2.2.3 Zu den »Amaroc News«
Die Zeitung »The Amaroc News« war eine täglich erscheinende Zeitung für die amerikanischen Soldaten in der Besatzungszone. Der Name Amaroc ist eine Abkürzung der Bezeichnung der Besatzungsarmee „American Army of Occupation“. Das Blatt erschien von 1919 bis 1923 in Koblenz und wurde mit einer Auflage von bis zu 60.000 täglichen Ausgaben von vielen amerikanischen Soldaten in der gesamten Zone gelesen. Ziel der Verleger war es, für die Soldaten eine Informationsquelle zu schaffen, die sie über Vorgänge sowohl innerhalb der Zone als auch auf weltpolitischer Ebene zu unterrichte.[Anm. 1] Denn einmal in ihren Besatzungsstellungen angekommen, hatten besonders Soldaten in kleinen Dörfern Probleme derartige Informationen zu erlangen. Um die Aktualität und Korrektheit zu gewährleisten, wurden ausgebildete Reporter beschäftigt und man kooperierte mit verschiedenen deutschen, französischen und amerikanischen Zeitungen.[Anm. 2] Zu beachten ist, dass die Amaroc News nicht die offizielle Stimme der amerikanischen Militärführung war, sondern unabhängig arbeitete.[Anm. 3]
Die Amaroc News veröffentlichte Leserbriefe oder Gedichte bezüglich der amerikanisch-deutschen Beziehungen und entsprechende Aufrufe von Soldaten an ihre Kameraden. Deren Ausrichtung spielte dabei keine Rolle; alle Meinungen wurden zugelassen.[Anm. 4] Gleichzeitig war es auch Deutschen möglich, Anzeigen aufzugeben: Mehrmals pro Monat gab es Sonderseiten mit Werbung lokaler deutscher Geschäfte und Händler. Auch wurden Artikel und veröffentlichte Leserbriefe, die das deutsch-amerikanische Verhältnis betrafen, aus deutschen Zeitungen übernommen und abgedruckt.[Anm. 5] Auch die Reporter der Amaroc News äußerten sich, meist mit begütigendem Unterton, zum amerikanisch-deutschen Verhältnis. Beispielsweise wurde in einem Artikel die Zusammenarbeit der Justizbehörden beider Seiten gelobt und gleichzeitig die Soldaten dazu ermahnt sich anständig gegenüber den Deutschen zu verhalten.[Anm. 6] Ebenso wurde eine Kampagne zum Ernähren und Einkleiden bedürftiger Kinder von den Amaroc News gestartet und um die Weihnachtszeit wurden in Artikeln die Besatzer dazu aufgerufen, für verarmte Deutsche zu spenden.[Anm. 7] Als Folge dieser Aufrufe und dem Bemerken des Elends in Teilen der Bevölkerung, bei guter eigener Versorgung, gingen die Soldaten angeblich auch sanfter mit den Deutschen um.[Anm. 8]
Dadurch, dass stetig Truppen abgezogen wurden und somit auch Freunde bzw. Kameraden der verbliebenen Besatzungssoldaten verschwanden, waren die Amaroc News eine Konstante und ihr Erscheinen wichtig für die Moral der Truppe.[Anm. 9] Aus dieser These lässt sich folgern, dass die Soldaten die Zeitung nicht bloß zum Zeitvertreib lasen, sondern sie sich auch zu Herzen nahmen. Besonders die veröffentlichten Leserbriefe zeugen von emotionaler Anteilnahme. So schrieb ein Doughboy bezüglich der vieldiskutierten Beziehungen zu deutschen Frauen warnend an seine Kameraden: „[…] for humanities sake try and stand it a few weeks longer […]. Look at the crippels and idiots there are in Germany. You might get one […]. It is like putting your hand in a grab bag.”[Anm. 10] Darauf antwortete ein anderer Doughboy: „Damn the military party of Germany, if you will, but why pick on these girls […] who never had a word to say about running the war.”[Anm. 11] Auf solch brisante Leserbriefe folgten wiederum Antworten und es entwickelten sich regelrechte Debatten, anhand derer man nachvollziehen kann, wie die jeweiligen Parteien die Deutschen wahrnahmen.[Anm. 12]
Auf der einen Seite lässt sich anhand der hier genannten direkten amerikanisch-deutschen Kooperation, auf der anderen Seite an veröffentlichten Artikeln und Leserbriefen über das amerikanisch-deutsche Verhältnis ableiten, dass die Amaroc News mit toleranter Grundhaltung das Ziel verfolgte, ein friedliches Zusammenleben und eine gemäßigte Stimmung zwischen Deutschen und Amerikanern zu schaffen und zu fördern, gleichzeitig aber Raum für die verschiedensten Ansichten und Meinungen ließ.
Anmerkungen:
- Vgl. Barnes, S. 236-238. Zurück
- Vgl. Ebd., S. 239; Cornebise: The Amaroc News, S. 182; In seinem umfassenden Werk, beschreibt Cornebise detailliert was die Amaroc leistete und publizierte, wie die Soldaten darauf reagierten und hier besonders, wie die Deutschen und das amerikanische Verhältnis zu ihnen dargestellt wurde, vgl. Cornebise: The Amaroc News. Zurück
- Dies musste General Allen mehrmals deutlich machen, da er u.a. von französischer Seite für Bemerkungen kritisiert wurde, die nicht er sondern die Autoren der Amaroc zu verantworten hatten. Allen riet den Franzosen nicht immer das zu glauben, was die Presse schrieb, sondern sich bei Unklarheiten direkt an ihn zu richten, vgl. Barnes, S. 239. Zurück
- Vgl. Cornebise: The Amaroc News, S. 179, 182. Zurück
- Vgl. Barnes, S. 239; Cornebise: The Amaroc News, S. 179f. Zurück
- Vgl. Cornebise: The Amaroc News, S. 188. Zurück
- Vgl. Ebd., S. 189; Pawley, S. 36. Zurück
- Ein Doughboy schreibt in einem Leserbrief zur schlechten Versorgungslage der Deutschen, dass ein deutsches Kind einen Kuchen nicht einmal als solchen erkennen würde, wenn es einen sähe, vgl. Cornebise: The Amaroc News, S. 188. Zurück
- Vgl. Barnes, S. 239. Zurück
- Cornebise: The Amaroc News, S. 181; zit. nach: The Amaroc News vom 11.07.1919. Zurück
- Ebd., S. 182; zit. nach: The Amaroc News vom 30.07.1919. Zurück
- Vgl. Ebd., S. 173-194. Zurück