Untershausen im Westerwald

Haus Nr. 4 „De Schmid" = Schmiede; Stammhaus Roth, heute Hauptstraße 13

Hofreite Nr. 23½, Lagerbuch-Nr. 13 zusammen mit dem Spritzenhaus, Unterdorf [Anm. 1]

1928
„Wo die Schmiede steht, stand ein kleines Haus. Darin wohnte früher der alte Otchen, der Vater von Roth Adam und Roth Peter. Nach dem Tod des Otchen kaufte ein Johann Knopp dieses Haus. Knopp und Frau hier zugezogen. Familie Knopp hatte zwei Kinder Johann und Franziska. Die Alten gestorben und das Häuschen (Schmidhannes) abgerissen und Schmiede dorthin gebaut. Knopps Kinder in Duisburg verheiratet. Der alte Knopp war geboren in Ettersdorf, die Frau geb. in Holler Schulorems Kätherein“.
[Anm. 2]

Aquarell von Hans Hermann Caspers zu Haus 4 "De Schmid".

Aquarell von Hans Hermann Caspers: [Anm. 3] Alte Schmiede und links daneben das Spritzenhaus, Ansicht von Westen, von der Dorfstraße her.  Im Hintergrund Richtung Wirzenborn und Reckenthal sind der Beul-Ausläufer und der Prostermichel-Wald, umgangssprachlich „Presternichel“ zu sehen. An der östlichen Längsseite der Schmiede verlief ein Feldweg, heute Straße Am Beul. Die alte Schmiede war in den Hang hinein gebaut. so dass die Bewohner von Haus Nr. 6, die „Schmidhannese“, von ihrer Haustür aus über den Hof direkt in das Dachgeschoß der alten Schmiede gelangen konnten. Der Hausgarten von H6 grenzte an die südliche Stirnwand der alten Schmiede.

Im Jahr 1846 wird Katharina Becher im Lagerbuch von der Gemarkung Untershausen als Eigentümerin einer kleinen Hofreite mit einem Flächengehalt von 2 Ruthen 85 Schuh genannt; das Grundstück grenzt an den „Gemeindsweg“.[Anm. 4]

1847 bewirtschaftet Katharina Becher 0 Morgen/16 Ruthen/68 Schuh Land. [Anm. 5]

Dieses Anwesen geht 1850 an Andreas Roth und dessen 2. Ehefrau Sophie geb. Pehl „durch Kauf“ über. [Anm. 6] Im Jahr 1852 besitzt Andreas Roth dieses einstöckige Wohnhaus 26´ lang 16´ tief mit einem Flächengehalt von 2 Ruthen 85 Schuh. [Anm. 7]

Dort, wo 1920 von Johann Gilles die Schmiede hingebaut wurde, stand vorher ein kleines Haus. Darin wohnte früher der alte Andreas Roth, gen. Otchen; siehe auch H1.

Andreas Roth war verh. mit Sophia geb. Pehl. Das Ehepaar hatte 7 Kinder:

  1. Anna Eva (*1832)
  2. Anna Maria (*1834)
  3. Peter (*1836)
  4. Anna Eva (*1838)
  5. Anna Maria (*1840)
  6. Adam (*1846), s. H1
  7. Elisabetha (*1852).

Nach dem Tod von Andreas Roth kaufte der Tagelöhner Joseph Knopp (1831-1898) aus Ettersdorf dieses Haus.  Er war der Sohn der Eheleute Johann Georg und Anna Elisabeth Knopp geb. Theis in Ettersdorf und verh. mit Katharina Roth aus Holler. [Anm. 8]

Joseph Knopp kaufte das Haus von seinem Onkel Andreas Roth (1831-1898) in Untershausen. Die Eheleute Knopp hatten zwei Kinder:  Johann (*1875) und Franziska (*1879), die beide in Untershausen geboren wurden und nach Duisburg verheiratet waren. Nach dem Tod der Alten wurde das Häuschen von Johann Gilles abgerissen und die Schmiede dorthin gebaut. [Anm. 9]

Das Schmiedehandwerk wurde in der Familie Gilles, gen. Schmidhannese, vier Generationen – über 100 Jahre - lang ausgeübt und ging über von Johann auf Johann Valentin, Adam und Werner, s. H6.

Zu den Aufgaben eines Schmiedes gehörte das Beschlagen der Hufen von Pferden und Kühen, das Aufziehen von Bandeisen auf das Holzgerüst der Wagenräder; Eisenlieferant war die Firma Böckling in Montabaur.

Die Freunde Hermann Born und Josef Gombert 1938.[Bild: Josef Gombert]

Das Foto aus dem Jahr 1938 zeigt die beiden Freunde Hermann Born H35 mit weißem Rollkragenpullover und Josef Gombert H3 in seinem sonntäglichen Waffenrock auf der Dorfstraße vor der Schmiede. Letzterer war in Barmen-Elberfeld stationiert und hatte jetzt im Urlaub seine Uniform erstmals in der Gastwirtschaft Daum H14 vorgezeigt.

Hinter der Schmiede sieht man Teile von „Stahls“ Haus H5, weiter rechts „Schmidhannese“ Wohnhaus mit Scheune H6, ganz rechts im Hintergrund „Dickobs“ H7 und vorne rechts dann die an die Scheune angrenzende Remise von „Schnije“ H29, davor deren Garten.

Bericht:

„In 1920er und 1930er Jahren kamen die Pferde aus der ganzen Umgebung zum Beschlagen zur Schmiede nach Untershausen. So ließ z. B. der Bauer Kettel aus Oberelbert, wo es keine Schmiede gab, seine Pferde hier beschlagen, ebenso der Müller von Niederelbert, der hatte sogar zwei Pferde, mit denen er auch seine Mühlenprodukte ausfuhr und die er auch im Feld auf der Sturch zur Feldarbeit einsetzte. Auch „Fritzchen“, ein Viehhändler aus Oberelbert, ließ sein Pferd hier beschlagen.

