Kleine Geschichte des Hospitals von Alzey
Gründung des „neuen“ Hospitals im Mittelalter
Das genaue Gründungsdatum des Hospitals zu Alzey ist nicht bekannt. Die erste Erwähnung findet die Einrichtung als "communi Hospitali" in einer Urkunde vom 21.10.1387. Darin heißt es, dass der Alzeyer Geistliche Johann Peter Bechtheimer von der Stadt Alzey, dem Pfalzgrafen Ruprecht II. (1390-98) und der Kirche die Erlaubnis zur Stiftung eines Altars für das Hospital erhält. Ruprecht II. stand bereits vor dem Tod seines Onkels Pfalzgraf Ruprecht I. (1356-1390) diesem als Mitregent für die linksrheinischen Gebiet der Pfalz zur Seite. Sein häufiger Aufenthalt in Alzey wird durch seinen Beinamen „der jüngere von Alcey“ belegt.
Der größte Teil der mittelalterlichen Spitäler wurde von der Kirche bzw. von Klöstern getragen. In Städten ohne kirchliche Einrichtungen dieser Art kam es im Spätmittelalter häufig zu säkularen Neugründungen bei denen in der Regel reiche Privatleute oder weltliche Stadt- oder Landesherren als Stifter auftraten. Angesicht dieser Tatsache kann eine Stiftung des Hospitals durch den eng mit Alzey verbundenen Pfalzgrafen Ruprecht II. bereits vor 1387 angenommen werden. Nachweislich beschenkte er das Hospital mit 1000 Gulden und verfügte, auch durch seine Nachfolger urkundlich bestätigt, eine jährliche Schenkung von 100 Maltern[Anm. 1] Korn, die noch bis ins 18. Jahrhundert in Anspruch genommen wurden. Der bis ins 16. Jahrhundert hinein verwendete Ausdruck "Neues Spital" ist etwas verwirrend, da es so scheint, als setzte er ein älteres Spital am gleichen Ort voraus. Da es keinen Beleg für das Vorhandensein eines nicht-geistlichen Hospitals in Alzey vor 1387 gibt, kann "neu" hier im Sinne des ersten weltlichen Spitals verstanden werden[Anm. 2]. Sicher ist jedenfalls nur die Existenz eines Antoniterspital in Alzey, dass im der Vorzeit des Neuen Spitals bestand. Doch auch die anderen Klöster der Stadt werden mit hoher Wahrscheinlichkeit über Hospitäler verfügt haben.
Entwicklung des Hospitals in der Neuzeit
In einem Almosenaufruf von 1468 lässt sich das Selbstverständnis des Hospitals im 15. Jahrhundert erkennen. Dort wird Pflege der Kranken, Versorgung der Armen und die Beherbergung und Verpflegung von Pilgern als Zweck des Geldes aus dem Spendenaufruf angegeben. In dieser Quelle sind die vielfältigen Aufgaben der mittelalterlichen Hospitäler deutlich zu erkennen.
Die Quellenlage des 16. und 17. Jahrhunderts erlaubt leider nur wenige Aussagen über die Geschichte des Hospitals in dieser Zeit. 1580 wurde das Gebäude vermutlich neu errichtet. Den städtischen Ratsprotokollen und Hospitalrechnungen lassen sich allerdings einige wichtige Informationen entnehmen. So kann aus der Organisation des Personals, dessen Zusammensetzung und Bezahlung erkannt werden, dass die Einrichtung mit Knechten, Mägden, Spitalpfleger und der Leitung durch einen sog. Spitalkeller, die sich in Angestelltenverhältnissen dort befanden, kein Spiegelbild eines ordensbruderschaftlichen geführten Spitals war.
Die seit dem 13. Jahrhundert übliche Praxis, Person und Vermögen einem Kloster, später auch einem bürgerlichen Spital, zu überstellen (Verpfründung) und sich dadurch Versorgung und Unterkunft bis ans Ende des Lebens zu erkaufen, lässt sich auch für das Alzeyer Spital nachweisen. Über einen solchen Antrag entschied in der Regel der Stadtrat. Mit der Aufnahme des Pfründners in das Spital hatte dieser sich den strengen Regeln der Einrichtung völlig zu unterwerfen, die Verpflichtung zur Keuschheit war üblich. Hier ist die Ähnlichkeit zum Beitritt in eine Laienbruderschaft unverkennbar [Anm. 3].
