Begriffsauswahl:
weinen
Das Verb weinen gibt es in den Dialekten Rheinhessens nicht. Stattdessen kommen die Wörter greinen (dialektal: groine usw.), flennen (dialektal: flenne) und kreischen (dialektal: greische usw.) in spezifischer arealer Verteilung vor. Im Althochdeutschen (750-1050) sind greinen und flennen mit derselben Bedeutung belegt, nämlich ʻden Mund verziehenʼ. Da der Mund sowohl beim Weinen als auch beim Lachen verzogen wird, entwickeln die deutschen Dialekte bei beiden Wörtern mal die Bedeutung ʻweinenʼ, mal die Bedeutung ʻlachenʼ. Für Rheinhessen gilt ʻweinenʼ. Das Verb greinen hängt übrigens mit grinsen etymologisch zusammen. Hier hat sich die historische Wortbasis also zu ʻlachenʼ (einer besonderen Art) entwickelt. Das Verb flennen ist mit dem umgangssprachlichen Flunsch ʻschmollend verzogener Mundʼ verwandt.
Das Wort kreischen bedeutet im mittelalterlichen Deutsch ʻschrill schreienʼ Über die semantische Zwischenstufe ʻlaut, schrill weinenʼ hat es in manchen deutschen Dialekten – so auch den rheinhessischen – den Inhalt ʻweinenʼ entwickelt. Andere Dialekte wiederum bewahren die ursprüngliche Bedeutung ʻschreienʼ. Die wenigen kreischen-Belege im Westen Rheinhessens kündigen ein großes Gebiet mit ebendieser Form an, das sich über den Hunsrück hinaus fortsetzt.