Kurfürstliches Schloss
Funktion und Gestalt
Das Kurfürstliche Schloss in Koblenz war die Residenz des letzten Erzbischofs und Kurfürsten von Trier, Clemens Wenzeslaus von Sachsen, der das Schloss Ende des 18. Jahrhunderts erbauen ließ. Es gehört zu den bedeutendsten Schlossbauten des französischen Frühklassizismus in Südwestdeutschland und ist neben dem Schloss Wilhelmshöhe in Kassel und dem Fürstbischöflichen Schloss in Münster eines der letzten Residenzschlösser, die vor der französischen Revolution in Deutschland noch gebaut worden sind.
Das Schlossgebäude besteht aus einem längsrechteckigen Hauptbau, der sich parallel zum nahen Rheinufer erstreckt, und zwei zur Stadt hin gelegenen halbkreisförmigen Zirkularflügel, die den großen Schlossvorplatz umrahmen. Der Hauptbau weist 39 Achsen auf, von denen jeweils fünf als Seitenrisalite ausgebildet sind. In der Mitte der zur Stadt gelegenen Front ist ein achtsäuliger Portikus in Gebäudehöhe vorgestellt. Zur Rheinseite wird ein Mittelrisalit ausgebildet, dem sechs Säulen vorgestellt sind und den ein Relief mit der Allegorie "Rhein und Mosel" des Bildhauers Sebastian Pfaff abschließt. Die niedrigeren Zirkularflügel sind ungegliedert.
Erbauung
Nachdem die alte Residenz, das Schloss Philippsburg in Ehrenbreitstein, baulich renovierungsbedürftig geworden und dem neuen Erzbischof Clemens Wenzeslaus von Sachsen nicht repräsentativ genug war, wurde ein neuer Repräsentationsbau notwendig. Die Landstände bewilligten erst nach längerer Diskussion die notwendigen Gelder. Das Kurfürstliche Schloss wurde schließlich von 1777 bis 1793 erbaut. Architekt war zunächst der Pierre Michel d'Ixnard (1723-1795)aus Paris. Der erste, wahrscheinlich auf Poggi und Salins de Montfort zurückgehende Entwurf von 1776 sah eine mehr landeinwärts gelegene und nach Norden zur Altstadt hin geöffnete Hufeisenanlage vor. D'Ixnard rückte 1777 wohl auf Wunsch des Kurfürsten den Schlossbau näher an den Rhein und drehte die Anlage, die sich nun nach westen zur Neustadt hin öffnen sollte. Nach Kritik an seinen Schlossplänen, die von einem Gegenentwurf des trierischen Baudirektors Johannes Seiz (gest. 1779) und einem Gutachten der Academie Royale zu Paris an Bedeutung gewann, trat d'Ixnard 1779 zurück. Zu diesem Zeitpunkt war der Hauptbau mannshoch und die Gebäudeflügel in den Grundmauern bereits feriggestellt.
Sein Nachfolger Antoine François Peyre d.J. vereinfachte die ursprünglichen Pläne. Am Corps de Logis verringerte er das geplante dritte Geschoss auf ein Mezzanin und verzichtete auf eine mittlere Kuppel (der niedrige Aufbau stammt von Stüler). Die Seitenflügel am Hauptbau und damit dessen Hufeisenform entfielen, sodass die Cirkularflügel unmittelbar am Corps de Logis ansetzen. Die Cirkularflügel selbst wurden stark vereinfacht ohne die von d'Ixnard vorgesehenen großen Baukörper und verbindenden Torarchitekturen. Mit der örtlichen Bauleitung waren Christian Trosson (bis 1782) und Johann Andreas Gärtner aus Dresden betraut. Der Rohbau war im Jahr 1784 vollendet.
Innenausstattung
Die Pläne für die Gestaltung der Innenräume und die der Möbel stammen größtenteils ebenfalls von Peyre. Für die Innenausstattung zeichneten bis 1787 der Hoffstukkateur Henckel, der Hofbildhauer Sebastian Pfaff (Mainz) verantwortlich. Die Entwürfe stammen z.T. von Francois Ignace Mangin (1786), die Deckenfresken schuf Januarius Zick. Am 23. November 1786 zog Kurfürst Clemens Wenzeslaus von Sachsen in das neue Schloss ein. Ein Jahr später wurde unweit des Schlosses das neue Theater eröffnet.
Als französische Revolutionstruppen sich Koblenz näherten floh Kurfürst Wenzeslaus am 7. Oktober 1794 endgültig aus seinem Territorium fliehen. Zwei Wochen danach wurde Koblenz von den Franzosen unter General François Desgraviers Marceau eingenommen. Zwischen 1798 und 1791 wurden die Kapelle und der festsaal hergerichtet (Entwurf von Die Pläne für die Gestaltung der Innenräume und die der Möbel stammen größtenteils ebenfalls von Peyre.
