0.Zur Geschichte von Winkelbach
Die Geschichte von Winkelbach im oberen Wiedtal war von Anfang an auf das engste mit der Geschichte der Gemeinden Wahlrod und Höchstenbach verbunden.
Wahlrod befindet sich in der Gruppe der älteren »rod«-Orte , die seit dem 9. Jahrhundert gegründet wurden. Winkelbach und auch Höchstenbach gehören einer etwas jüngeren Schicht von Orten an. Höchstenbach scheint noch zu Zeiten der Vorläufer der Grafen von Wied um 900 entstanden zu sein. Vieles deutet darauf hin, dass Winkelbach noch jünger ist und erst im späten 11. Jahrhundert gegründet wurde.
In der schriftlichen Überlieferung genannt werden die drei Orte erstmals Mitte des 13. Jahrhunderts, Wahlrod 1249 in einer Urkunde der Gräfin Mechthild von Sayn, Winkelbach im Jahr 1262 in einem Privileg des Grafen Gottfried von Sayn und Höchstenbach im Jahr 1269.
0.1.Frühgeschichte Winkelbachs
0.1.1.Erstnennung
Der Ort wird erstmals am 1. November 1262 in einer auf der Freusburg ausgestellten Urkunde erwähnt, als Graf Gottfried von Sayn der Abtei Marienstatt Frondienste erließ, u.a. für eine Hofraite, die Albert von Winkelbach bzw. dessen Vorfahren einst der Abtei Marienstatt überlassen hatten. Diese Hofraite, auf der jetzt ein Hof (grangia) gebaut ist, scheint offensichtlich - die Angaben sind nicht eindeutig - in Gehlert gelegen zu haben.
Über die Gründung Winkelbachs selbst lassen sich keine sicheren Aussagen treffen. In Höchstenbach waren es wohl Hörige des Hofes Wahlrod, die den Ort um 900 entstehen ließen. Winkelbach könnte in ähnlicher Weise von Wahlroder Hofleuten gegründet worden sein, deren Aufgabe es war, die ca. 1,5 km entfernten Wiesen- und Ackerflächen in der späteren Gemarkung von Winkelbach zu bewirtschaften. Sie bauten für sich und ihre Familien Häuser, um in der Nähe ihres Arbeitsortes leben zu können. Allerdings wird bei der Erstnennung Winkelbachs im Jahr 1262 ein Albert von Winkelbach genannt. Es ist nicht bekannt, wann Albert von Winkelbach gelebt hat. Schließt man aus, dass die Wortwahl vielleicht nur die Herkunft Alberts (Albert aus Winkelbach) mitteilen wollte, könnte es sein, dass Winkelbach zu Lebzeiten Alberts Sitz und Wohnort eines Niederadelgeschlechtes gewesen ist, das auch in Dörfern der Umgebung über beachtlichen Grundbesitz verfügte. Mitte des 13. Jahrhunderts hörte man von einer Niederadelsfamilie allerdings nichts mehr. Entweder hat es sie nie gegeben oder die Familie war längst abgewandert oder ausgestorben.
So könnte es durchaus sein, dass zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt die Niederadeligen von Winkelbach von ihrem längst verschwundenen Familiensitz das umliegende Land von abhängigen Landarbeitern bewirtschaften ließen. Diese erbauten sich um das Herrenhaus eigene Wohnhäuser. Winkelbach würde seine Entstehung nicht dem Hof Wahlrod verdanken, sondern ein Herrenhaus wäre die Keimzelle des Dorfes Winkelbach gewesen.
Ob hinter der Ortsbezeichnung ein Personenname steht oder es sich um eine einfache Ortsbezeichnung (Winkel am Bach) handelt, bleibt unentschieden. Der Ortsname änderte sich im Laufe der Jahrhunderte wenig: Über Winkilbach (1262), Wynckelnbach (1461), Winckelnbach (1510) und Winckelbach (1631) setzte sich schließlich das heutige Winkelbach durch.
Wann die Gründung Winkelbachs erfolgte, bleibt unsicher. Wenn man die Geschichte des Landes und der umliegenden Ortschaft betrachten, muss man zu dem Schluss kommen, dass der Ort wahrscheinlich in wiedscher Zeit im späten 11. Jahrhundert entstanden ist.
0.1.2.Die Grafen von Bilstein und Wied
Um 900 scheinen die gemeinsamen Vorfahren der Grafen von Bilstein und Wied mit Rodungen im breiten Grenzwald im Nordosten des Engersgaues begonnen zu haben. Sie sicherten das neu gewonnene Acker- und Weideland mit einem kordonähnlichen Netz von Siedlungen. Dieser Siedlungsstreifen im damals noch spärlich besiedelten Land verlief von Schöneberg über Wahlrod, Höchstenbach bis Rückeroth/Dreifelden.
Die Grafen von Wied sind mit Graf Metfrid seit kurz vor 1100 als Grafen im Engersgau bezeugt. Sie hatten von ihren Ahnherren u.a. grundherrlichen Rechte in Höchstenbach und in Rückeroth übernommen, besaßen darüber hinaus auch einen Teil der Burg Hartenfels. An dieser Burgherrschaft waren auch die Erben der Grafen von Bilstein beteiligt, denen wiederum grundherrliche Rechte in Wahlrod und Herschbach zustanden.
0.1.3.Die Grafen von Sayn
Als Erbin der mittelrheinischen Besitzungen der Grafen von Bilstein (und der Landgrafen von Thüringen) trat im Jahr 1249 die Ehefrau des Grafen Heinrich III. von Sayn (1202-1246) Gräfin Mechthild von Sayn (1205-1295?) auf, als sie die Zehntrechte an ihrer ererbten Grundherrschaft Wahlrod dem Kloster Herchen überließ. Die Grundherrschaft selbst kam von Gräfin Mechthild von Sayn zusammen mit Altenwied im Jahr 1250 an den Kölner Erzbischof Konrad von Hochstaden (1238-1261). Dieser verwaltete seinen Fernbesitz am äußersten Rande seines Einflussbereiches nicht selbst, sondern belehnte im Jahr 1289 die Grafen von Berg mit Gebhardshain, Schöneberg und Wahlrod. Damit kam er seinem territorialen Nachbarn entgegen, der sich im 13. Jahrhundert anschickte, sein politisches Engagement u.a. in den Westerwald auszudehnen.
