0.Haus Nr. 41 "Gendarmerie" = Landjäger Birk, Gendarm Geest, Binder, Vollbach u.a., heute Hauptstraße 1
Dorfstraße 41 "Schandarm"
1928
„Haus Gendarm, gebaut 1927. Kreis Unterwesterwald.“[Anm. 1]
Der Name „Schandarm“ geht auf den Beruf der Person zurück, die in diesem Dienstgebäude wohnte und erreichbar war, auf die Berufsbezeichnung Gendarm. Das Gebäude gehörte dem Unterwesterwaldkreis und war das Dienstgebäude der örtlichen Gendarmerie, landläufig Gendarmerie-Posten Untershausen genannt.
Nach dem Ersten Weltkrieg war Deutschland von den Alliierten besetzt; dies dauerte bis 1930. Mitte der 1920er Jahre gab es im Regierungsbezirk Wiesbaden sowohl französische als auch britische Besatzungen. In der französisch besetzten Zone waren 58 Gendarmeriestationen aufgebaut mit 665 Gendarmen, davon 435 Franzosen und 240 Belgier; es gab Stationen u.a. in Diez, Höchst a. M, Hadamar, Montabaur und Oberlahnstein. 1926 war die französische Gendarmeriestation in Montabaur mit Brigadier Woigner und vier Gendarmen besetzt und für den Unterwesterwaldkreis und den besetzten Teil des Kreises Westerburg zuständig. Zu den Dienstaufgaben gehörten die Kontrolle der Personalausweise. Fahndungs- und Ermittlungsdienste waren selten erforderlich. Es sind „keine unliebsamen durch Gendarmen verursachte Ereignisse bekannt.“ [Anm. 2]
In den Jahren 1923–1925 verrichtete der Landjäger Konrad Grunewald mit Standort in Untershausen seinen Dienst. Er gehörte zur Landjägerabteilung Montabaur und wohnte zur Miete in Untershausen Haus Nr. 32. Sein Bezirk umfasste Untershausen, Daubach und Häusges-Mühle, Gackenbach, Dies und Kirchähr, Holler, Horbach und Weismühle, Hübingen, Stahlhofen, Niederelbert, Oberelbert sowie Welschneudorf mit Fischzucht. Zu seinen Aufgaben gehörten: Kontrollgänge mit evtl. Anzeigen zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung in den Ortschaften, Dienstaufsicht bei Kirchweihfesten oder Vereinsfeiern, Überprüfung der Fleischwaren der Metzgereien, Nachforschungen bei Diebstahl oder Verfolgen von Wilddieben usw. [Anm. 3] Im nahe gelegenen Niederelbert gab es 1929 einen Landjäger. [Anm. 4]
1929
Der „Landjäger a. Probe Birk in Untershausen wurde nach erfolgreichem Besuch der Landjägerschule in Einbeck zum 15.1.1929 planmäßig als Oberlandjäger angestellt.
Vom 30.1. bis 1.2.1929 nahm er an einem Schikurs in Gersfeld teil.“ [Anm. 5]
Auf dem Foto sieht man das Haus von Süden im Jahr 2009; im Hintergrund Montabaur.
1929 Im Unterwesterwaldkreis hatte die Gewerbepolizei regelmäßige „Revisionen“ gewerblicher Betriebe, die von besonderem gesundheitlichem Interesse waren, durchzuführen und evtl. einzuschreiten. Für Wandergewerbetreibende waren Wandergewerbescheine zu erstellen. Im Unterwesterwald gab es 14 Landjäger, z. B. in Eschelbach, Grenzhausen, Herschbach, Höhr, Niederelbert und Selters. [Anm. 6]
Anekdoten:
„In der Gendarmerie gab es zwei ganz scharfe Hunde: Herr und Hund, wobei letzterer auch noch Schafe unterm Dorf aus einer „Persch“ (Pferch) gerissen hat.“ [Anm. 7]
„Gendarm Birk kam mit seinem Fahrrad durchs Dorf und wurde von seinem Schäferhund begleitet. Als dieser Dickobs Katze erblickte, rannte er auf sie zu. Die Katze hatte es sich neben Theo Dickob auf der Bank vor dem Haus bequem gemacht. Aufgeschreckt von dem anrennenden Hund, versuchte sie an der Hauswand hochzuklettern, fiel aber herunter und landete beißend auf dem Rücken des Schäferhundes, was diesen zur sofortigen Flucht veranlasste.“
„Gendarm Birk versah seinen Dienst mit auffallender Strenge. Er rügte die Bauern, wenn sie bei einbrechender Dunkelheit keine Laterne an ihrem Fuhrwerk befestigt hatten oder wenn das Schild mit dem Familiennamen nicht unter dem Wagen angebracht war.“ [Anm. 8]
Stelldichein
Paul Born verabredete sich mit dem Dienstmädchen Bertha aus H18 zu einem Stelldichein in einer Fichtendickung unterhalb vom Gäulsweiher im Stelzenbachwald in der Nähe zu dem Weg, der nach Daubach führt. Von diesem Termin erfuhren auch andere Jungen. So auch Karl Ferdinand, der aber nur als Zuschauer hinter einem Baumstamm einen Teil des Geschehens verfolgen konnte. Jedenfalls wurde das Dienstmädchen schwanger. Wobei aber anscheinend unklar blieb, wer denn nun der zukünftige Vater war. Es wurde die Sittenpolizei eingeschaltet und es müssten auch entsprechende Unterlagen in Montabaur beim Gericht vorhanden sein. Aufsichtführende Personen: Gendarm Birk H41, Förster Velten H18, der Wirt Franz Daum H14 und der Hilfspolizist Nikolaus Frink H28 – Personen, die sich auch regelmäßig zum Kartenspiel in der Gastwirtschaft H14 trafen.
