Frei-Laubersheim in Rheinhessen

Das Frei-Laubersheimer Morgenbuch von 1711

Frei-Laubersheimer Morgenbuch von 1711

Das Jahr 1711: Der 30jährige Krieg lag zu diesr Zeit etwa so weit zurück, wie für uns heute der II. Weltkrieg. Vielleicht gab es damals noch Frei-Laubersheimer, die diesen grausamen Krieg miterlebt hatten; zumindest in den Erzählungen wird er noch lebendig gewesen sein.

In Frankreich herrschte Ludwig der XIV., der „Sonnenkönig“, der mit seinen Kriegen bis in die 90iger Jahre des 17. Jahrhunderts die Pfalz und Rheinhessen so verheerend verwüsten ließ. Das Ende dieser französischen Eroberungskriege lag etwa 20 Jahre zurück, als man in Frei-Laubersheim ein neues Morgenbuch anlegte[Anm. 1]

Morgenbücher sind recht dicke Bücher, haben meist mehr als 1000 Seiten und sind in einer Schrift geschrieben, die für uns heute oft schwer lesbar ist. Aber was steht in diesen Büchern, warum sind sie für die Geschichte der Gemeinde so wichtig?

Aufbau und Inhalt des Morgenbuches

Morgenbücher enthalten für jeden Besitzer landwirtschaftlicher Flächen innerhalb der Gemarkung dessen Landbesitz, ausgedrückt in „Morgen“ oder in Teilen von Morgen (für Frei-Laubersheim galt: 1 Morgen = 4 Viertel; 1 Viertel = 4 Kick). Daher kommt der Name „Morgenbuch“. Die Erfassung der Flächen war Grundlage für die „Schatzung“, d.h. die Besteuerung der Grundstücke.

Morgenbücher sind nicht statische, sondern dynamische Bücher. Das Morgenbuch von 1711 erfasste zwar bei seiner Erstellung den Istzustand, wurde aber in den Folgejahren ständig fortgeschrieben, also immer wieder aktualisiert. Diese Aktualisierung erfolgte durch Streichen und Überschreiben von Eintragungen sowie durch Einfügungen und Verweise. Zum Beispiel verkaufte Nicolaus Ebert an Paulus Bertram eine Wiese „im Grundt unden an der Mühl“. Am Buchseitenrand wurde beim Verkäufer Ebert eingetragen: „paulus bertram“. Beim Käufer Bertram wurde das neu erworbene Grundstück eingefügt mit dem Zusatz: von Ebert 1729. So wurde vor allem durch Käufe, Verkäufe und Erbschaften das Morgenbuch im Laufe der Zeit immer unübersichtlicher. Deshalb entschloss sich die Gemeinde im Jahr 1739, also nach 28 Jahren, ein neues Morgenbuch anzulegen. Wie viele Morgenbücher es in Frei-Laubersheim gegeben hat, ist nicht bekannt. Für das 18. Jahrhundert sind die Morgenbücher von 1711, 1739 und 1779 nachgewiesen.

Auf den ersten 24 Seiten des Morgenbuchs wurden zunächst die in Geld oder in Korn an die Gemeinde zu entrichtenden Zinsen für gemeindeeigene Güter aufgelistet. Dazu ein paar Beispiele:

Geldzinsen :

7 alb 4 Pf Johannes Petterich von dem Dorffgraben an seinem Haus, von Johann Philippus Mathes Mauer an bis an Dittrich Vogels Scheuer

2 alb Hanß Conradt Michel von einem Baume am Reichskeller

8 alb Nicolaus Ebert von dem Thor an seinem Haus am Eck unten

1 alb 4 Pf die Herren von Tholey, von einem Platz da der Brunnen Stock drauff gestanden hat

Kornzinsen:

3 Sester Korn Hanß Peter Jung von 3 Viertel Weingarten auf Beeder

1 Simer Korn von einem Morgen acker bey Sanct Catharina Kirch

2 Sestern Jacob Eppeler, Davidt Orthwein und philipps Dietz Schultheiß, von einem halben Morgen uff Stöltzweiler

Auf den folgenden etwa 1000 Seiten wurde die Erfassung der landwirtschaftlichen Flächen vorgenommen, also das eigentliche Morgenbuch geschrieben. Dazwischen und vor allem am Ende des Morgenbuches auf den Seiten 1040 bis 1068 finden sich Einträge des Ortsgerichts, die privatrechtlichen Charakter haben und Vorgänge dokumentieren, die uns einen Einblick in das private Leben der Frei-Laubersheimer vor 300 Jahren geben. Wegen der Bedeutung dieser Eintragungen ist dies Gegenstand einer gesonderten Abhandlung.

