0.Zur Geschichte von Weinsheim
Die Gemeinde Weinsheim liegt südwestlich von Worms an der Südseite des Eisbachtals. Der Ort wurde 1942 in die Stadt Worms eingemeindet und grenzt heute im Nordosten an das Stadtgebiet. Im Norden des Weinsheimer Ortsgebiets fließt der Eisbach, ein linker Nebenfluss des Rheins, der ab Weinsheim auch den Namen Altbach trägt. Der Bach bildet streckenweise die natürliche Grenze zum benachbarten Worms-Horchheim. Im Westen liegt der Stadtteil Worms-Wiesoppenheim. Die Geschichte Weinsheims ist eng mit der Geschichte dieser Nachbargemeinden verbunden.
Die früheste urkundliche Erwähnung von Weinsheim stammt aus dem Jahr 804. In einer Schenkungsurkunde an das Kloster Fulda verschenkte ein Gundhilt unter anderem zwei Felder in der „Uuinesheimo marcu“, der Weinsheimer Gemarkung. [Anm. 1] In späteren Urkunden finden sich die Belege des Ortsnamens Vviginisheim (897) [Anm. 2], Winesheim (1297) [Anm. 3], Winsheim (1342) [Anm. 4], Wynsheim (1356) [Anm. 5], Winßheim (1401) [Anm. 6] sowie Weinsheim (1496) [Anm. 7].
Der Ortsname von Weinsheim deutet auf eine fränkische Gründung hin. Das Grundwort (Zweitglied) -heim, das eine Wohnstätte oder Siedlung bezeichnet, ist charakteristisch für eine Siedlungsgründung im Zuge der sogenannten fränkischen Landnahme. Damit wird eine umfangreiche Kolonisierung unter den Merowingern zwischen dem 5. und 8. Jahrhundert bezeichnet. Das Grundwort tritt meist in Verbindung mit einem Personennamen auf. So geht auch der Ortsname von Weinsheim vermutlich auf den Namen Wīgo zurück. Die überlieferte Form des Ortsnamens aus dem Jahr 897, „Vviginisheim“. [Anm. 8], deutet dabei auf eine Benennung nach der Kosenamenform von Wīgo, Wīgīn, hin. Weinsheim dürfte demnach nach dem Heim des Wigin benannt sein, dessen Hof den Ausgangspunkt für die Siedlung bildete, die sich im Laufe der Zeit zum heutigen Ort entwickelte. [Anm. 9]
1.1.Von der vorgeschichtlichen Zeit bis zur fränkischen Besiedlung
Eine große Anzahl archäologischer Funde aus der Gemarkung deuten auf eine frühe Besiedlung der Umgebung hin. Aus der Jungsteinzeit (ca. 5800–2200 v. Chr.) wurden mehrere Funde, unter anderem am Weinsheimer Zollhaus, östlich des historischen Ortsgebiets, gemacht. Aus der Bronzezeit (2200–800 v. Chr.) stammen mehrere Gräber mit Grabbeigaben, die in der Gewann „auf der Platt“, östlich der heutigen L 456, gefunden wurden. [Anm. 10]
Die Römer nahmen nach 55 v. Chr. das linksrheinische Gebiet in Besitz. Ab dem 1. Jahrhundert n. Chr. befand sich in Worms ein römischer Stützpunkt, der die Besiedlung der Umgebung prägte. In Weinsheim wurden vor allem in der Umgebung des Weinsheimer Zollhauses und des Burgwegs römische Funde gemacht, wo eine Römerstraße verlief. Im Bereich der Ostpreußenstraße 3a wurde ein römischer Brunnen mit mehreren Tonkrügen, Bodenfliesen und Ziegelbruchstücken gefunden. Darüber hinaus konnten in der Umgebung mehrere römische Gräber mit Grabbeigaben sowie Fundamentreste entdeckt werden. So wurde etwa 1932 auf dem Gebiet der ehemaligen Ziegelei Rücker, der heutigen Siedlung am See, ein spätrömisches Frauengrab mit diversen Grabbeigaben, darunter ein Spruchbecher, gefunden. [Anm. 11]
Die römische Herrschaft am Rhein fand nach längeren Krisen Mitte des 5. Jahrhunderts ihr Ende. Es folgten wechselnde Herrschaften der Vandalen, Burgunder und Alemannen. Nach dem Sieg des Frankenkönigs Chlodwig (466–511) über die Alemannen im Jahr 496 wurde das Gebiet um Worms in das Frankenreich eingegliedert. In den folgenden Jahrhunderten wurde das Land neu besiedelt. Auch die Siedlung, die zum heutigen Weinsheim heranwuchs, kann in diese fränkische Besiedlung eingeordnet werden. Auch aus fränkischer Zeit wurden mehrere Gräber in der Gemarkung gefunden. [Anm. 12]
