Römisches Kastell
Zu besichtigen: Mauern, Türme eines spätrömischen Kastells
Anfahrt:
Von der B9 aus Richtung Koblenz kommend beim Wasserturm links abbiegen in die Heerstraße, weiter gerade aus fahren bis in die Oberstraße, dann die erste rechts abbiegen in die Angertstraße, nach ca. 200 m am Römischen Kastell. Von der B9 aus Richtung Mainz kommend beim Wasserturm rechts abbiegen, dann der gleichen Beschreibung folgen.
Trotz der schweren Beschädigungen seit dem Bahnbau 1859 stehen noch Teile der römischen Kastellmauer bis zu neun Meter Höhe. Boppard besitzt damit die am besten erhaltene römische Mauer in Deutschland. Diese und die lückenlose Besiedlung seit der Spätantike machen Boppard zu einem herausragenden Kulturdenkmal über das Rheingebiet hinaus.
Das Kastell
Das Römerkastell Boppard (lateinisch: Bodobrica) ist ein im 4. Jahrhundert erbautes spätrömisches Kastell und liegt im Zentrum der Stadt Boppard am Rhein.
Römische Siedlungen an dieser verkehrsgünstigen, am Mittelrhein zwischen Taunus und Hunsrück gelegenen Stelle, sind schon seit dem 1. Jahrhundert n. Chr. nachweisbar. Historische Quellen aus dem 2.–3. Jahrhundert, wie die Tabula Peutingeriana und das Itinerarium Provinciarium Antonini Augusti erwähnen die Siedlung als Bouobriga bzw. Bontobrice. Der Name geht wohl auf eine frühere keltische Siedlung Boudobriga im Rheintal zurück.
Das spätrömische Kastell Bodobrica wurde östlich der römischen Siedlung (vicus) auf hochwasserfreiem Gebiet unmittelbar am Rheinufer errichtet. Die Befestigung bestand aus einem lang gestreckten Mauerrechteck von 308x154 Meter. Eine Hauptstraße führte der Länge nach durch die Mitte des 4,7 ha großen Kastells. Die Mauer selbst hat eine Stärke von 3 m auf der Landseite und von nur 2 m an der Rheinfront, sie ist im Aufgehenden 8,5 m hoch. Insgesamt waren der Mauer 28 Halbrundtürme in fast regelmäßigem Abstand von 27 Meter vorgelagert, die zum Teil noch im aufgehendem Mauerwerk nahezu vollständig erhalten sind. Die Reste dieses spätantiken Kastells, im Ortskern des heutigen Boppard gelegen, gelten als die am besten erhaltenen römischen Festungsmauern auf deutschem Boden.
Tore sind im Osten und Westen an den zwei Schmalseiten des Kastells nachgewiesen. Es handelt sich dabei um Kammertore mit flankierenden Tortürmen. Die heutige Oberstraße bildete die Hauptverkehrsachse in Ost-West-Richtung, auf welcher auch in römischer Zeit der Verkehr auf der römischen Rheintalstraße von Mainz nach Köln durch das Kastell hindurchfloss. Die Nord-Süd verlaufende Querachse führte an der Westfront der heutigen St. Severuskirche am ehemaligen Kastellbad vorbei, ein schmaler Durchlass in der Nordmauer öffnete sich zu dem unmittelbar dahinter liegenden Rheinufer. Südlich des Kastells sowie an seiner Ost- und Westflanke ist im Vorfeld ein Graben als Annäherungshindernis parallel zur Festungsmauer anzunehmen, der jedoch archäologisch bis heute nicht belegt ist.
Die Innenfläche war mit großen, zweischiffigen Pfostenbauten aus Fachwerk von 11 m Länge und 5 m Breite versehen, die der Kastellbesatzung vermutlich als Unterkünfte dienten. Es zeigte sich, dass zwischen der Innenbebauung und der Innenfront der Kastellmauer ein gleichmäßig breiter Streifen von der Bebauung freigehalten war, um gefährdete Stellen der Umwehrung möglichst schnell erreichen zu können (via sagularis). Nach derzeitigen Erkenntnissen ist die gesamte Innenfläche des Kastells weit weniger regelhaft bebaut gewesen, wie das z.B. in Kastellen des 1. bis 3. Jahrhunderts der Fall gewesen ist.