 

Die erste Seite des Morgenbuches mit dem Namen des Schultheißen und den Namen der 7 Gerichtsschöffen

Die Bewertung und Lokalisierung der einzelnen Parzellen

In der Frei-Laubersheimer Gemarkung gab es im Jahre 1711 mehrere Tausend einzelne Parzellen. Zunächst wurden die Parzellen nach ihrer Nutzung in Wingerte, Äcker, Wiesen und Börtter gegliedert. Als Börtter waren beim Ort liegende, als Garten genutzte Flächen zu verstehen. Einen Hinweis auf diese Nutzung als Garten gibt z.B. der Eintrag: „Ein Bortt im Römer hat einen Schlüßel“.[Anm. 2] Die Nutzung einer Parzelle konnte sich auch ändern. Z.B. „Ein halb Morgen Weingarten nunmehr acker“[Anm. 3] oder „ Ein einhalb Viertel Walt nunmehro Acker“. [Anm. 4] Solche Änderungen sind jedoch sehr selten im Morgenbuch zu finden.

Die Erfassung der Parzellen erfolgte in der Regel durch 4 Merkmale. Zwei davon bildeten die Grundlage für die Besteuerung, die anderen beiden dienten der (möglichst) exakten Lokalisierung.

Für die Besteuerung war die Bodenqualität und die Größe maßgeblich. Jeder Eintrag begann mit einem „G“ für guter Boden, einem „M“ für mittleren oder einem „S“ für schlechten Boden. Danach wurde die Parzellenfläche angegeben, z.B. „ Eineinhalb Viertel“, „Ein Morgen 1 Kick“, „1 Viertel aus einem halben Morgen“, „ Ein halb aus 3 Viertel“ , „Eineinhalb Viertel halb“ oder auch ein wenig ungenauer „1 Viertel etwas weniger“.

Mit den Merkmalen 3 und 4 wurde die Parzelle in der Gemarkung lokalisiert. Dazu diente zunächst die Flurbezeichnung, z.B. „im Briel“ . Diese einfache Bezeichnung war jedoch meist nicht genau genug, weshalb man weitere Zusätze verwendete. Dabei wurde entweder der Flurname selbst näher bestimmt, z.B. im untersten Briel, im obersten Briel, am Kappelborn das oberste Theil[Anm. 5] oder man verwendete weitere Ergänzungen zur genaueren Lokalisierung, z.B.

Im briel in der breid wiß 

am Briel stößt auf den Berlochsberg

in der Langgewandt recht an den 4 Steinen

Im Leimigten Kolben am Hollerstock, liegt in zwey Stücken 

Im Grundt an der Mühlen

An der Leyendückers Wieß stößt uff die Wingert

Uff dem Zuckerberg unden am alten baumberger Weg uff der Eselsbach

Im Gehren unten an der Weiler Rech an der Dreyspitz

Zur Lokalisierung wurden neben den Flurnamen auch andere Bezugspunkte gewählt, z.B. eine Scheune „hinter Sponheimers Scheuer“.

Nach der Flurbezeichnung folgte als viertes Bestimmungsmerkmal die Nennung der Anrainer, also der direkten Grundstücksnachbarn. Dazu verwendete man die Begriffe „oben“ und „unten“ bzw. „einerseits“ und „andererseits“, immer mit Blickrichtung vom Ort aus auf das Grundstück. Also z.B. „oben Hanß Peter Mesenheimer aus Hollandt unden Caspar Eppelmann“ [Anm. 6] oder „oben Nicolaus Waller, unden Jacob Eppeler zum Theil undt Hanß Peter Becker“.

