Ellenz-Poltersdorf an Mosel und Saar

Alte katholische Kirche St. Martin, Ellenz

Die alte Pfarrkirche St. Martin in Ellenz um 1975
Die ehemalige Pfarrkirche St. Martin in Ellenz[Bild: Lothar Spurzem [CC BY-SA 2.0]]

Die ehemalige Pfarrkirche St. Martin befindet sich am östlichen Rand des Ortsgebietes von Ellenz und bildet mit dem benachbarten Friedhof eine bauliche Gesamtanlage. Das spätgotische, zweischiffige Langschiff der Kirche stammt im Kern vom Ende des 15. Jahrhunderts, während der Chor und die Sakristei im Jahr 1762 errichtet wurden. Der spätromanische Westturm aus dem 12. Jahrhundert ist ein Überrest des Vorgängerbaus. Auf dem Friedhof befindet sich eine Kreuzigungsgruppe von 1670 sowie verschiedene historische Grabsteine ab dem 17. Jahrhundert. Seit dem Bau der neuen Pfarrkirche St. Martin im Jahr 1905 wird die alte Kirche St. Martin als Friedhofskirche weitergenutzt.

Die Kirche ist dem Heiligen Martin, dem Reichsheiligen der fränkisch-merowingischen Könige, geweiht. Unter Berücksichtigung mit der historischen Zugehörigkeit von Ellenz zu einem alten fränkischen Königsgut, könnte die Ellenzer Kirche damit auf eine fränkische Kirchengründung zurückgehen. Eine erste, wahrscheinlich hölzerne, Kirche könnte bereits im 7. Jahrhundert errichtet worden sein.[Anm. 1] Über diese Kirche ist jedoch nur wenig bekannt. Eine urkundliche Nennung wird für das Jahr 814 diskutiert, als Kaiser Ludwig der Fromme (778–840) dem Kloster Stablo-Malmedy unter anderem Zehnt- und Patronatsrechte verschiedener Kapellen schenkte. [Anm. 2] Die erste tatsächlich gesicherte, urkundliche Erwähnung der Ellenzer Pfarrkirche findet sich hingegen erst um das Jahr 1100 in einem Güterverzeichnis des St. Castor-Stiftes in Karden.[Anm. 3]

Die Kirche in Ellenz gehörte im 12. Jahrhundert dem Erzbistum Trier im Landkapitel Kaimt-Zell und dem Archidiakonat Karden an. Die Pfarrei war in den Kardener Pfarrbezirk Bruttig eingebunden, konnte als ehemalige königliche Eigenkirche jedoch einige Privilegien behaupten. So verfügte die Kirche über einen eigenen Priester, einen Zehntbezirk sowie das Taufrecht und einen Sonntagsgottesdienst. Neben Ellenz und der Filiale in Poltersdorf gehörten bis ins 14. Jahrhundert die Orte Burg (Mosel) und Beilstein sowie der untere Ortsteil von Briedern zur Ellenzer Pfarrei. Die Einkünfte aus der Pfarrei standen zunächst dem Kardener Stiftsscholaster, dem Leiter der Stiftsschule, zu. Spätestens ab 1187 war der Zehnt zwischen dem Schollaster zu zwei Dritteln und dem Ellenzer Pfarrpriester zu einem Drittel aufgeteilt. 1334 wurden der Scholaster und der Priester abgefunden und die Kirche vollständig in den Besitz des St. Castor-Stiftes eingegliedert, wo sie bis zur Auflösung des Stiftes 1801 verblieb. [Anm. 4]

Die heutige Martins-Kirche wurde Ende des 15. Jahrhunderts durch den Baumeister Peter von Wittlich errichtet. Die Inschriften am achtseitigen Mittelpfeiler der spätgotischen, zweischiffigen Langhalle bezeichnen die Bauzeit mit 1494 und 1499. Aus dem Mittelpfeiler entwickeln sich die Grate der Kreuz- und Netzgewölbe, die auf Profil- und Kopfkonsolen an den Wänden enden. Drei der Schlusssteine sind als Plastiken geformt (Gotteslamm, Mutter Gottes und Martinsszene). Die zwei verbliebenen haben die Form von Wappenschilden: dem Wappen Erzbischofs Johanns II. von Baden (1456–1503) und ein nicht identifizierbares Wappen. Die spitzbogigen Fenster verfügen über ein zweiteiliges Maßwerk. Die große hölzerne Empore wurde 1711 bis an den Mittelpfeiler vorgezogen. In der Westwand des Schiffes und unter der Empore wurden daraufhin große Kreisfenster durchgebrochen.

