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Historische Varianten für Hefe
Die Vorgänger des jetzigen Deutsch, das Althochdeutsche (750-1050) und das nachfolgende Mittelhochdeutsche (1050-1350), waren keine einheitlichen Sprachvarietäten, wie dies die gegenwärtige genormte Standardsprache ist, sondern in unzählige Dialekte gespalten. Unsere heutigen Dialekte, die die historischen Dialekte unmittelbar fortsetzen, spiegeln die sprachliche Verschiedenheit wider. Dies zeigt das Beispiel Hefe.
Im Standarddeutschen haben wir zur Bezeichnung der Substanz, die zur Gärung bei der Herstellung alkoholischer Getränke und beim Treiben von Teig dient, das eine Wort Hefe. Im Mittelhochdeutschen gab es hingegen zwei Varianten, nämlich hefe und hebe (beide mit Nebenformen). In den rheinhessischen Dialekten finden sich Nachfolger sowohl des einen als auch des anderen Ausdrucks. Im nördlichen Teil unseres Gebietes ist, wie die Karte Hefe zeigt, Heeb (einmal Häib) verbreitet. Das Wort geht auf die alte Variante hebe zurück. Das in der Mitte und im Süden vorkommende Heef hingegen setzt die mittelhochdeutsche Variante hefe fort, die auch Grundlage für das standardsprachliche Wort ist.
Die mittelhochdeutschen Ausdrücke hefe und hebe hängen etymologisch zusammen und sind mit heben verwandt, was bei hebe klarer zutage tritt als bei hefe. Hefe ist wörtlich als ʻdie Hebendeʼ zu verstehen. Als Backtriebmittel „hebt“ Hefe den Teig.
Historische Varianten für Markt
Das Wort Markt ist ursprünglich nicht im Deutschen beheimatet. Es ist ins Althochdeutsche (750-1050) als markāt aus spätlateinisch marcatus ʻHandel, Marktʼ entlehnt worden. In der Folgezeit entwickelten sich viele Varianten. Das Mittelhochdeutsche (1050-1350) hat u. a. market, markt, mark, mart, merket, merkt und merk. Wenn teils k, teils t getilgt wird, so ist das mit Ausspracheerleichterung zu erklären. Die drei Glieder umfassende Konsonantenhäufung ‑rkt wird auf zwei Elemente reduziert: ‑rt bzw. ‑rk.
Während unsere heutige Standardsprache die mittelhochdeutsche Variante markt tradiert, setzen die rheinhessischen Dialekte mit dem Typ Mart mittelhochdeutsch mart und mit dem Typ Mark mittelhochdeutsch mark fort. Die Karte Markt zeigt, dass Mart in der Nordwesthälfte und Mark (von wenigen Ausnahmen abgesehen) im Südostteil vorkommt. Nur in zwei Orten sind – offensichtlich durch die Standardsprache beeinflusst – Makt, Mekt belegt.
Dem Typ Mart entsprechen die Dialektformen Maat, Mòòt und Mòòat. (Das Zeichen ò steht für offen artikuliertes o und a für lautlich reduziertes a als vokalisiertes r.) Der Typ Mark umfasst die Dialektvarianten Mack, Maak, Meck sowie Maik. Die Variante Meck dürfte Nachfolger von mittelhochdeutsch merk (s. o.) sein. Bei Maik handelt es sich wohl um eine Form, die aus Marik gekürzt ist. Das i zwischen r und k wird als Sprossvokal bezeichnet. Dieser bildet sich in den Dialekten in etlichen Fällen zwischen r, l oder n und nachfolgendem Konsonanten aus, vgl. z. B. Millich ʻMilchʼ.