Jugend unter dem Hakenkreuz - Das Dritte Reich in Rheinhessen
Bemerkung
Im Kapitel 3.4. berichtet Eichberger über seine Kriegserlebnisse während seiner Soldatenzeit.
In der vorhergegangenen Musterung wurde ich zur Nachrichtentruppe gemustert, allerdings G. v. H. Ersatz-Reserve II B. Vom Arbeitsdienst war ich befreit, wohl um meine Kaufmannsgehilfen-Prüfung ablegen zu können, mit 18 Jahren. Kurze Zeit später wurde ich bedingt k. v. (kriegsverwendungsfähig) und dann ganz k. v. geschrieben. Während der Feier in Armsheim nach der Musterung waren meine Gedichte im Vordergrund. Gebackene Eier und Wein verschönten die Feierlichkeit.
Es dauerte nicht lange und der Einberufungsbefehl traf ein. Am 29.3.1944 meldeten wir uns in Worms. Von dort fuhren wir über Mainz, Bad Kreuznach, Koblenz, Trier, Saarburg (Westmark). Karl Schmahl aus Lonsheim rückte auch mit ein. In Saarburg wurden wir eingekleidet und durften schon acht Tage nach der Einberufung ausgehen.
Ein paar Tage später wurden wir in Metz feldmarschmäßig ausgerüstet. Hier besuchten wir das Hallenbad und Kino. Dann gings ab nach Calais über Sedan, Valenciennes, Lille, Hazebroek; in Calais kamen wir am 9.4., am 1. Ostertag, im Viehwaggon an.
Dort wurden wir infanteristisch ausgebildet im Dünensand. Man konnte das Meer sehen und bei guter Sicht Englands Küste. Wenn die Engländer gelandet wären, hätten wir sie nicht einmal richtig grüßen können, geschweige zurückschlagen.
Calais ist eine nicht allzu reiche Fischerstadt. Unsere Kaserne war eine frühere französische Klosterschule. Im Keller einer katholischen Schule waren unsere Schlafpritschen. Die dazugehörende Hauskapelle war von den deutschen Soldaten verwüstet. Die Kreuze waren aus den Schulsälen entfernt und lagen auf einem Haufen auf dem Speicher. Einer von uns (ich) holte sich ein solches Kreuz und hing es über seine Liegepritsche im Keller. Einige Kameraden fanden das gut so und besorgten sich auch jeder ein Kreuz für über seine Schlafstatt. Welch ein Wagnis in jener Zeit.
Am 6.6.44 landeten die Anglo-Amerikaner in der Seine-Bucht, während unser Gebiet ruhig blieb. Von hier konnten wir gut die V-Waffen (Vergeltungswaffen) beobachten, die über uns hinweg unbemannt nach England flogen.
Am 25.6. wurden wir über Dünkirchen nach Ostende (Belgien) verlegt. Die Flamen sind schöne, saubere Menschen. Von den Bauern kauften wir Milch, wovon wir Sauermilch, Käse oder Pudding herstellten. Hier waren vom 1. und bereits vom 2. Weltkrieg Heldenfriedhöfe.
In Belgien hatte ich mir eine Marienmedaille gekauft. Von ihr wurde gesagt, daß jeder, der diese trägt, nicht ohne Gnade sterben werde.
Wir wurden hier in ein Wachkommando beim Bataillon eingeteilt.
Durch Zufall (Los) durfte ich eine Dienstreise nach Paris mitmachen (7.–10.8.). (siehe Abbildung 19) Die Autofahrt führte über Lille, Lens, Arras, Péronne, Compiègne nach Paris. Eiffelturm, Negerviertel. Unterwegs waren wir besorgt wegen der Tiefflieger und konnten schon von weit her den Eiffelturm erkennen. Dort bestaunten wir den Eiffelturm und das Negerviertel. [Anm. 1]
In den letzten Augusttagen sollten wir nach Amiens zur Front verlegt werden. Da aber die Transportmittel fehlten, warteten wir einige Tage. Wären wir damals gefahren, so wären wir direkt in einen Kessel gekommen. Nun fuhren wir am 1. Sept. ab.
