Die Besatzungszonen
Die französische Zone
Ab dem 15. Dezember 1918 wurden die Uhren um eine Stunde zurückgestellt („französische Zeit“). Zudem griffen Ausgangssperren massiv in den Tagesablauf ein. Zwischen 8 Uhr abends und 6 Uhr morgens durfte sich anfangs niemand außer Haus aufhalten. Auch räumlich wurde die Mobilität zunächst eingeschränkt. Begrenzungen galten auch für die Rheinbrücken bei Koblenz, Mainz und Ludwigshafen sowie für Post und Telefon. Im Juni 1919 wurde die Grenzblockade aufgehoben. In den folgenden Jahren wurde aber die Bewegungsfreiheit immer wieder eingeschränkt. Trotz dieser Belastungen zeigen Tagebücher und ähnliche Dokumente, dass sich das Zusammenleben konfliktfreier gestaltete, als die deutsche Propaganda behauptete. So sahen selbst nationalistisch Denkende ein, dass auch die französische Bevölkerung unter den Folgen des Krieges litt.
Ludwigshafen, 11. Februar 1919
„Kürzlich war Carl von Edenkoben da und erzählte, dass die Sympathie der Einheimischen für die Franzosen sehr gewachsen sei. ,Die Leute sind schon ganz französisch‘ drückte er sich aus. In den kleineren Orten erhält die Bevölkerung auch schon manches an Lebensmitteln durch das französische Militär. Im Allgemeinen ist das Verhältnis der einheimischen Bevölkerung zum französ[ischen] Militär ein sehr gutes, man hört auch, dass französ[ische] Offiziere hier privat in Familien verkehren. […]“ (Tagebuch Armand Stiegelmann, Privatbesitz)
Die amerikanische Zone
Der Wohlstand der USA und die deutschen Wurzeln vieler Amerikaner bedingten, dass das deutsch-amerikanische Verhältnis von vorneherein weniger belastet war. Doch auch die amerikanische Besatzungsmacht erließ zunächst strikte Maßnahmen wie Versammlungsverbot, Pressezensur und eine abendliche Ausgangssperre. Zudem war der private Umgang mit der deutschen Bevölkerung verboten. Bei einer Einquartierung in Privathaushalten war dies jedoch nicht umsetzbar. Das Verbot wurde im Sommer 1919 aufgehoben.
Amerikanische Soldaten durften sich wegen der Lebensmittelknappheit nicht bei Deutschen versorgen. Bald wurde auch Essen an Deutsche, insbesondere an Kinder (Quäkernotspeisung), ausgegeben. Bei Verstößen gegen die Anordnungen der IRKO sowie Konflikten zwischen Amerikanern und Deutschen fällten amerikanische Militärgerichte ungewohnt harte Urteile.
Nach der Unterzeichnung des Friedensvertrages 1921 mit den USA entspannte sich das Verhältnis der amerikanischen Truppen zu den deutschen Bürgerinnen und Bürgern zusehends. Beim Abzug der amerikanischen Truppen erklärte Hermann von Hatzfeldt (1867–1941), Reichskommissar für die besetzten rheinischen Gebiete: Als Feinde seien die Amerikaner gekommen, aber als Freunde geschieden. Er habe die Hoffnung, dass das von den Amerikanern gezeigte Bestreben nach Menschlichkeit und Gerechtigkeit noch nicht erschöpft sei. Im gleichen Sinne äußerte sich General Allen optimistisch, dass der gute Wille der Besatzungsmächte von der deutschen Seite gewürdigt werde.
General Allen 1923
„Ich bin zuversichtlich, dass dieser Geist von Gerechtigkeit und Fairness, dem unsere Alliierten Beifall spenden, in zukünftigen Tagen jegliches Gefühl von Bitterkeit oder Groll uns gegenüber in den Herzen derjenigen, unter denen wir gelebt haben, verhindern und dazu beitragen wird, wahren Frieden zu erreichen.“ (Übersetzt nach: My Rhineland Journal, Boston 1923, S. 537)
Texte und Redaktion:
Dr. Walter Rummel (Landesarchiv Speyer), Dr. Hedwig Brüchert; Dr. Ute Engelen, Marion Nöldeke, Dr. Kai-Michael Sprenger (alle Institut für Geschichtliche Landeskunde an der Universität Mainz e.V.), Franziska Blum-Gabelmann M.A. (Haus der Stadtgeschichte Bad Kreuznach), Dr. Eva Heller-Karneth (Museum Alzey), Dr. Armin Schlechter (Landesbibliothekszentrum Rheinland-Pfalz, Pfälzische Landesbibliothek)