Ansätze deutsch-französischer Aussöhnung
Durch den täglichen Umgang mit Angehörigen der Besatzungstruppen bei Einquartierungen im eigenen Umfeld lernten Deutsche und Franzosen sich kennen und sahen sich trotz aller Schwierigkeiten nicht mehr unbedingt als Feind. Dem evangelischen Pfarrer von Wallertheim erschien „der Franzose“ als „ein sehr höflicher Mann […]. Das allgemeine Urteil ging dahin: sie haben sich recht anständig benommen. Sie waren nicht die gehässigen, fanatischen und rachsüchtigen Menschen, als die wir sie uns vorgestellt und als die sie viele bei uns gefürchtet haben, sondern sie verkehrten mit uns mit Anstand und Würde“. Auch Politiker sahen eine Aussöhnung zwischen beiden Ländern als einzig richtigen Weg für die Zukunft an.
Hunsrück, 10. November 1919
Als eine im Hunsrück liegende Einheit am 10. November 1919 nach Finthen abrückte, luden die Soldaten ihre Quartiergeber zu einer „kleinen Abschiedsfeier“ ein, „und da sagte einer: ‚Warum nur immer Deutschland und Frankreich Disput?‘“ Als sie abzogen, so die Bäuerin Maria Elisabetha Glasmann, schenkte jeder der bei ihnen einquartierten Soldaten ihrem Mann eine Flasche Wein. Einer hob den Enkel Alfred hoch „und hatte dabei Tränen in den Augen.“ (Tagebuch meines Lebens, 1973, S. 226)
Bereits vor dem Krieg und auch in den folgenden Jahren setzten sich vor allem Schriftstellerinnen und Schriftsteller, Wissenschaftler und andere Intellektuelle für Frieden und ein Ende der „Erbfeindschaft“ ein. Erfahrungen im Ersten Weltkrieg trugen dazu bei, dass Schriftsteller wie Carl Zuckmayer aus Nackenheim oder Erich Maria Remarque („Im Westen nichts Neues“) zu Pazifisten wurden. Auf französischer Seite engagierten sich neben den Schriftstellern Romain Rolland, Henri Barbusse und René Schickele viele andere für Frieden und Versöhnung.
Auch die „Internationale Frauenliga für Frieden und Freiheit“, gegründet 1915 in Den Haag, setzte sich für dauerhaften Frieden ein. In vielen Städten, darunter auch Mainz, entstanden Ortsgruppen. Beim Friedensschluss von Versailles fanden die Stimmen der Pazifisten kein Gehör. Die Fronten verhärteten sich und gipfelten im Einmarsch der Franzosen im Ruhrgebiet 1923. Außenminister Gustav Stresemann beendete den passiven Widerstand und erreichte mit dem Dawesplan eine außenpolitische Entspannung. Mit dem französischen Außenminister Aristide Briand versuchte er, die territorialen Konflikte zu lösen. So verpflichtete sich Deutschland 1925 in Locarno, die im Versailler Vertrag festgeschriebenen westlichen Grenzen nicht gewaltsam zu verändern.
Ludwigshafen, 5. November 1920
„An Allerheiligen war auf dem Friedhof in der Gedenkhalle eine große Trauerfeier für die Kriegsgefallenen. Dabei hat auch die französische Militärverwaltung einen großen Kranz mit Tricolorband und Widmung für die deutschen Gefallenen niederlegen lassen. Solche Maßnahmen lassen doch immer wieder die Hoffnung aufkommen auf eine Verständigung, die doch einmal kommen muss.“ (Tagebuch Armand Stiegelmann, Privatbesitz)
0.1.2.Trier, 22. November 1923
"Die Verhütung eines abermaligen Krieges, und sei es selbst mit schwer tragbaren Mitteln, ist m.E. für Deutschland und namentlich für die Rheinlande eine Grundfrage seiner Weiterexistenz. [...] über diese Frage der Versicherung gegen die Möglichkeit eines ferneren Krieges muß es zu einer Verständigung zwischen Frankreich und Deutschland kommen." (Christian Stöck, stellv. Oberbürgermeister von Trier, in: Aus meinen Erinnerungen an die Besatzungszeit der Stadt Trier, Trier 1930)
Texte und Redaktion:
Dr. Walter Rummel (Landesarchiv Speyer), Dr. Hedwig Brüchert; Dr. Ute Engelen, Marion Nöldeke, Dr. Kai-Michael Sprenger (alle Institut für Geschichtliche Landeskunde an der Universität Mainz e.V.), Franziska Blum-Gabelmann M.A. (Haus der Stadtgeschichte Bad Kreuznach), Dr. Eva Heller-Karneth (Museum Alzey), Dr. Armin Schlechter (Landesbibliothekszentrum Rheinland-Pfalz, Pfälzische Landesbibliothek)