Oberwesel am Mittelrhein

Zur Geschichte von Oberwesel

Frühgeschichte

Luftbild von Oberwesel[Bild: Alfons Rath]

Keltische Spuren lassen sich um Wesel (Oberwesel) bis in die Zeit um 400 v.Chr. zurückverfolgen. Damals lebten die Treverer am Rhein. Auch der Name ist keltischen Ursprungs. Die Römer errichteten zur Zeit des Drusus (um 12. v. Chr.) in „Vosolvia" eine Militärstation an der wichtigen Heerstraße entlang des Rheins.

Die Bezeichnung Oberwesel wurde erst im 15. Jahrhundert eingeführt, um den Rheinort von der Gemeinde Wesel am Niederrhein zu unterscheiden.

Nach dem Abzug der römischen Grenztruppe übernahmen die Franken unter einem "König" deren Aufgabe. Daraus entwickelte sich der umfangreiche fränkisch-königliche Fiskalbezirk, der sich wahrscheinlich von der Mündung des Heimbachs bis zu der des Padelbachs erstreckte, also wahrscheinlich das Viertälergebiet und Oberhirzenach usw. umfasste, bestimmt aber St.Goar. Wesentliche Quellen sind die Vita S.Goaris und die Schenkungsurkunde Ludwigs des Frommen über den St.Goarer Wald. [Anm. 1] Es entstand ein Königshof.

Oberwesel unter der Herrschaft des Reiches

Im Jahr 839 ist Frecholfus als Verwalter des Königshofes Wesalia genannt. Die Könige verwalteten den Fiskus natürlich nicht selbst, sondern überließen dies ortsansässigen Familien. Im Jahr 966 schenkte Kaiser Otto II. (961-983) den Amtsbezirk (Ober-)Wesel (Civitatem Wisilia) mit allen Rechten der Moritzkirche (und späterem Domstift) in Magdeburg. [Anm. 2] Der staufische Kaiser Friedrich I. Barbarossa (1152-1190) löste 1166 (Ober-) Wesel aus der Zughörigkeit des so weit entfernten Erzbistums und tauschte es gegen Freckleben. Die Vögte des Magdeburger Erzstiftes, die edelfreien Herren von Schönburg, blieben auch nach dem Herrschaftswechsel in Amt und Würden. 1182 wird Wesel erstmals als Stadt (oppidum) bezeichnet. Das älteste dendrochronologische Datum (ca. 1213) aus den Resten der Stadtmauer betriftt bereits eine vermutliche Erweiterung. Ungefähr aus jener Zeit stammt eine Bemerkung das Caesarius von Heisterbach, zwei "schöne Kirchen" (Liebfrauen und St.Martin) "gehörten" dem Herrn von Isenburg. 1216 übergab Kaiser Friedrich II. (1212-1250) Stadt und Burg erneut dem Erzbistum Magdeburg als Pfand, bis im Jahr 1220 beide gegen Zahlung von 2.000 Mark Silber an das Königtum zurückfielen. 1224 wird ein Otto von Schönburg als oberster Richter des Gebietes genannt. 1237 wurde (Ober-) Wesel durch Zahlung von 3.000 Mark Silber von der Vogtei der Herren von Schönburg befreit, die weiterhin Reichsministerialen blieben. Damit war Oberwesel eine freie Reichsstadt, die sich weitgehend selbst verwalten durfte. Schultheiß und Schöffen werden bereits im Jahr 1216 genannt, es waren zumeist die Ministerialen und Ganerben der Schönburg. 1253 ist das älteste Stadtsiegel erwähnt, 1257 und 1299 ist vom Stadtrat die Rede. 1254 wird Oberwesel Mitglied des Rheinischen Städtebundes. Die Reichsunmittelbarkeit wurde 1257 durch den Interregnums König Richard von Cornwall (1257-1272)) bestätigt, ebenso 1274 durch den ein Jahr zuvor gewählten König Rudolf von Habsburg (1273-1291). Für kurze Zeit wurde Oberwesel (gemeinsam mit Boppard) 1278 durch König Rudolf von Habsburg an den Grafen Wilhelm von Jülich verpfändet.

