Der gescheiterte Friede. Die Besatzungszeit 1918-1930 im heutigen Rheinland-Pfalz
Auf Initiative des Instituts für Geschichtliche Landeskunde an der Universität Mainz e.V. (IGL) und der Landesarchivverwaltung Rheinland-Pfalz wurde die Wanderausstellung „Der gescheiterte Frieden“ unter Mitarbeit zahlreicher Kooperationspartner konzipiert und realisiert. Das Ausstellungsprojekt greift das Thema der französischen und amerikanischen Besatzung der Jahre 1918-1930 im heutigen Rheinland-Pfalz auf und zeigt, wie sich die Besatzungszeit auf das soziale, kulturelle und wirtschaftliche Zusammenleben in der Gesellschaft auswirkte.
Die Stiftung Rheinland-Pfalz für Kultur förderte das Projekt mit bis zu 10.000 Euro. Die Schirmherrschaft über das Ausstellungsprojekt hat Ministerpräsidentin Malu Dreyer übernommen. Dr. Denis Alt, Staatssekretär im Ministerium für Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur, stellte gemeinsam mit Dr. Ute Engelen (IGL) und Dr. Walter Rummel (Landesarchiv Speyer) die Wanderausstellung „Der gescheiterte Friede“ vor. Bei der Vorstellung verwies Dr. Alt auf die Bedeutung des Projektes: „Heute leben wir in Europa in Frieden und Freundschaft. Wir alle wissen, dass das einmal anders war. Der Weg zu dieser Freundschaft war lang und steinig. Die Wanderausstellung ermöglicht uns zu verstehen, wie sich die Beziehung zwischen Deutschen, Franzosen und Amerikanern in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts hier in Rheinland-Pfalz entwickelte. Sie gibt uns einen authentischen Einblick in die Lebenswelt der Bevölkerung in der Region des heutigen Rheinland-Pfalz von 1918 bis 1930.
Damit leistet die Präsentation einen wichtigen Beitrag zur historischen Bildung über einen bedeutungsvollen Zeitraum“, so der Staatssekretär. „Somit schließt die Ausstellung nicht nur eine Wissenslücke, sondern beleuchtet auch ein bislang wenig beachtetes Kapitel deutsch-französischer wie auch deutsch-amerikanischer Beziehungen. Die Ausstellung erinnert uns auch daran, dass die deutsch-französische wie auch die deutsch-amerikanische Freundschaft eine politische und kulturelle Errungenschaft ist, die es zu pflegen und zu bewahren gilt.“ „Mit dieser Ausstellung wird die Besatzungszeit 1918-1930 im Gebiet von Rheinland-Pfalz zum ersten Mal in einem völlig neuen Blickwinkel gezeigt. Bislang dominierte ein absolut negatives Bild einer drückenden und schmachvollen Zeit. Dagegen zeigen viele private Zeugnisse eine gänzlich andere Erfahrung. Die Erkenntnis ist: Versöhnung hätte möglich sein können, wenn die Hasskampagnen der Nationalisten und der rechtsextremen Kräfte, aber vor allem der Presse, nicht alles überlagert hätten“, erklärte Dr. Walter Rummel, Leiter des Landesarchivs Speyer.
„Wie jede Krise brachte die Besatzungszeit nicht nur Negatives wie Verbote und Auseinandersetzungen, sondern barg auch die Chance zum gegenseitigen Kennenlernen der bisherigen Gegner Deutschland-Frankreich-USA. In der Ausstellung zeigen wir, dass diese von vielen Menschen genutzt wurden und die persönlichen Beziehungen häufig besser waren, als die bisher im Vordergrund vieler Darstellungen stehenden propagandistischen Quellen suggerieren“, betonte Dr. Ute Engelen, Institut für Geschichtliche Landeskunde an der Universität Mainz. Zahlreiche rheinland-pfälzische Stadtarchive, -bibliotheken, Kreisarchive und historische Vereine hatten die Untersuchung der Besatzungszeit 1918-1930 mit ihrer Unterstützung möglich gemacht und Quellen zur Verfügung gestellt. Diese gleichsam landesweite Kooperation unterschiedlicher Institutionen in dem Projekt ist beispielhaft und zeigt, welch ein kompetentes und überaus aktives Netzwerk hier in Rheinland-Pfalz zum Thema Landesgeschichte existiert. Anhand der Materialsammlung wurde eine zeitgemäße, didaktische Wanderausstellung von 20 Roll-Ups erstellt. Ein gleichnamiger, reich bebilderter Katalog vertieft die Texte der Ausstellung.
Sobald die Entwicklung der Corona-Pandemie es ermöglicht, kann die Wanderausstellung von Kommunen, Schulen, Vereinen und sonstigen Institutionen entliehen werden. „Ich würde mich freuen, wenn viele Bildungs- und Kultureinrichtungen von der Möglichkeit Gebrauch machten, diese Ausstellung auszuleihen und – sobald diese wieder möglich ist – zu präsentieren. Vor allem für Schulen eignet sich dieses Format der Roll-Up-Ausstellung als Ergänzung zum Unterricht. Interessenten können sich beim Institut oder beim Landesarchiv Speyer melden“, so Staatssekretär Alt.
Ergänzt wird das Projekt durch die Website www.1914-1930-rlp.de. Dort werden nicht nur die Inhalte der Ausstellung zur Besatzungszeit durch Ortsgeschichten und historische Quellen ergänzt, sondern die Nutzerinnen und Nutzer finden hier auch die Inhalte zum Ersten Weltkrieg in Rheinland-Pfalz und zur amerikanischen Besatzung an Rhein und Mosel 1918-1923. Die Website wird fortlaufend um neue historische Texte und Materialien erweitert.
Das aktuelle Ausstellungsprojekt knüpft an das Vorgängerprojekt zum Ersten Weltkrieg in Rheinland-Pfalz an. Auch dieses Projekt wurde federführend vom IGL realisiert und von der Stiftung Rheinland-Pfalz für Kultur gefördert. Ab 2014 wurde die Wanderausstellung an über 20 Standorten, insbesondere Schulen, gezeigt. Zusätzlich umfasste das Ausstellungsprojekt die Erstellung der Themenseite www.erster-weltkrieg-rlp.de sowie eine Lehrerhandreichung für den Unterricht mit regionalen Quellen zum Ersten Weltkrieg. Auch das Landesarchiv Speyer wirkte an der Wanderausstellung „‘Heimatfront‘ – Der Erste Weltkrieg und seine Folgen im Rhein-Neckar-Raum (1914-1924)“ mit, die vier Jahre lang in der Region wanderte. Auch die Ergebnisse des IGL-Projekts "Amerikaner in Rheinland-Pfalz 1918–1923" wurden im Projekt berücksichtigt.