0.Katholische Heilig-Kreuz-Kirche
Die katholische Heilig-Kreuz-Kirche in Horchheim liegt auf dem Goldberg im nördlichen Ortsgebiet. Die neugotische Kirche wurde zwischen 1908 und 1910 nach den Plänen des Mainzer Architekten August Greifzu (1873–1949) errichtet und ist das Herzstück einer eindrucksvollen Gesamtanlage mit Pfarrhaus und Zwischenbau. Die Heilig-Kreuz-Kirche wird aufgrund ihrer monumentalen Wirkung auch der „Dom des Eisbachtals“ genannt.
1.1.Vorgängerbauten und Friedhofskirche
Ein Pfarrer von Horchheim wird erstmals 1234 erwähnt, als dieser als Zeuge bei einem Güterverkauf in Sülzen auftrat. [Anm. 1] Über die frühen Kirchen in Horchheim ist nur wenig überliefert. Sie befanden sich jedoch wahrscheinlich am Standort der heutigen Friedhofskirche am alten Kirchpfad. Das Patronat des Heiligen Kreuzes ist seit 1496 für die Horchheimer Kirche überliefert. [Anm. 2] Die heutige Friedhofskirche wurde 1728 errichtet und diente bis zum Bau der neuen Heilig-Kreuz-Kirche als Pfarrkirche von Horchheim. (Zur frühen Pfarrgeschichte siehe Friedhofskapelle)
1.2.Vorgeschichte und Kirchenbau
Die alte Kirche war Ende des 19. Jahrhunderts zu klein geworden und war zunehmend baufällig. Unter Pfarrer Johannes Flath wurde 1898 ein Neubau der Kirche beschlossen. Der Mainzer Architekt August Greifzu arbeitete in der Folge Pläne für eine neugotische Hallenkirche aus. Als Bauplatz wurde 1899 für 7.000 Mark ein Gelände auf dem Goldberg erworben.
Der Plan eines Neubaus spaltete jedoch die Gemeinde, da nicht jeder von der Notwendigkeit überzeugt war. Da Pfarrer Flath die Spaltung der Gemeinde nicht verhindern konnte, trat er 1901 aus freien Stücken zurück. Sein Nachfolger wurde 1902 Pfarrer Franz Burtschell. Dieser konnte die Streitigkeiten in der Gemeinde nicht versöhnen und resignierte schließlich 1905. Seinem Nachfolger, Pfarrer Peter Michel, gelang es schließlich die Gemeinde wieder zu vereinen und den Kirchenneubau abzuschließen.
Architekt Greifzu erhielt in der Folge den Auftrag, einen neuen Plan zu erstellen. Sein Plan eines spätromanischen Baus mit mehreren Türmen ähnelte jedoch eher einem städtischen Monumentalbau als einer Landkirche und wurde schließlich fallen gelassen. Stattdessen wurde Greifzus 1899 erstellter Plan mit leichten Änderungen wieder aufgegriffen. Am 2. Mai 1909 konnte nach jahrelanger Debatte schließlich der Grundstein der neuen Kirche gelegt werden. [Anm. 3]
Es entstand eine geostete, dreischiffige Basilika in neugotischen Formen mit einer Breite von 21,5 m, einer Gesamtlänge von 44 m und einer Höhe von 15 m im Hochschiff und 7,5 m im Seitenschiff. Im Süden befindet sich ein erhöhter, vielseitiger Chor mit Nebenchören. Über dem südlichen Nebenchor befindet sich der 54 m hohe Kirchturm. An den nördlichen Nebenchor ist der Anbau der Sakristei angeschlossen. Das Hauptportal befindet sich in der Westseite der Basilika. Darüber befindet sich ein großes Rosettenfenster. Die vertikale Gliederung der Außenwände ist ein charakteristisches Merkmal der Heilig-Kreuz-Kirche und betont die Höhe der Basilika.
Im Innern ist die Kirche durch zehn Pfeiler gegliedert und verfügt im Haupt- und den Seitenschiffen über Netzrippengewölbe. Der Chor ist über zwei Stufen leicht erhöht. Im nördlichen Seitenschiff befindet sich ein Marienaltar. An dieser Stelle befand sich lange eine wertvolle, spätmittelalterliche Marienfigur von etwa 1420. Dieses Zeugnis der Augsburger Bildschnitzerkunst wurde 1985 gestohlen und wurde bis heute nicht mehr gefunden. Neben dem Hauptportal befindet sich eine Taufkapelle sowie eine Lourdes-Grotte, ein Marienschrein, der der Grotte von Massabielle bei Lourdes (Frankreich) nachempfunden ist. Darüber befindet sich eine Orgelempore. Die Innenausstattung mit Schnitzaltären, Kreuzweg, Kanzel und Heiligenfiguren ist in neugotischen Formen gestaltet. Die Buntglasfenster waren ursprünglich mit Maßwerk verziert. [Anm. 4]
Das Pfarrhaus in Formen der Neurenaissance ist durch einen zweigeschossigen Verbindungstrakt an die Kirche angeschlossen. Der Zwischenhof, der durch Kirche, Zwischenbau und Pfarrhaus gebildet wird, ist in romantisierender Weise einem Burghof nachempfunden.
