VI. Nach 1945: Gedenken an die Opfer von Krieg und Gewalt
Die durch die NS-Ideologie und ihre Fanatiker ausgelösten millionenfachen Opfer von Kriegshandlungen und von Gewalt- und Tötungsexzessen forderten nach 1945 eine neue Kultur des Gedenkens und neue Wege der Darstellung: weg von einem nationalen Kult um den Krieg an sich und seinen nationalen Helden hin zu einer sensiblen Gedenkkultur für alle Opfer von Krieg und Gewalt. Susanne Behrenbeck zeigt auf, dass in dieser Situation Sprachlosigkeit, Überforderung und ein Schuldkomplex unter anderem zum raschen Bau von KZ-Opfermalen und zu einer nach und nach geänderten Bewertung des Sterbens im Krieg führte. Die anfängliche Scham und Bestürzung über die Verbrechen der NS-Zeit und die Solidarisierung mit den Opfern wandelte sich aber nach dem wirtschaftlichen Aufschwung der Bundesrepublik und dem Beginn des Kalten Krieges. Man sah sich nun selbst als Opfer des NS-Regimes, die unter Flucht, Vertreibung und Gefangenschaft zu leiden hatten und rief die Sowjetunion als ein neues westdeutsches Feindbild auf. So entstanden Denkmäler für die eigenen Opfer in der Kriegszeit.[Anm. 1]
Die Denkmäler rückten zudem immer weiter vom Ortskern an den Ortsrand, beispielsweise verstärkt auch in die Friedhöfe, erzeugten weniger Aufmerksamkeit und dienten eher dem individuellen, persönlichen Gedenken. Fast könnte der Eindruck entstehen, dass der Politische Totenkulte sich in der Zeit nach 1945 „ins Private“ zurückgezogen hat. Die neuen verehrungswürdigen Helden sind nach 1945 die Verfolgten und die Widerstandskämpfer derer gedacht wird, wobei nach Behrenbecks Einschätzung die Aufarbeitung der Niederlage und die NS-Verbrechen verdrängt wurden durch eine schnelle Solidarisierung mit den westlichen Siegermächten. Ihr Eindruck ist, dass die aktuelle Denkmalkultur in ihren Symbolen eher hilflos wirke, da die Bildersprache keine positiven Werte der Bundesrepublik Deutschland transportiere und die gewidmeten Inschriften „sich in lyrischem Pathos erschöpfen“.[Anm. 2]
Die Definition dessen, wofür stattdessen eingestanden werden soll, beispielsweise die Verteidigung der demokratisch-freiheitlichen Werteordnung, scheint auch heutzutage immer noch schwierig zu sein bei der Gestaltung von Denkmälern oder der Umsetzung aktualisierter Gedenkformen für die Opfer von Krieg und Gewalt.[Anm. 3]
NACHWEISE
Verfasserin Text: Marion Nöldeke
Literatur: siehe Quellen- und Literaturverzeichnis
Erstellt am: 30.09.2020
Weitere Publikationen der Autorin zum Thema:
Politischer Totenkult – Erinnerung an Krieg und Gewalt. In: Hohenlimburger Heimatblätter, Heft 11/2021, November 2021, 82. Jahrgang, S. 461-474. ISSN 2698-8402. Sowie: Das Kriegerdenkmal in Hagen-Vorhalle: eine Spurensuche im Stadtarchiv Hagen. In: Hohenlimburger Heimatblätter, Heft 11/2021, November 2021, 82. Jahrgang, S. 475-483. ISSN 2698-8402.
Anmerkungen:
- Behrenbeck1989. Zurück
- Behrenbeck 1989. Zurück
- Manfred Hettling erläutert hierzu beispielhaft die Diskussion um die Errichtung eines Ehrenmals für verstorbene Bundeswehrsoldaten. Hettling, Manfred: Gefallenengedenken – aber wie? Das angekündigte Ehrenmal für Bundeswehrsoldaten sollte ihren demokratischen Auftrag darstellen, 1/2007, https://zeitgeschichte-online.de/sites/default/files/documents/hettling_bwe.pdf, (Abruf: 30.06.2020). Zurück