Bad Marienberg im Westerwald

Die evangelische Kirche in Bad Marienberg

Die Pfarrkirche Kirche stand mitten im Oberdorf[Bild: Raimond Spekking (CC BY-SA 4.0)]

Kirchstraße

Man nimmt an, dass auf der markanten Bergkuppe über dem heutigen Bad Marienberg um 1000 eine vielleicht aus Holz erbaute Kapelle gestanden hat, die in mittelalterlicher Zeit durch eine der heiligen Maria geweihte Kapelle ersetzt worden ist. Die Kirche auf dem Berg gehörte zum Dekanat Haiger, das dem Archidiakonat von St. Lubentius in Dietkirchen an der Lahn unterstand. Somit lag die Kirche in Marienberg im Weisungsbereich des Trierer Erzbischofs.[Anm. 1]

Mutterkirche der drei Kirchen in der Herrschaft zum Westerwald, Marienberg, Neukirch und Emmerichenhain war die Kirche in Herborn.[Anm. 2] Die Kirche trug Graf Heinrich II. von Nassau (um 1180-1247/51) von den Landgrafen von Thüringen zu Lehen (Afterlehen), die sie ihrerseits vom Deutschen Reich als Lehen erhalten hatten. Im Jahr 1231 überließ Graf Heinrich II. die Herborner Kirche dem Deutschen Orden.Literatur[Anm. 3] Anlässlich dieser Übertragung wurde das Kirchspiel Marienberg aus der Pfarrei Herborn herausgelöst.[Anm. 4].

In einer Urkunde vom 25. April 1283 wird erstmals ein Geistlicher in Marienberg genannt: »C. plebanus montis sancte Marie«.Literatur[Anm. 5] Als »plebanus« wurde gewöhnlich ein Pfarrer an einer Pfarrkirche bezeichnet. Dies deckt sich nicht mit der Tatsache, dass noch 1287 in Marienberg lediglich eine Kapelle und keine Pfarrkirche erwähnt wird.[Anm. 6] Eine Pfarrei Marienberg wird erstmals Im Jahr 1290 genannt.Literatur[Anm. 7]

Dass man die Kirche auf dem Berg immer wieder als Wallfahrskirche bezeichnet hat, geht auf eine entsprechende Mutmaßung des Beilsteiner Amtmannes Chelius (1782), des nassauischen Historikers Daniel Vogel[Anm. 8] und des Historikers Eugen Heyn (1893) zurück. Wallfahrten zur Kirche auf dem Marienberg sind historisch aber nicht zu belegen und gründen wohl auf einer sagenhaften mündlichen Überlieferung.[Anm. 9]. Auch über den wundertätigen Born fehlen glaubwürdige ältere schriftliche Nachrichten.

Der ehemalige Wiesbadener Archivar Hans-Joachim Häbel hat in einer sehr detailreichen Arbeit[Anm. 10] alle Einzelheiten zur Ausstattung der Pfarrei Marienberg, zum Pfarrvermögen, zu den Pfarrwäldern, den Pfarrhöfen in Obermarienberg, zu den Filialen in Hof, Ritzenhausen, Unnau, zum Finanzwesen von Kirche und Pfarrei, zu den einzelnen Pfarrern, Amtsinhabern und Bediensteten in der Pfarrei zusammengetragen.

Häbel berichtet auch über die Einführung der Reformation in Marienberg, die 1518 durch Graf Wilhelm dem Reichen von Nassau-Dillenburg (reg. 1516-1559) eingeleitet wurde, als er den Ablasshandel in seinen Landen verbot. Der Übergang zum neuen Glauben erfolgte schrittweise und ganz allmählich. In Marienberg war es im Jahr 1563 Johannes Zeiler, der noch in Trier ordiniert worden war, dann aber als erster evangelischer Pfarrer die neue Lehre von der Kanzel verkündete.Literatur[Anm. 11] Es dauerte aber Jahrzehnte, bis die Reformation die Menschen in der Pfarrei ganz durchdrungen hatte. Der allgemeinen Abschaffung der Altäre fielen auch die Marienberger Altäre und die übrige Kircheneinrichtung zum Opfer. Bekannt sind der Margareten-, der Katharinen- und der Nicolai-Altar, die bis zu ihrer Entfernung von einem Kaplan versorgt wurden.

Das Kirchengebäude brannte im Jahr 1813 nach einem Blitzeinschlag in den Kirchturm bis auf die (teilweise noch erhaltenen) Grundmauern ab. Die Flammen hatte schnell auf den Dachstuhl übergegriffen. Mit dem Gebäude wurde das gesamte Inventar, die Innenausstattung, die Kirchenbänke und Kirchenstühle, die Uhr und die Glocke ein Opfer der Flammen.Literatur[Anm. 12].

