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etwas
Das Wort etwas wurde in dem Satz (Gelt,) du rufst, wenn du etwas fragen willst vom Mittelrheinischen Sprachatlas abgefragt. Das Ergebnis der Erhebung zeigt die Karte. Das Gebiet ist zweigeteilt. Der Norden hat jet, in der Mitte und im Süden ist etwas verbreitet.
Die Dialektform jet geht auf mittelhochdeutsch iht mit der Bedeutung ‘etwas’ zurück. (Nebenvarianten im Mittelhochdeutschen sind: icht, ieht, iet, ît u. a.) Das mittelhochdeutsche Wort hat keine unmittelbare Entsprechung in der neuhochdeutschen Standardsprache. Lediglich in den Ausdrücken nicht und nichts – das n ist Rest einer Negationspartikel – finden sich Reflexe des mittelhochdeutschen Wortes. Nicht(s) bedeutet also ursprünglich ‘nicht etwas’. Das nördliche Moselfränkische bewahrt mit jet den alten Ausdruck, hat jedoch i durch j ersetzt, was bei der mittelhochdeutschen Lautverbindung ie (sprich: i‑e) am Wortanfang bereits im 14. Jahrhundert erfolgt ist. Das h in der Wortmitte kann schon im Mittelhochdeutschen ausfallen, wie die oben aufgeführten historischen Belege zeigen.
Neben iht usw. hat das Mittelhochdeutsche die Form et(e)waa, die im heutigen Standarddeutschen als etwas und in den Dialekten unseres Gebietes als ebbes fortexistiert. Die Lautverbindung tw verändern die Dialekte zwecks leichterer Aussprache zu b. Das unbetonte a der Nebensilbe wird zum Murmelvokal e abgeschwächt (vgl. auch z. B. Bagges ‘Backhaus’ (Karte 42), Händsche ‘Handschuh’(Karte 54) sowie Dummhet ‘Dummheit’).
Im ebbes-Gebiet, und hier fast ausschließlich in der Pfalz, kommt zuweilen auch was vor. Der Ausdruck ist ursprünglich nicht dialektal. Er ist ein „Import“ aus der Umgangssprache, das ist jener Bereich, der zwischen Dialekt und Standardsprache angesiedelt ist.
Die Sprachkarte basiert auf der in der ersten Hälfte der 1980er Jahre durchgeführten Mittelrheinischen Sprachatlas-Befragung über siebzigjähriger Gewährspersonen. Sie dokumentiert also den alten Dialekt. Die damals ebenfalls erhobenen Sprachdaten dreißig- bis vierzigjähriger Dialektsprecher ergeben folgenden Befund:
1. Die jet/etwas-Isoglosse bleibt in ihrem Verlauf so gut wie unverändert.
2. Die wenig zahlreichen, auch vom Pfälzischen Wörterbuch verzeichneten was-Belege in der Pfalz verschwinden zugunsten von ebbes. Das heißt: Die jüngeren Sprecher akzeptieren die „moderne“ Form nicht. Sie reaktivieren das alte, ursprüngliche Dialektwort ebbes und passen somit ihre Sprache an die großlandschaftliche Norm an. Es scheint, dass ebbes ein Kennwort des Regionaldialekts ist, über das man seine landschaftliche Zugehörigkeit zeigt. Dieser Befund lässt sich als ein unter mehreren Argumenten gegen die häufig vertretene These vom Abbau der Dialekte heranziehen.
3. Im Hunsrück zwischen Koblenz, Bernkastel-Kues und St. Goar treten gehäuft was-Belege auf. Hier scheint sich die neuere Form bei den jungen Dialektsprechern auszubreiten. Die Gründe für diese Entwicklung sind noch nicht erforscht.
Literaturverzeichnis
Die im Text erwähnte Literatur finden Sie hier (Literaturverzeichnis).
Hinweise zu den Karten
Lesen Sie hier Hinweise des Autors zum besseren Verständnis der Atlaskarten.
Der obenstehende Inhalt ist entnommen aus Georg Drenda (2008): Kleiner linksrheinischer Dialektatlas. Sprache in Rheinland-Pfalz und im Saarland. Stuttgart.
Zitierhinweis
[Begriff] (Kartennummer), in: Georg Drenda (2008): Kleiner linksrheinischer Dialektatlas. Sprache in Rheinland-Pfalz und im Saarland, digitalisierte Version auf Regionalgeschichte.net, < URL >, abgerufen am TT.MM.JJJJ.
z.B.: suchen (Karte 37), in: Georg Drenda (2008): Kleiner linksrheinischer Dialektatlas. Sprache in Rheinland-Pfalz und im Saarland, digitalisierte Version auf Regionalgeschichte.net, <https://www.regionalgeschichte.net/rheinhessen/sprache/dialektatlas-rlp-saar/begriffe-dialektatlas-rlp-saar/lautkarten/suchen.html>, abgerufen am 01.01.2022.