Diese Expansionsbestrebungen der Grafen von Berg konnten den Grafen von Sayn nicht recht sein, die ihrerseits zu dieser Zeit noch längst nicht fest im Lande verwurzelt waren. In einem Vergleich zwischen den Grafen von Berg und Graf Johann II. von Sayn (1283/1294-1324) wurde 1311 bestimmt, dass sich die Menschen der Höfe Schöneberg, Wahlrod und Gebhardshain in der Grafschaft Sayn der gleichen Rechte erfreuen sollten, wie früher, bevor die Höfe erst an das Erzstift Köln und dann an die Grafschaft Berg gefallen waren. Doch mit einem solchen Zugeständnis gaben sich die Grafen noch nicht zufrieden. Bald danach gelang es ihnen, Schöneberg als Pfandgut wieder in ihre Verfügungsgewalt zu bringen. In einem weiteren Schritt konnten die Grafen von Sayn im Jahr 1411 unter Graf Gerhard I. (1408-1419) Wahlrod, zu dem auch Berod und Winkelbach gehörten, von den Grafen von Berg als Pfandschaft erringen. Im Pfandgut standen ihnen alle »Freiheit und Herrlichkeit« zu. Kirchenpolitisch wichtig war die Tatsache, dass die Sayner nach dem Herrn von Wied, bei der Auswahl eines neuen Pfarrers in der Kirche zu Höchstenbach die zweite Stimme (das sog. Präsentationsrecht) abgeben durften. Wer über die Einsetzung des Pfarrers mitbestimmen konnte, hatte großen Einfluss auf die öffentliche Meinung, die damals ganz wesentlich von dem Mann auf der Kanzel propagiert wurde. Mit der Hoheit über die Vogtei im Kirchspiel Höchstenbach, die 1486 neben Höchstenbach auch Berod und Wahlrod umfasste, war die herrschaftliche Stellung auch in »polizeilicher« und rechtlicher Hinsicht weitgehend abgesichert.
Die Grafen von Sayn verfügten im Jahr 1461 und 1510 über Eigenleute in Winkelbach, unfreie Leute also, die ihnen unmittelbar zugehörten. Auch die Grafen von Wied verfügten 1461 über solche Eigenleute, ebenso wie 1494 die Herren von Reichenstein.
Im sog. Siegburger Vertrag, der im Jahr 1607 geschlossen wurde, kamen dann die letzten Reste des alten bergischen Besitzes in Schöneberg und Wahlrod als Lehen an die Grafschaft Sayn. Möglich war dies geworden, weil sich die Grafen von Berg aus dem Westerwald zurückzogen und sich wieder auf ihre Rechte am Niederrhein konzentrierten.
0.1.4.Hof Höchstenbach
Ursprünglich wiedsches Allod war wohl der Hof Höchstenbach, der mit der Grundherrschaft Wahlrod der Gräfin Mechthild von Sayn als bilsteinschen Erbe zugefallen war. Die grundherrlichen Rechte der Grafen von Wied, die nach 1100 vielleicht auch die Kirche zu Höchstenbach gestiftet haben, verschmolzen früh mit ihrem gräflichen Gericht zu Höchstenbach und sind mit diesem 1489 endgültig an die Grafschaft Sayn übergegangen.
Das Weistum dieser Vogtei sprach den Grafen von Sayn nach altem Herkommen Gerichtsrechte in den umliegenden Dörfern zu. Als Grundherren und Kirchenpatrone bezogen die Sayner auch den Zehnten.
0.1.5.Winkelbach im Gericht Höchstenbach
Zum Gericht Höchstenbach gehörte auch Winkelbach. Hier schließt sich der Kreis der Argumente, die eine Gründung Winkelbachs in das späte 11. Jahrhundert verlegen. Denn Winkelbach dürfte bereits in wiedscher Zeit zum Gericht Höchstenbach gehört haben, schriftlich belegt ist diese Tatsache allerdings erst für das Jahr 1597.
Das eigenständige Gericht, das in Wahlrod existierte, war vornehmlich für die Güter im Hof Wahlrod zuständig, kümmerte sich aber auch um Grundstücksangelegenheiten im Dorf Wahlrod und den zugehörigen Gemeinden Berod und Winkelbach. Sein Schultheiß war zumeist zugleich der Schultheiß des Gerichts Höchstenbach.
Als der Kölner Erzbischof Ferdinand (1612-1650) nach dem kinderlosen Tod des jungen Grafen Ludwig von Sayn im Jahr 1636 Stadt und Amt Hachenburg als "erledigtes" Lehen einzog, behielt die entmachtete Gräfin Loysa Juliana - sie hatte die Regierungsgeschäfte für den minderjährigen Sohn geführt - außer dem Witwengut Friedewald u.a. auch das Kirchspiel Höchstenbach. Als sie 1670 starb, wurden das Kirchspiel Höchstenbach, der Hof Wahlrod und damit auch Winkelbach im Jahr 1671 der neu entstandenen Teilgrafschaft Sayn-Hachenburg zugeteilt.