Im Kastell waren die – milites balistarii – eine Art Festungsartillerie stationiert. Ihre Aufgaben waren die Grenzsicherung entlang des Rheins, sowie der Schutz der befestigten linksrheinischen Uferstraße sowie des Hunsrück-Höhenweg und des Rheins als Transportweg. Weiterhin sicherten die Legionäre von ihren Kastellen aus die Landwirtschaft und Bodenschätze und hielte germanischen Stämme in Schach.
Das Kastellbad
Während der Grabungen innerhalb der Bopparder St. Severuskirche in den 60iger Jahre wurden die Fundamente des römischen Kastells und einer frühchristlichen Kirche freigelegt. Im Kastell war um die Mitte des 4. Jahrhunderts ein 50x35 m großes Militärbad an der Innenseite der nördlichen Festungsmauer errichtet worden. Das mächtige Gebäude, aus schiefriger Grauwacke trug auf seiner Außenseite einen braunroten Verputz, die Fenster waren verglast und das Dach mit den üblichen römischen Ziegeln gedeckt. Die Gebäudefront orientierte sich nach Süden zur Sonne hin.
Die Anlage zeigt das übliche Bauschema der Kastellbäder. Durch einen korridorartigen Vorbau kam der Besucher in die Auskleideräume (Apodyterium). Dahinter lag an die Kastellmauer angelehnt ein langgestreckter saalartiger Raum von 20 x 9 m
Grundfläche. Diese rechteckige Halle, die Basilika Thermarum war wohl als Sporthalle genutzt, in welcher die Badenden gymnastische Übungen verrichteten.
Östlich dieser Halle schloss sich ein apsidialer Raum an. Er hatte Fußbodenheizung und bildete einen Wärmeraum, in dem sich Badende und Sportler aufhalten konnten. Der eigentliche Badetrakt erstreckte sich nach Süden, er enthielt alle die für ein römisches Bad nötigen Räume: Kaltbad (Frigidarium), Warmbad (Caldarium) und ein Schwitzbad (Sudatorium). Kanäle leiteten unter der Festungsmauer hindurch das Abwasser direkt in den Rhein. Unmittelbar neben Turm 9 befindet sich in der südlichen Kastellmauer ein sehr sorgfältig gemauerter und wasserdicht verputzter Durchlass. Durch diesen hindurch gelangte das Frischwasser in das Kastell selbst und konnte von hier aus nahezu geradlinig durch einen gedeckten Kanal die Thermen versorgen.
Von den Baderäumen ist heute vor Ort nichts mehr zu sehen. Im Museum Boppard steht ein Modell der gesamten Badeanlage.
Datiert wird das Bad durch 4 römische Bronzemünzen die zwischen 341 und 346 geprägt wurden (Constantinus II.). Die Münzen fanden sich auf dem Boden des Umkleideraumes und geben den frühesten Baubeginn des Bades an. Ziegelstempel der 22. Legion lassen eine Datierung des Baubeginns bis spätestens 352/355 zu. Die Münzreihe aus dem Inneren des Kastells endet mit Honorius (393-395). Die Thermen dagegen wurden noch bis zum Ende der Römerherrschaft am Mittelrhein d. h. bis zum Anfang des 5. Jahrhunderts benutzt.
Um 406/407 fallen immer wieder germanische Stämme, über den Rhein hinweg nach Belgien und Westgallien ein. Dabei wurden jedoch die Kastelle am Mittelrhein, so auch Bodobrica, kaum von diesen Überfällen berührt. Daher wurden ihre Besatzungen in das mobile römische Feldheer eingegliedert, und das Kastell Bodobrica war von da an ohne ausreichenden militärischen Schutz.
Militärisch-politische Entwicklung am Mittelrhein vom 1. Jahrhundert v. Chr. bis zum 5. Jahrhundert n. Chr.
Als die Truppen Caesars um 50 v. Chr. an den Rhein kamen, trafen sie bei den Kelten auf eine gegliederte Gesellschaft mit den Anfängen einer Adelsschicht. Die Römer verstanden es geschickt, die florierende Wirtschaft, die reichen Bodenschätze und die guten Handelsbeziehungen der keltischen Stämme für ihre Interessen zu nutzen.