Die neue Pfarrkirche Heilig-Kreuz wurde am 24. Oktober 1910 von Bischof Georg Heinrich Kirstein aus Mainz (1858–1921) feierlich eingeweiht. [Anm. 5]
0.1.Die Kirche während der Weltkriege
Zur Erinnerung an die Gefallenen des Ersten Weltkriegs wurde 1922 im nördlichen Seitenschiff ein Gedenkstein errichtet, der ein Bild der Muttergottes sowie die Namen der Gefallenen zeigt.
Während des Zweiten Weltkriegs wurde am 21. Februar 1945 Horchheim von einem alliierten Fliegerangriff schwer getroffen. Dabei wurden auch die katholische Heilig-Kreuz-Kirche und das Pfarrhaus von Brandbomben schwer beschädigt. Das Dach der Kirche brannte ab und sämtliche Fenster wurden zerstört. Ein Teil des Deckengewölbes und das Maßwerk der Fenster sowie einige Teile der Inneneinrichtung wurden zerstört. Das Pfarrhaus brannte bis auf das Erdgeschoss nieder. In der Folge war die die Kirche nicht mehr nutzbar, weshalb bis 1948 die Gottesdienste im alten Kindergarten gefeiert wurden. [Anm. 6]
0.2.Die Kirche bis heute
Bereits 1946 wurde mit dem Wiederaufbau der Kirche begonnen. Die Dächer der Pfarrkirche und des Pfarrhauses konnten 1947 wiederhergestellt werden. Der Innenraum wurde bis 1948 repariert und hergerichtet. Am 3. Oktober 1948 wurde die reparierte Heilig-Kreuz-Kirche mit einem Festgottesdienst wieder eingeweiht.
Im November 1955 wurden im Chor der Kirche drei neue Chorfenster eingebaut. Die Buntglasfenster wurden vom Kunstmaler Alois Stettner (1911–1957) entworfen. Das mittlere Fenster zeigt Christus am Kreuz zwischen Maria und Johannes. Die beiden seitlichen Fenster sind gemustert. Im Frühjahr 1963 wurde der Innenraum der Kirche umfangreich renoviert. Dabei wurden die Altäre und Kreuzwegstationen neubemalt und vergoldet sowie die Fenster im Hochschiff doppelt verglast. Auch die elektrischen Leitungen und die Beleuchtung wurden erneuert. 1966 wurden zudem die Beichtstühle der Kirche ersetzt.
Nach dem Zweiten Vatikanischen Konzils (1962–1965) wurde der Innenraum an die Reformen angepasst und im Chorraum ein hölzerner Voraltar aufgestellt, der von der Wormser Caritas gestiftet wurde. Zudem wurde das Turmdach erneuert. Im Zuge dieser Renovierung wurden die letzten Schäden des Zweiten Weltkriegs beseitigt. [Anm. 7]
Die alte Orgel, die bereits 1910 aus der alten Pfarrkirche übernommen wurde, war zunehmend reparaturbedürftig. Im Jahr 1979 wurde daher eine neue Orgel angeschafft, wobei einige Register der alten Orgel übernommen wurden. Durch die Orgelbaufirma Breitmann entstand eine neue Orgel mit 27 Registern, die am dritten Advent 1979 eingeweiht wurde. [Anm. 8]
Das 75-jährige Jubiläum der Heilig-Kreuz-Kirche wurde 1985 mit einer Festwoche gefeiert. 1986 begann die größte Renovierung der Kirche. Dabei wurden in mehreren Bauphasen die Außenfassade sowie der Innenraum vollständig restauriert. Bei der Renovierung des Chors wurden Beschädigungen der Fenster festgestellt, weshalb auch diese erneuert und die Innenwände ausgebessert werden mussten. In diesem Zuge wurden die Fenster zweifach verglast, wobei die ursprünglichen Buntglasfenster als Innenfenster erhalten werden konnten. Die Renovierungsarbeiten konnten bis zur Horchheimer Kerb (traditionell am 2. Augustwochenende) 1988 abgeschlossen werden.