Ein vollständiger Eintrag im Morgenbuch enthielt also immer die 4 Merkmale: Bodenqualität, Flächengröße, Flurbezeichnung und Anrainer. Ein Eintrag lautete dann zum Beispiel:

„S Ein Viertel uff der Schwarz Erdt, oben Jeremias Sachsen Erben, unten Hanß Martin Fiscus Wittib“ (Wittib, also die Wittwe von Martin Fiscus)

oder

“S 1 Viertel uff Ave Maria oben Nicol Waldtboth unden Nicolaus Unbehend"

Bei späteren Eintragungen im Morgenbuch wurde meist auf die Zuordnung des Merkmals für Bodenqualität verzichtet.

Blick ins Morgenbuch

Die größten Grundbesitzer im Jahre 1711

In der folgenden Liste wurden in einer Art „ranking“ die 50 „Flächenreichsten“ von insgesamt 120 Besitzern landwirtschaftlicher Grundstücke in absteigender Reihung zusammen gestellt. Derjenige mit der größten Fläche musste jedoch nicht unbedingt der Reichste des Ortes gewesen sein. Zum einen wurde die Bodenqualität und damit der Bodenertrag bei dieser Auflistung nicht berücksichtigt. Große Flächen mit geringer Bodenqualität können weniger Ertrag bringen als kleine Flächen mit hoher Qualität. Zum anderen blieb unberücksichtigt, dass manche Einwohner einen weiteren Erwerbszweig hatten und nicht allein vom landwirtschaftlichen Ertrag leben mussten. Dies war z.B. bei Pfarrer Wittum der Fall oder auch beim Schulmeister Samuel Surerus. Johann Nicol Breitenbach, der wohl hauptberuflich Bäcker war, belegte in dieser Auflistung mit etwa 5 Morgen nur Platz 92. Trotzdem gibt die Reihung sicherlich einen kleinen Hinweis auf die Vermögensverhältnisse und wohl auch auf die soziale Stellung der Bewohner.

