Koblenz am Mittelrhein

St. Kastor

St. Kastor
Frontansicht von St. Kastor in Koblenz. Die ältesten Teile der Kirche gehen noch auf einen römischen Tempelbau zurück. Der Kirchenbau selbst stammt aus dem 9. Jh.
Südostansicht von St. Kastor in Koblenz. Der Bau wurde im 9. Jahrhundert geweiht, maßgeblich allerdings erst durch Um- und Neubauten im 12. und 13. Jahrhundert zu seiner heutigen Form gebracht.

Die erste Kastorkirche, bis Mitte des 13. Jahrhunderts vor den Toren der Stadt gelegene Kirche, wurde zwischen 817-836 unter Erzbischof Hetti von Trier mit Unterstützung Kaiser Ludwigs des Frommen in Koblenz erbaut und am 12. November 836 geweiht. Am Tage zuvor waren die Gebeine des hl. Kastors von Karden an der Mosel hierher gebracht worden. Wahrscheinlich wurde gleichzeitig das Stift gegründet und die Kirche zur Pfarrkirche erhoben. Geweiht wurde damals lediglich der Saalbau mit rechteckigem Chorabschluss, der aber bereits im 9. Jahrhundert um das heutige Querhaus mit halbkreisförmiger Apsis erweitert wurde. Das Stift St. Kastor wurde zum bedeutenden Treffpunkt und Versammlungsort der deutschen Kaiser und Könige. So wurden im Jahr 842 hier von den Gesandten der Söhne Ludwig des Frommen wichtige Vorbesprechungen geführt, die dann 843 im Vertrag von Verdun zur Teilung des Fränkischen Reiches in drei Teilreiche - Westfrankenreich, Lotharingien und Ostfrankenreich – führten. Im Juni 860 trafen sich Mitglieder der karolingischen Herrscherfamilie, um familieninterne Streitigkeiten zu schlichten.
In einer weiteren Bauphase wurde die Memoria vor dem Chor als kapellenartige Gruft über eine ringförmige Krypta mit der Kirche verbunden. Im 10. Jahrhundert wurde die Anlage im Osten um eine Chorrotunde erweitert. Vermutlich entstanden zur selben Zeit die beiden Seitenschiffe des Langhauses und der untere Teil des Westbaus (Eingangsbereich). Er wurde von den zwei Rundtürmen flankiert, die im 11. Jahrhundert von den heutigen, bis 1103 vollendeten Türmen ersetzt worden sind, sie waren allerdings erst fünf Etagen hoch.

St. Kastor
St. Kastor wurde im 9. Jahrhundert geweiht. Massive Umbaumaßnahmen im 12. Jahrhundert gab der Kirche ihr heutiges Aussehen. Sie wurde von Papst Johannes Paul II. 1992 in den Rang einer Basilika Minor erhoben.

Der Umbau der Kirche zu seiner heutigen Form und Größe begann etwa 1160 unter Propst Buvo. Er ließ die Krypta, die Chorrotunde, die Apsis und die Gruft niederlegen und errichtete den heutigen Ostbau, ein quadratischer überwölbter Chorraum mit von Türmen flankierter halbkreisförmiger Apsis, Schatz- und Heiligtumskammern. 1180 und 1270 wurden die zwei Westtürme um je ein Stockwerk erhöht, so dass die nunmehr sieben Stockwerke hohen Türme von der ganzen Stadt aus zu sehen waren. Erzbischof Johann I. weihte die Kirche am 27. Juli 1208 ein weiteres Mal. Im Krieg zwischen Philipp von Schaben und König Otto IV. waren die Kirchengebäude im Jahr 1198 schwer in Mitleidenschaft gezogen worden. Im Zuge der Erneuerungsarbeiten entstanden auch die Giebelgeschosse mit dem steilen Rhombendach des Westbaus. Die beiden durch Pilaster einfach gegliederten Untergeschosse der Westtürme stammen allerdings noch aus karolingischer Zeit.
Der Trierer Erzbischof Bruno von Lauffen gründete 1110 neben der Kastorkirche ein Hospital, eines der ersten Einrichtungen zur Krankenpflege nördlich der Alpen. Erzbischof Theoderich von Wied rief 1216 die Ritter des Deutschen Ordens nach Koblenz und schenkte ihnen diesen Teil des Geländes mitsamt dem dort befindlichen St. Nikolaus-Krankenhaus. Eine Motivation für die Ansiedlung des Ordens war in dessen Eignung für die Krankenpflege zu sehen. Unmittelbar an der Ecke, wo die Mosel in den Rhein fließt, entstand bald danach die Deutschordensballei. Seit dieser Niederlassung des Deutschen Ordens trug diese Stätte zunächst die Bezeichnung "Deutscher Ordt" und dann "Deutsches Eck".
1338 fand das letzte bedeutende Treffen in der Kirche statt. Kaiser Ludwig der Bayer und der englische König Eduard III. besiegelten Bund und Freundschaft in der Kastorkirche. Von 1496 bis 1499 wurde die Einwölbung vorgenommen, die die streng romanische Gliederung ersetzte. Gleichzeitig wurden zwei Sternengewölbe, das eine im Hauptschiff, das andere in der Vierung über dem Altar errichtet.