Verwechselung
Johann Frink H22, gen. Frenke Hanni, war 1939 vom damaligen Gendarm Birk auf Grund einer Verwechslung versehentlich zum Hilfspolizisten ernannt worden, eigentlich war aber dessen Bruder Nikolaus Frink H28 für diesen Dienst vorgesehen. [Anm. 9]
Nach Landjäger Birk versah in den 1940er Jahren der Gendarm Anton Geest seinen Dienst in Untershausen.
1942 Dienststelleninhaber des Gendarmerie-Einzelpostens Untershausen war Hauptwachmann Geest. Sein Dienstbezirk umfasste die Orte Bladernheim, Daubach, Ettersdorf, Gackenbach, Horbach, Hübingen, Stahlhofen und Untershausen [Anm. 10]; „von ihm wurde gemunkelt, dass er Angehöriger der Gestapo sei. Nach seiner Pensionierung wohnte er in H39.“ [Anm. 11]
Adam Gilles H6 war Hilfspolizist (Oberwachtmeister), ehe dann der Polizist Vollbach nach Untershausen kam, um dort seinen Dienst zu versehen. [Anm. 12]
1955 Die Gendarmerie-Station wurde von dem Gendarmerie-Meister Hans Vollbach geleitet und umfasste den Dienstbezirk mit den Ortshaften Bladernheim, Daubach, Elgendorf, Eschelbach, Ettersdorf, Gackenbach, Holler, Horbach, Horressen, Hübingen, Niederelbert, Oberelbert, Reckenthal, Stahlhofen, Untershausen, Welschneudorf und Wirzenborn; als Kraftfahrzeug der Dienststelle wurde ein privateigenes Kraftrad aufgeführt; [Anm. 13] s. a. Text: Haus Nr. 13: Die Windrose.
Hans Vollbach hatte vor dem Polizeidienst als Soldat gedient, wurde 1915 in Köln geboren und starb daselbst im Jahr 1955, Text und Foto lt. Totenzettel. Er war verheiratet mit Agnes geb. Schmid aus Oberelbert; das Ehepaar hatte die Tochter Gisela.
1956 verrichtete Oberwachtmeister Gustav Binder den Polizeidienst in Untershausen. [Anm. 14]
1961 Als Dienststellenleiter wird der Gendarmerie-Obermeister Hans Hering genannt; die Station hatte drei weitere Gendarmen, die aber nicht in Untershausen wohnhaft waren. Ihnen standen drei beamteneigene PKW zur Verfügung. Der Dienstbezirk umfasste 14 Ortschaften mit insgesamt 5.226 Einwohnern. [Anm. 15]
1965 am „Tag des Baumes“ ermahnte Gendarmerie-Obermeister Hering die Schulkinder, sorgfältig mit der Natur und insbesondere achtsam mit Feuer umzugehen, um keine Brände auszulösen. [Anm. 16]
1968 gehörte Untershausen zur Gendarmeriestation Neuhäusel und wurde bei der „Umorganisation der Polizei und Gendarmerie des Unterwesterwaldkreises“ im Jahr 1969 dem Gendarmerie-Kommando Unterwesterwald in Montabaur zugeordnet.