1) Nicolaus Eppelmanns Wittib 46,314 Morgen

2) Dittrich Vogel 44,406 Morgen

3) Velten Baußmann 39,250 Morgen

4) Johann Conradt Michel 35,688 Morgen

5) Hanß Jacob Bernhardt 33,813 Morgen

6) Johann Michel Metz 31,844 Morgen

7) Friedrich Schleich Ravengiersperger Hoffguth 29,375 Morgen

8) Hanß Jacob Eppler 28,375 Morgen

9) Nicolaus Ebert 23,500 Morgen

10) Friedrich Lehr 23,063 Morgen

11) Diedrich Waller 22,719 Morgen

12) Johannes Harttenstein 22,531 Morgen

13) Hanß Peter Meisenheimer 20,688 Morgen

14) Johann Nicol Mathes 20,125 Morgen

15) Hanß Philipp Waller, der alt 19,969 Morgen

16) Johannes Cantzler (Schöffe des Ortsgerichts) 19,813 Morgen

17) Hanß Peter Jung 19,781 Morgen

18) Hanß Philippus Michel 19,563 Morgen

19) Johannes Odernheimer 19,563 Morgen

20) Hanß Peter Baußmann 18,875 Morgen

21) Frau Elisabeth Margretha Pfarrer Simonis Wittib 18,531 Morgen

22) Johannes Mathes 18,250 Morgen

23) Hanß Velten Weinßheimer 17,563 Morgen

24) Heinrich Enderß/ Philipps Leiß 17,094 Morgen

25) Friedrich Schleich 16,750 Morgen

26) Friedrich Schleich 16,375 Morgen

27) Wittumb, Pfarrer 15,875 Morgen

28) Johann Philipp Mathes 15,781 Morgen

29) Hanß Philipp Waller der Jung 15,625 Morgen

30) Johann Adam Vogel 15,031 Morgen

31) Johann Philipp Dietz (Schultheiß) 14,813 Morgen

32) Hermanns Breitenbach 14,344 Morgen

33) Nicolaus Waltboth 13,563 Morgen

34) Johannes Traub (Schöffe des Ortsgerichts) 13,406 Morgen

35) Heinrichs Krämers Wittib Anna Maria 13,000 Morgen

36) Johann Nicolaus Bantzer 12,938 Morgen

37) Jacob Waller 12,938 Morgen

38) Nicolaus Unbehend 12,688 Morgen

39) Hanß Peter Bernhard 12,594 Morgen

40) Nicol Schmid 12,375 Morgen

41) Hanß Philipp Baußmann 12,063 Morgen

42) Hanß Peter Foltz 11,875 Morgen

43) Anton Fäßebecks Wittib, Catharina 11,563 Morgen

44) Christian Germann 11,000 Morgen

45) Johannes Sponheimer 10,938 Morgen

46) Heinrich Fäßig 10,813 Morgen

47) Nicolaus Stemper 10,813 Morgen

48) Johann Martin Messerschmid 10,563 Morgen

49) Martin Baußmann 10,000 Morgen

50) Johannes Petterich 9,938 Morgen

Die klösterlichen Hofgüter sind in dieser Liste nicht erfasst, da im Morgenbuch über die geistlichen Güter keine Angaben vorliegen.

Auf die Besetzung der Funktionsstellen von Schultheiß und Gerichtsschöffen hatten die Besitzverhältnisse offenbar wenig Einfluss. Johann Philipp Dietz belegte als Schultheiß in dieser Reihung Platz 31, die Gerichtsschöffen Philipp Sponheimer mit 8 Morgen Platz 62 und Nicolaus Waller mit lediglich 5 Morgen den Platz 82. Für die Auswahl von Schultheiß und Schöffen waren offenbar ganz andere Gründe entscheidender.

Auswärtige Grundbesitzer in Frei-Laubersheim

Im Jahr 1711 gab es in Frei-Laubersheim neben den klösterlichen Besitzern auch eine Anzahl von auswärtigen, privaten Grundbesitzern. Ob diese Besitzungen durch Kauf oder Erbschaft erworben wurden, ist dabei nicht erkennbar. Bei einigen lässt sich jedoch anhand der Namen Erbschaft vermuten:

„Herr Johann Wilhelm Gutenberger, Pfarrer zu Ingolstatt“ besaß etwa 7 Morgen. Diese Güter wurden später von „Hans Philipp Waller der alt“ übernommen.

„Wendel Huffs zu Wöllstein erste Hausfrau Engel Gutenbergerin“ besaß ebenfalls etwa 7 Morgen in der Gemarkung.

„Jacob Mörsfelder, Schultheiß zu Neuenbamberg“ gehörte etwa ein halber Morgen „am ewigen Nest uff der Platten“.

„Johann Nicol Schlamp“ und „Hans Michel Schlamp“ beide ebenfalls aus Neubamberg besaßen zusammen etwa 2 Morgen, die später von dem Frei-Laubersheimer „Frantz von der Aue“ übernommen wurden.

„Velten Sponheimer zu Firfeld“ gehörten Weinberge im Kolben, die er später an seinen in Frei-Laubersheim lebenden Bruder Philipp Sponheimer verkaufte.

Ein „Johannes Baußmann zu Plänig“ hatte einen Weinberg im Steinsweg und einige Äcker, Wiesen und Börtter, die der Frei-Laubersheimer Velten Baußmann im Jahr 1720 erwarb.

In der Flur „zu Kehlen“ wird als Anrainer zu einem Acker des Johann Conradt Michel ein „Juncker Müller“ genannt: „Zu kehlen uff der baumberger seit einseith Juncker Müller“. Weiteres ist über ihn nicht bekannt.

Der Stattschreiber Umbscheid hatte „auf dem Römer“ einen Besitz. Vermutlich handelte es sich um ein Haus, das er dort besaß, denn bei den landwirtschaftlichen Flächen wurde sein Name nicht genannt.