 


St. Kastor: Sterngewölbe

Bis zum Reichsdeputationshauptschluss 1803 war St. Kastor ein Chorherrenstift mit Stiftsgebäuden vor der Westfassade und auf der Südseite, vor der sich auch der Kreuzgang befand, und einem am gelegenen Kirchhof für die Angehörigen der Pfarrei St. Kastor.
Nach der Aufhebung des Stifts (1802/1803) wurden die Stiftsgebäude und der romanische Torbau, der den westlichen der Kirche gelegenen Friedhof abschloss, abgebrochen. Unter der Leitung des preußischen Bauinspektors Johann Claudius von Lassaulx wurde 1830 mit einer völligen Innenrestaurierung begonnen. Ermöglicht wurde dies durch die finanzielle Unterstützung des Dechanten Edmund Bausch. Zwischen 1840 und 1860 wurde der Innenraum von Joseph Settegast mit Fresken versehen (bis auf das nicht mehr vorhandene Apsisgemälde). Die barocke Ausstattung (Hochaltar, Chorgestühl, Bänke) wurden damals größtenteils entfernt. Das endgültige Erscheinungsbild erhielt St. Kastor zwischen 1890 und 1894, als die gesamte Kirche durch Stadtbaumeister F.W. Maeckler mit einer Verblendung aus Tuffstein versehen wurde. Das rechte Seitenschiff und die südliche Sakristei wurden abgebrochen und mit geringerer Mauerstärke bzw. in reduzierter Breite wiederaufgebaut.
Am 6. November 1944 wurde St. Kastor bei einem englischen Bombenangriff beschädigt. Artillerietreffer im März 1945 beschädigten zusätzlich die Außenfassade. Die steinerne Substanz inklusive der Gewölbe blieb allerdings weitgehend intakt. Der Wiederaufbau begann 1948. 1955 erfolgte eine neue Ausmalung. Umfangreiche Sanierungs- und Restaurierungsarbeiten an den Türmen fanden in den Jahren 1979 bis 1990 statt. Große Teile der Tuffsteinverblendung und zahlreiche Werkstücke insbesondere der Freigeschosse wurden ausgewechselt. Der bis 1848/49 verputzte und farbig gefasste Außenbau blieb steinsichtig.
Papst Johannes Paul II. erhob am 16. Februar 1992 St. Kastor zur päpstlichen basilica minor.

Aufbau

Die bestehende, im Wesentlichen in der Mitte des 12. Jahrhunderts und um 1200 erbaute Kirche mit dreischiffigem Langhaus, Querhaus, Chor, Apsis, zwei West- und zwei Osttürmen steht auf den Fundamenten eines karolingischen Baus, von dessen aufgehendem Mauerwerk sich möglicherweise Reste im Westbau erhalten haben. Das schmale östliche Querhaus überragt die Flucht der Seitenschiffe nicht. Das dritte Geschoss der Apsis besteht aus einer Zwerggalerie mit 21 Säulenarkaden.

Pfarrhof (Kastorhof 8)

Pfarrhaus St. Kastor
Koblenz. Kastorpfarrhof

Die außerordentliche Wirksamkeit des Baumeisters Johann Claudius von Lassaulx zu Anfang des 19. Jahrhunderts erfasste nicht nur den Kirchen-, sondern auch den Profanbau. Unverkennbar ist sein Baustil der Wiedergeburt gotischer und rheinisch-romanischer Bauformen auch an drei Profanbauten der Stadt Koblenz abzulesen. Sie stehen am Kastorhof und in der Rheinzollstraße.
Das Pfarrhaus von St. Kastor war nach den Plänen des Johann Claudius von Lassaulx 1829 fertiggestellt. Nach seinen Abrechnungsbüchern betrugen die Baukosten ganze 7.378 Taler. Die vorgelagerte „Freischwebetreppe“ gibt der schönen Gliederung der Frontansicht - vor allem im Oberstock mit seinen Blendbögen über den Rundfenstern und dem durchgehenden Sims, auf dem die Blendbögen aufsitzen - einen besonderen Akzent.