0.2.Winkelbach im 18. Jahrhundert
Der Westerwald selbst wurden von den Kriegen des 18. und 19. Jahrhunderts selten unmittelbar in Mitleidenschaft gezogen. Meist fanden die Schlachten in anderen Teilen des Reiches statt. Verheerend wirkte sich aber aus, dass Truppen, die vom Rhein nach Hessen, Thüringen und Sachsen ziehen wollten, gerne ihren Weg durch den Westerwald nahmen. Die Stadt Hachenburg wurde von diesen Truppendurchzügen besonders nachhaltig betroffen. Unüberschaubar sind die damit verbundenen erzwungenen Einquartierungen von Soldaten, umfangreichen Verpflegungsleistungen und beachtlichen Geldzahlungen, die das Militär - Freund wie Feind - der Zivilbevölkerung abverlangte. Von diesen Beschwerungen war natürlich auch das nahe Höchstenbach und mit ihm Winkelbach betroffen. Leider fließen die überlieferten Nachrichten dazu äußerst spärlich. Während des spanischen Erbfolgekrieges befand sich in Höchstenbach im Frühjahr und Frühsommer 1713 ein großes Feldlager erst kaiserlicher und dann kurhannoverscher Truppen. Die umliegenden Gemeinden wurden sämtlich für Fouragelieferungen herangezogen, selbst aus dem Amt Haiger wurden Lebensmittel eingefordert.
Die Begleiterscheinungen der Französische Revolutionskriege, die Ende des 18. Jahrhunderts den Südwesten des Deutschen Reiches heimsuchten, betrafen auch Höchstenbach. Lebensmittel wie Gemüse, Kartoffeln und Korn wurden rar, da sie dem Militär abgeliefert werden mussten. Während zweier Truppendurchmärsche am 15. September und 18. Oktober 1795 hört man von grenzenlosen Plünderungen und anderen Gewalttaten. Wie nahe der Krieg auch Winkelbach kam, zeigt allein die Tatsache, dass am 19. September 1786 der französische General Marceau bei Höchstenbach tödlich verwundet wurde und zwei Tage später in Altenkirchen verstarb.
0.2.1.Opposition gegen die Herrschaft
Die kriegerischen Zeiten und die unablässigen Bedrückungen der Bevölkerung durch befreundete und feindliche Truppen verschlechterten das Verhältnis der Bevölkerung zur Herrschaft in Hachenburg zusehens.
Im Jahr 1790 verweigerten die Einwohner der Dörfer, Winkelbach, Berod und Welkenbach die sog. »Heumahd-Fron« auf dem herrschaftlichen Hof Kleeberg vor Hachenburg. Im Rahmen ihrer Untertanenpflichten hatten die Bewohner der Orte im Amt Hachenburg ihrem Grund- und Leibherrn bestimmte Frondienste zu leisten. Diese konnten daraus bestehen, dass man kostenlos auf den herrschaftlichen Äckern pflügte, säte und erntete, die herrschaftlichen Wiesen mähte oder Schafe schor, bei Bauarbeiten (am Hachenburger Schloss, beim Landstraßenausbau) half oder aber Spann- und Fuhrdiente für die Herrschaft übernahm.
Die Winkelbacher waren nun verpflichtet, in der entsprechenden Jahreszeit auf gewissen Stücken der herrschaftlichen Wiesen vor Kleeberg das Gras zu mähen, zu trocknen und in die Scheuer des Hofgutes zu fahren. Als sie im Jahr 1790 von der gräflichen Kanzlei wieder einmal dazu bestellt wurden, weigerten sie sich mit mehreren Männern und Fuhrwerken nach Hachenburg zu kommen. Da auch wiederholtes Mahnen seitens der Herrschaft die Winkelbacher und ihre Nachbarn nicht zum Einlenken bewegen konnte, musste die Herrschaft - wie sie später empört monierte - Lohnarbeiter anstellen und für die Mäharbeiten bezahlen. Die gräfliche Verwaltung sah, das erfährt man aus einem Schreiben vom 26. Juli 1790, die Verweigerung als schwere Pflichtvergessenheit an. Die Gemeinden bekamen eine Rechnung über die Lohnkosten, die innerhalb von 14 Tagen zu begleichen war. Die Winkelbacher scheinen die Rechnung bezahlt zu haben, denn die Pflicht zum kostenlosen Mähen auf der "Herrenwiese" blieb bestehen. Im Jahr 1794 hatten sich die Winkel- und Welkenbacher etwas einfallen lassen, um nicht den weiten Anreiseweg nach Hachenburg nehmen zu müssen. Sie hatten Einwohner des Dorfes Altstadt beauftragt, für sie auf der »Herrenwiese« zu mähen und den Schnitt nach Kleeberg zu schaffen. Winkelbach zahlte am 11. August 1794 auf Abschlag die Hälfte der Kosten mit 7 Gulden, 13 Kreuzern und 3 Denaren.
Die Pflicht zur Heu-Frohn bestand auch nach dem »Ende« der Grafschaft Sayn unter nassauischer Herrschaft weiter So mussten im Jahr 1805 Froner aus den Gemeinden Altstadt, Gehlert, Merkelbach, Niederhattert, Laadt, Müschenbach, Höchstenbach, Welkenbach und auch aus Winkelbach Arbeiter auf die herrschaftlichen Wiesen beim Hof Kleeberg schicken, um dort Heu zu machen. Aus Winkelbach hatten 10 Froner mit eine geeigneten Gefährt zu erscheinen.
Doch die Beschwerden der Amtsorte bezogen sich nicht nur auf die unentgeltlichen Dienst für die Bevölkerung. Seit 1795 beschwerten sich die fünf zum Hof Wahlrod gehörigen Ortschaften Wahlrod, Berod, Borod, Welkenbach und Winkelbach ganz allgemein über zu hohe Abgaben, die an die Herrschaft in Hachenburg abgeführt werden mussten.
0.3.Im Herzogtum Nassau
Als die Grafschaft Sayn am 11. April 1799 mit Johann August von Kirchberg ihren letzten männlichen Burggrafen verlor, erbte seine Nichte Luise Isabelle die Grafschaft. Luise war mit Fürst Friedrich Wilhelm von Nassau-Weilburg verheiratet. So fiel mit der Grafschaft Sayn auch das Kirchspiel Höchstenbach an das Haus Nassau.