Der Trierer Kurstaat wurde 1801 größtenteils der französischen Republik einverleibt.
Die Innenausstattung des Residenzschlosses konnte deswegen nie vollendet werden. Die mobile Ausstattung hatte der Kurfürst noch vor seiner Flucht auf Schiffe verladen und nach Augsburg bringen lassen. Nach seinem Tod wurde die Ausstattung teilweise versteigert. Große Teile aus den Repräsentationsräumen des Koblenzer Schlosses gingen jedoch in den Besitz des Königreichs Bayern über. Diese Stücke sind heute noch im Schloss Johannisburg in Aschaffenburg, im Schloss Nymphenburg in München, in der Münchner Residenz, in der Stadtresidenz Landshut und in der Neuen Residenz Bamberg erhalten.
Das Schloss in preußischer Zeit
In französischer Zeit diente das Schloss seit 1795 als Militärlazarett, nach dem Rückzug Napoleons nach der verlorenen Schlacht um Moskau und der „Befreiung“ Koblenz durch russische Truppen seit 1814 als russisches Lazarett. Als Koblenz nach 1815 Teil des Königreichs Preußen wurde, diente die Anlage zunächst als Kaserne, dann beherbergte das Schloss zwischen 1823 bis 1842 verschiedene Behörden, so auch die Schulbehörde, an der von 1841-1873 der mutige Reformer und Provinzialschulrat Dietrich Wilhelm Landfermann tätig war. Bis 1911 war im Erdgeschoss der Amtssitz des Oberpräsidenten der preußischen Rheinprovinz.
Nachdem der Bau als offizielle Residenz des preußischen Königshauses ausersehen wurde, veränderte Johann Claudius von Lassaulx zwischen 1842 und 1845 nach Entwürfen von Friedrich August Stüler (Berlin) die Innenräume. In den Jahren 1850 bis 1858 amtierte hier Prinz Wilhelm, der spätere Kaiser Wilhelm I., mit seiner Gattin Augusta in seiner Eigenschaft als preußischer Militärgouverneur für die Rheinprovinz und die Provinz Westfalen. Von 1846-1911 diente das Erdgeschoss als Sitz des Oberpräsidiums der ehemaligen Rheinprovinz, während das Obergeschoss bis zum 1. Weltkrieg als zeitweise Wohnung und Residenz der königlich preußischen Familie diente. Kaiserin Augusta ließ in dieser Zeit die später nach ihr benannten Kaiserin Augusta-Anlagen (Rheinanlagen) als Park anlegen. Als Kaiserin besuchte Augusta (gest. Januar 1890) immer wieder das Schloss und die Stadt Koblenz, ihr "rheinisches Potsdam".
Nach dem 1. Weltkrieg waren seit 1921 Behörden in dem „verwaisten“ Schlossgebäude untergebracht.
Wiederaufbau und Nutzung nach 1945
Bei den Bombenangriffen im Zweiten Weltkrieg wurde die Schlossanlage 1944 bis auf die Außenmauern zerstört. In den Jahren 1950 bis 1951 wurde sie zunächst als Sitz des Alliierten Sicherheitsamtes äußerlich nach alten Plänen und im Inneren im Stil der Fünfziger Jahre wieder aufgebaut. Lediglich im Mittelbau wurden das repräsentative Treppenhaus, das Vestibül, der Gardesaal (heute Spiegelsaal oder Kurfürstensaal genannt) und der Gartensaal rekonstruiert. Leitbild war dabei der klassizistische Zustand der Erbauungszeit und nicht die Veränderungen Stülers im 19. Jahrhundert. Dies galt auch für die Wiederherstellung der Gartenanlagen, insbesondere den Schlossplatz. Der einzige noch historische Raum ist der Vorraum zur nicht mehr bestehenden Schlosskirche im nördlichen Kopfbau des Hauptgebäudes. Die Zirkularbauten erstanden in schlichten modernen Formen wieder und behielten nur Grundriss und Maßstab der Erbauungszeit bei.
1946 wurde das Land Rheinland-Pfalz als Rechtsnachfolger Preußens Eigentümer des Baues, den es aber 1960 an die Bundesrepublik Deutschland verkaufte, die seitdem Eigentümerin ist. Bei der letzten Restaurierung 1998 wurde statt der bisherigen äußeren Farbgebung in Ocker/Blau-Rot diejenige des 18. Jahrhunderts wiederhergestellt, Weißgrau für die Wandflächen und Grau für die Architekturglieder. Heute wird die ehemalige Residenz als Bürogebäude für verschiedene Bundesbehörden genutzt und ist deshalb nur bei Sonderveranstaltungen öffentlich zugänglich.
Seit dem Jahr 2002 ist das Kurfürstliche Schloss Teil des von der UNESCO ausgezeichneten Weltkulturerbes "Oberes Mittelrheintal".
Quelle: Dehio; wikipedia.org; redakt. Bearb. S.G.