1.2.Mittelalter
Weinsheim gehörte wie viele Orte in der ehemaligen fränkischen Grafschaft Wormsgau zu einem Reichsgut. Damit unterstand es direkt dem König, beziehungsweise dem Kaiser. Im Mittelalter gelangten große Teile dieses Gebiets durch Schenkungen in den Besitz des Bistums Worms. Vom 8. Juni 897 ist dabei eine Urkunde überliefert, in der Kaiser Arnolf von Kärnten (850–899) dem Wormser Bischof Thietlach (gest. 914) unter anderem 27 Hufen in Horagaheim (Horchheim), Oppenheim (Wiesoppenheim) und Vviginisheim (Weinsheim) überließ. [Anm. 13]
Die Einwohner:innen von Weinsheim unterstanden zudem der Wormser Mauerbauordnung, die zu Beginn des 10. Jahrhunderts unter Bischof Thietlach verfasst wurde. Diese regelte die Baulasten und Unterhaltungspflichten der Stadtmauer von Worms, die unter der Einwohnerschaft von Worms und der der umliegenden Ortschaften aufgeteilt wurden. Die Bewohner:innen von Weinsheim hatten gemeinsam mit denen aller Dörfer entlang des Eisbachs bis Mertesheim einen Abschnitt von etwa 600–700m in der nördlichen Mauer zwischen dem St. Andreastor und dem Markttor oder Martinstor zu unterhalten. Im Gegenzug hatten sie das Recht im Krisenfall hinter den Stadtmauern Schutz zu suchen. [Anm. 14]
- Wappen Grafschaft Nassau-Saarbrücken[Bild: Wikipedianutzer "MostEpic" [CC BY-SA 4.0]]
Die Vogtei des Hochstifts Worms ging als Lehen an die Grafen von Saarbrücken. Diese bauten im Laufe der Zeit ihren Einfluss aus und konnten zumindest Anteile an der Herrschaft über die sogenannten Rheindörfer im Umland der Stadt Worms an sich bringen. Gegen 1180/90 gelangten die Grafen von Zweibrücken in den Besitz dieses Herrschaftsanteils, die ihn später mit der Herrschaft Stauf verbanden. Die Herrschaft wurde 1378 und 1388 durch Eberhard (um 1340–1394), dem letzten Graf von Zweibrücken, in zwei Hälften an Graf Heinrich II. von Sponheim-Dannenfels verkauft (um 1330–1393). Nach seinem Tod fiel die Herrschaft 1393 an die Grafen von Nassau-Saarbrücken. Das komplexe Geflecht aus Gemeinschaftsbesitz und Lehnsverhältnis bestand weiter fort. [Anm. 15]
Im Jahr 1427 wurde die Herrschaft über die Rheindörfer urkundlich geregelt. Der Wormser Bischof Friedrich II. von Domneck (1385–1445) und Graf Philipp I. von Nassau-Saarbrücken-Weilburg (1368–1429) vereinbarten die gemeinsame Herrschaft über die Dörfer und Gerichte von Mörsch, Bobenheim, Roxheim, Weinsheim, Wiesoppenheim, Pfiffligheim, Leiselheim, Hochheim und Horchheim. [Anm. 16]
Eine Sammlung von Weistümern der Rheindörfer aus dem Jahr 1489 ist in einer späteren Abschrift überliefert. Aus dieser geht hervor, dass die Dörfer Weinsheim und Wiesoppenheim dem herrschaftlichen Gericht in Horchheim zugeordnet waren, das dreimal im Jahr tagte. [Anm. 17]
In der Wormser Synodale von 1496, einer Sammlung von Visitationsberichten des Bistums Worms, wird Weinsheim als Filialgemeinde der Pfarrei Horchheim erwähnt. Die Gemeinde verfügte zu diesem Zeitpunkt über eine eigene Kapelle, die dem Heiligen Bonifatius geweiht war. [Anm. 18]
1.1.Die Reformation und die Kriege des 17. Jahrhunderts
Der Wormser Bischof verlor bis zum 17. Jahrhundert immer mehr Einfluss und musste Verkleinerungen des Wormser Hochstifts hinnehmen. Im Zuge der Reformation verlor er zudem die Autorität über zahlreiche Kirchengemeinden, sodass das Bistum Worms bis 1600 nur noch 15 Pfarreien vorstand.