Unter nassauischer Herrschaft kam es zu verschiedenen Änderungen. Innere Reformen, so z.B. die Aufhebung der Leibeigenschaft im Jahr 1808, eine einheitliche Steuergesetzgebung (1809/1812), die Verfassung von 1814 bzw. 1818, die Neuordnung des Schulwesens waren erste Meilensteine auf dem langen Weg vom Untertanen zum Staatsbürger. Auch die finanziellen Verhältnisse der Gemeinden wurden neu geregelt. So wurden auch in Winkelbach die alten Leistungspflichten im Bereich der Dominialzehnten, der Feldgrund-, der Grund- und der Waldsteuern, der Grundzinsen und Gülten, die an die Herrschaft zu zahlen waren, nach und nach in Geldzahlungen umgewandelt.
Andere altbekannte Belastungen hörten auch unter der neuen Herrschaft keineswegs auf, da etwa Kriege nach wie vor in kurzen Zeitabständen stattfanden. Im Rahmen von Kriegskosten, die 1813 von den Gemeinden aufzubringen waren, musste auch Winkelbach Hafer, Heu und Stroh stellen.
0.4.Vom Königreich Preußen zum Land Rheinland-Pfalz
Von 1806 bis 1866 gehörte das Land zum Großherzogtum Nassau. Im Deutschen Krieg um die Vorherrschaft im Reich stand Nassau fest auf der Seite der Österreichs. In der Schlacht bei Königsgrätz am 3. Juli 1866 siegten Preußen und seine Verbündeten über den Deutschen Bund unter der Führung der Präsidialmacht Österreich. Der Deutsche Bund wurde aufgelöst und das Großherzogtum Nassau von Preußen annektiert. Seit 1866 gehörte Winkelbach als Teil des nassauischen Landes zum preußischen Regierungsbezirk Wiesbaden und seit 1867 dem neu gebildeten Oberwesterwaldkreis an.
0.4.1.Der Großbrand von 1902
Am 17. März 1902 brach morgens gegen 8 Uhr bei einem Sturm in Winkelbach ein Brand aus, dem fünf Gebäude zum Opfer fielen. Über nähere Begleitumstände der Brandursache ist nichts bekannt. Alle Löschversuche scheiterten, da der Wind zu stark blies. Eine 76-jährige Frau, die krank im Bett lag, konnte nur mit Mühe gerettet werden. Die fünf Gebäude brannten vollständig nieder, die Bewohner verloren ihr sämtliches Hab und Gut. Keiner der Geschädigten hatte eine Brandversicherung. Landrat Büchting begutachtete am Nachmittag die Unglücksstelle und ließ noch am gleichen Tag Betten herbeischaffen, um den Brandgeschädigten, die fast nichts hatten retten können, vorerst eine Bleibe zu verschaffen.
Am folgenden Tag kamen auf Vermittlung des Regierungspräsidenten Dr. Wentzel (Wiesbaden) für jede Familie je 50 Mark an, die die Prinzessin von Schaumburg-Lippe aus Mitteln des Bezirksverbandes des Vaterländischen Frauenvereins und Freifrau Knoop-Wiesbaden organisiert hatten, damit die Unglücklichen ein erste Kleiderausstattung kaufen konnten. Am Montag kam Frau Landrat Büchting mit einer weiteren Vorstandsdame des vaterländischen Frauenvereins nach Winkelbach, um zu ermitteln, welche Kleidungsstücke vordringlich fehlten. Die Kleidung wurde nach am selben Tag auf Kosten des Frauenvereins besorgt.
Das Dorf stand fest zusammen. Die niedergebrannten Häuser wurden in Gemeinschaftsarbeit erneuert bzw. wiederaufgebaut. Am 8. September 1902 wurde stolz vermeldet, die Häuser seien vollendet und die Brandopfer könnten zumindest die Ernte in die neuen Scheunen schaffen.
Mit dem Oberwesterwaldkreis kamen Höchstenbach und Winkelbach nach dem Krieg 1945 zur französischen Besatzungszone. Seitdem sich am 30. August 1946 das Land Rheinland-Pfalz gebildet hatte, gehört Winkelbach zu diesem Bundesland.
0.5.Kirchenverhältnisse in Winkelbach
In kirchlicher Hinsicht gehörte Winkelbach zu Höchstenbach. Da man keine eigene Kapelle hatte, mussten die Gläubigen stets nach Höchstenbach pilgern. Die dortige Kirche, die im Jahr 1486 erstmals erwähnt wird, ist viel älter und ist vielleicht unter den Grafen von Wied im 12. Jahrhundert bzw. Anfang des 13. Jahrhunderts gegründet worden. Die Mutterkirche von Höchstenbach könnte Rückeroth gewesen sein, zumindest wurde das Kirchspiel Höchstenbach vor 1459 aus dem Kirchspiel Rückerodt gelöst. Sie war dem hl. Georg geweiht und gehörte vor der Reformation zum Dekanat Engers im trierischen Archidiakonat St. Lubentius zu Dietkirchen. Die Höchstenbacher Kirche verfügte 1563 über Einkünfte in Winkelbach, Münderbach und Wahlrod.
Als Kirchenpatrone erscheinen zuerst die Grafen von Wied und dann die Grafen von Sayn.
Wie Hachenburg nahmen Höchstenbach und damit auch Winkelbach an den Glaubensveränderungen infolge der Reformation (1517 Thesenanschlag Luthers) teil. Lutheraner und Reformierte lebten in Höchstenbach weitgehend friedlich nebeneinander, wenn man von den üblichen gegensätzlichen Vorstellungen in der Liturgie, der Kirchengestaltung und anderen Grundsätzen einmal absieht. Welcher Glaubensrichtung die Winkelbacher angehörten, ist nie ausdrücklich erwähnt. Wenn man die Schulverhältnisse betrachtet, dürften die Winkelbacher überwiegend dem reformierten Bekenntnis angehört haben. Im Jahr 1817 schlossen sich lutherische und reformierte Gemeinde zur evangelischen Glaubensgemeinschaft zusammen. Ende des 18. Jahrhunderts hatte Winkelbach, wie die umliegenden Gemeinden auch, jährlich 1/4 Klafter Buchenscheidholz an die Pfarrei Höchstenbach abzuliefern. In den Jahren nach 1878 wurde diese Bringschuld durch eine Geldzahlung abgelöst. Bürgermeister Heinrich Zeuner sowie Wilhelm Dünschmann, Peter Jung, Ludwig Röhrig erklärten sich damit einverstanden, künftig 187 Mark und 50 Pfennige als Holzabgabe an die Kirche zu bezahlen.