Unter Pfarrer Bardo Maria Haus (2003–2013 Pfarrer des Eisbachtals) wurde der Altar und der Ambo erneuert. Zwischen 2008 und 2010 wurden die Dächer der Kirche und des Turms saniert. [Anm. 9]
Heute ist die Pfarrgemeinde Horchheim zusammen mit ihrer Filialgemeinde Weinsheim und den Gemeinden Wiesoppenheim, Offstein und Heppenheim Teil der Pfarrgruppe Katholische Kirche im Eisbachtal. In der Reform des Bistums Mainz im Zuge des sogenannten Pastoralen Wegs sollen die Gemeinden mit zahlreichen weiteren Gemeinden der Stadt Worms und des Umkreises den neuen Pastoralraum Worms und Umgebung bilden. [Anm. 10]
0.1.Glocken der katholischen Pfarrkirchen von Horchheim
Bereits aus der alten Pfarrkirche wurde eine Glocke von 1500 übernommen, die heute als Totenglocke verwendet wird. Sie trägt die Inschrift „Peter zur glocken zu spier [Speyer] goss mich anno d[omi]ni MCCCCC [H]ossanna heiss ich“.
Die Glocke hing zusammen mit einer größeren Glocke von 1505 im Turm der alten Kirche. Nachdem die größere Glocke gesprungen war, wurde sie 1872 von der Firma Andreas Hamm in Frankenthal umgegossen. Es entstanden zwei Glocken: die 249,5 kg schwere Marienglocke und die 77 kg schwere Josephsglocke, die beide die Inschrift trugen: „Gegossen im Jahr 1872 von A. Hamm in Frankenthal für die katholische Kirche in Horchheim unter dem Kirchenvorstand: J. Kumpf, Pfarrer, F. W. Schredelseker, Bürgermeister, M. Braun, M. Hahn, W. Leib.“ Die größere Glocke war jedoch nicht laut genug, weshalb sie ausgetauscht und eine 400 kg schwere Glocke angeschafft wurde, die als Muster für die „Kaiserglocke“ in Köln gedient hatte. [Anm. 11]
Für den Neubau der Heilig-Kreuz-Kirche wurde ein neues Geläut angeschafft und nur die Glocke von 1500 übernommen. Die anderen Glocken wurden eingeschmolzen und bei der Firma Hamm drei neue Glocken in Auftrag gegeben. Die 1.460 kg schwere „Christusglocke“ wurde von Adam Buchinger und seiner Ehefrau und die 1.040 kg schwere „Marienglocke“ von Konrad Heyn, Kassenboten der Wormser Lederwerke Heyl, gestiftet. Die 730 kg schwere „Josephsglocke“ wurde von Kaplan Karl Gödecker gestiftet, der zwei Jahre zuvor in Horchheim tätig gewesen war. Damit das Geläut mit den Glocken der evangelischen Gustav-Adolf-Kirche harmonierte, wurden die Töne d, e und fis gewählt. Die Glocken wurden am 5. April 1910 in Anwesenheit einer Delegation der Gemeinde gegossen und am 26. Juni eingeweiht. [Anm. 12]
Im Zuge des Ersten Weltkrieges wurden die Christusglocke und die Marienglocke am 4. August 1917 für die Kriegswirtschaft beschlagnahmt und eingeschmolzen. Nur die Josephsglocke und die Totenglocke blieben in der Kirche. Nach Kriegsende konnten mithilfe von Spenden 1924 zwei neue Glocken bei der Firma Hamm bestellt werden. Das Geläut wurde durch eine neue 1.460 kg schwere „Christusglocke“ (Ton d) und eine 1.040 kg schwere „Marienglocke“ (Ton e) vervollständigt. Die Marienglocke trug die Inschrift „Gestiftet von Konrad Hein. Im Weltkrieg vernichtet, im Jahr 1924 neuerrichtet durch die Opferwilligkeit der Katholiken Horchheims.“ Die Glocken wurden am 17. August 1924 geweiht.
Im Zweiten Weltkrieg wurden die drei Kirchenglocken der Horchheimer Pfarrkirche am 13. Juni 1942 beschlagnahmt und eingeschmolzen. Lediglich die alte Glocke von 1500 verblieb in der Kirche. Nach dem Krieg konnten 1948 durch Stiftungen neue Glocken aus Stahl angeschafft werden. Die 1.360 kg schwere „Christusglocke“ (Ton d) wurde von der Familie Karl zum Andenken an ihren verstorbenen Sohn Karl gestiftet. Die „Marienglocke“ (Ton f) wog 795 kg und wurde von der Familie Pfeiffer gestiftet. Die 560 kg schwere Josephsglocke (Ton g) und die 395 kg schwere Antoniusglocke (Ton a) wurden von der Familie Wöhrle gestiftet.
