1.2.Die Gründung einer Filialgemeinde
Seit dem 18. Jahrhundert sind wieder vermehrt Protestant:innen in Horchheim belegt. Insbesondere im 19. Jahrhundert wuchs die evangelische Bevölkerung stetig an, da sich viele Arbeiter in der Nähe der aufstrebenden Industriestadt Worms ansiedelten. 1828 lebten elf Protestant:innen in Horchheim, die zusammen mit den protestantischen Einwohner:innen aus Weinsheim und Wiesoppenheim der Pfarrei Heppenheim an der Wiese zugeordnet wurden. Bis 1875 wuchs die protestantische Bevölkerung von Horchheim auf 103 Personen an und die drei Dörfer zählten zusammen über 150 Protestant:innen. [Anm. 3]
Die kirchliche Situation war wegen der hohen Entfernung zum Pfarrort Heppenheim eher unbefriedigend. Im Frühjahr 1872 bat man daher das Oberkonsistorium Darmstadt, eine eigene Kultusgemeinde Horchheim, Weinsheim und Wiesoppenheim gründen zu dürfen. Der erste evangelische Gottesdienst in Horchheim seit dem Dreißigjährigen Krieg wurde am 22. Mai 1873 in einem als Betsaal hergerichteten Raum in der Obermühle gefeiert.
Am 7. November 1873 genehmigte Großherzog Ludwig III. (1806–1877) die Bildung einer evangelischen Filialgemeinde Horchheim, die zur Pfarrei Heppenheim gehörte. [Anm. 4] Bereits im Mai 1874 wurde das Filialverhältnis mit Heppenheim jedoch wieder beendet und die Filiale wurde auf eigenen Wunsch der Wormser Pfarrei zugeordnet. [Anm. 5]
1.3.Die Synagoge als erste evangelische Kirche
Als mögliche Alternative für den Betsaal in der Obermühle war der Kirchengemeinde auch die 1847 erbaute Synagoge (Obere Hauptstraße Nr. 33) zum Kauf angeboten worden. Die jüdische Gemeinde Horchheim war Ende 1873 aufgelöst worden, da nur noch eine jüdische Familie im Ort wohnte. Die Gemeinde lehnte den Kauf zunächst jedoch ab, da es den Gläubigen widerstrebte, aus einer Synagoge eine Kirche zu machen.
Die Obermühle wurde 1875 an das Unternehmen Pfeiffer & Diller verkauft, das dort eine Zichorien-Fabrik zur Produktion eines kaffeeähnlichen Getränkes errichtete. Der evangelische Betsaal konnte daher ab Ostern 1875 nicht mehr genutzt werden. Stattdessen wurde die ehemalige Synagoge angekauft und bis 1878 als Kapelle hergerichtet. [Anm. 6]
1.1.Die Gründung der Pfarrgemeinde Horchheim
1892 wurde die evangelische Kirchengemeinde Worms in vier selbstständige Gemeinden aufgeteilt. Die Filiale Horchheim wurde dabei der Andreasgemeinde, heute Luthergemeinde, zugeordnet. Das Wachstum der Gemeinde setzte sich weiter fort, sodass 1895 bereits 240 protestantische Bürger:innen in Horchheim lebten.
Das Wachstum der evangelischen Bevölkerung in den drei Eisbachgemeinden stellte die Wormser Muttergemeinde zunehmend vor Probleme, die seelsorgerischen Bedürfnisse der Filiale zu erfüllen. Im Oktober 1898 wurde die Gemeinde Horchheim daher zu einer eigenständigen Pfarrei erhoben. Weinsheim wurde eine Filialgemeinde der neuen Pfarrei und Wiesoppenheim wurde eingepfarrt. Die Bestätigung durch die Landessynode zog sich jedoch noch bis 1907/08 hin. Bereits im November 1898 trat Arthur Müller (1874–1944) die Stelle als Pfarrverwalter der selbstständigen Gemeinde Horchheim an. [Anm. 7]
Mit dem Bau der Gustav-Adolf-Kirche 1907/08 errichtete sich die evangelische Gemeinde Horchheim auch einen passenden Kirchenbau, der zusammen mit den anderen Kirchen des Ortes bis heute das Ortsbild prägt.
Verwendete Literatur:
- Diehl, Wilhelm: Pfarrer- und Schulmeisterbuch für die Provinz Rheinhessen und die kurpfälzischen Pfarreien der Provinz Starkenburg. Darmstadt 1928. Online verfügbar unter: https://www.dilibri.de/stbmz/content/titleinfo/1977300 (aufgerufen am: 02.12.2024).
- Heuser, Edmund: Horchheim, Weinsheim. Worms 1978.
- Heuser, Edmund: Worms-Horchheim – Chronik. Worms-Horchheim 2005.
- Spille, Irene: Worms-Horchheim. In: Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland. Kulturdenkmäler in Rheinland-Pfalz. Hrsg. im Auftrag des Kulturministeriums vom Landesamt für Denkmalpflege. Bd. 10 Stadt Worms. Worms 1992. S. 234–241.
- Zuber, Michael: Zur Geschichte der Evangelischen Kirchengemeinde Horchheim, Weinsheim, Wiesoppenheim. Hrsg. von der Evangelischen Kirchengemeinde Worms-Horchheim mit Weinsheim und Wiesoppenheim. Worms-Horchheim 1998.
Anmerkungen:
- Vgl. Diehl 1928, S. 459; Zuber 1998, S. 7–8. Zurück
- Vgl. Diehl 1928, S. 459; Zuber 1998, S. 7–8; Heuser 1978, S. 109. Zurück
- Vgl. Zuber 1998, S. 8. Zurück
- Vgl. Zuber 1998, S. 8–14. Zurück
- Vgl. Heuser 1978, S. 109–110; Zuber 1998, S. 15; Heuser 2005, S. 74. Zurück
- Vgl. Heuser 1978, S. 110; Zuber 1998, S. S. 15–17; Heuser 2005, S. 74; Spille 2005, S. 405–406. Zurück
- Vgl. Heuser 1978, S. 110; Zuber 1998, S. 21–23; Heuser 2005, S. 75. Zurück