Haus Nr. 17 "Nenke" = Fam. Ortseifen, heute Hauptstraße 50
Haus Dorfstraße Nr. 17
1928
„Haus oben Ortseifen. Früher Johann Nink geb. in Elz, verheirat mit Mefrenz Diehl, stammt aus dem Haus wo heut Nikolaus Frink bewohnt, früher Andreas Gombert, ganz früher Ferdinand Hanspiter (H28). Der Nink fing da oben an zu bauen, brachte nur Keller hin, machte Dach darüber und wohnten lange Jahre in dem Keller. Später baute er ein Stock drauf, worin sie dann wohnten. Nach dem Tod des Nink und Frau, heirat Ortseifen die Tochter Greta, reißt den alten Kram ab und baute das jetzige Haus. Ortseifen stammt aus Heilberscheid“.[Anm. 1]
Der Name „Nenke“ geht zurück auf Margaretha Nink aus Untershausen H28, die Ehefrau von Christian Ortseifen, s.u.
Das jetzige Haus wurde 1907 von Christian und Margarethe Ortseifen geb. Nink errichtet.[Anm. 2] Das Ehepaar hat dazu das bereits begonnene Vorgängerhaus von Johann Nink und seiner Ehefrau Maria Franziska (Mefrenz) geb. Diehl abgerissen. Der Hausname „Nenke“ blieb erhalten.
Das Grundstück liegt in dem Winkel zwischen der nach Stahlhofen führenden Straße und der davon abzweigenden Straße nach Daubach Richtung Buchfinkenland. In diesem Dreieck steht das große dreigeschossige Backsteingebäude nahe an der Straße sowie ein längliches Nebengebäude im Hintergrund an der südlichen Seite des Grundstücks. Dieses wurde teilweise als Stall, Schuppen und als Garage genutzt. Die Hofeinfahrt befand sich an der Daubacher Straße, während sich der Hausgarten an der Straße nach Stahlhofen erstreckte.
Das Foto aus dem Jahr ca. 1942/3 zeigt junge Männer aus Daubach: Albert Dietrich, Josef Müller (1915-1943╬) [Dennebaum-Haus], Walter Stahlhofen (1920-1989) und Hermann Vetter (1911-1972) mit H17 im Hintergrund.
Christian Ortseifen (1875-1944) aus Heilberscheid war verh. mit Margarethe geb. Nink (1879-1955), gen. Nenke Gritt, aus Untershausen. Sie war die Tochter der Eheleute Johann und Maria Franziska Nink geb. Diehl, gen. Mefrenz, bzw. die Enkelin von Nikolaus und Elisabeth Diehl geb. Ferdinand aus Untershausen H28.[Anm. 3] Johann Nink war 1832 in Elz geboren und starb 1900 in Untershausen.
Christian Ortseifen handelte mit Schwämmen und Fensterleder. Die eingekauften Naturschwämme wurden von ihm gebleicht und gewaschen und im Ruhrgebiet [Anm. 4] oder auch im Haus verkauft, z.B. als Schulschwämme.[Anm. 5] Unverkäufliche Ware verschenkte er an Schulkinder.[Anm. 6] In dem Nebengebäude befanden sich die Garage für das Auto des Schwammhändlers und der Stall für eine Kuh und ein Schwein.
Das Ehepaar Ortseifen hatte 6 Kinder: Theodor, Willi, Ludwig, Hildegard, Frieda und Walter:
- Theodor (1904-1983), s.u.
- Willi (1906-1917)
- Ludwig (1909-1944╬) war verh. mit einer Frau aus Elgendorf, wo er auch lebte. Er fiel im Zweiten Weltkrieg.