Ihre Toten begruben die Winkelbacher früher dagegen in Wahlrod. Wahlrod hatte 1554 eine eigene Kapelle, die 1567 der hl. Barbara geweiht war und eigene Güter und Einkünfte besaß. Der Pfarrer von Höchstenbach musste 1567 jede Woche in Wahlrod predigen. Dort war um 1580 auch der Friedhof für Wahlrod, Berod und Winkelbach. Wann sich dies änderte, lässt sich nicht mehr feststellen. Auf alle Fälle werden sie Toten seit längerer Zeit in Höchstenbach zu Grabe getragen.
0.6.Winkelbacher Schüler
Als Anfang des 15. Jahrhundert in Hachenburg eine Lateinschule eröffnet, dürfte es eher die Ausnahme gewesen sein, wenn ein Winkelbacher Kind diese Schule besuchte. Höchstenbach musste jedenfalls im Jahr 1569 Gelder aus den Kirchen- und Kapelleneinkünften für die Unterhaltung dieser Lateinschule aufbringen. In nicht wenigen Gemeinden auf dem Land gab es sog. Winkelschulen, in Wahlrod vielleicht schon 1652 und in Mündersbach 1701. Auch Winkelbach, Borod und Berod verfügten im Jahr 1713 über eine solche Einrichtung, doch war ihr pädagogischer Wert wohl eher bescheiden. So soll in Winkelbach 1713 ein 14-jähriger Knabe aus Wahlrod die Kinder unterrichtet haben. Dem Versuch eine Winterschule einzurichten, widersprach 1713 der lutherische Pfarrer in Höchstenbach, wohl weil er um seine Stellung und seinen Einfluss fürchtete. Seit 1725 hielt der lutherische Kirchspielmeister von Höchstenbach reihum Schule in den Filialorten. Auch hier trennten sich bald wieder konfessionellen Schulen, von denen die reformierte Kirchspielschule für Höchstenbach, Welkenbach und Winkelbach zuständig war. Die Winkelbacher waren nicht nur Nutznießer der Höchstenbacher Schule, sondern trugen zeitweise ihren Teil zur Aufrechterhaltung des Schulbetriebes bei. In den Jahren 1739 und 1740 ist der Winkelbacher Einwohner Johann Adam Luckenbach als reformierter Schullehrer überliefert. Er unterrichtete die Kinder im alten Pfarrhaus.
Auch in nassauischer Zeit gingen die Kinder aus Winkelbach und Welkenbach in die Schule in Höchstenbach. Als das nassauische Schuledikt von 1820 konfessionell vereinigte Schulen vorschrieb, wurde in Höchstenbach umgehend ein neues Schulhaus errichtet, an deren Baukosten sich alle Schulgemeinden beteiligen mussten.
0.7.Die Gemeinde
0.7.1.Einwohner
Höchstenbach hatte 1576 insgesamt 22 Häuser, in denen 143 Einwohner lebten. In Wahlrod wohnten zu dieser 157 Menschen. Winkelbach mit seinen vier Häusern beherbergte 22 Personen, war also wesentlich kleiner als die anderen beiden Bezugsorte. Im Jahr 1579 standen fünf Häuser im Ort, zwischen 1590 und 1676 waren sechs Feuerstellen vorhanden, im Jahr 1682 zählte man wieder fünf Feuerstätten, im Jahr 1746 wird von 13 »Räuchen« in Winkelbach gesprochen. 1760 lebten 45 Menschen im Ort und im Jahr 1798 zählte Winkelbach 61 Einwohner.
Im Jahr wird 1725 wird ein Vorfall bekannt, der auch heute wohl Aufsehen erregen würde. Der Winkelbacher Einwohner Johannes Geyer hatte seinen Sohn Johann Peter in Wied besucht, der dort bei einem Bendermeister in die Lehre ging. Man trank wohl zu viel Alkohol und geriet in Streit. Daraufhin traktierte der Sohn den Vater »gottlos ... und ... so barbarisch« mit Faustschlägen, dass dieser blutüberströmt zu Boden stürzte. Die Obrigkeit nahm den Vorfall so ernst, dass sie am 29. Mai 1725 eine große Untersuchung anstrengte. Die Geyers waren eigentlich als eine friedliebende Familie bekannt und es blieb unerklärlich, warum es zu einem solchen Gewaltausbruch kommen konnte. Über eine zu erwartende Bestrafung des Übeltäters ist nichts bekannt.
0.7.2.Die Bürgermeister
Über die innere Gemeindestruktur in saynscher Zeit (bis1799) ist so gut wie nichts bekannt. Überliefert ist, dass Winkelbach seit spätestens Mitte des 18. Jahrhunderts jährlich wechselnde Bürgermeister hatte. Seit wann Bürgermeister an der Spitze der Gemeinde standen, ist nicht bekannt. Zuvor wird die Dorfgemeinschaft bzw. ihr inoffizieller Sprecher alle notwendigen Belange wahrgenommen haben. Als mit der Übernahme der Herrschaft durch das Herzogtum (Großherzogtum) Nassau staatliche Strukturen im Landes ausgebildet wurden, erscheinen die Bürgermeister in Winkelbach häufiger.