Doch unterwegs erhielten wir den Bescheid, daß die Feinde in Amiens schon seien. Daher erhielten wir einen neuen Bestimmungsort, und zwar in Deutschland. So spannten wir die Lokomotive hinten an und dampften in Richtung Heimat über Gent, Antwerpen, Rosendahl, Tilburg, Eindhoven.
Bei Eindhoven (Holland) hatten die Partisanen die Brücke gesprengt, sodaß wir uns hier zu Fuß auf den Weg machten. Ich hatte mir ein Fahrrad besorgt.
In Asten erwarteten wir die Feinde, die auch nicht lange auf sich warten ließen, zumal während des Transportes hierher feindliche Panzerkeile uns dicht auf den Fersen waren. Ich wurde nun Melder und Luftspäher und saß vorne auf dem Auto vom Kommandeur.
Aber während andere Einheiten zurück nach Deutschland fluteten, bekamen wir noch den Befehl, 58 km nach Holland hinein, nach Tilburg, zu marschieren. Aber nicht lange und wir erhielten wieder den Abmarschbefehl zurück nach Asten. Wir mussten Eindhoven umgehen, da dort bereits der Feind war.
Die schönen, sauberen holländischen Häuschen geben der Heidelandschaft ihr Gepräge. Blumen und nochmals Blumen, sehr gute Straßen mit Alleen, schöne große Kirchen und Klöster.
In u. bei Asten hatten wir, d. h. unser Bataillon, die erste Feindberührung mit Ausfällen, 20.9. (Mörser).
Am 23.9.44 stieß unser Wagen des Kommandeurs mit einem entgegenkommenden Auto (LKW) zusammen, während ich vorn auf dem rechten Kotflügel saß, bei Venlo, Holland.
Auf dem Auto des Kommandeurs Edinger saß ich vorn auf dem Kotflügel, und zwar tagsüber wegen der Tiefflieger und nachts wegen der Partisanen. Zwischen 21 und 22 Uhr saß ich wieder auf dem Kotflügel, als ich in einer kleinen Kurve im Dunkeln einen Lastwagen mit abgedunkelten Lichtern kommen sah und schrie: „Ein Auto!“ Da war es schon geschehen, denn wir stießen zusammen. Ich wurde von rechts über unser Auto auf die linke Fahrbahn und auf die Straßenbahnschienen geschleudert. Schwer verletzt wurde ich auf einen dazukommenden Lastwagen, der mit Reifen beladen war, gelegt und ins nächste Lazarett gegenüber Venlo transportiert.
Ich wurde auf die linke Straßenseite geschleudert. Daraufhin wurde ich über die Grenze nach Geldern geschafft, wo doppelseitiger Oberschenkelbruch festgestellt wurde. Hier habe ich bereits 12 Stunden nach dem Unfall kommuniziert.
Dort hörte ich eine Krankenschwester zum Stabsarzt sagen: „Wir können doch die jungen Männer nicht einfach so sterben lassen ohne die Wegzehr!" [Anm. 2] Da sagte ich zur Schwester: „Auch wenn ich noch nicht sterben möchte, aber die Kommunion möchte ich auch empfangen.“
Dann kam ich nach Krefeld ins Lazarett. Aber auch nur ganz kurz, da ein Lazarettzug in Bälde abging. So kam ich unter Tiefflieger- und Bombergefahr über Köln, dann rechtsrheinisch rheinaufwärts über Rüdesheim, Frankfurt am Main, Aschaffenburg, Gemünden nach Bad Brückenau. (siehe Abbildungen 20 und 21)
Hier war ich vorübergehend im Hermannsheim und Kurhaus, wurde jedoch gleich nach Brückenau Stadt ins Krankenhaus eingeliefert.
