Oppenheim in Rheinhessen

Redaktioneller Hinweis: Der nachfolgende Text stammt aus der Publikation "Rheinhessen in Vergangenheit und Gegenwart" von Karl Johann Brilmayer, die 1905 erschienen ist. Brilmayer gab keine Belege an und die Aussagen sind auch nicht von der Redaktion überprüft worden. Im Allgemeinen gilt Brilmayer aber als recht zuverlässig. Bei einer Benutzung Brilmayers für eine Veröffentlichung sollten die Angaben im Detail überprüft werden.


Oppenheim bei Karl Johann Brilmayer

Oppenheim, früher Obbenheim (774), Opundenheim (825), Oppinheim (1282) kommt urkundlich zum erstenmal im 8. Jahrhunderts vor. Vom Jahr 764 an erhält das Kloster Lorsch eine ganze Reihe von verschiedenen Schenkungen, besonders von Weinbergen, die alle in der Oppenheimer Mark im Wormsgau gelegen waren und im Jahr 774 schenkte Karl der Große das ganze Dorf mit allem was dazu gehörte, besonders auch ein zu Dexheim gelegenens Gut, das von alters her der Kirche in Oppenheim gehört hatte, dem genannten Kloster, bei dem es dann 373 Jahre lang verblieb.

Die deutschen Könige des 11. und 12. Jahrhunderts haben Oppenheim besonders begünstigt. Im Jahr 1008 verlieh Kaiser Heinrich II. dem Abt Poppo von Lorsch das Recht, in Oppenheim einen Markt zu errichten, der am Samstag abgehalten werden sollte; dieses Marktrecht war der Anfang städtischer Freiheit. Im Jahr 1147 trat der Abt Folknand von Lorsch wegen einiger Rückstände an das Reich dem Kaiser Konrad III. Oppenheim wieder ab. Die Kaiser suchten den Ort jetzt durch Begünstigungen und Privilegien zu heben, was nur langsam funktionierte, denn Oppenheim war zu Beginn des 13. Jahrhunderts immer noch ein unbeschützter Ort, dessen Einwohner zu jener Zeit mit denen vieler anderer Dörfer an der Baupflicht zu den Mainzer Mauerzinnen teilnahmen, um in Kriegszeiten und anderen Nöten Zuflucht in der Stadt zu finden.

Um das Jahr 1220 wurde Oppenheim zur Stadt erhoben. Von da an beginnt seine Glanzperiode, die mehrere Jahrhnderte hindurch dauerte. Schon 1220 machte es ein Schutz- und Trutzbündnis mit den Reichsstädten Mainz und Worms. Sechs Jahre später wurde die Stadt mit Mauern und Gräben umgeben. Kaiser Friedrich II. erteilte ihr 1234 die nämlichen Privilegien, welche Frankfurt besaß. Kein Wunder, dass Oppenheim die Partei der Hohenstaufen ergriff. Da sie Friedrichs Sohn, Konrad IV., treu blieb, wurde sie von Papst Innzenz IV. in Bann getan und der König Wilhelm von Holland verpfändete 1252 Stadt und Burg für 2000 Mark Silber an dern Erzbischof Gerhard von Mainz, indem er beifügte, er möge die Einwohner als Rebellen behandeln; dadurch scheint jedoch Oppenheim nicht gelitten zu haben, auch ist ohne Zweilfel die Verpfändung halb gelöst worden, wiewohl wir davon keine Nachricht haben.

Am 13. Juli 1254 entstand unter dem Schultheiß Marquard von Oppenheim jenes berühmte Bündnis, welches durch Arnold Walpoden aus Mainz zwischen den Städten Mainz, Oppenheim und Worms zum Schutz und Trutz gegen jeglichen Angriff in den unruhigen Zeiten des damaligen Interregnums abgeschlossen wurde und welches der Anfang des großen rheinischen Städtbundes war. Am 10. November des fogenden Jahres wurde das Bündnis von König Wilhelm von Holland in Oppenheim von Reichs wegen bestätigt; derselbe vermehrte zugleich die Privilegien der Stadt und hatte am 15. Oktober schriftlich versprochen, Oppenheim nie durch Lehen oder Verpfändung vom Reich zu trennen. Das Bündnis ermöglichte die friedliche Beilegung macher Streitigkeiten, die sonst wohl in einer Fehde geendet hätten. Die Bistümer Mainz und Worms waren über die Grenzen ihrer Diözesen nicht einig und namentlich schien jedes die Stadt Oppenheim sich zueignen zu wollen; da entschied König Richard 1258, dass die sogenannte neue Stadt Oppenheim zu Mainz gehören sollte.

Besonders begünstigt wurde Oppenheim durch Rudolf von Habsburg. Auch die folgenden Kaiser bestätigten hin und wieder die Privilegien der Stadt. Mit der zwiespältigen Wahl aber zwischen Ludwig von Bayern und Friedrich von Österreich (1314) trat sofort der Zeitpunkt ein, mit welchem der frühere Flor Oppenheims hinzuwelken anfing; wiewohl Ludwig im erwähnten Jahr noch Oppenheims Privilegien bestätigt hatte, verpfändete doch am 16. Januar 1315 gegen ein bares Darlehen von 10020 Pfund Heller, die er zum Nutzen des Reichs verwandte, an den Mainzer Erzbischof Peter von Aspelt (1306-20) die Stadt Oppenheim nebst den Orten Odernheim, Schwabsburg, Nierstein und Ingelheim und befahl den Einwohnern, dem neuen Herrn Gehorsam zu leisten, worauf am 24. Januar der Huldigungseid abgelegt wurde. Die Stadt verblieb zwar noch beim Städtebund und ihre Privilegien wurden zum Teil sogar vermehrt, auch gab Erzbischof Gerlach von Mainz 1353 die Stadt dem Kaiser zurück, allein drei Jahre später verpfändete Karl IV. sie und die angeführten Orte an Mainz für 33000 Gulden und als sie 1367 ausgelöst waren, trat er 1375 dieselben Orte mit allen Rechten des Reiches an den Pfalzgrafen Ruprecht den Älteren und nach ihm Ruprecht den Jüngsten ab, welche die Privilegien von Oppenheim zu schützen versprachen. Die Huldigung fand am 3. Mai 1376 statt.