Das abgebrannte Gotteshaus war ein einschiffiger romanischer Rechteckbau aus Stein mit einem Glockenturm auf der Westseite und einem Chor auf der Ostseite. Auf dem Dach über dem Chor saß ein kleiner Turm, ein sog. Dachreiter. Seit der Zerstörung der Kirche begruben die Marienberger ihre Toten auch nicht mehr bei der Kirche, sondern auf dem neuen Friedhof am Weg nach Bölsberg (heute Marktstraße).Literatur[Anm. 13]

Alle Unglücksfälle, die das Kirchengebäude im Laufe seiner Geschichte getroffen hatten,[Anm. 14] hatte nur der alte Taufstein überstanden. Das Taufbecken, das man aus 1813 aus dem Brandschutt zog, wurde von Amtmann Freudenberg sichergestellt. Als er 1831 nach Braubach verzog, nutzte die Gerberfamilie Schnell das Becken als Brunnenschale, in der das Wasser aus dem Springbrunnen am Amtshaus aufgefangen wurde, um es in die Gerberei zu leiten. Als die Familie Pfeifer das Haus übernahm. lag die Brunnenschale lange Jahre unbeachtet im Garten der Familie Pfeifer. Dort entdeckte August Held das Becken, erkannte seine Bestimmung und schenkte es der Kirchengemeinde. Bei der Neugestaltung des Kirchhofes im Jahr 1913 wurde das romanische Taufbecken von Steinhauermeister Dill in Weidenhahn mit einem Stufenunterbau und 8 Säulen versehen und hinter der evangelischen Kirche unter der großen Ulme aufgestellt. Bei der Renovierung der Kirche in den Jahren 1968/69 verrückte man das Becken auf einen mit Steinplatten gepflasterte Stelle im Ostteil des Kirchhofes. Seit 1983 hat es wieder seinen angestammten Platz im Kirchenschiff gefunden. Das jetzt wieder als Taufbecken genutzte Schmuckstück ist das älteste christliche Denkmal Bad Marienbergs.Literatur[Anm. 15]

Zwischen 1819 und 1822 errichtete man nach Überwindung komplizierten Verhandlungen zur Finanzierung in Marienberg eine neue Kirche, einen querrechteckigen Saalbau, nach Entwürfen von Landbaumeister Baudirektor F.L. Schrumpf und E. Ph. Wolff, der auch die Bauleitung übernahm. Der unvollendet gebliebene Turm wurde im Jahre 1900 ausgebaut und die Turmspitze in ihrer heutigen Form aufgesetzt.

Anmerkungen:

  1. Gensicke, Kirchspiel und Gericht Marienberg S. 11; Häbel, Kirchengeschichte S. 49, 207; Kessler, Marienberg S. 84; Hummes, Geschichte. Zurück
  2. Gensicke, Landesgeschichte S. 162. Zurück
  3. Wyß I Nr.201. Zurück
  4. Als der Deutsche Orden im Jahr 1287 die drei Kirchen als Tochterkirchen von Herborn forderte (Wyß I Nr. 477), wurde ihm dieses Begehren folgerichtig abgeschlagen (Gensicke, Landesgeschichte S. 56, 162 und 280). Zurück
  5. Struck, Quellen Geschichte Bd. 4 Nr.1547. Zurück
  6. Wyss, Hessisches UB I Nr. 477. Zurück
  7. Struck, Cistercienserkloster Nr. 158. Das Recht, den Pfarrer einzusetzten (Patronatsrecht) stand anfangs den Grafen von Nassau zu, die es 1396 den Grafen von Nassau-Beilstein überließen.Häbel, Kirchengeschichte S. 49.  Zurück
  8. Vogel war um 1820 als zweiter Pfarrer in Marienberg tätig. Zurück
  9. Häbel, Kirchengeschichte S. 49; Kessler, Marienberg S.86ff.; Hummes, Geschichte Zurück
  10. Häbel, Kirchengeschichte. Zurück
  11. Häbel, Kirchengschichte S. 140. Zurück
  12. Häbel, Kirchengeschichte S. 208ff. mit allen Einzelheiten zum Aussehen der alten Pfarrkirche; ders. S. 220ff. zum Brand selbst; Vogel, Beschreibung S. 701. Zurück
  13. Häbel, Kirchengeschichte S. 267. Zurück
  14. Die Marienberger Kirche war schon einmal im Jahr 1750 durch einen Blitzeinschlag geschädigt worden. Damals wurde aber nur der Turm teilweise beschädigt. Häbel, Kirchengeschichte S. 221. Zurück
  15. Häbel, Kirchengeschichte S. 253. Zurück