Verpfändung an Kurtrier

König Heinrich VII. (1308-1313) aus dem Hause Luxemburg ernannte 1309 als Lohn für geleistete Wahlhilfe seinen Bruder, Erzbischof Balduin (1307-1354), zum Vogt und Verwalter von Boppard und Oberwesel. Balduin hatte im Kollegium der sieben Kurfürsten dafür gesorgt, dass sein Bruder gewählt wurde. Endgültig verlor Oberwesel seine Reichsunmittelbarkeit drei Jahre später. 1312 verpfändete der nunmehrige Kaiser Heinrich VII. Oberwesel zusammen mit Boppard seinem Bruder. Das Pfand sollte nie mehr ausgelöst werden und so erlitt Oberwesel ein ähnliches Schicksal wie Boppard. Die Reichsunmittelbarkeit ging verloren und Oberwesel wurde kurtrierische Amtsstadt. Bis zum Ende des Alten Reichs verblieb Oberwesel mit den zugehörigen 18 Ortschaften bei Kurtrier. Oberwesel verlor dadurch seine Freiheiten und wurde eine einfache kurtrierische Landstadt. ein gravierender Niedergang begann. Der Beginn des Neubaus der kunsthistorisch so bedeutenden Liebfrauenkirche wurde bei der Weihe durch Erzbischof Balduin durch eine Inschrift in den Glasfenstern des Chores demonstrativ mit 1308 genannt.[Anm. 3]

Der Weseler Krieg

Im Weseler Krieg (1390/91) entlud sich der Streit der Stadt mit dem ungeliebten Ortsherrn. Der Trierer Kurfürst Werner von Falkenstein begann 1389 eine einjährige Belagerung, bei der auch Feuergeschütze zum Einsatz kamen. Die Herren der Schönburg hatten sich für neutral erklärt und so stand die Stadt allein. Der Streit mit dem Kurfürsten wurde überwunden, aber aus der stolzen Reichsstadt war endgültig eine ganz gewöhnliche Landstadt geworden.

Nach oben

Dreißigjähriger Krieg und Pfälzischer Erbfolgekrieg

Beschädigungen erlitt die Stadt im Dreißigjährigen Krieg (1618-1648). 1620 rückten kaiserliche und spanische Söldner ein, 1629 waren es die Schweden und Franzosen. 1632 rückten erneut die Spanier heran, danach noch einmal die Spanier, dann die Bayern. Mit den zahlreichen Besetzungen gingen Einquartierungen einher, welche die Bevölkerung zusätzlich belasteten, denn sie musste die Besatzer mit allem versorgen. 1646 belagerten und eroberten noch einmal die Franzosen unter Turenne Burg und Stadt.

Auch die Kriegszüge der Franzosen im Pfälzischen Erbfolgekrieg (1689) hinterließen ihre Spuren. Am 19.10.1688 fiel eine Abteilung der französischen Armee Ludwig XIV. in die Stadt ein und blieb bis März 1689. "Der kommandierende Generalleutnant Marquis de Bretèche quartierte sich auf der Schönburg ein. Für seine aufwendige Hofhaltung mussten die Stifte und Klöster fast den ganzen Kirchenschatz hergeben. In der Stadt lagen 1400 Mann Fußtruppen, 200 Ritter, die meisten Offiziere und 416 Pferde. Die Bürger mussten für alle den Sold und die Verpflegung aufbringen. 2000 Malter Korn (1 Malter = 1500 kg), 1050 Malter Hafer, den letzten Ballen Heu und Stroh, die letzte Kuh und das letzte Schwein, alles wurde requiriert" (Schwarz). Als die Truppen abzogen zerstörten sie Tore, Türme und die Schönburg und steckten die Stadt in Brand. Dabei wurden beide Rathäuser, zwei Adelshöfe, 115 Fachwerkhäuser und das Schiff der Hospitalkirche zerstört. Der Stadtrat gab am 4.3.1697 den Kriegsschaden mit 225.815 Talern an.