Das Gebäude wurde im Jahr 1974 an die Eheleute Gerhard und Anneliese Sieber verkauft. Gerhard Julius Sieber (1936–2015) geb. in Haida, Böhmisch Leipa; zuletzt wohnhaft in Ransbach-Baumbach; verheiratet mit Anneliese geb. Strauß (*1936) in Freiendiez; die Ehe wurde 1981 geschieden.
Das Ehepaar Sieber hat drei Söhne:
- Rolf Gerhard (*1955) in Diez, verheiratet mit Christine geb. Dennebaum, genannt Christa, aus Heiligenroth, wo das Paar auch wohnt
- Robert Mathias (*1959) in Großheubach am Main, wohnhaft in Eschweiler Ronald Christoph (*1966) in Holler, wohnhaft in Unterhausen /RSi/.
- Ronald Christoph (*1966) in Holler, wohnhaft in Unterhausen. [Anm. 17]
Anmerkungen:
- Ferdinand, Friedrich: Untershausen früher und jetzt. Handschriftliches Gebäudekataster für Untershausen mit den Namen der Hauseigentümer und teilweise deren verwandtschaftlichen Beziehungen und ihre wirtschaftliche Situation. Das Original, ein DIN A5-großes Schreibheft, war mit Bleistift geschrieben und wurde später mit Kugelschreiber überschrieben. Es stammt aus dem Besitz von Ewald Ferdinand, Untershausen H11, 1928, S. 1–41. Zurück
- Gendarmeriestationen der Besatzung. Allgemeine Akten der königlichen Regierung zu Wiesbaden, Abt. 1, Registratur 12 Frz.; HHStAW Bestand 405, Nr. 5431. Zurück
- Tagebuch des Landjägers Grunewald 1922-25. HHStAW Abt. 1199/92, Nr. 1. Zurück
- Bericht über die Verwaltung und den Stand der Kreiskommunalangelegenheiten des Unterwesterwaldkreises im Rechnungsjahr 1929. Aus den Unterlagen von Veterinärarzt Dr. Schirmer, Montabaur, in Besitz von Hans Schulze-Gahmen, Welschneudorf, S. 1–40. Zurück
- Bericht des Kreisausschusses des Unterwesterwaldkreises über die Verwaltung der Staats- und Kommunalangelegenheiten im Rechnungsjahr 1928. Unterlagen von Veterinärrat Dr. Schirmer, Montabaur, in Besitz von Hans Schulze-Gahmen, Welschneudorf, S. 1–39. Zurück
- Bericht über die Verwaltung und den Stand der Kreiskommunalangelegenheiten des Unterwesterwaldkreises im Rechnungsjahr 1929. Aus den Unterlagen von Veterinärarzt Dr. Schirmer, Montabaur, in Besitz von Hans Schulze-Gahmen, Welschneudorf, S. 1–40. Zurück
- Otto Paul Gombert, Zeitzeuge, Keramikingenieur, Mettlach; ehem. Untershausen H3. Zurück
- Theo Dickob, Zeitzeuge, Maler- und Anstreichermeister, Heiligenroth, ehem. Untershausen H7. Zurück
- Otto Paul Gombert, Zeitzeuge, Keramikingenieur, Mettlach; ehem. Untershausen H3. Zurück
- Öffentliche Sicherheit und Ordnung, Band 1, 1936-69. LHAK, Bestand 602,081 Nr. 27175, S. 25. Zurück
- Theo Dickob, Zeitzeuge, Maler- und Anstreichermeister, Heiligenroth, ehem. Untershausen H7. Zurück
- Manfred Laukart, Unterhausen H17. Zurück
- Dienststellenverzeichnis der Polizei und Gendarmerie nach dem Stand vom 15.1.1955. LHAK Bestand 443 Nr. 45, S. 18–19. Zurück
- Heimat-Adreßbuch Unterwesterwaldkreis 1956 nach amtlichen Unterlagen, Verlag H.E. Kasper, Köln; Stadtarchiv Montabaur. Zurück
- Organisation und Verwaltung der Gendarmeriestationen 1947-1969. LHAK Bestand 502 Nr. 1425, S. 4. Zurück
- Söllner, Georg: Entwurf einer Gemeindechronik von Untershausen bis 1987 mit den Themen Geschichte, Gemarkung, Schule, Erster Weltkrieg, Wasserleitung, Wirtschaftskrise, Steinbruch, Kraftpostlinie, Zweiter Weltkrieg, Wahlen, Bürgermeister, Landleben, Vereine, Bauland, kirchliches Leben, Wald. Maschinengeschriebenes Manuskript, Untershausen 1987, 36 S. Zurück
- Ronald Sieber, Unterhausen H41. Zurück