Ober-Hilbersheim in Rheinhessen

Das Ober-Hilbersheimer Rathaus

Ober-Hilbersheimer Rathaus.[Bild: Harald Strube]

Der Hartpatz am Rathaus in der Kirchgasse 9 wird 1699 im Ober-Hilbersheimer Gerichtsbuch erwähnt. Das Rathaus war Ende der 30er Jahre des 18. Jahrhunderts in einem so schlechten Zustand, dass ein Neubau ins Auge gefasst werden musste. Vorsorglich wurden am 26.2.1738 bereits 16 Ruthen Steine von Gerhard Reiffenberger aus Nieder-Hilbersheim gekauft, die Ruthe für 1 Gulden 15 alb. Im folgenden Jahr begutachtete der Handwerker Schreiber den Bau und erstellte einen Kostenvoranschlag. Im Jahr 1741 kam es dann zu umfangreichen Baumaßnahmen. Der Ober-Hilbersheimer Friedrich Reiß kaufte mit eigenem Geld Bauholz, 300 große und 200 kleine Nägel und stellte seine Auslagen wegen des zum Rathaus erkauften Bauholzes dem Gemeinderechner Peter Ha(h)nemann in Rechnung. Dieser besorgte für 20 Gulden drei Ruthen Steine und ein Ohm Wein für die Gemeinde und stellte auch dies dem Gemeindevorsteher in Rechnung. Hier kann es aber auch sein, dass die Baumaterialien für die gleichzeitig sich vollziehende Befestigung des Kirchturmes angeschafft wurden. Auch der Maurermeister Frantz Härtter (Gärtter?) aus Framersheim lieferte Kalk und 250 Backsteine in Ober-Hilbersheim an, die der Maurermeister Peter Krisheimer dann verarbeitete.
Wenig später war das Rathaus fertig. 1744 wurden wichtige Amtshandlungen des Oberschultheißen Zilles "auf dem Rathaus" vollzogen. Es muss ein geräumiges und repäsentatives Gebäude gewesen sein, denn 1754 übernachteten dort Gäste des Pfarrers Franz Xaver Dominik Schmitt anlässlich einer Mission. Am 27.2.1782 wurde "actum Oberhilbersheim auff dem rath Hauß" der Verkauf der Kartäusergüter an die Universität Mainz verhandelt und besiegelt. Auch die Versteigerung der Güter des Ober-Hilbersheimer Bürgers Wilhelm Zimmer fand am 6.3.1786 im Ober-Hilbersheimer Rathaus in Gegenwart des kurpfälzischen Oberschultheißen Johannes Zilles, der gleichzeitig als Gerichtsschreiber fungierte, des Unterschultheißen J.Hofmann und der Gerichtsschöffen Johannes Schott, Peter Zimmer und Wendel Theis statt.
Das Rathaus diente nicht nur als 'Gästehaus' der Gemeinde, wahrscheinlich waren hier auch die Feuereimer, Eichgeräte und andere Amtssachen untergebracht. Im Jahr 1797 war sogar eine Gefängniszelle (prison) im Rathaus vorhanden. Von 1831-1889 wurde das Gebäude zusätzlich als Schulhaus genutzt. Das Rathaus erfüllt seine Aufgabe bis in das 20. Jahrhundert hinein. Am 10.5.1903 wurde es für 4.500 Mark an Heinrich Jammer verkauft.
Bereits am 15.3.1902 wurde ein Kostenvoranschlag für den Bau eines neuen Gemeindehauses für Gemeinderatsversammlungen und andere Anlässe eingereicht. Die Planungen zogen sich allerdings wegen des 1. Weltkrieges und den folgenden wirtschaftlich schweren Zeiten bis in die 30er Jahre hin. Als 'Ersatz-Rathaus' wurde seit 1903 das neue Gemeindehaus in der Wassergasse 3 genutzt. 1936 wurde es an die Spar- und Darlehenskasse verkauft, da mit dem Bau eines neuen Rathauses in der Kegelbahnstraße begonnen worden war. Der Rathausbau wurde zwar 1939 vollendet, erhielt seine Bestimmung aber erst im Jahr 1946 unter Bürgermeister Lahr. 1992 wurde das neue Rathaus von der Denkmalpflegebehörde unter Denkmalschutz gestellt.

Nachweise

Redaktionelle Bearbeitung: Stefan Grathoff

Verwendete Literatur:

  • Landesamt Denkmalpflege (Hrsg.): Kulturdenkmäler in Rheinland-Pfalz. Band 18.1: Kreis Mainz-Bingen. Bearb. v. Dieter Krienke. Worms 2007.
  • Stefan Grathoff: Ober-Hilbersheim. Geschichte eines rheinhessischen Dorfes vom 8. bis ins 20. Jahrhundert. Ingelheim 1995.

Aktualisiert am: 24.10.2014