Deutsches Eck
Erzbischof Theoderich von Wied rief 1216 die Ritter des Deutschen Ordens nach Koblenz und schenkte ihnen einen Teil des Geländes der Kastorkirche mitsamt dem dort befindlichen St. Nikolaus-Krankenhaus. Die bald danach errichtete Deutschordensballei unterstand dem Hochmeister des Ordens. Schon bald nach der Niederlassung des Deutschen Ordens trug diese Stätte, die damals noch unmittelbar auf der Landspitze des Zusammenflusses von Mosel und Rhein stand, die Bezeichnung Deutscher Ordt und dann den Namen Deutsches Eck.
Im 19. Jahrhundert wurde das Areal über eine Mole mit einer vorgelagerten Sandbank verbunden, um einen Nothafen an der Moselmündung zu schaffen. Mole und Sandbank trugen im Koblenzer Volksmund den Namen Honsschwanz, weil sie geographisch den letzten Ausläufer des Hunsrücks bildeten. Ende des 19. Jahrhunderts wurde der Hafen wieder zugeschüttet.
Am äußersten Ende dieser Landzunge wurde auf Veranlassung der preußischen Rheinprovinz ein monumentales Reiterstandbild in Gedenken an den 1888 verstorbenen Kaiser Wilhelm I. errichtet. Die Entscheidung für den Standort des Denkmals überließ man dem jungen Kaiser Wilhelm II., der sich 1891 für den Zusammenfluss von Rhein und Mosel entschied. Damals erhielt das Deutsche Eck seine heutige Gestalt. Der kleine Hafen mit der Molenverbindung zum Festland wurde zugeschüttet und so das Arreal für das geplante Denkmal geschaffen. Nachdem 1 Million Mark zur Verfügung standen wurde 1893 mit dem Bau begonnen. Anlage und Sockelarchitektur verantwortete Bruno Schmitz (Berlin), das Reiterstandbild wurde von Emil Hundrieser (Berlin) geschaffen. Am 31. August 1897 wurde das Kaiser Wilhelm-Denkmal in Anwesenheit Kaiser Wilhelms II. seiner Bestimmung übergeben. Von nun an verlagerte sich der Name Deutsches Eck von der Deutschordensballei auf das neue Denkmal.
Das Denkmal wurde nach den Plänen des Architekten Bruno Schmitz errichtet, der auch das Kaiser Wilhelm-Denkmal an der Porta Westfalica und das Kyffhäuserdenkmal errichtet hatte. Der Bildhauer war Emil Hundrieser. Das Denkmal war insgesamt 37 Meter hoch, das bronzene Reiterstandbild maß allein 14 m. Es zeigte den Kaiser in Generalsuniform mit wallendem Mantel. Eine Siegesgöttin führte das Pferd und trug in der anderen Hand die Kaiserkrone.
Auf das Denkmal führt ein doppelläufiger, rückwärtig durch eine flachbogig geschlungenen Mauer (siehe weiter unten) abgeschlossener Treppenaufgang beiderseits eines Sockels, dessen Stirnseite ein Adler über Feuer mit züngelnden Schlangenköpfen und der Inschrift "Wilhelm dem Großen" schmückt. Auf diesem Sockelplateau steht der von mächtigen enggestellten Säulen getragene mehrfach gestufte Sockel für das Reiterstandbild. Die Landzunge des Geländes ist mit Eisengittern eingefasst, die Schiffsanlegstelle mit Löwenköpfen markiert.
Das Denkmal war Ausdruck des wilhelminischen Zeitgeistes und wurde bereits zur Zeit seiner Entstehung wegen seiner überladenen, nationalistischen Symbolik kritisiert (u.a. von Kurt Tucholsky in seiner Reportage "Denkmal am Deutschen Eck").
Kurz vor Ende des Zweiten Weltkriegs, am 16. März 1945, wurde das Reiterstandbild durch eine amerikanische Artilleriegranate zerstört. Die französische Militärregierung plante, das Denkmal abzureißen und durch ein neues "Denkmal für Frieden und Völkerverständigung" zu ersetzen. Wegen Geldmangels wurden diese Pläne aber nicht umgesetzt. Am 18. Mai 1953 erklärte Bundespräsident Theodor Heuss den verbliebenen Sockel zum Mahnmal der deutschen Einheit. Dabei wurden im Umgang des Sockels die Wappen aller deutschen Länder und der ehemaligen Ostgebiete. Noch am Tag der Deutschen Einheit, dem 3. Oktober 1990 wurden die Namen aller ehemaligen Bundesländer der DDR auf zwei einander gegenüberliegenden Tafeln angebracht. Die Stelle des zerstörten Reiterstandbildes nahm bis 1993 ein Flaggenstock mit der Bundesflagge ein.
Nach dem Fall der Berliner Mauer wurden neben dem Denkmal drei originale Betonelemente der Mauer aufgestellt.
Seit dem Krieg waren immer wieder Vorschläge über eine Neugestaltung des Denkmals diskutiert worden. Alle Pläne scheiterten jedoch entweder an der Finanzierung oder daran, dass sie sich nicht mit der Idee des Mahnmals vertrugen. Durch die Wiedervereinigung Deutschlands 1990 verlor das Mahnmal jedoch seinen sinnstiftenden Gedanken. Eine private Stiftung des Koblenzer Verlegerehepaares Anneliese und Dr. Werner Theisen ermöglichte nun die Rekonstruktion des Reiterstandbilds.
Das Vorhaben war umstritten, da ein Denkmal für Wilhelm I. von vielen als problematisch empfunden wurde. Nachdem das Land Rheinland-Pfalz seine Besitzrechte an dem Denkmal auf die Stadt Koblenz übertragen hatte, akzeptierte der Stadtrat die Schenkung der Eheleute Theisen, und der Düsseldorfer Bildhauer Raimund Kittl wurde mit der Nachbildung der 1945 zerstörten Skulpturengruppe beauftragt. Das neue Reiterstandbild wurde am 25. September 1993 eingeweiht. Seit 2002 ist das Deutsche Eck Teil des von der UNESCO ausgezeichneten Weltkulturerbes Oberes Mittelrheintal.
Quelle: Dehio, Georg: Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler. Rheinland-Pfalz Saarland. Bearb. von Hans Caspary u.a. Darmstadt 1985; wikipedia.org; schaengel.de; Bilder: Birgit Herkersdorf; redakt. Bearb. S.G.