Durch Röntgenaufnahmen wurde festgestellt: rechter Oberschenkel einmal gebrochen 2 Hand breit überm Knie; linker Oberschenkel 1 Hand breit überm Knie dreimal, d. h. zweimal waagrecht und das Zwischenstück einmal längs. (siehe Abbildung 22)
Nun kam ich 24 Tage in den Streckverband. Beide Knie wurden von der Seite durchbohrt und Gewichte angehängt, damit sich die zusammengezogenen Knochenteile wieder streckten. Zuletzt waren an jedem Bein 40 Pfund. Das Bett stand vorn 30 cm höher. Alles in allem: Es war eine Tierquälerei mit bestmöglichem Linderungsversuch. Aber der Krieg war für mich beendet.
Später bekam ich einen Beckengips, d. h. vom Fuß bis zum Leib (Nabel). Da ich keine Bewegung hatte, aber sehr gute Pflege und Verpflegung (katholische Schwestern), so passte mir bald der erste Gipspanzer nicht mehr. An Weihnachten erhielt ich einen leichteren zweiten. Da ich diese Gelegenheit ausnutzte und mir noch mehr Freiheit verschaffen wollte als erlaubt war, bekam ich nochmals einen ganz dicken wie zuerst.
Vom nahen Truppenübungsplatz wurde Ungeziefer eingeschleppt und mein Gips wurde eine Läusewohnung. Über meinem Bett war eine Stange befestigt, an der ein Lederriemen mit Holzgriff hing. Daran konnte ich mich hochziehen, wenn ich die Pfanne unter mir brauchte. Der Gips war direkt auf die Haut geklatscht worden, weil das Papier dazwischen eingespart wurde. So hing ich manchmal richtig an meinen Beinhaaren. Mit einem dünnen Stock konnte ich das Jucken der Läuse etwas mildern. Bei Tag wollten mich die Kameraden an den nicht eingegipsten Zehen kitzeln. Darauf zuckte ich zurück und alles tat weh. Eines Nachts hörte ich ein Geräusch über mir und drückte die Nachtglocke. Als die Schwester hereinkam, sah ich einen Kameraden über mir auf der Stange sitzen. Ich konnte nur noch rufen: „Da oben sitzt er!“ Er war Franzose bei der Waffen-SS und von zu Hause Sportler. Hier war er frisch am Blinddarm operiert worden. Bei unserem kälteren Klima hatte er sich eine Erkältung geholt, wodurch sich der Blinddarm entzündet haben soll. Nach der Operation war er nachts aufgestanden und hatte vor Durst Wasser getrunken anstatt nur die Lippen befeuchtet. Das hatte ihn noch kränker gemacht, so daß er im Wahn die Stange über meinem Bett als Reckstange ansah und darauf Knieumschwung machen wollte. Er sprang mit einem eleganten Sprung herunter auf den Boden, als wenn er eine Vorführung gemacht hätte. Er kam aber gut davon, später hatte er mich dort einmal besucht. Ich glaube nicht, daß er als Franzose bei der Waffen-SS den Krieg gut überstanden hat.
Nun kam der Gipsanzug ab u. zwar für immer (21.1.45).
Im Krieg hatte ich den Rosenkranz meiner bei meiner Geburt verstorbenen Mutter bei mir. Ein Kamerad namens Engelbert äußerte den Wunsch, daß er ein Kreuzchen gern bei sich haben möchte. Ich trennte das Kreuz von meinem Rosenkranz ab und überließ es ihm. Vielleicht hatte er es noch gut gebrauchen können … Dank sei Gott, der mich trotz aller Unbilden so gut geführt und begleitet hat, daß ich wieder nachhause durfte und den vielen Mitmenschen dienen konnte im Beruf, durch die Heimatforschung und mit der Musik.
Anfang November 1944 besuchten mich Papa und Rudi. Jede Woche besuchte uns die Frauenschaft und brachte eingemachtes Obst mit. Jeden Sonntag besuchte mich die Rote-Kreuz-Schwester Erna Weigand. Auch möchte ich meinem „großen“ Leidensgenossen Hermann Abeln sowie den „kleinen“, 8 Jahre alten Albert Morschhäuser erwähnen der durch einen Autounfall eine Beinverletzung hatte und zu uns ins Soldatenzimmer durfte.