Marienkapelle

Über dem Eingang befindet sich eine Kapelle des Heiligen Michael. Ihm ist auch das Motiv des 1963 errichteten Gefallenendenkmals in der Vorhalle gewidmet.

Brigitten-Madonna

Brigitten-Madonna

Im 2. Joch des südlichen Kirchenschiffs ist das Marienbild Brigitten-Madonna untergebracht. Das Tafelbild wird auf die Jahre zwischen 1350 und 1410 datiert und wurde in Böhmen bzw. von einem böhmischen Künstler gefertigt. Seit 1672 ist das Bild nachweisbar. Es befand sich damals im Besitz des Weihbischofs Otto Reinhold von Andrimot, der es bei seiner Wahl zum Dechanten des Liebfrauenstift Wetzlar mit dorthin brachte. Bis zur Säkularisation 1802/03 blieb die Brigitten-Madonna in Wetzlar. Im Zuge der Verweltlichung des Kirchhengutes fiel die Madonna in Privatbesitz. 1822 kam das Bild in den Besitz des Geheimen Medizinalrates Dr. Joseph Maria Settegast. Am 26. Februar 1936 ist das Tafelbild im Besitz der Schwestern von der Kongregation des Heiligen Borromäus, die in einem Koblenzer Bürgerhospiz kranke und alte Menschen pflegten. Dieses Hospiz gehörte zusammen mit einem Kloster zur Pfarrei von St. Kastor. Seit 1849 steht die Brigitten-Madonna in der St. Kastorbasilika.

Ausstattung

  • Hochaltar mit hervorragendem Bronzekruzifix, 1685 von Georg Schweigger, Nürnberg, gegossen, von Wolf Hieronymus Gerold, Nürnberg, aus Ehrenbreitstein stammend.
  • Im rechten Seitenaltar Marmorkruzifix, 1709.
  • Reichverzierte Kanzel, 1625, vielleicht von Peter Kern aus Koblenz, mit Reliefs der vier Evangelisten und ganzfigurlichen Darstellungen des Guten Hirten und der vier Kirchenväter. Schmiedeisernes Geländer.
  • Taufstein aus rötlichem Marmor mit Messingdeckel, 18. Jahrhundert.
  • An der Seite des Westeingangs zwei ikonographische Bildwerke aus weißem Marmor, letztes Drittel des 18. Jahrhunderts.
  • Gnadenbild, Anfang 15. Jahrhunderts
  • Sechzehn halbfigurliche Darstellungen der Zwölf Apostel, Christi, der Muttergottes, des hl. Kastor und der sel. Rizza, um 1480. Tafelbilder in spätromanischem Steinrahmen vom ehemaligen Lettner, dessen Rückseite sie schmückten.
  • Zwei Gemälde, hl. Kastor und hl. Goar, um 1780.
  • Im Pfarrhaus: Epitaph Zieglein (gest. 1593) in Form eines Klappaltaraufsatzes; hl. Kastor; hl. Goar, Ölgemälde, 1627 mit Wappen Erzbischofs Philipp von Soetern; mehrere Gemälde von Januarius Zick.

Grabdenkmäler

  • Wandgrabmal für Erzbischof Kuno von Falkenstein (gest. 1388).
  • Grabmal für Erzbischof Werner von Königstein (gest. 1418).
  • Grabmal eines Scholasters (Theoderich von Montabaur? Testament von 1321).
  • Doppelgrabmal des Koblenzer Amtmannes Friedrich von Sachsenhausen (gest 1411).
  • Grabplatte der Marga von Helfenstein (gest. 1471).
  • Grabdenkmal des Ritters Johann von Schönborn, 2. Hälfte des 15. Jahrhunderts.
  • Holzepitaph mit figurlicher Kreuzigung, trierisch um 1530.
  • Epitaph des Dechanten Maternus Gillenfeld (gest. 1607).
  • Zahlreiche Grabplatten des 17. und 18. Jahrhunderts.

Quelle: Dehio; wikipedia.org; Franke, Kostbarkeiten S. 206f.; redakt. Bearb. S.G.