Bergbau in und bei Marienberg
Braunkohle
Neben der Förderung der Landwirtschaft, des Handwerks und des Dienstleistungssektors versuchten die Westerwälder Gemeinden auch auf anderen Gebieten auf die beginnende Industrialisierung am Rhein und an der Lahn zu reagieren. Während die Ansiedlung von Industrieunternehmen nur ganz allmählich gelang, bot der Bergbau die Gelegenheit, Arbeitsplätze zu schaffen.
Schon früh wurden in verschiedenen Teilen des Westerwaldes bzw. der angrenzenden Gebiet Eisenerze abgebaut und durch den Westerwald transportiert. Seit dem 16. Jahrhundert förderte Braunkohle. Damals (1585) wurde im Breitscheider Wald »unterirdisch Holz« geschürft. Der Schwerpunkt der frühen Lagerstätten lag im Hoch- und Oberwesterwald, bei Bad Marienberg sowie östlich von Breitscheid. Im 18. Jahrhundert stieg der Bedarf an Kohlen für den Privatgebrauch, die Industrie und die Eisenhütten im Siegerland enorm an. Jetzt wurde man an verschiedenen Stellen fündig, so etwa bei Höhn, Schönberg, Bach und Stockhausen. Handwerk und Gewerbe nutzten den preiswerten Brennstoff. Zwar war die geförderte Braunkohle für Heizvorgänge eigentlich weniger geeignete. Wenn man die Kohle in Meilern veredelte (»verkohlte«) oder mit Steinkohle mischte war die Braunkohle auch von Betrieben nutzbar, die einen höheren Heizwert benötigten, wie etwa Schmieden, Schlossereien und vereinzelt sogar Eisenhütten.
Seit etwa 1865 fanden immer mehr Männer aus Marienberg und Umgebung Arbeit in den Berg- und Hüttenwerken an Heller und Sieg. Sie nahmen lange Fußwege in Kauf, um ihre Arbeitsstätten zu erreichen, Nur am Wochenende kehrten sie zu ihren Familien und ihren nach wie vor bestehenden landwirtschaftlichen Betrieben zurück.[Anm. 1]
Das Bergwerk bei Eichenstruth (Grube Paul I) war zwischen 1718 und 1734 sowie ein weiteres Mal zwischen 1746 und 1752 in Betrieb. Heute sind noch zwei verstürzte Stollenmündungen, die vorgelagerte Abraumhalde, eine Meilerplattform und einige Pingen sichtbar. Während ein erster Stollenvortrieb auf 55 m im Jahr 1718 ergebnislos blieb, traf man in dem zweiten, östlich gelegenen Stollen nach 211 m tatsächlich auf Braunkohle, die kurzzeitig abgebaut wurde. Im Vorfeld der Grube diente ein Meiler der Abschwefelung der Kohle, die infolge dieses Veredelungsvorgangs auch in Eisenhütten verwendet werden konnte. Ein gewisser Teil der Kohle dürfte aber auch weiterhin für die Hausfeuerung genutzt worden sein.[Anm. 2] Braunkohle wurde seit dem Jahr 1802 auch in der Grube »Neue Hoffnung« gefördert. Zugang zur Grube boten 2 Stollen, eine am Zeilerbach in der Nähe der heutigen Straße »Neuer Weg« und einer an der schwarzen Nister. Pächter der Grube waren zeitweise die »Main-Gaswerke«, die sie später sogar käuflich erwarben. Die Vorkommen bestanden aus zwei Flözen mit fester Kohle. Die Ausbeute fand im Hausbrand Verwendung und in den Brennöfen der Marienberger Branntweinbrennereien. Die Grube war bis 1935 in Betrieb.
Die Grube »Neuhaus II« am Bacher-Lay-Weg war bis 1928 im Stollenbau und zwischen 1947 und 1951 im Tagebau in Betrieb.[Anm. 3] Der Bau der Westerwaldquerbahn im Jahr 1906, an die fast alle größeren Gruben angebunden wurden, stellte die Transportwege sicher und versprach beste Absatzmöglichkeiten für die Westerwälder Kohle. Doch ein durchschlagender wirtschaftlicher Erfolg stellte sich nicht ein. In den 1950er Jahren kam die Bergbautätigkeit im Westerwald völlig zum Erliegen.
