Rheinhessen

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Kirchenempore

Varianten zu 'Kirchenempore'. Die Karte ist durch Anklicken vergrößerbar.[Bild: Georg Drenda (IGL)]

Für die ʻKirchenemporeʼ finden sich in Rheinhessen neben Chor, Empor (= Empore) und Ojl (= Orgel) die in der Hochsprache unbekannten Wörter Bordee/Bordie, Bordiel/Bord(h)eel sowie Bordkersch im Südteil. Allen diesen Ausdrücken gemeinsam ist das Element Bor-. Dieses geht auf das mittelhochdeutsche (1050-1350) Nomen bor zurück, das ʻoberer Raum, Höheʼ bedeutet. In unserem heutigen Hochdeutschen ist das Wort ausgestorben, aber es ist noch fassbar in dem Ausdruck empor ʻhinauf, aufwärtsʼ (entstanden aus in bor ʻin die Höheʼ). In den Dialekten kommt es als Einzelwort (Simplex) auch nicht mehr vor.

Die Formen Bordee und Bordie lauten verhochdeutscht Bordöne (im Dialekt wird ö zu e oder i – vgl. z. B. bees für ʻböseʼ – und ‑ne fällt ab – vgl. z. B. Zeh für ʻZähneʼ). Döne, ein mittlerweile in den rheinhessischen Dialekten ausgestorbenes Wort, bezeichnet den ʻTragbalken der Zimmerdeckeʼ, auch das ʻObergeschossʼ. Bordöne kann, wenn man die erste Bedeutung ansetzt, wörtlich als ʻGebälk in der Höheʼ verstanden werden. Das Motiv liefert der Umstand, dass Emporen aufragende Holzkonstruktionen aus Balken und Brettern darstellen. Wenn man die zweite Bedeutung von Döne zugrunde legt, würde es sich bei Bordöne um eine verdeutlichende Zusammensetzung zweier gleichbedeutenden Wörter handeln, deren Bildung erfolgt ist, nachdem Bor nicht mehr verstanden wurde. Bordöne wäre in diesem Fall als ʻObergeschossʼ aufzufassen.

Für Bordiel und Bord(h)eel ist verhochdeutscht Bordiele anzusetzen. Es handelt sich hier um eine Umdeutung von Bordie/Bordee. Nachdem ‑die/‑dee (= Döne) unverständlich geworden war, wurde das Wort volksetymologisch an den bekannten Ausdruck Diele angelehnt.

Bordkersch heißt verhochdeutscht Bordkirche. Hier wurde das unverständlich gewordene Bor- zu dem bekannten Wort Bord ʻBrettʼ uminterpretiert. In der Südwestpfalz ist noch das ursprüngliche Borkirche erhalten. Die Empore wird in diesem Fall wörtlich als ʻOberraum der Kircheʼ aufgefasst.