Polnische Erbfolgekrieg 1734/35

Auch in diesem Erbfolgekrieg litt die Stadt erneut schweren Schaden, da sie abwechselnd von französischen und kaiserlichen Truppen besetzt und wirtschaftlich in Anspruch genommen wurde.

Französische Besetzung

Im Oktober 1794 marschierten französische Revolutionstruppen in Oberwesel ein. Oberwesel gehörte nun für mehr als 20 Jahre zu Frankreich. nach dem Wiener Kongress (1815) wurde Oberwesel mit der Rheinprovinz preussisch. Die Stadt verlor durch Feuersbrünste (1802/1836/1850), den Durchbruch der Liebfrauen-/Rathaus-/Koblenzer Straße (1828-30) und den Eisenbahnbau (1857-59) viele alte Bauten. Im Jahr 1843 wurde im Gasthof "Zum Goldenen Pfropfenzieher" das Deutschlandlied von seinem Autor Heinrich Hoffmann von Fallersleben zum ersten Mal öffentlich gelesen.

Stadtgrundriss und Stadtbild

Die alte Hauptstraße verlief hochwasserfrei im Zuge der heutigen Kirchstraße von der Liebfrauenkirche zum Engehöller Bach, stieg dann den Heumarkt aufwärts nach St. Martin und von dort wieder hinunter zum Koblenzer Tor. Eine zweite Straße folgte im Zuge der heutigen Untergasse – Rheintstraße im Wesentlichen dem rheinseitigen Mauertrakt. Die 1828-30 von der preußischen Verwaltung als Teilstück der neuen Rheintalstraße durchgebrochene, geradlinig geführte neue Hauptstraße vernichtete viel vom malerischen Reiz der Stadt, entlastete aber die alten Straßen, deren Bebauung noch weitgehend intakt ist.

Das durch die beiden Pfarrkirchen, die Schönburg und die Türme der Stadtmauer unverwechselbar geprägte Stadtbild gehört zu den großartigsten nicht nur am Mittelrhein. Eine erste empfindliche Störung brachte das 1972 errichtete maßstablose neue Schulzentrum.

Nach oben

Der Ortsteil Niederbachtal

Der Ortsteil Niederbachtal wurde 1315 als in der Nederbach erwähnt. Etymologisch wird der Name von mittelhochdeutsch in der nider(en) bach ‘am unteren (tiefen?) Bach' hergeleitet. Niederbachtal war die Vorstadt von Oberwesel. Bei der ersten Stadterweiterung von Oberwesel erhielt der Ortsteil starke Turmbauten. Im Ortsbereich waren 1315 die Stifte Münstermaifeld und Worms begütert. 1416 wird ein Weinberg der Bürger von Oberwesel erwähnt.

Quelle: Dehio; Krämer. Schwarz; Rettinger, Historisches Ortslexikon (s. rechte Spalte); auf der Homepage der Verbandsgemeinde finden sich weitere Informationen zur Stadtgeschichte; redakt. Bearb. S.G.

Anmerkungen:

  1. Josef Heinzelmann, Der Weg nach Trigorium ... Grenzen, Straßen und Herrschaft zwischen Untermosel und Mittelrhein im Frühmittelalter, in: Jahrbuch für westdeutsche Landesgeschichte 21 (1995), S. 9-132. Zurück
  2. jh, Magdeburg am rhein. Der Fernbesitz des Erzstiftes im 12.Jahrhundert: Oberwesel, Genheim, "Hagenmünster", in: Jahrbuch für westdeutsche Landesgeschichte 27 (2001), S.7-36. Zurück
  3. Nikitsch, z.B. DI. Zurück