Das Winkelbacher »Rathaus« befand sich im Haus des jeweiligen Bürgermeisters. Dieses Amtszimmer war 1817 nur spärlich eingerichtet. Bei einer Inventur (anlässlich eines Bürgermeisterwechsels?) fanden sich ein neuer Repositur-Schrank mit Schloss und 21 Gefachen. Dort verwahrte die Gemeinde ihr Schreibpapier. Wozu die »neuere Kiste« und das kleine »Tannen-Kästchen« gebraucht wurde, wird nicht gesagt.
Aus der Zeit, in der nach 1866 das Königreich Preußen das Regiment im Lande übernommen hatte, sind für das Jahr 1875 Einzelheiten zur Wahl des Winkelbacher Bürgermeisters überliefert. Das Wahlverfahren stand unter der Aufsicht des Königlichen Amtes in Hachenburg, dass die Neuwahl des Bürgermeisters angeordnet hatte.
Nach dem Gesetz vom 26. April 1869 hatte eine Neuwahl des Bürgermeisters stattzufinden, weil die übliche sechsjährige Amtsperiode mit dem 31. Dezember 1875 ablaufen würde. Bürgermeister Dietz wurde beauftragt gemäß der Maßgabe der Gemeindewahlordnung vom 26. Juli 1854 zunächst Wahlmänner für jeden der in Frage kommenden Bürgermeister-Kandidaten wählen zu lassen. Das Wahlergebnis hatte bis zum 20. November 1875 dem königlichen Amt in Hachenburg vorzulegen. Die entsprechenden Listen waren acht Tage lang öffentlich auszulegen.
Das königliche Amt in Hachenburg lud für den 3. Dezember 1875 um 10 Uhr zur Wahl ins Schulhaus nach Höchstenbach. Das Votum der Wahlmänner für »ihren« Kandidaten hatte öffentlich zu erfolgen. Heinrich Zeuner erhielt die Stimmen von sechs der neun Wahlmänner. Der Gegenkandidat Peter Dietz erhielt zwei Wahlmännerstimmen, Wilhelm Röhrig konnte nur einen Wahlmann für sich gewinnen. Als »Gehalt« wurden dem neuen Bürgermeister jährlich 75 Mark bewilligt. Bürgermeister Zeuner wurde mit Beginn des Jahres »beeidigt« und in sein Amt eingeführt.
Am 21.11.1881 wurde Bürgermeister Zeuner im Schulhaus zu Höchstenbach einstimmig in seinem Amt bestätigt.
Liste der Bürgermeister
1815 Martin Geyer
1853/54 Friedrich Wilhelm Zeuner bis zu seinem Tod am 4.7.1860
1860 (Juli bis Oktober) Vorsteher Bötzhöfer (Bitzhöfer)
November 1860 bis 31.12.1875 Bürgermeister Dietz
seit 1.1.1876 - mindestens 1887 Bürgermeister Zeuner.
1874 waren die Herren Geyer, Hoffmann und F. Geyer Gemeinderäte.
0.7.3.Gemeindefinanzen
Über die kriegsbedingten Bedrückungen, unter denen die Gemeinden des Amtes Hachenburg zu leiden hatte, wurde weiter oben schon gesprochen. Auch die anderen Leistungen, die die Winkelbacher Finanzen immer wieder aufs äußerste strapazierten wurden bereits angedeutet.
In Nassauischer Zeit wurde das Finanzwesen der Gemeinden neu geordnet. So erfährt man, dass die Gemeinderechnung des Jahres 1815 vom Bürgermeister aufgestellt wurde und am 2. Juni 1816 dem herzoglichen Amt in Hachenburg zur Kontrolle vorgelegt werden musste. Bürgermeister Martin Geyer konnte nach dem Vergleich der Ausgaben mit den Einnahmen 10 Gulden, 16 Kreuzer 1 Denar für die Winkelbacher Gemeindekasse verbuchen.
Diese war, wie man aus den wenigen Nachrichten zu den Gemeindefinanzen erfährt, meist leer. Allzu viele Einnahmen konnte die Gemeinde nicht verbuchen. Der Ertrag des Gemeindewaldes, überwiegend aus dem Verkauf von Bau- und Feuerholz, betrug im Jahr 1817 ca. 104 Gulden. Davon mussten allerdings noch Verwaltungskosten abgezogen werden. An Pachterträgen flossen in diesem Jahr 20 Gulden von einem Grundstück »auf dem Gassenstück« in die Gemeindekasse.
Aus diesen spärlichen Einnahmen mussten die Abgaben und Steuern an die Herrschaft bezahlt werden. In Zeiten noch nicht existierender Sozialkassen oblag es den Gemeinden, sich um Bewohner zu kümmern, die in finanzielle Not geraten waren. Dies galt besonders für Frauen, deren Ehemänner verstorben waren, und die über keinerlei Einkünfte mehr verfügten. Fand sich kein »neuer« Ehemann, der sie versorgen konnte, und waren keine Ersparnisse vorhanden, musste die Gemeinde einspringen. So wurde im Jahr 1879 die in eine solche Notlage geratene Witwe des Friedrich Müller aus der Winkelbacher Gemeindekasse finanziell unterstützt. Die Gemeinde konnte dies nicht selbst entscheiden, sondern musste das königlich-preußische Amt in Hachenburg um Erlaubnis fragen, die Gemeindekasse dafür in Anspruch nehmen zu dürfen.
0.7.4.Die Erbauung des Backhauses
Früher war das Bauen eine Sache der Erfahrung. Man baute so, wie man es von seinen Vorfahren und Nachbarn gelernt hatte. Bauzeichnungen und Baugenehmigungen waren auf den Dörfern unbekannt. Dies ist auch der Grund, warum man in älteren Zeiten so wenig über Privat- und Gemeindebauten erfährt.
Spätestens in preußischer Zeit unterstand das Bauwesen der Aufsicht der Behörden in Hachenburg, nahmen die Verwaltungsvorschriften breiteren Raum ein.