Im Februar mußte ich wieder wie vor 18 Jahren das Gehen und Stehen lernen mit qualvollen Massagen.
In der Hauskapelle konnte ich täglich der hl. Messe beiwohnen. Die Schwestern schleppten mich täglich liegend in die Hauskapelle, wodurch ich an der heiligen Messe teilnehmen konnte.
Die liebevolle Pflege der Schwestern (besonders Schwester Evranda) hat mich zu großem Dank verpflichtet und immer mehr mit dem ganzen Haus verbunden.
Wir Soldaten hatten nur einen Raum vom ganzen Krankenhaus. Neben uns lagen Wöchnerinnen, deren Pudding ich öfters bekam.
In unserem Ein-Zimmer-Lazarett lag ein Kamerad, der abends auf den Strich ging. Eines Morgens gab es einen Schlag auf seinem Nachtisch, als er vor Schreck draufschlug, denn er hatte die Nachricht erhalten, dass seine Frau mit Kind daheim im Bombenhagel umgekommen sei.
Am 2. März 1945 wurde ich mit meinem inzwischen kennengelernten Lazarettkameraden Hubert Berndt [Anm. 3] in das Teillazarett Volksschule verlegt, während wir beide noch auf Krücken uns fortbewegten. Nun konnten wir die nahegelegene Pfarrkirche besuchen und wurden besonders liebevoll eingeladen von Familien Schöpfner, Bott und Bernhard sowie Café Stumpf.
Wegen der schlechten Postverbindung wegen der immer schlimmer werdenden Feindfliegertätigkeit erfuhr ich erst später von dem Ableben meines 81-jährigen Großvaters Heinrich Emrich IV. (siehe Abbildung 23)
Mein Großvater Heinrich Emrich IV. war im Weinberg nahe der Eisenbahnlinie beschäftigt, als ein Tieffliegerangriff begann. Er suchte Schutz unter einem Heuhaufen, war sehr geschwitzt und holte sich eine schwere Erkältung, woran er starb. Am 16.1.1945 wurde er beerdigt, während ich im Lazarett lag. Wegen der oft erschienenen Tiefflieger mußte er abends im Dunkeln begraben werden.
Die Amerikaner besetzten nun am 20.3.1945 Armsheim. Auch näherte sich damit die Front unserer Lazarettstadt. 3 Stunden vor dem Einmarsch der Amerikaner marschierten wir Lazarettinsassen der Volksschule in Stadt Brückenau nach Bad Brückenau, d. h. dem Feind entgegen, da das Bad 3 km westlicher liegt als die Stadt.
So wurde am 4. April Bad Brückenau als Lazarettstadt kampflos übergeben.
In diesen Wirren verirrte sich ein deutscher Kraftradfahrer und wurde von den Amerikanern am Rücken mit der MG angeschossen, was wir beobachten konnten. Als ich eine Krankenschwester fragte, wie es ihm gehe, sagte sie beruhigend: „Es geht ihm besser.“ Später hörte ich, daß er gestorben sei. Deshalb sprach ich die Schwester nochmals an. Da sagte sie überzeugt: „Geht es ihm nicht besser?“
Zu der Zeit war ich im Kurhaus. Einige Tage später wurde ich mit Hubert Berndt ins Hermannsheim verlegt. Krücken abgelegt. Ein selbstgemachter Stock war mir eine Stütze. Hier organisierten wir den ersten Gottesdienst. Große Schwärme von feindlichen Bombern zogen über uns hinweg nach den Städten, die in Schutt und Asche fielen.
Am 16. Mai brachte uns ein Auto-Transport in ein Gefangenenlager zwecks Entlassung aus dem Lazarett. In Hof verhandelten Russen und Amerikaner über uns. Immer nach Osten fuhren wir, bis man uns in Bayreuth in ein Zuchthaus einlieferte. (siehe Abbildung 24)
Am Schauspielhaus mußten wir Gras/Unkraut beseitigen, just wo wir 1938 als Hitlerjungen auf der Ostmarkfahrt dies alles besichtigt hatten.
