Saarbrücken im Saarland

Ehemaliges Schlachtfeld Spichern

Erstürmung des Roten Berges (Carl Röchling)

Nur wenige Kilometer von der Saarbrücker Innenstadt entfernt fand am 6. August 1870 eine von mehreren Grenzschlachten statt, die rückblickend im Deutsch-Französischen Krieg eine entscheidende Rolle spielte. Gegen Mittag setzte die 14. Division der preußischen Armee unter General Kamecke zum Sturm auf den Roten Berg in Spichern bei Forbach an, wo sich die Franzosen verschanzt hatten. Entgegen der Vermutung Kameckes, dort nur eine einfache Verteidigungslinie der französischen Truppen vorzufinden, stießen die deutschen Soldaten auf erbitterten Widerstand, der ihnen binnen kurzer Zeit zahlreiche Verluste einbrachte. Erst gegen Abend befahl der französische General Frossard in Absprache mit Marschall François-Achille Bazaine angesichts der nachrückenden preußischen Verstärkung den Rückzug und ermöglichte den Deutschen die Einnahme des Spicherer Berges und – in der Folge – den Vormarsch nach Frankreich.

Grab von Schultze Kathrin auf dem Ehrenfriedhof.[Bild: EPEI [CC-BY-SA 3.0]]

Die Bürger der südlich des Schlachtfeldes gelegenen Landeshauptstadt waren mit großer Anspannung indirekt in das Kampfgeschehen involviert, zumal hier nur das 7. Ulanenregiment und das 2. Bataillon des Füsilierregiments Nr. 40 als potentielle Verteidigung stationiert waren. Darüber hinaus mussten an die 4000 Verwundeten erstversorgt werden. In diesem Zusammenhang erlangte Katharine Weißgerber, alias Schulze Kathrin, enorme Bekanntheit, da sie den Soldaten in Mitten des Kampfgeschehens beistand und nach der Schlacht das Verdienstkreuz für Frauen erhielt. Noch heute gilt sie als „Symbol für uneigennütziges Handeln, für Zivilcourage und Mitmenschlichkeit.“[Anm. 1]

Bereits am 7. August wurde mit Hilfe der Stadt und mehreren Vereinen ein Soldatenfriedhof für die ca. 1000 Toten in unmittelbarer Nähe des Schlachtfeldes angelegt und eine feierliche Bestattungszeremonie initiiert. Das sogenannte Ehrental bildete die Grundlage für die daraufhin entstehende Erinnerungskultur, die Spichern nach dem siegreichen Ausgang des Deutsch-Französischen Krieges zum nationalen Gedenkort werden lies. In den 1880er Jahren rief der Saarbrücker Kriegerverein die Spicherntage ins Leben und lockte mit Musik- und Gesangsdarbietungen und pathetischen Reden alljährlich zahlreiche Besucher auf die Anhöhe.

Die Jugendkompagnie Völklingen lädt 1917 zu einem 'Patriotischen Unterhaltungsabend'.[Bild: Archiv des Saarlandes/Plakat261]

Seit 1905 fand außerdem das Spicherer Turn- und Spielfest statt. Das als reine Sportveranstaltung angelegte Fest entwickelte sich am Vorabend des Ersten Weltkriegs rasch zu einer paramilitärischen Veranstaltung, die den staatlichen Funktionsträgern die Möglichkeit bot, eine patriotische Stimmung zu verbreiten. Es kann „als politisierte Veranstaltung mit militaristischem und nationalistischem Hintergrund“[Anm. 2] betrachtet werden und trug somit maßgeblich zur anfänglichen Kriegsbegeisterung, insbesondere unter Jugendlichen, bei. Im preußischen Saargebiet waren 10 204 von ihnen in 172 Jugendkompanien organisiert, um militärische Fertigkeiten wie das Anlegen von Geländebeschreibungen und Schützengräben bereits vor dem eigentlichen Wehrdienst zu erlernen. Dabei fanden solche Übungen regelmäßig auf dem ehemaligen Schlachtfeld von Spichern statt und wurden bisweilen öffentlichkeitswirksam zur Schau gestellt. Eine komplette Nachstellung der Schlacht bei Spichern durch die Heerschau der Jugendkompanien Saarbrückens mit ca. 3000 Jugendlichen konnten die Einwohner der Region beispielsweise am 8. November 1914 beiwohnen.

Auch nach dem Ersten Weltkrieg wurde im Ehrental ein Denkmal für die Gefallenen aufgestellt.[Bild: Archiv des Saarlandes/NL Bruch]

Auf diese Art und Weise trug das Gedenken an die Schlacht auf der Spicherer Höhe während des Ersten Weltkriegs zur staatlich forcierten Militarisierung der Bevölkerung bei und kann als Erinnerungsort sowohl für den Deutsch-Französischen Krieg 1870/71 als auch für die Wertvorstellungen der Gesellschaft während der Zeit des Deutschen Kaiserreichs betrachtet werden. Vor diesem Hintergrund verwundert es kaum, dass unmittelbar nach dem Ersten Weltkrieg den Gefallenen jenes Krieges ebenfalls im Ehrental ein Denkmal in Form eines fest entschlossenen Soldatens auf einem Sockel gewidmet wurde.

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Literatur:

  • Trinkaus, Fabian:. Nationaler Mythos und Heldenverehrung. Die Schlacht von Spichern und ihre kulturpolitische Rezeption in Saarbrücken während des Kaiserreichs, Trier 2013.
  • Heckmann, Gerhard: Das zweite Heer des Kaisers. Schule und Jugend im Krieg. In: 'Als der Krieg über uns gekommen...' Die Saarregion und der Erste Weltkrieg. Hrsg. v. Stadtverband Saarbrücken, Regionalgeschichtliches Museum. Saarbrücken 1993.

Verfasser: Katharina Thielen

erstellt am 20.01.2017

Anmerkungen:

  1. http://www.saarbruecken.de/kultur/stadtgeschichte/schlacht_bei_spicheren Zurück
  2. Trinkaus, S. 116. Zurück