Die Herrschaft über die Rheindörfer war zu diesem Zeitpunkt noch zwischen dem Wormser Hochstift und den Grafen von Nassau aufgeteilt, die ihren Anteil jedoch als Lehen des Wormser Bischofs anerkannten. Dennoch wurde in den 1540er Jahren unter Philipp III. von Nassau-Weilburg (1504–1559) gegen den Willen des Wormser Bischofs die Reformation in Horchheim, Weinsheim und Wiesoppenheim eingeführt. Ab 1548 sind daher lutherische Prediger in der Pfarrei Horchheim nachweisbar. [Anm. 19]
Die konfessionellen Differenzen zwischen Katholiken und Protestanten boten schließlich den religiösen Vorwand für den blutigen Machtkampf europäischer Großmächte, der 1618 zum Ausbruch des Dreißigjährigen Krieges (1618–1648) führte. In der Folge entschied der Kriegserfolg welche Konfessionen in den einzelnen Dörfern verbreitet wurde. Rheinhessen gehörte zu den am stärksten vom Krieg betroffenen Gebieten. Neben den andauernden Kriegsgräueln erschwerten auch Hungersnöte und Krankheiten die Situation der Bevölkerung und kosteten viele Leben. Weinsheim zählte 1612 etwa 200 Einwohner:innen. [Anm. 20] Während keine genauen Zahlen für die Zeit des Krieges überliefert sind, dürfte auch Weinsheim hohe Bevölkerungsverluste zu verzeichnen gehabt haben. Der Dreißigjährige Krieg fand erst mit dem Westfälischen Frieden 1648 ein Ende. [Anm. 21]
Die folgende Friedensphase dauerte nur wenige Jahre, bevor durch den Französische-Niederländischen Krieg (1672–1678) und dem Pfälzischen Erbfolgekrieg (1688–1697) erneut Konflikte an den Rhein kamen. Im 18. Jahrhundert folgte schließlich eine längere Phase des Friedens, in der auch die Situation in Weinsheim verbessert werden konnte. Weinsheim wird zudem 1715 erstmals als selbstständige Gemeinde mit eigenem Bürgermeister erwähnt. Der Ort hatte zu diesem Zeitpunkt 230 Einwohner:innen. [Anm. 22]
- Karte des Hochstifts Worms 1791[Bild: Landesarchiv Saarbrücken, Kartensammlung Hellwig Nr. 608 [CC BY-SA 3.0 DE]]
Die Herrschaftsverhältnisse über die Rheindörfer wurden Anfang des 18. Jahrhunderts neugeordnet, um die anhaltenden Streitigkeiten über die gemeinsamen Herrschaftsgebiete zu klären. Im Jahr 1706 kam es daher zu einem Gebietsaustausch zwischen dem Wormser Bischof Franz Ludwig von Pfalz-Neuburg (1664–1732), seinem Bruder, Kurfürst Johann Wilhelm von der Pfalz (1658–1716) sowie Graf Johann Ernst von Nassau-Weilburg (1664–1719). In dem Abkommen wurde unter anderem die alleinige Herrschaft des Hochstifts Worms über die Rheindörfer Horchheim, Bobenheim, Roxheim, Weinsheim, Mörsch und Wiesoppenheim bestätigt. [Anm. 23]
Im Jahr 1753 wurde die Gemarkung Weinsheim für die Besteuerung der Besitzer neuvermessen. Weinsheim zählte zu diesem Zeitpunkt eine Bevölkerung von etwa 250 Personen. Einer der größten Grundbesitzer war das Wormser Domstift, das ein Hofgut mit 256 Morgen Ackerland und 28 Morgen Wiesenland in der Gemarkung besaß. [Anm. 24]
1.1.Französische Herrschaft und das 19. Jahrhundert