Die Oberelberter schickten häufiger Christian Dommermuth – der wegen seiner Fallhand und seines Hinkens von der Dorfbevölkerung auch despektierlich „Utschelappe“ genannt wurde - als Botengänger in die Schmiede. Er transportierte auch Pickel, Hacken und andere landwirtschaftliche Geräte, die zum Schärfen in die Schmiede gebracht werden mussten.

Sein Heimweg führte ihn immer über den Feldweg vorbei an H32 und H41, den ersten Kappesfelderweg (heute Gartenstraße) hinauf, über „de Hij“ (die Höhe), durch „de Seit“ (die Seitwiese) zurück nach Oberelbert“. [Anm. 10]

Anekdote: Prävention

„Mein erster Schultag, Ostern 1932.

Bereits im Vorfeld wurde über meine Einschulung gründlich debattiert. Neben meinem Elternhaus H3 stand die Dorfschmiede H4. Vor der Dorfschmiede traf sich häufig der „Politische Debattier-Klub“. Dazu zählten insbesondere: Der Prolet (Alois Ludwig H26), der pensionierte Regenschirm-Vertreter Jakob Herrmann H39 und Bernhard Müller H24. Die Frage war zu beantworten, wie wohl der kleine Otto Gombert mit seinem mageren Hinterteil die harten Schulbänke aushalten würde? Zu den bekannt gewordenen Antworten gehörte der Vorschlag, ihm die Hose mit Stroh auszustopfen oder aber ein Sofakissen halb mit „Haferkaff“ zu füllen und ihm dies in die Hose zu stecken. Wie dem auch sei, beide Vorschläge hatten den gewaltigen Vorteil, bei evtl. Strafaktionen des Lehrers dieses Körperteil besonders zu schützen. Jedenfalls, mein Interesse an der Schule und den dortigen Vorgängen war geweckt.“[Anm. 11] 

Was heute an der Stelle der Schmiede steht.[Bild: Reiner Dennebaum]

Die Schmiede H4 und das Wohnhaus H6 mit Scheune wurden 1989 abgerissen. Das Grundstück ging über an Willi Wirges, der dort ein Wohnhaus mit Büroräumen errichten ließ.

Das Foto aus dem Jahr 2017 zeigt das neu errichtete Wohnhaus an der Hauptstraße. Hinter der linken Giebelseite sieht man noch einen Teil von H5.

Autor: Reiner Dennebaum

Aktualisiert am: 25.10.2022

Anmerkungen:

  1. Gebäude-Steuer-Cataster für den Gemeinde-Bezirk Untershausen Herz. Naß. Amts Montabaur. Gebäudesteuer des Herzogthums Nassau. Amt Montabaur Gemeinde Untershausen. Special-Kataster über sämmtliche in dem Gemeindebezirk von Untershausen gelegenen Gebäude. mit Namen der Gebäudebesitzer und Vorbesitzer. Verzeichnis über die Grundfläche von Gebäuden und Hofraitheplätzen 1822-52, 40 S. HHStAW Abt. 234, Nr. 653. Zurück
  2. Ferdinand, Friedrich, H15: „Untershausen früher und jetzt“; handschriftliches Gebäudekataster. Das Original war mit Bleistift geschrieben und wurde später mit Kugelschreiber überschrieben. Es stammt aus dem Besitz von Ewald Ferdinand, Untershausen H11, 1928, S. 1- 41. Zurück
  3. Caspers, Hans Hermann: Freizeit-Maler von Aquarellen, insbesondere alte Untershäuser Gebäude, z. B. Aquarellzeichnungen von H3, Alte Schmiede und Spritzenhaus; H7/8, H23, Zehntscheune von H24, H31 u.a.; Hans Hermann Caspers verh. mit Else geb. Müller H24, Gartenbauingenieur grad., Duisburg. Zurück
  4. Ortsbering, die Gärten und die Wiesen. Lagerbuch von der Gemarkung Untershausen 1ter Band. Die Grundstücke mit den Hofraiten und Hausgärten sind als Flächen skizziert. Alle Grundstücke sind durchnummeriert; die Wege, z. B. Vicinalwege oder Nebenwege sind beschrieben. Montabaur, vom 3. Febr. 1846 (1806-1877), CD-Kopien 1-39 liegen vor. HHStAW Abt. 360 Untershausen (513), Nr. 3. S. 1-430. Zurück
  5. Grundsteuer des Herzogthums Nassau, Amt Montabaur, Gemarkung Untershausen, Spezial=Kataster über sämmtliche in landwirthschaftlicher Kultur stehende Liegenschaften obiger Gemarkung. Gärten, Äcker und Wiesen. Der Flächengehalt ist in Metermaß ausgedrückt, der Morgen besteht aus 100 Ruthen, die Ruthe aus 100 Schuhen. 1847. 600 S. HHStAW Abt. 360 (513), Nr. 1. Zurück
  6. s. Anm. 4. Zurück
  7. s. Anm. 1. Zurück
  8. Helmut Meuer, Daubach, ehem. Untershausen H12. Zurück
  9. s. Anm. 2. Zurück
  10. Otto Paul Gombert, Zeitzeuge, Keramikingenieur, Mettlach; ehem. Untershausen H3.  Zurück
  11. Otto Paul Gombert, Zeitzeuge, Keramikingenieur, Mettlach; ehem. Untershausen H3; Brief vom 31.07.2011. Zurück