0.11. Formenlehre
0.1.11.5. Zahlwort zwei
In unzähligen Dialekten unseres Gebietes hat das Zahlwort zwei drei Formen. In Heyweiler (Verbandsgemeinde Kastellaun) sagt man: zwee Hiit – zwoo Läis – zwai Bään und in Talling (Verbandsgemeinde Thalfang): zwiin Hiit – zwoo Lais – zwää Bään. In die Standardsprache übertragen, heißt das jeweils: zwei Hüte – zwei Läuse – zwei Beine. Während also im Hochdeutschen in den drei Beispielfällen zwei stets unverändert gebraucht wird, gibt es auf der Seite des Dialekts drei Alternanten. Welche von diesen in einem bestimmten Kontext erscheint, ist vom grammatischen Geschlecht des Bezugswortes abhängig. In Heyweiler und Talling hat zwei vor maskulinen Substantiven (Hut) die Form zwee bzw. zwiin, vor femininen Substantiven (Laus) die Form zwoo und vor neutralen Substantiven (Bein) die Form zwai bzw. zwää.
Die Dialekte mit Dreigeschlechtigkeit bei zwei setzen einen alten Zustand fort. Im Althochdeutschen hatten noch die ersten drei Kardinalzahlen drei Geschlechter, und bei vier gab es zudem Reste ursprünglicher Dreiförmigkeit. Bis zum Mittelhochdeutschen erfolgte weiterer Abbau. Das Numerale drei wurde zweigliedrig und bereits teilweise bis zur Eingliedrigkeit reduziert. Aber zwei behielt die drei Geschlechter (mittelhochdeutsch zwēne, Maskulinum – zwō, Femininum – zwei, Neutrum) in der Schriftsprache bis ins 18. Jahrhundert hinein. Eine große Zahl mittel- und oberdeutscher Dialekte bewahrt die alte Dreigeschlechtigkeit bis heute. Die Karte 50 demonstriert deren weite Verbreitung in unserem Gebiet. Auffällig ist allerdings der massive Rückgang dieses Phänomens bei der jüngeren Generation mit Stoßrichtung von Ost nach West. Die gestrichelte Linie in der Karte zeigt die ungefähre Ostgrenze des geschlossenen Areals mit erhaltener Dreiförmigkeit bei dreißig- bis vierzigjährigen Dialektsprechern (Stand: Mitte 1980er Jahre). Der Befund des gewaltigen Abbaus der Dreigeschlechtigkeit lässt sich auch nicht durch die Tatsache relativieren, dass in einigen Orten zwischen Emmelshausen und Kastellaun die Jüngeren noch den alten Zustand bewahren.