Der spätromanische, fünfgeschossige Westturm stammt aus dem späten 12. Jahrhundert und wurde vom Vorgängerbau übernommen. Er steht etwas schief zur Westfront des Schiffes und ist ungegliedert. Er erhielt Anfang des 16. Jahrhunderts eine unmittelbar aufsitzende, achtseitige geschieferte Pyramidenhaube mit vier Ecktürmchen und flachen Dachgauben.

Der ursprüngliche gotische Chor wurde in den Protokollbüchern des Stiftes Karden aus dem Jahr 1760 als zu „schlecht und zu klein“ bezeichnet. [Anm. 5] Er wurde bis 1762 abgerissen und auf Kosten des Kardener Stiftes durch einen Neubau ersetzt. So entstand ein zweiachsiger, 10m langer und 7,65m breiter Chor mit hölzerner Volutendecke und eine anschließende Sakristei mit massivem Tonnengewölbe. In die Ostwand des neuen Chores wurde eine spätromanische, rechteckige Tabernakelnische eingebaut, die auf die Zeit um 1200 datiert wird. Auch ein spätgotischer Sakramentschrein von 1480 wurde wieder integriert. Der Taufstein aus Basaltlava stammt aus dem 12. Jahrhundert, wobei der Kupfer-Einsatz sowie der Kupferdeckel im 19. Jahrhundert hinzukamen. In der Sakristei wurde ein Paramentenschrank von 1696 untergebracht, in dem die in der Kirche und der Liturgie aufbewahrten Textilien, die sogenannten Paramente, aufbewahrt werden.

Neben dem Hauptaltar des Heiligen Martin wurde 1351 ein Heilig-Kreuz-Altar von Leiferath von Cochem gestiftet. 1447 dotierte Johan Dilgen einen Altar, der der Heiligen Anna, dem Heiligen Stephan und dem Heiligen Sebastian geweiht war. 1565 und 1620 wird ein Altar der Heiligen Odilie erwähnt und 1720 ein Altar Beata Maria Virgo (Selige Jungfrau Maria).

Um die Mitte des 19. Jahrhunderts war die Kirche für die wachsenden Zahl von Gläubigen zu klein geworden. Pläne für einen Umbau und eine Erweiterung der Kirche, etwa aus den Jahren 1858 und 1902, konnten aus topographischen und denkmalpflegerischen Gründen nicht verwirklicht werden. Daher wurde schließlich der Bau einer neuen Pfarrkirche an der Hauptstraße beschlossen, der 1905 eingeweiht wurde. Die alte Pfarrkirche dient seitdem als Friedhofskirche.

Die Kirche wurde im Jahr 1926 instandgesetzt. 1962 wurde im Zuge des Umbaus der neuen Pfarrkirche der Hochaltar der neuen Kirche in den Chorraum der alten St. Martins-Kirche verbracht. In den Jahren 1991 und 1993 wurde die Ausmalung des Innenraums auf private Initiative erneuert.

Nachweise

Redaktionelle Bearbeitung: Bugert, Jonathan

Verwendete Literatur:

 