Am 20. April 1792 erklärte das revolutionäre Frankreich Österreich den Krieg, das sich mit Preußen und anderen deutschen Staaten verbündet hatte. Dadurch brach der Erste Koalitionskrieg (1792–1797) aus. Im September 1792 eroberten französische Truppen das linksrheinische Gebiet und besetzten am 4. Oktober Worms. Bis zum Ende des Krieges verlief die Kriegsfront mehrfach durch die rheinhessischen Gebiete, worunter die Bevölkerung massiv zu leiden hatte. Die Auseinandersetzungen sowie die Kontributionsforderungen beider Kriegsparteien erschwerten die Situation der Einwohnerschaft. [Anm. 25]
Der Frieden von Basel 1795 und der Frieden von Campo Formio 1797 beendeten schließlich den Ersten Koalitionskrieg. In der Folge wurde das linksrheinische Gebiet von der Französischen Republik annektiert und der Bischof von Worms als Bischof und Landesherr entmachtet. So ging die Herrschaft des Bischofs über Weinsheim sowie die zahlreichen anderen adligen und kirchlichen Grundherrschaften im linksrheinischen Gebiet zu Ende.
- Karte des Département du Mont Tonnerre 1798[Bild: Landesbibliothekszentrum Rheinland-Pfalz Koblenz [CC BY-NC-SA 3.0]]
Die politischen Verhältnisse veränderten sich nachhaltig. Weinsheim hatte bereits 1792 seine Selbständigkeit wieder verloren und wurde der Mairie (Bürgermeisterei) Wiesoppenheim zugeordnet. Nach der französischen Annexion wurden die Orte Teil des Kantons Pfeddersheim im Arrondissement Speyer und dem Département du Mont Tonnerre (Donnersberg).
Auf gesellschaftlicher Ebene wurden die alten feudalen Vorrechte abgeschafft, die Rechtsgleichheit aller männlichen Bürger eingeführt und Heirats- und Niederlassungsfreiheit gewährt. Mit diesen Rechten waren auch Pflichten verbunden. So wurde der Zehnt durch Steuern ersetzt, die nun nicht mehr an die Feudalherren, sondern an den Staat entrichtet werden mussten. Ab 1802 wurde zudem die allgemeine Wehrpflicht für unverheiratete Männer zwischen 18 und 25 Jahren eingeführt, da die Napoleonischen Kriege eine große Anzahl an Soldaten erforderten. [Anm. 26]
Nach der Niederlage Napoleons und dem Ende der Napoleonischen Ära wurde Mitteleuropa auf dem Wiener Kongress 1814/15 neugeordnet. Das linksrheinische Gebiet zwischen Worms, Alzey, Bingen und Mainz wurde dem Großherzogtum Hessen zugesprochen. Damit wurde auch Weinsheim als Teil der Provinz Rheinhessen in den hessischen Staat eingegliedert.
Im 19. Jahrhundert nahm auch das Bevölkerungswachstum nach Stagnation in der Napoleonischen Zeit wieder stärker zu. Im Jahr 1815 wurden 300 Einwohner:innen in Weinsheim gezählt. Bis 1828 wuchs diese Zahl auf 367 Personen an, von denen zehn der protestantischen Konfession folgten. Der evangelische Anteil unter den Einwohnerinnen und Einwohnern der drei Gemeinden Weinsheim, Horchheim und Wiesoppenheim nahm in den folgenden Jahrzehnten weiter zu, sodass sich dort Ende des 19. Jahrhunderts eine eigene Kultusgemeinde gründete.