Der Dreißigjährige Krieg führt in Mitteleuropa, vor allem in den deutschen Landen, zu großen Verwüstungen und bitterer Armut der Bevölkerung. Die "sozialen" Einrichtungen dieser Zeit waren mit dem Problem hoffungslos überfordert und wurden in der Regel in den Ruin getrieben. Das Neue Spital in Alzey bildete hier keine Ausnahme.
1683 wurde das Spital der Stadtverwaltung Alzey entzogen und der geistlichen Administration in Heidelberg unterstellt, aber bereits 1697 versuchte die Stadt wieder die Kontrolle über die Einrichtung zu gewinnen, was ihr nach zähen Ringen mit der geistlichen Güteradministration 1712 auch gelang. Es kann davon ausgegangen werden, dass das Gebäude zu diesem Zeitpunkt in einem sehr schlechten Zustand war, da es 1748/49 komplett renoviert und umgebaut und 1772 zusätzlich erweitert wurde. Haupttätigkeit des Hospital war nun die Armenpflege, aber auch Kranke wurden weiterhin versorgt. Die Armen fanden Unterkunft, mussten aber für ihre Versorgung arbeiten, während Kranke nur medizinisch behandelt wurden, ihren Lebensunterhalt aber selbst bestreiten mussten. Ab 1774 wurden auch wieder Pfründner aufgenommen.
Nachdem die die Armenfürsorge, gekoppelt an die soziale Frage, im 19. Jahrhundert mehr und mehr Sache des Staates wurde und dann 1881-89 in der Bismarckschen Sozialgesetzgebung mündete, entwickelte sich das Alzeyer Spital zu einer „Verbindung aus Krankenhaus und Alters- und Pflegeheim“[Anm. 4]. Mit der Eröffnung des neuen Kreiskrankenhauses in Alzey, 1898, endete die Zeit des Spitals zu Alzey, welches den Anforderungen eines modernen Krankenhauses nicht mehr gewachsen war.
Das Hospital wird zur Möbelfabrik
Am 1.6.1899 unterschrieb die Firma Simon Sauer Witwe einen zehnjährigen Pachtvertrag für das Gebäude. Die Verwaltungskommission hatte einen Verkauf untersagt und beschloss alle Erlöse aus dem Pachtvertrag in die Armenfürsorge zu geben. Das Gebäude wurde nun von der aus einer Schreinerei erwachsenen Firma Sauer als Möbelfabrik und gleichzeitig als Lager, Ausstellungs- und Verkaufsraum genutzt. Bis 1976 erhielt die Firma Sauer regelmäßig neue Pachtverträge, musste aber dann dem städtischen Museum weichen, welches nach der Sanierung in das Gebäude einzog und dort bis heute ansässig ist.
Nachweise
Verfasser: Dominik Kasper
Verwendete Literatur:
- Mischlewski, Adalbert: Der Antoniterorden in Deutschland. In: Archiv für Mittelrheinische Kirchengeschichte 10 (1958), S. 39-66.
- Schlösser, Susanne: Den Armen und Elenden zu Troste und Frommen ... 600 Jahre Hospital zu Alzey (Alzeyer Geschichtsblätter, Sonderheft 12). Alzey 1987.
Erstellt: 03.05.2009
Geändert: 04.06.2009
Anmerkungen:
- Der Malter ist ein im Mittelalter ein gängiges Hohlmaß für Getreide. Schlösser zufolge entspricht 1 Malter ca. 220 Liter. (S. 92). Im frühen 19. Jhd wird in Rheinhessen das großherzöglich-hessische Landmaß eingeführt. Dort entspricht der Malter ca. 128 Liter. Vgl.: Frank Wagner: Das ältere Getreidemaßwesen im rheinhessischen Raum Zurück
- Schlösser, Hospital, S. 17. Zurück
- Schlösser, Hospital, S. 30. Im Folgenden wird auch exemplarisch über das Leben als Spitalspfründer berichtet. Zurück
- Schlösser, Hospital, S. 65. Zurück