Der Mainzer Bischof Albert Stohr (1890–1961) weigerte sich im Vorfeld, die Erlaubnis für die Anschaffung und die Weihe der Glocken zu erteilen, da es sich nicht um Bronzeglocken handelte. Dennoch wurden die Glocken angeschafft und am 13. November 1949 in einer schlichten Feier mit allgemeinen Weihegebeten gesegnet. An Weihnachten 1949 konnten die neuen Glocken erstmals mit einem elektrischen Läutwerk erklingen. [Anm. 13]
Verwendete Literatur:
- Baur, Ludwig: Hessische Urkunden II. 962 – 1325. Darmstadt 1862, Nr. 70, S. 76. Online verfügbar unter: https://www.digitale-sammlungen.de/de/view/bsb11253430?page=84,85 (aufgerufen am: 02.12.2024).
- Generaldirektion Kulturelles Erbe Rheinland-Pfalz: Nachrichtliches Verzeichnis der Kulturdenkmäler. Kreisfreie Stadt Worms. Stand Juni 2023, S. 26–27.
- Heuser, Edmund: Horchheim, Weinsheim. Worms 1978.
- Heuser, Edmund: Worms-Horchheim – Chronik. Worms-Horchheim 2005.
- Kaltenthaler, Heiko: 100 Jahre Heilig-Kreuz-Kirche Worms-Horchheim. Dom des Eisbachtals. Worms 2010.
- Pastoralraum Worms und Umgebung auf der Website des Bistums Mainz, URL: https://bistummainz.de/pastoralraum/worms/start/index.html (aufgerufen am: 02.12.2024).
- Schmitt, Hermann: Geschichte von Horchheim, Weinsheim und Wies-Oppenheim. Aus Anlaß der Einweihung der neuen kath. Kirche zu Horchheim (24. Oktober 1910). Worms 1910.
- Spille, Irene: Worms-Horchheim. In: Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland. Kulturdenkmäler in Rheinland-Pfalz. Hrsg. im Auftrag des Kulturministeriums vom Landesamt für Denkmalpflege. Bd. 10 Stadt Worms. Worms 1992. S. 234–241.
- Wormser Synodale. S. 26. Online verfügbar unter: https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/heidhs131/0034/image,info (aufgerufen am: 02.12.2024).
Anmerkungen:
- Vgl. Baur Hessische Urkunden II. Darmstadt 1862, Nr. 70, S. 76. Online verfügbar unter: https://www.digitale-sammlungen.de/de/view/bsb11253430?page=84,85 (aufgerufen am: 02.12.2024). Zurück
- Vgl. Wormser Synodale. S. 26. Online verfügbar unter: https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/heidhs131/0034/image,info (aufgerufen am: 02.12.2024); Kaltenthaler 2020, S. 21–22. Zurück
- Vgl. Schmitt 1910, S. 55–63; Heuser 1978, S. 92–99; Heuser 2005, S. 63–66; Kaltenthaler 2010, S. 36–43. Zurück
- Vgl. Schmitt 1910, S. 71; Kaltenthaler 2010, S. 73. Zurück
- Vgl. Heuser 1978, S. 100–102; Heuser 2005, S. 67; Kaltenthaler 2010, S. 43–55. Zurück
- Vgl. Heuser 2005, S.68; Kaltenthaler 2010, S. 54, S. 63–66. Zurück
- Vgl. Heuser 1978, S. 102–103; Heuser 2005, S. 69; Kaltenthaler 2010, S. 67–78. Zurück
- Vgl. Heuser 1978, S. 103; Heuser 2005, S. 70; Kaltenthaler 2010, S. 79–82. Zurück
- Vgl. Heuser 2005, S. 70; Kaltenthaler 2010, S. 83–121. Zurück
- Pastoralraum Worms und Umgebung auf der Website des Bistums Mainz, URL: https://bistummainz.de/pastoralraum/worms/start/index.html (aufgerufen am: 02.12.2024). Zurück
- Vgl. Heuser 1978, S. 99; Kaltenthaler 2010, S. 122–123. Zurück
- Vgl. Schmitt 1910, S. 65–67; Heuser 1978, S. 99–100; Kaltenthaler 2010, S. 123–124. Zurück
- Vgl. Heuser 1978, S. 99–104; Heuser 2005, S. 67–69; Kaltenthaler 2010, S. 122–132. Zurück