Seit 83-85 n. Chr. schützte die rechtsrheinische Grenzanlage (Limes) die römische Provinzen an Rhein und Mosel. Im frühen 3. Jahrhundert trat erstmals ein germanischer Stammesbund (Allmänner-Bund) in das Licht der Geschichte. Die Auseinandersetzung mit den Germanen bestimmte bis in das 5. Jahrhundert das Schicksal der römischen Provinzen an Rhein, Donau und ihren Nebenflüssen. Waren es erst die Alamannen die erst in das Reichsgebiet einbrachen, so folgten später die Franken. Die Germanen überwanden mühelos die befestigte Grenze (Limes) wie auch die großen Flüsse Rhein und Donau. War die Grenze erst einmal durchbrochen, konnten sie ungehindert die Provinzen durchqueren und tief in das römische Reich vorstoßen.
Um 260 n. Chr. musste der Limes aufgegeben und die Grenze an den Rhein zurück verlegt werden. Kaiser Diokletian (3. Jh. n. Chr.) begegnete der Germanengefahr indem er das römische Heer in Grenztruppen und schnelle Eingreiftruppen im Hinterland teilte. Gleichzeitig wuchs die Bedeutung der Hilfstruppen in denen auch viele Angehörige germanischer Volksstämme dienten. Das Moselmündungsgebiet wurde durch die das massive Kastell Confluentes/Koblenz gesichert. Dem Schutz der Reichsstraßen und der Stadt Trier, aber auch der Lagerung von Vorräten und Naturalabgaben dienten die Festungen Noviomagus/Neumagen und Beda/Bitburg.
Zusätzlich wurde der gesamte Oberlauf der Mosel zwischen Trier und Koblenz durch eine dichte Folge von kleinen Höhenbefestigungen und burgi gesichert. Burgi die Vorläufer der mittelalterlichen Burg waren Kleinfestungen. Durch eine Bauinschrift und geomagnetische Messungen ist der burgus von Mittelstrimmig im Hunsrück belegt.
Unter Kaiser Julian (360 bis 363) wurde auch Boppard als Handelsplatz und militärischer Stützpunkt am Mittelrhein mit einer starken Festungsanlage ausgestattet. Im 5. Jahrhundert zwangen schließlich Alamannen und Franken die Römer zum vollständigen Rückzug. Die Franken übernahmen römische Städte wie Trier und Köln. Auf dem Land gründeten die Franken neue Siedlungen, die meist unabhängig von den alten römischen Hofstellen entstanden. In diesen Orten, man erkennt sie noch heute an Namen, die auf "–heim“ enden, wurde Ackerbau und Viehzucht betrieben.
Im Jahr 406 verließ die römische Truppenbesatzung nach historischen Quellen das Kastell und die Anlage wurde zu einer rein zivilen Siedlung. In den Resten des Bades entstand während der zweiten Hälfte des 5. Jahrhunderts eine frühchristliche Gemeindekirche, die bis ins 8. Jahrhundert benutzt und dann durch einen Nachfolgebau ersetzt wurde.
Bis in das 12. Jahrhundert dienten die Kastellmauern als Stadtmauer der mittelalterlichen Stadt. Erst der Trierer Erzbischof Balduin von Luxemburg ließ im 14. Jahrhundert die neuen Wohngebiete im Osten und Westen der Stadt durch eine weitere Mauer umgeben und band dabei die römischen Befestigungen mit ein.
Nachweise
Verfasser: M. Thoma
Verwendete Literatur:
- Boppert, Wallburg: Die Anfänge des Christentums. In: Heinz Cüppers (Hrsg.): Die Römer in Rheinland-Pfalz. Stuttgart 1990, S. 233-257.
- Eiden, Hans: Die Ergebnisse der Ausgrabungen im spätrömischen Kastell Bodobrica (= Boppard) und im vicus Cardena (= Karden). In: Joachim Werner, Eugen Ewig (Hrsg.): Von der Spätantike zum frühen Mittelalter. (= Vorträge und Forschungen. 25). Stuttgart 1979, S. 317–345.
- Eiden, Hans: Spätrömisches Kastellbad und frühchristliche Kirche in Boppard. (= Ausgrabungen an Mittelrhein und Mosel 1963–1976. = Trierer Zeitschrift. Beiheft 6). Tafelband 1982, S. 215–265.
- Fehr, Hubert: Das Westtor des spätrömischen Kastells Bodobrica (Boppard). In: Archäologisches Korrespondenzblatt. 9, 1979, S. 335–339.
- Wegner, Hans-Helmut: Boppard. vicus, Kastell. In: Heinz Cüppers (Hrsg.): Die Römer in Rheinland-Pfalz. Stuttgart 1990, S. 344-346.