Die Bevölkerung von Weinsheim erhöhte sich bis 1863 auf 490 Personen. Dieses Wachstum wurde durch die Anbindung der Eisbachgemeinden an die Eisenbahnstrecke Worms-Offstein 1886 noch weiter begünstigt. Im Jahr 1905 zählte die Gemeinde Weinsheim daher bereits 898 Einwohner:innen. [Anm. 27]
1.1.Das 20. Jahrhundert
Im August 1914 brach der Erste Weltkrieg (1914–1918) aus und aus Weinsheim wurden zahlreiche Männer in die Armee des Kaisers eingezogen. Im Verlauf des Krieges fielen 54 Soldaten aus Weinsheim an den Fronten des Großen Krieges. [Anm. 28] Auch für die Zivilbevölkerung stellte der Krieg eine schwere Herausforderung dar. Der allgemeine Mangel an Lebensmitteln und anderen lebensnotwendigen Dingen führten zu einer großen Preissteigerung, wodurch viele Dinge für die einfache Bevölkerung unerschwinglich wurden. Durch die landwirtschaftliche Prägung der Eisbachgemeinden war die Situation in den ländlichen Orten weniger schlimm als etwa in den Städten, in denen die Verknappung und Verteuerung der Lebensmittel deutlich zu spüren waren. So kam es in Worms bereits 1916 zu Hungerkrawallen und Plünderungen. [Anm. 29] Am 11. November 1918 endete der Erste Weltkrieg mit der Niederlage des Deutschen Kaiserreichs.
Im Zuge der Novemberrevolution 1918 wurde das Deutsche Kaiserreich zur Weimarer Republik. Das Kriegsende hinterließ in den deutschen Gebieten eine schwierige wirtschaftliche Situation, die zu Preissteigerungen und Hyperinflation führte. Gründe für diese Entwicklung waren unter anderem Reparationsforderungen der Siegermächte und der übermäßige Neudruck von Geldscheinen, mit denen die deutsche Regierung versuchte diese zu finanzieren. Es dauerte bis zur Mitte der 1920er Jahre, bis die wirtschaftliche Situation sich etwas entspannt hatte. Erst 1929 konnte daher eine Wasserleitungsanlage für Horchheim und Weinsheim errichtet werden. Zum Gedenken an die Opfer des Ersten Weltkriegs wurde an der St. Bonifatiuskirche eine Gedenktafel angebracht. [Anm. 30]
Am 30. Januar 1933 wurde Adolf Hitler (1889–1945) zum Reichskanzler ernannt und bei den Reichstagswahlen vom 5. März 1933 wurde die NSDAP stärkste Kraft. In den folgenden Jahren häuften der Reichskanzler und seine Partei immer neue Sonderrechte an und gestalteten das politische System um. Politische Gegner wurden unterdrückt und aus einflussreichen Positionen entfernt. Besonders die jüdische Bevölkerung wurde zunehmend entrechtet und aus dem politischen und gesellschaftlichen Leben ausgeschlossen.
Am 1. April 1942 wurde Weinsheim zusammen mit Herrnsheim, Leiselheim und Horchheim in die Stadt Worms eingemeindet. Die Stadt war bereits 1938 aus dem Landkreis Worms ausgegliedert und als kreisfreie Stadt neuorganisiert worden. Weinsheim ist seitdem ein Stadtteil von Worms. [Anm. 31]
Am 1. September 1939 begann mit dem deutschen Überfall auf Polen der Zweite Weltkrieg (1939–1945). Erneut wurden zahlreiche Männer aus Weinsheim in die Wehrmacht eingezogen. 62 Soldaten aus Weinsheim kehrten nicht mehr aus dem Krieg zurück. [Anm. 32] Die Zivilbevölkerung musste nach Kriegsbeginn die Rationierung von Lebensmitteln, Bekleidung und anderen Gebrauchsgegenständen hinnehmen.
In der Nacht vom 23. September 1943 stürzte in der Nähe des Weinsheimer Friedhofs ein britischer Bomber ab, der Teil eines Luftangriffs auf Mannheim gewesen war. Drei der sieben Besatzungsmitglieder starben beim Absturz. Die anderen wurden in Kriegsgefangenschaft genommen. [Anm. 33]
Am 21. Februar 1945 wurde Worms von alliierten Bombern angegriffen und die Innenstadt zu großen Teilen zerstört. Auch Weinsheim und Horchheim wurden dabei Ziel alliierter Spreng- und Brandbomben, die schwere Schäden verursachten. Zwei Weinsheimer kamen bei diesem Angriff ums Leben.
