Frei-Laubersheim in Rheinhessen

1742 – die Auswanderung des Johann Nicolaus Bertram

Das älteste im Ortsarchiv Frei-Laubersheim vorhandene Auswanderungsdokument stammt aus dem Jahr 1837. [Anm. 1] Auswanderungen in nichtdeutsche Staaten reichen jedoch wesentlich weiter zurück. Nach Meinrad Schaab war Anfang des 18. Jahrhunderts Amerika das überwiegende Ziel pfälzischer Auswanderer; bald darauf Ungarn, das vor allem Katholiken anzog.[Anm. 2] Als wesentliches Motiv für die jüngeren Jahrgänge sieht Schaab die besseren Heiratsmöglichkeiten.[Anm. 3] Bezogen auf die von Meinrad Schaab gemachten Aussagen war die Auswanderung des J.N. Bertram eine eher untypische Auswanderung.

Johann Nicolaus Bertram wurde am 10. März 1722 als drittes Kind des Frei-Laubersheimer Schultheißen Paulus Bertram und dessen Frau Anna Elisabetha in Frei-Laubersheim geboren. Die katholische Familie Bertram gehörte zur Minderheit im Ort, denn Frei-Laubersheim war überwiegend protestantisch. Als der Vater 1736[Anm. 4] starb war Johann Nicolaus erst 14 Jahre, das jüngste Kind der Familie gerade 5 Jahre alt. Die Mutter musste nun 9 Kinder alleine versorgen. Diese Notlage war wohl der Hauptgrund für sie sich bereits 1737 wieder zu verheiraten.

Über den Beweggrund zur Auswanderung des Johann Nicolaus ist leider nichts überliefert. Ob der frühe Tod des Vaters, die Wiederverheiratung der Mutter oder die relativ große Geschwisterzahl Einfluss auf seine Entscheidung hatten, bleibt daher unklar. Fest steht, dass von den 4 männlichen Geschwistern nur der erstgeborene Sohn der Bertrams auch noch in den 80iger Jahren in Frei-Laubersheim als Besitzer landwirtschaftlicher Flächen genannt wird.

Es sind jedoch nicht nur seine Motive nicht bekannt, es bleibt auch unklar, von wem er Informationen über sein Auswanderungsziel bekommen hatte. Er entschied sich nämlich nicht für Amerika und auch nicht für das bei Katholiken beliebte Ungarn, sondern Johann Nicolaus Bertram ließ sich von der niederländischen Ostindien Kompanie (VOC) als Soldat anwerben. Mit dem Betreten des Segelschiffes „Beukestijn“ im Hafen von Texel am 3. Mai 1742 begann offiziell sein Dienst für die „Kompanie“. Das Schiff mit 241 Menschen an Bord und dem Zielhafen Batavia legte am 23. August 1742 - nach etwa der Hälfte der Gesamtstrecke - am Kap der Guten Hoffnung in Südafrika an. Dort besaß die Kompanie einen Stützpunkt. Von den 88 Soldaten an Bord verließen hier 12 das Schiff, darunter auch Nicolaus Bertram. Obwohl die Schiffe der Kompanie regelmäßig nach Asien fuhren, waren diese Fahrten äußerst gefährlich. Als die „Beukestijn“ ihren endgültigen Zielhafen Batavia nach mehr als 7 Monaten am 22. Dezember 1742 erreichte, waren 43 (!) Menschen an Bord gestorben. Bertram, der ja bereits am Kap das Schiff verlassen hatte, kam zwar als Soldat ans Kap arbeitete aber dort ab 1743 als Küfer für die Ostindien-Kompanie. Die dazu notwendigen Kenntnisse hatte er sicherlich in Frei-Laubersheim erworben. Nach 6 Jahren quittierte er den Dienst und wurde „Freibürger“, das bedeutete, dass er sein Leben nun selbstständig und auf eigene Gefahr im Herrschaftsgebiet der Kompanie am Kap frei gestalten konnte. Bertram starb dort 1768, also im Alter von nur 46 Jahren - wahrscheinlich unverheiratet und kinderlos. Ein Testament soll er nicht hinterlassen haben.[Anm. 5]

Dipl.-Hdl. Wolfgang Zeiler 2016

Anmerkungen:

  1. http://www.regionalgeschichte.net/fileadmin/Rheinhessenportal/Orte/Frei-Laubersheim/Auswanderung_Frei-Laubersheim.pdf Zurück
  2. Schaab, Meinrad: Geschichte der Kurpfalz, Band 2 Neuzeit, Stuttgart 1992, S.221f. Zurück
  3. ebd. S.221 Zurück
  4. Das Sterbedatum von Paulus Bertram ist nicht sicher; er starb jedoch vor 1837 und nach 1834 Zurück
  5. http://vocopvarenden.nationaalarchief.nl/detail.aspx?lang=de&ID=810878; eingesehen am 27.04.2015 Zurück