Boppard am Mittelrhein

Mittelalterliche Landwehr

Boppard, Rhein-Hunsrück-Kreis

Zu besichtigen: Mittelalterliche Landwehr

Anfahrt: Auf der B327 von Buchholz nach Pfaffenheck. Nach Buchholz rechts abbiegen auf die L207 in Richtung Boppard. Nach der Unterführung unter der A61 erste Straße links. Auto parken, ca. 330 m entlang des Fahrweges parallel zur Autobahn. Die Landwehr liegt rechts im Wald und stößt im rechten Winkel auf den Teerweg. Südlich der Landwehr befinden sich im abgeholzten Forst einige Grabhügel.


Auf den Höhen oberhalb von Boppard zieht eine Landwehr in West-Ostrichtung etwa 400 lang nach Westen zum steil abfallenden Rand des Thomastales hin. Der weitere Verlauf der Landwehr nach Osten wurde durch den Bau der A61 und die Ansiedlung Pfaffenheck zerstört, ist hie aber noch zu beobachten. Vermutlich reichte die Landwehr etwa 1,2 km weit bis an das Alkener Bachtal und sperrte den Nord-Süd verlaufenden Höhenrücken an der Schmalstelle zwischen beiden Tälern ab.

Über den Höhenrücken oberhalb des Rheintales verläuft heute die Autobahn die A61. Schon in urgeschichtlicher Zeit kam dem Höhenzug eine wichtige Bedeutung für die Infrastruktur zu, wie die Hügelgräberfelder von Boppard-Stadtwald und Buchholz-Hellerwald entlang der Verkehrsachse verdeutlichen. Noch heute folgt ein Waldweg südlich der Landwehr der römischen Straße. Die römische Straße wurde im Mittelalter weiter genutzt und führt parallel zur A61 auf die Landwehr zu und verläuft weiter noch Norden in Richtung Koblenz.

Im Gegensatz zu der Landbevölkerung war die Bevölkerung in den befestigten Städten durch die Stadtmauern geschützt. Die Feldfluren vieler Städte und deren Außenterritorien erhielten zusätzlich aus ähnlichen Gründen eine sie umgebende Landwehr. Gesicherte Durchlässe durch die Landwehr gab es nur auf Durchgangsstraßen, an denen analog zu den Toren in einer Stadtmauer Waren- und Personenkontrollen stattfanden. Daneben dienten Landwehren auch als wirksame Zollgrenzen.

Bei regelmäßiger Pflege und „Heege“ entstand so im Verlaufe weniger Jahre (ca. 10 Jahre) ein nahezu undurchdringlicher Gehölzstreifen. Aufwändigere Landwehren mit Verteidigungsfunktion bestanden aus mehreren parallelen Gräben und Aushubwällen mit Bepflanzung. Insbesondere Doppelgräben sollten verhindern, dass sie von Reitern übersprungen werden konnten. Weitere Ausführungen waren die so genannte Wehrhecke (Knick), zu deren Unterhalt das Knickgeld eingezogen wurde.

Der Bau und die Unterhaltung der Landwehren waren auf lange Sicht angelegt. Bis sich eine undurchdringliche Hecke bildete, vergingen auch bei ständiger und aufwändiger Pflege („Hegen und Pflegen“) bis zu zehn Jahre. Auch danach mussten die Gräben und der Hählweg, ein Kontrollweg entlang der Landwehr, immer wieder von Bewuchs befreit und funktionsfähig gehalten werden. Daher wurden viele Landwehren in längeren Friedenszeiten aus Kostengründen vernachlässigt oder gar nicht erst fertig gestellt.

Bei Untersuchungen über den Verlauf mittelalterlicher Landwehr kann sich die Forschung auch der Orts-, Straßen- und Flurnamen bedienen, die sich bis heute erhalten haben. Eine Reihe von Ortsbezeichnungen sind Indizen für eine nahe Landwehr und deren funktionale Bestandteile.

Zu diesen Bezeichnungen zählen Landwehr, Schlagbaum, Landgraben, und Zollhaus. Flurbezeichnungen wie Hecke, Heg, Heege, Hain, Haag, Hag oder Hagen, Grengel, Knick/Gnick deuten ebenfalls auf ehemalige Landwehren hin. Hecken zählen zu den natürlichsten Formen einer Grenzbefestigung und Einfriedung. Ihre einfachste und bis heute gebräuchlichste Anwendung ist die Gartenhecke.

Ortsnamensbestandteile mit -hau weisen auf einen Verhau hin, solche mit Dorn(en)/Dörn(en) auf eine Dornenhecke. Schneis steht für Grenzschneise, Haspel für drehkreuzartige Personendurchlässe, Hart bzw. Hardt/Haart für Grenzwälder, Warte für einen Wachturm und Schanz(e), Schlipp(e), Schling(e) oder Schlag für einen stark befestigten Durchlass.

Der Bau einer Landwehr war eine wirksame Maßnahme, die Bevölkerung eines Territoriums gegen Übergriffe von Nachbarn und Feinden in Fehden, Kriegen aber auch Friedenszeiten zu schützen und einen Rechtsbezirk eindeutig abzugrenzen. Die Landwehren waren auch ein Mittel Auswirkungen mittelalterlicher Kriegsführung einzuschränken und somit vorzubeugen. Sie behinderten außerdem Räuberbanden am Betreten des geschützten Gebietes und erschwerten ihren Rückzug nach Beutezügen. Auch hinderten sie das Weidevieh am Verlassen des Herrschaftsbereichs.

Nach der Fränkischen Landnahme bis ins späte Mittelalter wurden Gaue, Zenten, Gerichtsbezirke, oft deckungsgleich mit Kirchspielen, Ämter und gesamte Herrschaftsbereiche (Territorien) von Landwehren in Form von Hecken (Heegen), Gebücken und Gedörnen umhegt. Ziel der Sperrwerke war der Schutz der Landbevölkerung sowie des jeweiligen Gebietes gegenüber fremden Herrschaftsansprüchen und kriegerischen Übergriffen. Landwehre waren eine deutliche Grenzmarkierung und zugleich, wenn sie die Außengrenze zu einem anderem Herrschaftsbereich kennzeichneten, auch Zollgrenze. Auch innerhalb eines Territoriums gab es bisweilen Landwehren, die die einzelnen Ämter unter Einbeziehung von Bächen und natürlichen Hindernissen nochmals untereinander abgrenzten. Diese „inneren“ Landwehren, sogenannte Zwischenlandwehren, waren in der Regel nicht so aufwändig ausgeführt, wie jene an den Außengrenzen.


M. Thoma


Literatur: Wikipedia Stichwort Landwehr.