Am 21. März 1945 nahmen schließlich amerikanische Truppen Worms und die umliegenden Ortschaften ein. In Weinsheim gab es keinen Widerstand und an fast allen Häusern waren weiße Fahnen gehisst. Damit endete der Zweite Weltkrieg für Weinsheim und die Eisbachgemeinden wenige Wochen vor dem offiziellen Kriegsende am 8. Mai 1945. [Anm. 34]
1.1.Nachkriegszeit bis heute
Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs gehörte Worms-Weinsheim zur französischen Besatzungszone. Die Situation nach Kriegsende war zunächst sehr angespannt, da Lebensmittel, Brennholz und andere lebensnotwendige Dinge fehlten. Nach der Währungsreform 1948 entspannte sich schließlich die wirtschaftliche Situation Deutschlands.
Bereits am 30. August 1946 wurde auf französische Verordnung hin das Bundesland Rheinland-Pfalz gegründet, dessen Verfassung am 18. März 1947 durch ein Referendum angenommen wurde. Am 23. Mai 1949 trat schließlich das Grundgesetz und damit die offizielle Neuorganisation der westlichen Besatzungszonen zur Bundesrepublik Deutschland in Kraft.
In der Nachkriegszeit wurden die Kriegsschäden in Weinsheim allmählich beseitigt. Den Gefallenen und Vermissten des Zweiten Weltkriegs wurden am alten Gedächtniskreuz ein Denkmal errichtet.
Nach dem Zweiten Weltkrieg nahm auch das Bevölkerungswachstum wieder stärker zu. Während 1931 noch 1.048 Personen in Weinsheim lebten, wuchs Weinsheim bis 1977 auf 1.638 Personen an. Ab 1950 wurde daher östlich des Weinsheimer Zollhauses eine neue Wohnsiedlung angelegt. Hierhin zogen vor allem vertriebene Deutsche aus den ehemaligen Ostgebieten des Deutschen Reiches. In den 1960er Jahren wurde auf dem Gebiet der ehemaligen Ziegelei Rücker um den Kiesweiher die Siedlung am See angelegt, die heute als Denkmalzone ausgewiesen ist. [Anm. 35]
Die Gemeinde Weinsheim ist heute ein Stadtteil von Worms und verfügt über einen Ortsbeirat und einen Ortsvorsteher. War der Ort früher hauptsächlich landwirtschaftlich geprägt, dient er heute vermehrt als stadtnahes Wohngebiet. Das Ortsgebiet von Weinsheim geht heute im Nordosten in das Wormser Stadtgebiet über. Im Jahr 2022 lebten 2.707 Personen in Weinsheim. [Anm. 36]
Verwendete Literatur:
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Anmerkungen:
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- Baur Hessische Urkunden Bd. 3. Darmstadt 1863. Nr. 1144, S. 211. Online verfügbar unter: https://www.digitale-sammlungen.de/de/view/bsb10018313?page=220,221 (aufgerufen am: 07.02.2025). Zurück
- Baur Hessische Urkunden Bd. 3. Darmstadt 1863. Nr. 1285, S. 375–377. Online verfügbar unter: https://www.digitale-sammlungen.de/de/view/bsb10018313?page=385,386 (aufgerufen am: 07.02.2025). Zurück
- Regesten der Pfalzgrafen am Rhein Bd. 2. Innsbruck 1912. Nr. 1251, S. 86. Online verfügbar unter: https://www.digitale-sammlungen.de/de/view/bsb00009261?page=88,89 (aufgerufen am: 07.02.2025). Zurück
- Vgl. Wormser Synodale, S. 26–28. Online verfügbar unter: https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/heidhs131/0034/image,info (aufgerufen am: 07.02.2025). Zurück
- wie Anm. 2. Zurück
- Vgl. Ramge 1967, S. 51; Kaufmann 1976, S. 221. Zurück
- Vgl. Illert 1952, S. 117, 126, 147. Zurück
- Vgl. Oxé 1932a, S. 45–52; Oxé 1932b, S. 120–128. Zurück
- Vgl. Grünewald 2009, S. 366–369. Zurück
- Vgl. Kehr 1940, Nr. 153, S. 232–233. Online verfügbar unter: https://www.dmgh.de/mgh_dd_arn/index.htm#page/232 (aufgerufen am: 07.02.2025). Zurück
- Die Bezeichnung des Markt- oder Martinstors weicht in den überlieferten Fassungen der Mauerbauordnung voneinander ab. Die Bischofschroniken Chronicus liver antistitium Wormacensium von 1523/6 und 1538 bezeichnen das Tor als „porta mercati“ (Markttor). Die Wormser Chronik von Friedrich Zorn (um 1750) bezeichnet das Tor als „porta Mart.“ oder „porta Mert.“ Die lokalhistorische Forschung verwendete lange die Bezeichnung Martinstor. Diese Interpretation wird in der modernen Forschung jedoch angezweifelt. Das „Martinstor“ („Martinspforte), an dessen Stelle sich heute das Haus Martinspforte befindet, stammt aus dem 11. Jahrhundert. Der eindeutige Name und die Position des nördlichen Tores sind nicht bekannt.
