Ober-Hilbersheim in Rheinhessen

Ober-Hilbersheim - von Johann Goswin Widder -

"Ober-Hilbersheim. Ein ansehnlicher Marktflecken, ligt drei Stunden von Kreuznach ostwärts, und gränzet gegen Ost an Engelstatt des Oberamts Stromberg, gegen Sud an Wolfsheim, gegen West an Aspisheim, welche beide zum Oberamt Alzei gehören.[...]
In einer Urkunde des Bischofs Konrad zu Mainz vom J. 1163 (wovon unten bei dem Kirchenzustande ein mehrers) wird Hiluersheim, und im J. 1219 ausdrücklich Ober-Hilbersheim genennet. In dem Flecken sammelt sich ein Bächlein, das unterhalb desselben eine Mahlmühle treibet, sodann nach Nieder-Hilbersheim, Appenheim und Gau-Algesheim, von dort aber in den Rhein flieset. Eine halbe viertel Stunde oberhalb des Ortes zieht eine von Bingen nach Worms führende Landstrase vorbei, und im Flecken selbst wird der Zoll erhoben. Im J. 1787 wurden 107 Familien, 519 Seelen, 1 Kirche,1- Pfarr- und Schulhaus, 96 burgerliche und gemeine Häuser hieselbst gezählet. Die Gemarkung enthält 2121 Morgen Ackerfeld; worunter das sogenannte Boynengut begriffen, welches der Kurfürstl. Hofkammer gehöret, aus 111 Morgen Landes groser Masung bestehet, und der Gemeinde erbbeständlich verliehen ist. Besizer der übrigen Freigüter sind das Domkapitel zu Mainz, die dortige Deutschordens-Kommende, die Grafen von Schönborn, die Freiherren von Breidenbach, von Hacke,und von Ritter zu Grünberg, sodann die Kath. Pfarrei.
Die Kirche zu Ober-Hilbersheim hat schon im XII. Jahrhundert bestanden, und das Patronatrecht davon war dem Stift zu U. L. F. auf dem Felde bei Mainz, iezo zum heil. Kreuz genannt, zuständig. Erzbischof Sigfried II übertrug den Pfarrsaz mit sämtlichen Gefällen im J. 1219 den Chorherren des genannten Stiftes zum Unterhalt dessen jeweiligen Scholasters. Diese Kirche war aber eigentlich nur eine Kapelle,die von der Pfarrkirche zu St. Laurenzien in Bergen abhieng, wie aus einem Ausspruche des Probsten Jakobs gedachten Stiftes vom J. 1307 erhellet. Um diese Zeit scheint das alte Dörflein Berchheim oder Bergen eingegangen und die Pfarrei nach Ober-Hilbersheim verlegt worden zu seyn. Denn als Heinrich von Bergen,ein Edelknecht, sich beschwehrte, daß der Pfarrer zu Ober-Hilbersheim die Gefälle der Kirche des heil.Laurentius beziehe, ohne den Gottesdienst darin zu halten, so ward im J. 1338 verglichen, daß gedachter Pfarrer und seine Nachfolger wochentlich zweimal Messe darin halten sollten.
Durch die Reformation bekam diese Kirchenverfassung auch eine andere Gestalt, und der nunmehrige Laurenzienberg, welcher in Kurmainzischem Gebiete gelegen, ward der Pfarrei Ockenheim einverleibt, die Kirche zu Ober-Hilbersheim aber mit einem Reformirten Prediger bestellt, bis endlich in gegenwärtigem Jahrhundert solche zum gemeinschaftlichen Gebrauche der Katholischen und Reformirten gelanget ist. Erstere haben darauf einen eigenen Pfarrer bestellt, und ihm das Dorf Nieder-Hilbersheim beigegeben. Jene Pfarrkirche, dem heil. Joseph geweihet, gehöret in die Mainzer Diöces und zum Algesheimer Landkapitel. Die Pfarrei aber wird von einem regulirten Chorherrn der Probstei Pfaffen-Schwabenheim versehen. Reformirter Seits ist solche nur eine Filial der Pfarrei Engelstadt. Die Lutherischen sind nach Ober-Ingelheim eingepfarret. Der Zehnten in der ganzen Gemarkung ist eine Zugehör des Patronatsrechtes, welches, wie oben gedacht, das Kollegiatsstift zu U. L. F. auf dem Felde bei Mainz auszuüben gehabt. Dessen Probst Arnold verbesserte damit die Pfründen seiner Chorherren im J. 1163. Nach erfolgter Reformation verkauften sie solchen an Kurfürst Friedrich III von der Pfalz im J. 1570,und von dieser Zeit an beziehet selbigen die Kurfürstl. Hofkammer bis auf den Glockenzehnten, welchen die geistliche Güterverwaltung besizet. Das Gericht dieses Fleckens ist mit einem Ober- und Unterschultheise, sodann mit 4 Schöffen und einem Gerichtsschreiber bestellt. Es führt in seinem Wappen und Siegel einen Pferdskopf in einem Herzschilde."

Nachweise

Entnommen aus: Johann Goswin Widder: Versuch einer  vollständigen Geographisch-Historischen Beschreibung der Kurfürstlichen Pfalz am Rheine. Teil 4. Frankfurt, Leipzig 1788, S.48-50.

Aktualisiert am: 24.10.2014