Anekdote: Das kleine Einmaleins
In der Volksschule konnte Ludwig Ortseifen die Frage: „Wieviel ist 6 x 6?“ nicht beantworten. Daraufhin bedachte ihn Lehrer Gremp mit einem intensiven separaten Einzelunterricht nach Art des „Nürnberger Trichters“ und dem Ziel: „Das wirst Du nie mehr vergessen“. In den folgenden Monaten und Jahren kam es zwar immer wieder vor, dass andere Schüler die Frage nicht beantworten konnten, aber der dann folgende Aufruf des Lehrers: „Ludwig Ortseifen!“ führte dann immer zu dem richtigen Ergebnis.[Anm. 7]
Anekdote: Schwarzfahrt in der Stelzebach
„Es muss im Jahr 1930 gewesen sein, die Begebenheit ist mir aber auch heute noch – nach über 80 Jahren – gut in Erinnerung. Vom Küchenfenster aus sah ich oft ein großes Auto durch unser Dorf fahren. Es gehörte Christian Ortseifen, einem Vertreter für Schwämme. Er wohnte in Untershausen im Haus Nr. 17, am Ortsende direkt an der Kreuzung der Straße nach Daubach und Stahlhofen. Wir selbst hatten ein Baumgrundstück gleich oberhalb des Anwesens von Ortseifen. Als mein Vater mich eines Tages auf dem Kuhwagen zur Feldarbeit mitnahm, hatte ich Zeit und Muße, mir die Umgebung näher anzusehen.
Der Anstifter vieler Streiche damals war Paul Born H35. Einer der anderen Teilnehmer der Schwarzfahrt war Felix Velten H18. Ludwig, einer der Ortseifen-Söhne, hatte den Autoschlüssel organisiert. Los ging die Fahrt. Rückwärts aus der Garage in den Hof und dann vorwärts die Stelzenbachstraße hinauf Richtung Winden, Welschneudorf. Am Horbacher-(Gackenbacher) Stock wurde gedreht. Dann ging´s zurück am Pflanzgarten vorbei und am Gäulsweiher, vorbei am Ameisenhaufen und auch am Wasserbassin Richtung des Anwesens von Förster Ludwig Velten. Da kam von rechts aus dem Waldweg zur Gewann plötzlich eine Schafherde auf die Stelzenbachstraße. Schäfer Sandmann aus Daubach war gerade dabei, mit seiner Herde die Landstraße zu überqueren, um den damals noch leeren Säjwousem zu erreichen. Weder er noch der junge Autofahrer hatten an dieser Stelle mit einem anderen Verkehrsteilnehmer gerechnet. Insbesondere der PKW-Fahrer hatte vor Schreck vergessen, das Bremspedal rechtzeitig zu betätigen. Folglich gab es zum Entsetzen aller Beteiligten nicht nur einige verletzte, sondern auch tote Schafe.
Jetzt war es an der Zeit, die Erwachsenen einzuschalten. Förster Velten, Vater Ortseifen und Schäfer Sandmann einigten sich einvernehmlich. Für Felix Velten hatte der Vorfall allerdings deutliche Auswirkungen: Er wechselte vom Gymnasium in Montabaur nach Marienstatt ins Internat - allerdings nicht ohne Einsatz des Autos von Vater Ortseifen. Beruflich trat Felix in die Fußstapfen seines Vaters. Er wurde später Förster in Mogendorf und begegnete später dort auch oft dem Überlieferer dieser Geschichte, dessen Arbeitgeber [Villeroy & Boch /RD/] dort nämlich eine Tongrube betrieb“.[Anm. 8]