Im Rahmen der Feuervorschriften, die die Bauaufsicht in Hachenburg erlassen hatte, wurde das Brotbacken in Privathäusern untersagt, und der Bau eines zentralen Backhauses verfügt. So entstand seit 1874 ein erstes Backhaus im Ort. Da sich der Bau aus technischen Gründen verzögerte, konnte das Backhaus erst im August 1875 in Betrieb genommen werden.
Als Simon Bötzhöfer (Butzhöfer) ebenfalls im Jahr 1875 ein privates zweistöckiges Wohnhaus mit Oekonomiegebäude baute, musste das Bauvorhaben behördlich abgenommen werden. Besonders achtete man darauf, dass die Brandvorschriften eingehalten wurden. Backsteinbauten wurden grundsätzlich als unbedenklich angesehen. Besonders geprüft wurde aber, ob die vorgeschrieben Brandmauern um die Feuerstelle und zwischen Stall und Wohnhaus auch wirklich ausgeführt worden war. Wie sinnvoll eine feuerpolizeiliche Bauaufsicht war, sollte sich wenige Jahre später beim Großbrand des Jahres 1902 zeigen.
0.8.Die Gemarkung
Im Zuge der starken Bevölkerungszunahme kam es im Erbfall unter mehreren Söhnen immer mehr zu einer Zersplitterung des Grundbesitzes, der es schließlich unmöglich machen, von dem verbliebenen Besitz eine Familie zu ernähren. Die nassauische Regierung traf Gegenmaßnahmen. Die Konsolidation des Güterbestandes, die 1820 einsetzte, wurde zwischen 1821 und 1850 auch in Winkelbach durchgeführt. Das Land wurde genau vermessen, Flurkarten angelegt und die Acker-, Wiesen und Waldflächen in ihrer Beschaffenheit und Qualität beurteilt und in verschiedenen Güteklassen klassifiziert. Leider sind die schriftlichen Unterlagen zu diesem Verfahren im 2. Weltkrieg verloren gegangen. Aus dem Jahr 1828 hat sich eine Gemarkungsbeschreibung erhalten: Die Grundflächen der verschiedenen Gebäude nahm 1 Morgen 86 Ruthen ein, die der Gärten 7 Morgen und 1 Ruthe, das Ackerland war 50 Morgen und 55 Ruthen groß, das Wiesenland umfasste 88 Morgen und 9 Ruthen, von Wald waren 126 Morgen und 91 Ruthen bedeckt, das Trieschland und die Weiden machten 2 Morgen und 16 Ruthen aus, während Wege und Stege 5 Morgen und 50 Ruthen bedeckten.
0.8.1.Landwirtschaft und Viehhaltung
Alle Winkelbacher Familien betrieben über Jahrhunderte Landwirtschaft. Man baute wie in Höchstenbach Getreide (auch Roggen und Hafer) an und betrieb 1730 Flachsanbau. Im Jahr 1799 wird die Kultivierung von Kartoffeln erwähnt. Man hielt Pferde, Rinder, Ochsen, Schafe und Schweine. Gerade weil Landwirtschaft und Viehhaltung so selbstverständlich waren, fließen Nachrichten dazu außerordentlich spärlich.
Im Jahr 1579 standen acht Pferde in den Ställen der fünf ansässigen Familien, 1676 waren sechs Pferde vorhanden, 1760 wurden 19 Ochsen, 75 Rinder und 9 Schweine in Winkelbach gezählt.
Die Gemeinde hatte bereits 1559 mit Wahlrod einen Vertrag über die Weide geschlossen. Auch später weidete Winkelbacher Vieh auf dem Grund und Boden der Nachbargemeinde. So hatte man im Jahr 1817 eine gemeinschaftlich Koppelhut in der Gemarkung Wahlrod, so etwa »im Fahren auf dem Sträßlein bis an die Landstraße« und »auf Gerhards Sträuchen bis an das Dörchen in der Wahlroder Gemarkung«.
0.8.2.Forst und Jagd
Über die Winkelbacher Jagd in saynscher Zeit vor 1799 erfährt man aus den Quellen nichts. Zuständig für das Forstwesen im Land war zunächst der Landesherr, dann seit Mitte des 18. Jahrhunderts das Forstamt und der Oberförster in Hachenburg. Auf dem Land versahen Förster ihren Dienst, so etwa 1714 ein Förster bzw. Jäger in Höchstenbach. Er war wohl auch für die Winkelbacher Gemarkung zuständig, denn dort wird in dieser Zeit kein Förster erwähnt.
Bei der Auflösung der Hofkammer 1807 und der Übernahme ihrer Aufgaben durch die nassauische Hofkammer in Weilburg blieb das Hachenburger Forstamt als eigenständige "Behörde" bestehen, unterstand aber nun der Regierung Ehrenbreitstein. Nach deren Aufhebung wurden acht Oberforstbeamte bestellt und acht Oberforstämter eingerichtet, darunter das Oberforstamt zu Hachenburg, das auch für Höchstenbach und damit Winkelbach zuständig war.
Dort versah der Winkelbacher Förster Zeuner seinen Dienst und kümmerte sich um die Obliegenheiten eines Forstbeamten. Im Jahr 1802 musste sich mit seinem Amtskollegen aus Hirschbach in Kurtrier herumstreiten. Man habe - so steht es in einem amtlichen Protokoll - am 21. Oktober 1802 in der »Küh Heck« eine Treibjagd veranstaltet. Da seien Förster Knortz aus Hirschbach und seine beiden Jägerburschen zu ihnen gestoßen und hätten sich an der Jagd beteiligt. Dabei stellten sie sich auf einmal vor die Treiber und einer der Jagdburschen schoss einen Hasen und steckte ihn wie selbstverständlich in seinen Jagdsack. Zeuner beschwerte sich, die Jagd auf Niederwild (kleine Jagd) stünde seit 40 Jahren ihm als Förster zu. Doch die Trierer zuckten nur mit den Schultern und schlugen sich mit dem "gestohlenen" Hasen in die Büsche.