  • Beyer, Heinrich (Hrsg.): Urkundenbuch zur Geschichte der jetzt die Preussischen Regierungsbezirke Coblenz und Trier bildenden mittelrheinischen Territorien aus den Quellen. Bd. 1 Von den ältesten Zeiten bis zum Jahre 1169. Koblenz 1860. Online verfügbar unter: https://www.digitale-sammlungen.de/de/view/bsb10012604?page=1 (aufgerufen am 12.10.2023).
  • Ewig, Eugen: Trier im Merowingerreich. Civitas, Stadt, Bistum. Zugl. Habil.-Schrift, 1951. Trier 1954.
  • Flach, Dietman / Irsigler, Franz (Hrsg.): Reichsgut 751 – 1024. Bonn 2008. (Geschichtlicher Atlas der Rheinlande Bd. 5,17.).
  • Günter, Wilhelm (Hrsg.): Codex diplomaticus Rheno-Mosellanus. Bd. 1: Urkunden vom VIII. bis zu Ende des XII. Jahrhunderts. Mit 23 Siegel-Abdrücken. Koblenz 1822. Online verfügbar unter: https://www.digitale-sammlungen.de/de/view/bsb10019318?page=1 (aufgerufen am 12.10.2023).
  • Halkin, Joseph / Roland, Charles Gustave (Hrsg.): Recueil des chartes de l'abbaye de Stavelot-Malmédy. Bd. 1 644–1198. Brüssel 1909.
  • Hermes, Michael: Kirchengeschichte. In. Website Ellenz-Poltersdorf, URL: https://www.ellenz-poltersdorf.de/gemeinde/ortsgeschichte/kirchengeschichte/. (aufgerufen am 12.10.2023).
  • Lehfeldt, Paul: Die Bau- und Kulturdenkmäler der Rheinprovinz. Die Bau- und Kunstdenkmäler des Regierungsbezirks Coblenz. Düsseldorf 1886. S. 250–253. Online verfügbar unter: https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/bkrp_bd1/0266/image,info (aufgerufen am 12.10.2023)
  • Lorenzi, Philipp de: Beiträge zur Geschichte sämtlicher Pfarreien der Diöcese Trier. Trier 1887. S. 169–171. Online verfügbar unter: https://www.dilibri.de/ubtr/content/pageview/14227 (aufgerufen am 12.10.2023)
  • Reis, G.: Aus den Protokollbüchern des Stifts Karden (2. Forts.), in: Mittelrheinische Geschichtsblätter (1927), H. 8, S. 3. Online verfügbar unter: https://www.dilibri.de/rlb/periodical/pageview/191728 (aufgerufen am 12.10.2023).
  • Rettinger, Elmar: Historisches Ortslexikon Rheinland-Pfalz. Bd. 1 Ehemaliger Landkreis Cochem. Stuttgart 1985. S. 80–86.
  • Schommers, Reinhold (Hg.): Gemeinde Ellenz-Poltersdorf an der Mosel. Neuss 1995 (Rheinische Kunststätten Nr. 414).
  • Wackenroder, Ernst: Die Kunstdenkmäler des Landkreises Cochem. München 1984. S. 309–323.

Aktualisiert am: 12.10.2023

Anmerkungen:

  1. Vgl. Hermes Kirchengeschichte; Wackenroder 1984, S. 310. Zurück
  2. Vgl. Halkin/Roland 1909 Bd. 1, Nr. 25, S. 66; nur die Quellenedition von Halkin/Roland nennt dieses „Elandesam“ überhaupt, wobei es auch dort nicht gedeutet wird. Die Zuordnung zu Ellenz findet sich vor allem bei Ewig Trier im Merowingerreich, 1987. S. 177, Anm. 62; Flach 2008, S. 60. Zurück
  3. Vgl. Beyer 1860, Bd. 1, Nr. 400, S. 455–457. Online verfügbar unter: https://www.digitale-sammlungen.de/de/view/bsb10012604?page=469,470&q=elenze (aufgerufen am 12.10.2023).  Zurück
  4. Vgl. Günter 1822, Bd. 3.1. Nr. 197. Online verfügbar unter: https://www.digitale-sammlungen.de/de/view/bsb10019320?q=197&page=332,333 (aufgerufen am 12.10.2023); Hermes Kirchengeschichte.  Zurück
  5. Vgl. Reis, G.: Aus den Protokollbüchern des Stifts Karden (2. Forts.), in: Mittelrheinische Geschichtsblätter (1927), H. 8, S. 3. Online verfügbar unter: https://www.dilibri.de/rlb/periodical/pageview/191728 (aufgerufen am 12.10.2023). Zurück