Dotzauer [Anm. 7] kennt unter der Überschrift „Oberamtleute und Beamte des Oberamts Kreuznach“ einen Johann Dietrich Umbscheid und fügt den Vermerk bei „vor 1652“. Ob es sich in Frei-Laubersheim um den selben „Umbscheid“ handelte, bleibt ungewiss, da das Morgenbuch keinen Vornamen nennt. „Uffm Römer am Sanct Nicols einseith Velten Buaßmann undt Herr Stattschreiber Umbscheid anderseith Hanß Peter Jung“

 

Zehntfreie private Güter

Die landwirtschaftlichen Flächen, die die Frei-Laubersheimer und auswärtige Untertanen besaßen, waren grundsätzlich zehntpflichtig. 16 kleine Parzellen erhielten jedoch den Vermerk „zehendfrey“. Sie befanden sich vor allem in der Nähe des Dorfes (z.B. hinter der Kirch, am Wasserloch, an der Weed). Es handelte sich dabei um Äcker, Wiesen und Börtter (nicht um Weinberge), deren Bodenqualität vorwiegend mit „G“ und „M“ gekennzeichnet wurde. Mit insgesamt nur etwa 6 Morgen stellten diese 16 Parzellen, die im Besitz von verschiedenen Familien (z.B. Baußmann, Waller, Vogel, Gutenberger) waren, allerdings nur einen unbedeutenden Teil an der gesamten Nutzfläche dar. Das Recht der Zehntfreiheit war dabei an das Grundstück gebunden und hing nicht vom jeweiligen Eigentümer ab. So blieb z.B. die Parzelle „M 1 ½ Viertel acker undt wieß im grundt unten an der Mühl“, die zunächst Wilhelm Gutenberger gehörte, nach der Übernahme durch Hans Philipp Waller, weiterhin „zehendfrey“.

Erst im Jahr 1782 nahm die Zahl der zehntfreien Parzellen in Privathand stark zu. In diesem Jahr ersteigerten die bisherigen Pächter des Hofguts Altenmünster, Enck und Sponheimer, die Frei-Laubersheimer Güter des Klosters. Als Besitz des Klosters Altenmünster waren diese ersteigerten Güter bisher zehntfrei gewesen. Offenbar war die rechtliche Situation hinsichtlich der Zehntfreiheit nach der Versteigerung nicht eindeutig. In der Urkunde von 1784 wurde festgelegt, dass die durch Enck und Sponheimer ersteigerten Güter auch weiterhin nicht der Zehntpflicht unterlagen. [Anm. 8]

 

Die Zersplitterung der Parzellen

In Frei-Laubersheim hat es in früherer Zeit wohl große zusammenhängende Nutzflächen gegeben. Darauf weisen z.B. die Flurnamen „In den 10 Morgen“ oder „in den 7 Morgen“ hin. 1711 gab es kaum eine Parzelle, die größer als ein Morgen war. Woher kam diese Verkleinerung der Parzellen?

In manchen Gegenden Deutschlands erbte der älteste Sohn den Hof mit allen Ländereien. Dadurch blieb die Gesamtgröße des Hofes und die Größe der Parzellen erhalten. In unserem Gebiet wurden im Erbfall die Güter auf die Kinder verteilt. Man spricht hierbei von „Realteilung“. Man könnte nun annehmen, dass ein Erblasser, der z.B. 50 Parzellen und 5 Kinder hatte, jedem Kind 10 Parzellen vererbte. Wäre diese Realteilung nur in dieser Form durchgeführt worden, wäre damit lediglich eine Erklärung für den durch Erbschaft verkleinerten Besitz der Nachkommen gegeben, aber keine Erklärung für die Verkleinerung der einzelnen Parzellen. Am Beispiel von Nicolaus Eppelmanns Witwe lässt nachweisen, wie auch solche Parzellenverkleinerungen konkret entstanden sind.