Im Rahmen ihrer Abgabepflichten an das Amt Hachenburg musste die Gemeinde Winkelbach in nassauischer Zeit sog. »Christbrandholz« nach Hachenburg liefern. Belegt ist diese Pflicht für die Jahre 1844 bis 1853. Für die Kosten des Fällens des halben Klafters Eichenscheidholzes kam das Amt Hachenburg auf, der Transport nach Hachenburg, so darf man vermuten, mussten die Winkelbacher bezahlen. Wegen des hohen Verwaltungsaufwandes ging die Regierung in Hachenburg am 9. Mai 1853 daran, die Holzlieferung in eine Geldzahlung umzuwandeln. Bürgermeister Friedrich Wilhelm Zeuner zahlte seit dem 1. Januar 1854 jährlich 31 Gulden und 12 Kreuzer in die herzogliche Domänenkasse ein.
0.8.3.Die Flurschützen
Aufgabe der Flurschützen war es, in der Gemarkung für Ordnung zu sorgen, damit niemand geschädigt oder übervorteilt wurde. In größeren Gemeinden waren solche städtischen Bedienstete unumgänglich, da die Verhältnisse in der Gemarkung zuweilen recht unübersichtlich und vielschichtig waren. In kleineren Orten waren eigens beauftragte Flurschützen eher ungewöhnlich, da die Bewohner die Belange in ihrer Gemarkung durchaus selbst regeln konnten.
In Winkelbach sind Flurschützen erst in nassauischer Zeit bezeugt. 1848 trat der Feldjäger Ludwig Rörig seinen Dienst als Flurschütze an. 1874 kündigte der Flurschütze Anton Dünschmann seinen Dienst auf. Ihm folgt Wilhelm Röhrig im Amt nach. Er erhielt 24 Mark aus der Gemeindekasse. Am 4. April 1878 wird Friedrich Dünschmann als Flurschütze verpflichtet. Wie lange es das Amt des Flurschützen in Winkelbach gab ist nicht bekannt.
0.8.4.Streitigkeiten mit den Nachbargemeinden
Natürlich kam es immer wieder zu Streitigkeiten mit Nachbargemeinden, wenn Vieh dort weidete, wo andere es nicht zulassen wollten.
Konnten innerdörfliche Streitigkeiten im Bereich der Gemarkung von den Bewohnern meist einvernehmlich geregelt werden, gewannen Streitigkeiten mit den Nachbargemeinden zuweilen höhere Brisanz. Dann musste das Amt in Hachenburg eingeschaltet werden, wenn es darum ging, strittige Waldrechte und Viehtriften oder Uneinigkeit über die Gemarkungsgrenzen zu schlichten. Auch für Winkelbach sind einige dieser »Weidestreitigkeiten« überliefert, denen aber hier nicht im Detail nachgegangen werden muss. In den Jahren 1788/1789 war beispielsweise ein Streit zwischen den Gemeinden Winkelbach und Welkenbach um die Weiderechte im Waldstück »Steinbuche« entstanden. Nach einer Vereinbarung vom 13. März 1698 war das Feld zwischen der sog. »Steinbuche« und der »Winkelbächer Trift« Gemeinschaftsbesitz der beiden Gemeinden. Als die Regierung in Hachenburg dann plötzlich beschloss, einen Teil des Feldes im kommenden Frühjahr aufzuforsten, waren die Winkelbacher von dem Vorhaben weniger erbaut. Sie sahen ihr Weideland bedroht und wollten sicherstellen, dass sie im neuen Wald wie gewohnt Holz für ihre Öfen und Hausreparaturen schlagen durften. Wie der Streit ausging, ist nicht überliefert. Man wird sich aber mehr oder weniger einvernehmlich geeinigt haben.
0.9.Die Ölmühle
Soweit bekannt hat es in Winkelbach nie eine Getreidemühle gegeben. Wo sich die Dorfbewohner ihr Mehl machen ließen, ist nicht überliefert.
Seit dem frühen 18. Jahrhundert hat es aber eine Ölmühle gegeben. Am 1. Januar 1734 erteilten die Räte des Grafen Georg Friedrich Burggraf zu Kirchberg dem Johann Adam Schneider von Merkelbach als dem Meistbietenden das Recht, eine »Olichsmühle gegen Winkelbach über« neu zu errichten. Der angehende Ölmüller sicherte im Gegenzug zu, eine jährliche Wein- und Geldpacht (Wasserzins) an die Rentkasse abzuführen. Die Konzession für den Mühlenbetrieb wurde am 29. Januar 1733 erteilt. Die Ölmühle wird 1763 und 1771 nochmals erwähnt. Heute befindet sich in dem Gebäude eine Gaststätte.
Die einzelnen Fakten wurden den betreffenden Beständen des Landeshauptarchivs Koblenz (Best. 30 Urkunden) und denen des Hessischen Hauptstaatsarchivs Wiesbaden (Abt. 74, 151, 211, 212, 224, 340, 342, 343, 405, 1001) entnommen. An Literatur wurde herangezogen: Hellmuth Gensicke: Kirchspiel und Gericht Höchstenbach. In: Nassauische Annalen 103 (1992), S. 321-338; Hellmuth Gensicke, Aus der Geschichte von Höchstenbach. In: Chronik der Gemeinde Höchstenbach. Höchstenbach 1994, S. 11-26; Hellmuth Gensicke: Landesgeschichte des Westerwaldes. Hrsg. von der Historischen Kommission für Nassau. Nachdruck der Ausgabe 1958, Wiesbaden 1987; Willi H. Grün: Wahlrod. Ein Lesebuch für Westerwälder zum 750. Dorfjubiläum, Wahlrod 1999; Artikel der Westerwälder Zeitung und diverse Unterlagen im Archiv des Instituts für Geschichtliche Landeskunde an der Johann-Gutenberg-Universität Mainz e.V. bzw. dem Hachenburger Stadtarchiv.