4. Hildegard (1910-1992), gen. Nenke Hilda, war verh. mit Peter Fabian aus der Nähe von Frankfurt.
5. Frieda (1919-2007) war verh. mit dem Friseur Edmund Ickenroth aus Eschelbach, wo das Ehepaar auch ein Haus besaß.[Anm. 9]
Anekdote: Der Schwammkauf
„Dann war es soweit, ich sollte eingeschult werden. Einen Ranzen hatte ich von meinem Bruder Jupp. Tafel und Griffel waren vorhanden. Jetzt fehlte nur noch ein Schwamm. Meine Schwester Rosa gab mir einen Groschen aus der Zwiebelmuster-Kaffeetasse im Küchenschrank. Dort wurde das Milchgeld aufgehoben. So machte ich mich auf zum Schwammkauf bei Ortseifens. Leider wurden meine Preisverhandlungen mit der Tochter Frieda über den Wert des Schwammes unterbrochen, denn urplötzlich kam Elfriede Hannappel mit ihrer Oma [H27] in die Küche hinein und verlangte einen Milchschwamm. Ich versuchte zwar noch einige Pfennige gutzumachen. Davon hätte ich mir dann beim Krämer noch eine „Ember“ (himbeerförmiges Bonbon) aus der Vitrine rechts auf dem Verkaufstisch bei Krouse [H23] kaufen können. Jetzt war diese Möglichkeit aber vergangen“.[Anm. 10]
6. Walter (1921-1952), s. Foto H19 1935.
Walter Ortseifen war der Jüngste und er war ein Flitzer, der gerne unbekleidet durch den Wald lief. Er galt als körperlich sehr geschickt, geriet aber wegen seiner Veranlagung immer wieder mal mit dem Gesetz/Obrigkeit in Konflikt. Während des Zweiten Weltkriegs versah er als Funktionshäftling (Kapo) in einem Konzentrationslager seinen Dienst. Walter Ortseifen hatte eine Freundin aus Frankfurt, die ihn häufiger in Unterhausen besuchte und später auch in H17 wohnte.[Anm. 11]Im Jahr 1952 sollte er wegen Exhibitionismus aus der Untersuchungshaft in Montabaur von dem Polizisten Offheim zu einem Gerichtstermin nach Limburg gebracht werden. Bei einem Fluchtversuch an der Bushaltestelle wurde er dann in der Biergasse von dem ihn verfolgenden Polizisten „auf der Flucht erschossen“, die Kugel traf ihn im Genick.[Anm. 12]
Das Foto entstand Anfang der 1940er Jahre und zeigt Ludwig, Hilda, Christian, Margarethe, Frieda und Theodor Ortseifen v.l., Walter ist auf dem Foto nicht abgebildet.
Mitte der 1930er Jahre wohnte das Ehepaar Paul und Christine Gombert mit ihrem Sohn Herbert vorübergehend in H17, später lebte das Ehepaar in Hadamar. Der Sohn Herbert Gombert (1917-1942 ╬) fiel im II. Weltkrieg in der Ukraine, s. H3 und Text: Einzelaspekte NS-Zeit 1933-1945.
In den 1940er Jahren wohnte im 2. OG das Ehepaar Jakob und Anna Laukart mit ihrem Enkel Manfred. Von dieser Wohnung aus konnte man bei klarem Wetter den Feldberg im Taunus erkennen – also fast bis nach Frankfurt gucken.
Jakob Laukart (1883-1968) war verheiratet mit Anna geb. Nink (1895-1978) aus Ettersdorf, wo auch zwei Brüder von ihr lebten. Ihr Bruder Toni Nink war als Jäger aktiv und beteiligte sich auch oft, wenn in Untershausen eine Jagd durchgeführt wurde. Er wurde regelmäßig von seinem Dackel Waldmann begleitet, s. H14.
Jakob Laukart stammte aus Ediger-Eller an der Mosel und hatte bei der Post in Cochem gearbeitet, wo er als Omnibusfahrer eingesetzt worden war. Als er nach einem Arbeitsunfall diese Tätigkeit nicht mehr ausüben konnte, wurde er im Landratsamt Montabaur eingesetzt und bezog eine Wohnung in Untershausen, wo er dann auch bis in bis 1945 als Kassenverwalter der Gemeinde tätig war. Diese Funktion des Gemeinderechners wurde dann nach Kriegsende von Walter Dennebaum H13 übernommen.
