Der Grabstein des Blussus
Der Grabstein wurde 1848 in situ bei der heutigen Jugendherberge in Weisenau gefunden. Typologisch und stilistisch wird er in die Mitte des 1. Jahrhunderts n. Chr. datiert. Eine Besonderheit stellt die beidseitige Reliefverzierung des Steines in seiner Fundregion dar. Des Weiteren weist der Stein ebenfalls beidseitig eine fast gleichlautende Inschrift auf.[Anm. 1] Die fehlenden Buchstaben der Inschrift auf der Vorderseite lassen sich somit durch die wesentlich besser erhaltene Inschrift auf der Rückseite des Steines ergänzen.[Anm. 2] Die ergänzte Inschrift auf der Vorderseite lautet:[Anm. 3]
Blussus Atus[iri f(ilius) nauta] /
an(norum) LXXV h(ic) s(itus) e(st) Me[nimane Brigio] /
nis f(ilia) an(norum) uxso[r! viva sibi fecit] /
Satto vern[a an(norum) --- h(ic) s(itus) e(st) Primus] /
f(ilius) parentibus p[ro pietate posuit]
Damit ergibt sich folgende Übersetzung:
Blussus, der Sohn des Atusirus, Schiffer,
75 Jahre alt, liegt hier. Menimane, die Tochter des Brigio,
Jahre alt, seine Gattin, ließ sich (diesen Grabstein) zu Lebzeiten machen.
Satto, Haussklave,
Jahre alt, liegt hier. Primus,
der Sohn, setzte ihn aus Liebe seinen Eltern.
Wie oben bereits beschrieben, ist die Inschrift auf der Rückseite nahezu identisch, lediglich der Haussklave Satto wird dort nicht erwähnt.
Der Beruf des Blussus, Nauta, wird nicht nur in der Inschrift erwähnt, sondern auch durch die Darstellung eines Schiffes als Relief auf der Rückseite des Steines verdeutlicht. Das Relief auf der Vorderseite stellt die beiden Verstorbenen, Blussus und seine Frau Menimane, dar. Das Gewand, welches Menimane trägt, ist auch von anderen Grabreliefs bekannt und durch Grabfunde als treverische Tracht zu identifizieren.[Anm. 4] Blussus trägt eine römische Tunika und eine Paenula. Die dritte, im Hintergrund stehende Person ist entweder der in der Inschrift genannte Haussklave Satto, oder der Primus, der Sohn der Verstorbenen. Da die Peron eine römische Tracht trägt, ist es wahrscheinlicher, dass es sich um Primus handelt, da dieser neben seinem römischen Namen auch durch seine Kleidung als römischer Bürger dargestellt werden sollte.[Anm. 5] Während die Tracht und die Namen der Verstorbenen noch auf einheimische Bürger ohne römisches Bürgerrecht hindeuten, besitzt der Sohn bereits einen römischen Namen und kleidet sich mit der typischen, römischen Tracht. Dies und die generelle Übernahme der römischen Sitte von figürlichen Grabmalen weist auf einen Romanisierungsprozess der Bevölkerung von Mainz in jener Zeit hin.[Anm. 6] Das ein Einheimischer ohne römisches Bürgerrecht durch seinen Beruf reich werden konnte und sich ein solches Grabmal leisten konnte ist ein Hinweis auf die neue Wirtschaftskraft, welche die Römer in die Region um Mainz brachten.
Heute befindet sich der Grabstein im Landesmuseum Mainz.
Nachweise
Verfasser: Lutz Luckhaupt
Verwendete Literatur:
- Boppert, Walburg: Der Blussusstein. Das Grabmal eines einheimischen Aufsteigers. Mainzer Zeitschrift 87/88 (1992/93), S. 345-378.
- Jakobi, Hans: Mogontiacum. Das römische Mainz. Mainz 1996.
Erstellt am: 14.04.15