Dort im Zuchthaus hausten wir zwischen Maschinen auf dem Steinboden. Andere zu einundzwanzigst in einer früheren 2-Mann-Zelle. Für kurze Zeit arbeiteten wir in einer Zementfabrik.
Eines Tages frug mich ein Kamerad, dem meine Sprache bekannt vorkam, wo ich her sei.
Ich antwortete: „Von Frankfurt.“
Der Kamerad frug zurück: „Direkt von Frankfurt?“
Ich: „Nein aus Mainz.“
Kamerad: „Direkt von Mainz?“
Ich: „Nein von Alzey.“
Kamerad: „Direkt aus Alzey?“
Ich sagte: „Aus Armsheim.“
Darauf bekannte er: „Un ich bin vun Rommersheim.“
Es war Hubert Jung.
So entstand dann später sicherlich auch die Postleitzahl: 6 Frankfurt, 5 Mainz, 09 für Armsheim bei Alzey, nämlich 6509.
An Pfingsten, 20.5.45, kamen wir in eine Irrenanstalt. Nun mussten wir Kanalarbeiten verrichten und Häuser (Trümmer) aufräumen. Mit meinen Beinbrüchen war diese Arbeit zu schwer. Der Arzt schrieb mich arbeitsunfähig. Die Verpflegung bestand am ersten Tag aus nichts, dann aus einem Verpflegungspäckchen der Amerikaner. Später waren es zwei Päckchen.
Zuletzt: Für die Arbeitenden gab es für 10 Mann ein Kommissbrot [Anm. 4] (Glück hatte der, welcher ein „Knärzchen“ [Anm. 5] bekam) und für 20 Mann eine Dose Wurst, für alle mittags und abends Wassersuppe.
Da die Stadt Bayreuth aufgebaut werden sollte, d. h. Wasser, Strom und Gas, so sollten wir bis 1. Oktober 1945 dableiben. Nur die von Bayreuth und Umgebung wurden entlassen.
Am 7.6. wurden die Bayern und damit Hubert Berndt nach Brückenau entlassen.
Ich half nun in der amerikanischen Küche und hatte so keine „Ernährungsschwierigkeiten“ mehr.
Am 15. Juni 1945 wurden 15 Hessen-Nassauer entlassen und damit auch wir Rheinhessen, nachdem wir uns selbst ein Fahrzeug besorgt hatten. (siehe Abbildung 25)
Dieses fuhr uns 10 km. Ein anderes Fahrzeug nahm uns bis Bamberg mit. Von hier bis Mainz fuhr ich mit dem Viehwaggon und auf Kesselwagen. Der Rest wurde wieder mit dem Auto zurückgelegt. Von Wörrstadt bis Armsheim marschierte ich.
Ich lief mit Kameraden aus Gumbsheim, Siefersheim und Flonheim über den Geiersberg durch die Weinberge nach Armsheim.
So konnte ich nach einem 5/4 Jahr Armsheim wiedersehen, wenn es auch einige Spuren des Krieges geboten hat.
Bei der Gefangennahme nahmen uns die Amis unsere Wertsachen ab. Mein Tintenkuli ging mit. Aber meine kleine Damenuhr hatten sie nicht entdeckt. So konnte ich das Andenken meiner Mutter wieder wohlbehalten mit nachhause bringen.
Nach der Rückkehr aus dem Krieg kam ich nun in das großelterliche Anwesen, um dieses von jetzt ab zu leiten und zu übernehmen.
Großmutter lag mit einem Schlaganfall im Bett und wurde von Frau Zenner körperlich und Anna Stäckler häuslich betreut. Ich trat also an die Stelle meines verstorbenen Großvaters Heinrich Emrich IV. … Es fiel mir nicht leicht, mich in die neue Lage zu versetzen.