Das Andreastor befand sich in der westlichen Stadtmauer. Der heute als Andreastor bekannte Durchbruch in der Südmauer am ehemaligen St. Andreasstift wurde erst 1907 geschaffen. Vgl. dazu Zorn 1857, S. 39, online verfügbar unter: https://www.digitale-sammlungen.de/de/view/bsb10737582?page=42,43 (aufgerufen am: 07.02.2025); Porsche 2000, S. 67–69; Bönnen 2003, S. 23–28. Zurück - Vgl. Schreibmüller 1914, S. 16–17; Heuser 1978, S. 15; Heuser 2004, S. 10–12. Zurück
- Vgl. Seiler 1934–1943, S. 297. Zurück
- Vgl. Seiler 1934–1943, S. 299–300. Zurück
- Vgl. Wormser Synodale, S. 26–28. Online verfügbar unter: https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/heidhs131/0034/image,info (aufgerufen am: 07.02.2025); Weech 1875, S. 240–241, Online verfügbar unter: https://archive.org/details/ZeitschriftFrDieGeschichteDesOberrheinsvolume27/page/n249 (aufgerufen am: 07.02.2025). Zurück
- Vgl. Diehl 1928, S. 459. Online verfügbar unter: https://www.dilibri.de/stbmz/content/pageview/1977765 (aufgerufen am: 07.02.2025); Zuber 1998, S. 7–8. Zurück
- Vgl. Heuser 2004, S. 51. Zurück
- Vgl. Mahlerwein 2015, S. 294–299. Zurück
- Vgl. Heuser 2002, ungezählte Seite 12. Zurück
- Vgl. Kilian (1951–1958), S. 404–405. Zurück
- Vgl. Heuser 2004, S. 14–16. Zurück
- Vgl. Dumont 2015, S.361–373. Zurück
- Vgl. Heuser 1978, S. 26–28; Heuser 2004, S. 12; Dumont 2015, S. 373–400. Zurück
- Vgl. Heuser 1978, S. 56. Zurück
- Vgl. Heuser 2002, ungezählte Seite 6; Heuser 2004, S. 37. Zurück
- Vgl. Bönnen 2015. Zurück
- Vgl. Heuser 2004, S. 37–38. Zurück
- Erlaß über die Eingemeindung der Gemeinden Herrnsheim, Horchheim, Weinsheim und Leiselheim in die Stadt Worms vom 23. Dezember 1941. In: Hessisches Regierungsblatt (1942), S. 4. Online verfügbar unter: https://starweb.hessen.de/cache/hessen/regierungsblatt/hessisches_regierungsblatt_1942.pdf (aufgerufen am: 07.02.2025). Zurück
- Vgl. Heuser 2002, ungezählte Seite 9; Heuser 2004, S. 46. Zurück
- Vgl. Heuser 2004, S. 41–43. Zurück
- Vgl. Heuser 1978, S. 29–30; Zuber 1998, S. 53–54; Heuser 2004, S. 40–44. Zurück
- Vgl. Fink et al. 2020. Online verfügbar unter: https://gdke.rlp.de/fileadmin/gdke/Service/Broschueren_und_Flyer/202001_Denkmalpflegerische_Leitlinien_Worms.pdf (aufgerufen am: 07.02.2025). Zurück
- Statistiken zu Worms - Einwohner nach Wohnart (2022). In: Website der Stadt Worms. URL: https://www.worms.de/neu-de/wirtschaft-foerdern/statistiken.php (aufgerufen am: 07.02.2025). Zurück