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Eigelb
Das Huhn, dessen Domestikation sich für das 3. Jahrtausend v. Chr. im Industal nachweisen lässt, wird von alters her nicht nur als Fleisch‑, sondern auch als Eilieferant geschätzt. Das Hühnerei mit seinem hohen ernährungsphysiologischen Wert ist ein wichtiger Bestandteil des Kuchens und süßen Feingebäcks. Auch bei Küchengerichten findet das Ei auf vielerlei Weise Verwendung. Es wird nicht nur als ganzes verarbeitet. Seine beiden Hauptkomponenten Eiweiß und Eigelb werden auch getrennt verwertet. Die Karte hat die dialektale Bezeichnungen für den gelben Eibestandteil zum Thema.
Mit dem höchsten Vorkommen ist Dotter (dialektal Dodder u. ä.) belegt. Zu dem Wort, das als althochdeutsch totoro, toter und mittelhochdeutsch toter, tuter überliefert ist, lassen sich keine zuverlässigen etymologischen Angaben machen. Vielleicht besteht Verbindung zu westtocharisch tute ‘gelb’. Auch Verwandtschaft mit englisch to dodder ‘wackeln, schwanken, zittern’ – hier würde die gallertartige, wacklige Konsistenz des Eigelbs das Benennungsmotiv liefern – wird erwogen. In diesem Fall wäre die Wurzel indogermanisch *dheu‑, dheṷə- ‘stieben, wirbeln’ der Ausgangspunkt. Selten belegt ist die Zusammensetzung mit Ei- als Bestimmungswort: Eidotter (dialektal Eidodder u. ä.). Aus Kriegsheim (Kh) bei Worms wird Eierdotter (dialektal Oierdodder) gemeldet.
Das Wort Eigelb (dialektal Aaigääl u. ä.) kommt verstreut im gesamten Arbeitsgebiet des Atlasses vor außer im weiten Umkreis von Kaiserslautern. Sehr häufig hat es Dotter als Variante neben sich. Nach Auskunft der Dialektwörterbücher (Pfälzisches Wörterbuch II, 760, Südhessisches Wörterbuch II, 47) ist (Ei‑)Dotter das eigentliche Dialektwort. Eigelb wurde aus der Standardsprache übernommen und in den Dialekt lautlich vollkommen integriert. Das zeigt besonders frappant die Form der zweiten Komponente ‑gelb. Bis auf zwei Ausnahmen lautet das Wort wie im Dialekt die entsprechende Farbbezeichnung ‑geel, ‑gääl. Lediglich aus Alzey und Hahnheim (Hh; westl. Oppenheim) wird ‑gelb gemeldet. Wir haben es also mit einer von der Standardsprache zwar beeinflussten oder evozierten Entwicklung zu tun, die aber in fast allen Fällen nicht die Standardsprache selbst zum Ersetzungsziel hat, sondern im Bereich des Dialekts vollzogen wird. Mit der neuen Form verfügen die Dialektsprecher über zwei stilistische Varianten: Dodder repräsentiert dabei den alten und Eigääl/‑geel den jüngeren Dialekt.
Neuhochdeutsch Ei resultiert aus gleichbedeutend germanisch *ajjaz-. Die dazugehörigen indogermanischen Formen stehen im Zusammenhang mit indogermanisch *əwei ‘Vogel’ (vgl. gleichbedeutend lateinisch avis). Ei ist demnach ‘das zum Vogel Gehörige’.
Wie bereits vermerkt, fehlt den dialektalen Varianten von gelb das auslautende ‑b. Sie setzen mittelhochdeutsch gel fort und lauten entsprechend geel u. ä. Das Wort geht über althochdeutsch gel(o), germanisch *gelwa- ‘gelb’ auf indogermanisch *ǵhel- zurück, dessen Bedeutung ‘glänzen, schimmern’, bei Farbbezeichnungen ‘gelb, grün’ ist. Das ‑b in standardsprachlich gelb wurde aus den flektierten Formen – vgl. den Genitiv mittelhochdeutsch gelwes zu dem Stamm germanisch *gelwa – übernommen, wobei sich ‑w- zu ‑b- entwickelt hat.
In einem Fall wird (als lexikalische Variante) das Gelbe (dialektal es Gelwe) gemeldet. Wahrscheinlich handelt es sich hierbei um eine Verkürzung von das Gelbe im/vom Ei.
Literatur- und Ortskürzel-Verzeichnis
Die im Text erwähnte Literatur (Literaturverzeichnis) sowie eine Aufschlüsselung der Ortskürzel (Belegorteverzeichnis) finden Sie unter den entsprechenden Links.
Der obenstehende Inhalt ist entnommen aus Drenda, Georg (2014): Wortatlas für Rheinhessen, Pfalz und Saarpfalz. St. Ingbert.