Rheinhessen

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bin

Karte 44: bin. Drenda, Georg: Kleiner linksrheinischer Dialektatlas. Sprache in Rheinland-Pfalz und im Saarland, S. 108.[Bild: Georg Drenda (IGL)]

Ein flektiertes (gebeugtes) Verb (Zeitwort) der Zeitstufe Präsens (Gegenwart) setzt sich im Standarddeutschen zusammen aus dem Wortstamm und einer Endung, die die grammatische Person anzeigt. Der Wortstamm bleibt bei allen Flexionsformen (in den meisten Fällen) gleich, wohingegen sich die Personalendung ändert, z. B.:

1. Person Singular    (ich) mach-e

2. Person Singular    (du) mach-st

3. Person Singular    (er/sie/es) mach-t

1. Person Plural        (wir) mach-en

2. Person Plural        (ihr) mach-t

3. Person Plural        (sie) mach-en

Das Verb sein hingegen weicht von dem üblichen Bildungsmuster ab:

1. Person Singular    (ich) bin

2. Person Singular    (du) bist

3. Person Singular    (er/sie/es) ist

1. Person Plural        (wir) sind

2. Person Plural        (ihr) seid

3. Person Plural        (sie) sind

Den Formen liegen zwei unterschiedliche historische Wurzeln zugrunde, die teilweise miteinander verschmolzen sind. Auf die indogermanische Wurzel *(e)s- gehen ist, seid und sind zurück. Die Ausdrücke bin und bist stellen Mischformen aus *(e)s- und einer weiteren indogermanischen Wurzel, nämlich *bheu‑/bhū- dar. Darüber hinaus ist eine dritte Wurzel an den Flexionsformen von sein beteiligt. Das Partizip Perfekt (Mittelwort der Vergangenheit) gewesen sowie alle Formen des Präteritums (einfache Vergangenheit) (ich war, du warst usw.) werden auf der Basis des althochdeutschen Wortes wesan (Grundlage ist indogermanisch *ues‑) gebildet. (Zum Indogermanischen vgl. die Einführung.)

Die Mehrzahl der deutschen Dialekte bildet die 1. Person Singular mit bin. Die Form kommt in verschiedenen lautlichen Ausprägungen vor, z. B. bün in Norddeutschland, bön um Düsseldorf, bi in Bayern, bee um Stuttgart. Daneben gibt es Dialekte, in denen die 1. Person Singular mit sein gebildet wird: ich sein. Auch in diesem Fall liegen verschiedene Varianten vor, z. B. säin in der Eifel, säi in Hessen, sie um Duderstadt und sen an der unteren Lahn. Von kleineren Arealen in Norddeutschland abgesehen, ist (ich) sein innerhalb einer Fläche belegt, deren Außengrenze eine gedachte Linie bildet, die in etwa folgende Punkte verbindet: Staatsgrenze bei Nordhorn – Osnabrück – Hannover – Duderstadt – Bad Arolsen – Bad Kissingen – Darmstadt – Kusel – Saarlouis – Staatsgrenze. In dieses sein-Gebiet sind bin-Areale eingelagert: ein großes zwischen Schleiden, Gummersbach und Xanten und ein kleines an der unteren Nahe.

Die Karte dokumentiert den südwestlichen Abschnitt der soeben beschriebenen sein/bin-Grenze. Im moselfränkischen sein-Gebiet lauten die Formen: (ich) säin/sain/seen/sään/sin/sen. In einem breiten Streifen zwischen St. Goar und Saarlouis wird sin oder (seltener) sen gesagt. Die ersterwähnte Form ist auch im Rheinfränkischen um Zweibrücken verbreitet. In Rheinhessen sind sain/soin, um Mainz sään belegt. Im bin-Areal weisen die südpfälzischen Dialekte auch ben auf.

Literaturverzeichnis

Die im Text erwähnte Literatur finden Sie hier (Literaturverzeichnis).

Hinweise zu den Karten

Lesen Sie hier Hinweise des Autors zum besseren Verständnis der Atlaskarten.

Mehr zum Thema

Der obenstehende Inhalt ist entnommen aus Georg Drenda (2008): Kleiner linksrheinischer Dialektatlas. Sprache in Rheinland-Pfalz und im Saarland. Stuttgart.

Zitierhinweis

[Begriff] (Kartennummer), in: Georg Drenda (2008): Kleiner linksrheinischer Dialektatlas. Sprache in Rheinland-Pfalz und im Saarland, digitalisierte Version auf Regionalgeschichte.net, < URL >, abgerufen am TT.MM.JJJJ.

z.B.: suchen (Karte 37), in: Georg Drenda (2008): Kleiner linksrheinischer Dialektatlas. Sprache in Rheinland-Pfalz und im Saarland, digitalisierte Version auf Regionalgeschichte.net, <https://www.regionalgeschichte.net/rheinhessen/sprache/dialektatlas-rlp-saar/begriffe-dialektatlas-rlp-saar/lautkarten/suchen.html>, abgerufen am 01.01.2022.