Nicolaus Eppelmanns Witwe hatte von ihrem Mann mit über 46 Morgen den größten Privatbesitz in Frei-Laubersheim ererbt. Diese 46 Morgen verteilten sich auf 134 einzelne Parzellen. Die Familie Eppelmann hatte 6 Kinder. Als der Erbfall eintrat, wurden 97 der Parzellen unter den Kindern verteilt. Die Parzellen blieben also in ihrer Größe weiter bestehen. 37 Parzellen, also fast 1/3 der Parzellen, wurden jedoch zwei oder mehr Kindern übertragen. Dazu einige Beispiele:

„Anderthalb Viertel hinter der Weyd,“ Vermerk: „Wilem undt Christian“

„Ein Viertel Feldt in der Bitz“, Vermerk:“Christian, Wilhelm undt David“

„Zweitheil aus anderthalb Viertel am krummen Graben“, Vermerk: Mariliß undt David

„Ein halben Morgen auff dem Loch“, Vermerk: ist den 6 Kindern insgemein.

Anhand des nachfolgenden Morgenbuches von 1739 lässt sich nachweisen, dass auch in der folgenden Generation solche Parzellenteilungen vorgenommen wurden. Der Sohn Wilhelm vererbte seine Güter in ähnlicher Weise wie seine Mutter. Manche Parzellen wurden den einzelnen Kindern insgesamt übertragen, andere Parzellen jedoch aufgeteilt. Z.B. „Drey Viertel im oberen Thalacker“ Vermerk: „ Christian 2 Viertel Martin1 Viertel“ oder „Zweieinhalb Viertel auff Steltzweiler“ Vermerk: „ agnes catharina jeder die Helfft“ [Anm. 9]

Es ist denkbar, dass manche Kinder ihre Anteile an den Mitinhaber verkauften, dann blieb die Parzelle in der Größe erhalten; geschah dies aber nicht, verkleinerte sich durch die Erbschaft die Parzelle. Sicherlich führten auch andere Handlungen, z.B. Verkauf eines Parzellenteils zu Verkleinerungen (oder im Gegenteil ein Zukauf auch zu Vergrößerungen). Aber Erbschaften, als sich ständig wiederholende Vorgänge, mussten in der hier dokumentierten Weise letztlich im Laufe der Jahrhunderte zu immer kleineren Parzellen führen.

 

Die jährlichen Abgaben der Grundbesitzer

In diesem Morgenbuch wurden nur die Abgaben in Geld und Naturalien für die gemeindeeigenen Güter (Geld- und Kornzinsen) erfasst.

Wie hoch die Abgaben waren, die die Frei-Laubersheimer für ihre eigenen Besitzungen leisten mussten, finden sich in diesem Buch keine Aufzeichnungen. Im darauf folgenden Morgenbuch aus dem Jahre 1739 dagegen wurden jeder Parzelle die fälligen jährlichen Zahlungen, ausgedrückt in Gulden, Kreuzer und Heller, einzeln zugewiesen, so dass sich die Belastungen in „Heller und Pfennig“ errechnen lassen.

Nachweise

Verfasser: Wolfgang Zeiler

Verwendete Literatur:

  • Dotzauer, Winfried: Die vordere Grafschaft Sponheim als pfälzisch-badisches Kondominium 1437-1707.
  • Frey Laubersheimer Morgen Buch 1711. (Privatbesitz)
  • Frey Laubersheimer Morgen Buch 1739. (Ortsarchiv Frei-Laubersheim)
  • Frey Laubersheimer Morgen Buch 1779. (Ortsarchiv Frei-Laubersheim)

Erstellt: 2012

Aktualisiert am: 30.06.2014

Anmerkungen:

  1. Frey Laubersheimer Morgen Buch 1711; zurzeit noch in Privatbesitz Zurück
  2. Morgenbuch S.524 Zurück
  3. Morgenbuch S.283 Zurück
  4. Morgenbuch S.530 Zurück
  5. Morgenbuch S.214 Zurück
  6. Morgenbuch S.226 Zurück
  7. Dotzauer, Winfried: Die vordere Grafschaft Sponheim als pfälzisch-badisches Kondominium 1437-1707, S. 231 Zurück
  8. Morgenbuch von 1779, Ortsarchiv Frei-Laubersheim Zurück
  9. Morgenbuch von 1739, Ortsarchiv; S. 11 f Zurück