Als Ruprecht der Jüngste 1400 zum römischen König erwählt worden war, bestätigte er im folgenden Jahr der Satdt von neuem ihre Freiheiten, aber im darauffolgenden Jahr verpfändte er dieselbe und alle übrigen Ortschaften mit allen Nutzungen, Zöllen und anderen Zubehörungen wiederum seinen ältesten Sohn, dem Pfalzgrafen Ludwig dem Bärtigen um 100000 Rheinische Goldgulden und zwar mit Einwilligung der drei rheinischen Kurfürsten. Die Oppenheimer verweigerten die Unterwerfung, bis der Pfalzgraf selbst 1407 durch ein Revers die alten Privilegien zu schüzen versprach, worauf die Huldigung stattfand. Obgleich auch in der Folge Kaiser und Pfalzgrafen bis ins 17. Jahrhunder hiein wiederholt die Freiheit der Stadt erklärten und bestätigten, blieb Oppenhiem von jetzt an für die Dauer von vier Jahrhunderten eine pfälzische Stadt und erst die Zerstörung des Heiligen Römischen Reiches deutscher Nation und die Vernichtung der Kurpfalz hat auch dieser Herrschaft ein Ende gemacht, nachdem die Verpfändung schon durch den Westfälischen Frieden 1648 als unablöslich anerkannt worden war.
Die Stadt war der Sitz eines pfälzischen Oberamtes, zu welchem vier Orte der näheren Umgebung, der Ingelheimer Grund mit neun Orten und die Kellerei Stadecken mit zwei Orten, gehörten.

Nachdem die Stadt 1407 an die Pfalz verpfändet worden war, hatte sie in den folgenden Jahrhunderten noch harte Schicksalsschläge zu tragen.

Schon 1552 plünderte Markgraf Albrecht von Brandenburg Oppenheim und seine Umgebung. In Mitleidenschaft gezogen wurde Oppenheim auch durch den Dreißigjährigen Krieg. Nachdem es 1620 vom Spanier Ambrosius Spinola erobert und besetzt war, zerstörte im nächsten Jahr ein Brand einen großen Teil der Stadt. Als am 6. Dezember 1631 Gustav Adolf auf der Nonnenaue oberhalb Oppenheim übersetzte, verteidigte Spinola anfangs die Satdt mit Mut, bald aber verließ er sie, obwohl er großen Vorrat angesammelt hatte; die Burg räumten die Spanier jedoch nicht, bei dem Sturm der Schweden sollen sogar 500 Spanier gefallen sein. Noch jetzt heißt eine Stelle zwischen den Weinbergen der spnische Kirchhof. Gustav Adolf, der den Oppenheimern übrigens gewogen war, riss die Außenwerke der Landskrone nieder. Vier Jahre darauf eroberten die Kaiserlichen die Stadt, die dann in diesem Krieg noch manche Besatzungen und Plünderungen zu erdulden hatte: innerhalb der folgenden zehn Jahre wurde sie wiederum von den Spaniern, Weimarern, Koburgern, Franzosen (1644) und zuletzt nochmals von den Spaniern erobert und gebrandschatzt.

Noch hatte sich Oppenheim von diesen Unglücksfällen nicht erholt, als es am 1. Oktober 1688 vom französischen Marschall Breteuil erobert und besetzt wurde. Bereits hatten die Franzosen die Zerstörung der Landskrone begonnen, als auf Befehl des Ministers Louvois am 31. Mai 1689 auf ein Zeichen, das eine Kanone in Mainz gab, Oppenheim auf mutwillige Weise auf das schauderhafteste zerstört wurde. Kirchen, Häuser, Türme, alles wurde von den Soldaten in Brand gesteckt; was das Feuer verschonte, wurde niedergerissen, nicht einmal die prachtvolle Katharinenkirche blieb verschont, nur wenige Häuser blieben stehen. De Einwohner flohen aus den Trümmern, so dass die Satdt kurz danach nur noch 60 Bürger zählte; mehrere ließen sich gegenüber auf dem rechten Rheinufer nieder und nannten den Ort Neu-Oppenheim, der noch 1696 unter diesem Namen vorkommt.

Wie groß die Stadt früher war, kann man sich kaum vorstellen: 16 Türme schützten die Mauern, durch welche neun Tore in die Stadt führten; drei Vorstädte lagen vor dem Rhein-, Gau- und Fischertor, drei Marktplätze dienten dem Handel und Verkehr. Viele große und prachtvolle adelige Höfe zählte die Stadt, Kapellen und Kirchen mit vielen Türmen, darunter die großartige Katharinenkirche, erhöhten den Schmuck und darüber prangte die Landskrone, von doppelten Laufgräben umgeben, mit ihren festen Mauern, Zinnen und Türmen, unter welchen ein in der Mitte stehender Turm in die Wolken ragte und weithin die beiden Ufer des Rheins beherrschte; besonders dadurch gewährte Oppenheim vom Rhein aus gesehen eine Ansicht, wie sie keine andere Stadt darbot.