Basalt
Basalt war als Material für den Hausbau, beim Wege- und Brückenbau bzw. als Rohmaterial für Trockenmauern nur bedingt sinnvoll und fand nur punktuell Verwendung. Die Erschließung der Westerwälder Basaltvorkommen setzte erst richtig ein, als die Eisenbahn Basalt als Schottersteine für ihren Gleisoberbau benötigte. Auch die Nordseeanrainerstaaten erkannten die Nutzen des Basalts für die Küstenbefestigungen. Zwar wurde schon 1847 auf die reichen Basaltvorkommen zwischen Zinhain und Marienberg (heute Basaltpark) hingewiesen, doch erst 1905 baute man die dortigen Basaltsäulen ab. Ausführende Firmen im Basaltbruch waren die Firmen F.W. Hamann aus Gierzhagen bei Schladern und J.G. Reeh aus Oberscheld, im angrenzenden Nöchel wurde die Firma Westerwaldbrüche AG (Sitz in Bonn) tätig. 100 Bergleute fanden 1905 in den beiden Brüchen Lohn und Arbeit, 1909 waren zwischen 180 und 200 Arbeiter im Basaltbruch beschäftigt. Sie produzierten Pflastersteine und Schotter für den Straßenbau. Sie wohnten und lebten mit ihren Familien überwiegend in Langenbach, Marienberg und Zinhain. Im Laufe der Jahre wurden die Förderlagen immer wieder modernisiert. So wurden spezielle Brecheranlagen und Fördermaschinen in Betrieb genommen. Doch Umwelt- und Lärmschutzauflagen machten die beiden Basaltbrüche zunehmend unrentabel. Am 31. Mai 1975 erfolgte die Stilllegung des Betriebes im Basaltbruch.[Anm. 4]
Auch in der Bacher Lay wurde Basalt abgebaut. Die dortigen Arbeiten wurden Anfang des 20. Jahrhunderts begonnen und im Jahr 1967 eingestellt. Die noch heute sichtbare fast senkrechte Basaltsteinwand und das sog. »Pfaffenmal«« etwas weiter stromauf der Schwarzen Nister erinnern noch heute an den Bacher Layer Basaltabbau.
Allerdings standen die Transportschwierigkeiten, die begrenzte Aufnahmefähigkeit Marienbergs für Touristen einerseits und für arbeits- und wohnungssuchende Arbeiter andererseits einer nachhaltigen Förderung im Wege. Die Brüche bei Wilsenroth und Frickhofen, die direkt an der neuen Bahnstrecke langen, fanden wesentlich günstigere Bedingungen vor. Gleichwohl errichtete die Linzer Basalt AG ihr Verwaltungsgebäude in der Bismarckstraße und machte Marienberg so zum Hauptverwaltungssitz für ihre zahlreichen Betriebe im Westerwald. Die Inflationsjahre und die nachfolgende Zeit der Hitlerdiktatur beendeten den Marienberger Basaltabbau, wenngleich nach 1945 noch einmal kurzfristig eine Produktion aufgenommen wurde.
Der 1984 eröffnete Basaltpark hält die Erinnerung an den Basaltbau in und um Marienberg wach.[Anm. 5]
Nachweise
Verfasser: Stefan Grathoff
Karte von 1819: https://www.lagis-hessen.de/de/subjects/browse/id/3/current/8/sn/hkwLagis Hessen
Erstellt am: 21.07.2020
Anmerkungen:
- Jeck, Geschichte 1866, S. 17f. Zurück
- Kauder, Braunkohlenbergbau; Steup, Geschichte. Zurück
- Jeck, Geschichte 1866 S. 32f. In der Umgebung hat es weitere Braunkohlestollen gegeben. Genannt werden etwa die Grube eine Grube »In der Esch« bei Langenbach (1718 und 1730), die Grube »Unordnung« (um 1771), die Grube »Hohe Tanne« (um 1771), die Grube »Erle« (um 1771), die Grube »Birke« (um 1771), Die Grube »Hainbuche« (um 1771) und weitere Gruben bei Hahn, Oberroßbach, Stockhausen-Illfurth und Unnau. Becher, Beschreibung; Frohwein, Beschreibung. Vgl. auch die Liste bei https://de.wikipedia.org/wiki/Westerw%C3%A4lder_Braunkohlerevier, eingesehen am 6.7.2020. Zurück
- Bartolosch u.a., Basaltabbau S. 47-55. Zurück
- Jeck, Geschichte 1966 S. 36ff. Vgl. dazu: Gerz, Braunkohlerevier S. 24ff. Zurück