Die Franzosen lösten die Amerikaner als Besatzung ab am 10.7.1945. Sie beschlagnahmten willkürlich Kälber, Hausgeräte wie Lampen, Radios und Gemüse usw. [Anm. 6]
Ja, der Bürgermeister Georg Link ereiferte sich, um sich durch Requirierungen bei den Franzosen beliebt zu machen. Der nachfolgende Bürgermeister Ernst Feldmann sprach gleich ein Machtwort, daß dies bald aufhörte. Er sagte: „Was glawen die dann, die wollen die Kälwer hun un unser Leit sollen verhungere!“ [Anm. 7]
Ich konnte gerade noch unser Radio retten, das ich in der Kommode versteckt hatte. Ich verdeckte die Kommode mit einem Tischtuch. Ein fremder Soldat kam an den Fensterladen, fragte, ob hier noch deutsche Soldaten versteckt seien und stürmte in die Küche. Hier suchte er bei hellem Raum mit der Taschenlampe von links nach rechts nach einem Radio. Aber das in der Kommode getarnte fand er nicht und zog wieder unverrichteter Dinge ab.
Als die französische Besatzung noch mit ihren Soldaten unser Land kontrollierte, erlebte ich, dass bei einer katholischen Prozession die Soldaten vor dem vorbeigetragenen Allerheiligsten [Anm. 8] mit dem Gewehr salutierten.
Wegstationen
- Armsheim
- Worms 29.3.44
- Saarburg 3 Tage, 30.3.44 – 2.4.44
- Metz 5 Tage, 3.4.44 – 8.4.44
- Calais 9.4.44 – 25.6.44
- Ostende 25.6.44 – 31.8.44
- Paris 7.8.44 – 10.8.44, Dienstreise
- Hazebroek 1.9.44
- Gent
- Antwerpen
- Eindhoven
- Asten 20.9.44
- Tilburg
- Asten
- Venlo 23.9.44, Unfall
- Geldern
- Krefeld
- Lazarett: Brückenau Stadt, Krankenhaus 27.9.44 – 7.3.45, Volksschule 7.3.45 – 4.4.45
- Brückenau Bad 4.4.45 – 16.5.45
- Kriegsgefangenschaft: Bayreuth Zuchthaus und Irrenanstalt 16.5.45 – 15.6.45
- Armsheim
Nachweise
Verfasser: Theodor Eichberger
Bearbeiter: Marc Theodor Amstad
Redaktionelle Bearbeitung: Ute Engelen, Stefan Bremler
Verwendete Literatur:
- Landkreis Alzey-Worms (Hg.): Heimatjahrbuch Alzey-Worms 2017. Alzey 2016.
- Deutsches Historisches Museum, Berlin: Lebendiges Museum Online. www.dhm.de/lemo/kapitel/der-zweite-weltkrieg/kriegsverlauf/besetzung-von-jugoslawien-1941.htm, Abruf: 13.09.2020. Und www.dhm.de/lemo/jahreschronik/1941 (Zeitstrahl), Abruf: 13.09.2020.
- Eichberger, Theodor: Tagebuchaufzeichnungen.
- Eichberger, Theodor: Von Aribosheim über Armsheim bis Armsem. Mosaik eines rheinhessischen Dorfes, Wörrstadt 1991.
- Leiwig, Heinz: Flieger über Rheinhessen. Der Luftkrieg 1939 bis 1945, Alzey 2002.
- Lottermann, Bruno Paul: damals und danach. Geschichten um Alzey und Alzey herum, Offenbach 2018.
- Mahlerwein, Gunter: Rheinhessen 1816– 2016. Mainz 2015.
- Weisel, Ludwig: Wallertheimer Heimatzeitung Nr. 5/1926, Wallertheim 1926.
Aktualisiert: 31.08.2021
Anmerkungen:
- Ausdruck so im Original. Zurück
- Gemeint ist die hl. Kommunion. Zurück
- Aus dieser Begegnung entstand eine lebenslange Freundschaft. Zurück
- Ein einfaches, haltbares Brot zur Versorgung von Soldaten. Zurück
- Endstück vom Brotlaib. Zurück
- Vgl. Lottermann, B. P. (2018), S. 12 (Stichwort: Requirierungen). Zurück
- Vgl. Lottermann, B. P. (2018), S. 12 (Stichworte: Hunger der deutschen Bevölkerung). Zurück
- Hostie in der Monstranz. Zurück