Jakob Laukart war Mitglied der NSDAP und während der NS-Zeit Blockwart in Untershausen (Ortsgruppenleiter
In H17 wohnte in den 1940er Jahren bis Mitte der 1950er Jahre auch eine Familie namens Pickartz und bis Mitte der 1960er Jahre die Familie Andreas Breidbach, s. H11.
Andreas Breidbach war kriegsversehrt und hatte ein steifes Bein. Nach seinem Tod im Jahr 1964 zogen seine Ehefrau Ottilie und Sohn Ansgar 1967 in eine Wohnung im Haus Nr. 42, ehe sie dann 1975 ein Haus in der Lindenstraße errichteten. Die Tochter Roswitha Breitbach heiratete Dieter Giessen aus Rheinhausen und war bereits 1964 dorthin gezogen, wo sie auch im Jahr 2018 verstarb.
Die Eheleute Karl Pickartz und Trude geb. Thoelen (1898-1946) aus Düsseldorf hatten eine Tochter Christel. Karl Pickartz war von Beruf Schachtmeister und galt als überzeugter Kommunist – er hat aber die NS-Zeit unbeschadet überstanden. Mitte der 1950er Jahre - nach dem Tod von Trude Pickartz - zog die Familie nach Weißenthurm. Christel Pickartz heiratete einen Witwer aus Heimbach-Weis, der als Schweißer im Neuwieder Zoo arbeitete.
Nach dem Umzug von Familie Pickartz nach Weißenthurm zog Familie Laukart in das I. OG.
Das Ehepaar Laukart wohnte ab 1937 bis 1966 in H17. Dann zogen sie zusammen mit ihrem Enkel Manfred Laukart (*1937) und dessen Ehefrau Klara geb. Wingender (*1936) aus Dernbach in ein neues Haus in Untershausen. Das Ehepaar Manfred und Klara Laukart hat die Tochter Birgit, sie ist verh. mit Helmuth Dommermuth aus Holler.
Theodor Ortseifen (1904-1983), gen. Nenke Theo, war verh. mit Rosa (1922-1994) geb. Hambuch aus Driesch bei Büschel /Eifel. Theo und Rosa Ortseifen übernahmen H17 im Jahr 1960.[Anm. 13] Das Ehepaar hat die Tochter Renate (*1952). Sie ist verh. mit dem Steuerberater Winfried Daubach (*1946) aus Hübingen.
Das Ehepaar Winfried Daubach und Renate übernahm das Anwesen im Jahr 1972 und renovierte es gründlich im Jahr 1975; das Ehepaar hat die Kinder Dirk (*1976) und Christian (*1979).
Anmerkungen:
- Ferdinand, Friedrich: Untershausen früher und jetzt. Handschriftliches Gebäudekataster für Untershausen mit den Namen der Hauseigentümer und teilweise deren verwandtschaftlichen Beziehungen und ihre wirtschaftliche Situation. Das Original, ein DIN A5-großes Schreibheft war mit Bleistift beschrieben und wurde später mit Kugelschreiber überschrieben. Es stammt aus dem Besitz von Ewald Ferdinand, Untershausen H11, 1928, S. 1- 41. Zurück
- Renate Daubach, Unterhausen H17. Zurück
- s. Anm. 1. Zurück
- Hugo Herrmann, Zeitzeuge, Untershausen H25. Zurück
- Otto Paul Gombert, Zeitzeuge, Keramikingenieur, Mettlach; ehem. Untershausen H3. Zurück
- Theo Dickob, Zeitzeuge, Maler- und Anstreichermeister, Heiligenroth, ehem. Untershausen H7. Zurück
- s. Anm. 6. Zurück
- s. Anm. 5. Zurück
- Manfred Laukart, Unterhausen H17. Zurück
- s. Anm. 5. Zurück
- s. Anm. 9. Zurück
- s. Anm. 6 und Anm. 9. Zurück
- Renate Daubach, Unterhausen H17. Zurück