Pfalz

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Karte 80.1 ‘Pflaumenmus’, Georg Drenda: Wortatlas für Rheinhessen Pfalz und Saarpfalz, S. 306. [Bild: Georg Drenda (IGL)]

Pflaumenmus

Den bei weitem größten Teil des Untersuchungsraums nimmt die Bezeich­nung Latwerge (dialektal Ladwersch u. ä.) ein. Zweimal wird die Zusammenset­zung Zwetschenlatwerge (dialektal Quetschelattwerch) gemeldet. Das (Grund‑) Wort – mittelhochdeutsch latwāje, latwērge usw. – ist aus lateinisch ēlect(u)ārium ‘Heilsaft’ entlehnt. Dieses geht auf griechisch ekleiktón ‘(flüssige) Arznei’ (zu griechisch ekleíchein ‘auslecken’) zurück. Latwerge bezeichnete dementsprechend im Deutschen zuerst eine breiige Arzneiform, die aus pulverisierten Heilsub­stanzen und Obstmus, Sirup oder Honig gemischt war. Der süß-nahrhafte Bestandteil hatte die Aufgabe, den kranken Organismus zu stärken und wohl auch die manchmal unangenehm, vor allem bitter schmeckenden Wirkstoffe der Zubereitung abzumildern. Später wurde das Wort nur auf die süße Ingre­dienz der Arzneimischung bezogen und die Bedeutung schließlich auf alle musartigen Fruchtzubereitungen, vor allem aus Pflaumen/ Zwetschen aus­geweitet.

Latschmiere (dialektal Latschmeer u. ä.) ist eine Wortkreuzung von Lat­werge und Schmiere. Das letztgenannte Substantiv bezeichnet im Westpfäl­zischen unter anderem den Brotaufstrich, besonders die Marmelade. Das Wort stellt eine Rückbildung aus dem Verb schmieren dar, das aus dem No­men Schmer ‘Schweinefett’ abgeleitet ist. Die Ausgangsbedeutung von schmieren ist somit ‘mit Fett versehen’. Schmiere erscheint in den Dialekten häufig auch in Zusammensetzungen, z. B. Erdbeerschmiere ‘Erdbeermar­melade’ und Süßschmiere ‘Marmelade’ (vgl. auch Karte 81.1. Quark).

Leckschmiere (dialektal Leckschmeer) ist wohl als volksetymologische Um­deutung von Latschmiere anzusehen. Da der erste Bestandteil Lat- seman­tisch nicht transparent ist, wird er zu Leck- (vom Verb lecken) uminter­pretiert.

Nur in der Südostpfalz sind Traubenmus (dialektal Drauwemus u. ä.) sowie, daraus verkürzt, Traumus (dialektal Draumus u. ä.) belegt. Das Kompositum be­zeichnete ursprünglich das aus Traubenmost unter Beigabe von Pflaumen oder Birnen hergestellte Mus. Später erfolgte die Ausweitung des Begriffs auf jedes Obstmus, besonders das Pflaumenmus. Das Wort Mus ‘Brei’ ge­hört zu germanisch *mat- ‘Speise’. Noch mittelhochdeutsch muos bedeutet ‘Essen, Mahlzeit’ neben ‘breiartige Speise, Gemüse’ (dies bereits seit dem Althochdeutschen).

Eine weitere Zusammensetzung mit ‑mus stellt Zwetschenmus (dialektal Quetschemus u. ä.) dar. Das Kompositum kommt ebenfalls nur in der Süd­ostpfalz vor wie auch das zweimal belegte Simplex Mus.

Bereits ins Elsässische verweist Zwetschenschleckel (Dialektbeleg: Quetscheschleggel). Das Grundwort ist dort die übliche Dialektbezeichnung für das Obstmus, besonders das Pflaumenmus. Der Ausdruck ist eine Ablei­tung vom Nomen Schleck ‘Leckerbissen’, das sich verbreitet in den oberdeutschen Dialekten findet. Das Wort lässt sich in gleicher Bedeutung für das Mittelhochdeutsche (slec) nachweisen, ist aber nicht in die neuhochdeutsche Standardsprache übergegangen. Schleck ist eine Bildung zu dem Verb schlecken ‘naschen, lecken’, das ety­mologisch mit lecken zusammenhängt.

Südlich von Worms ist zweimal Zwetschenbrei (dialektal Quetschebrei) be­legt. Das Kompositum wird jeweils als Variante neben Latwerge gemeldet. Es spricht einiges dafür, dass die Ausdrücke semantisch differenziert sind. Im Gegensatz zur Latwerge ist der Zwetschenbrei zum sofortigen Verzehr bestimmt. Das Wort Brei gehört mit brühen und brauen zu der Wurzel indogermanisch *bher(ə)- ‘aufwallen, sieden, in heftiger Bewegung sein’. Somit ergibt sich für Brei die Ausgangsbedeutung ‘Gekochtes, Sud’.

In den Zusammensetzungen Zwetschenlatwerge, Zwetschenmus, Zwet­schenbrei und Zwetschenschleckel tritt als Bestimmungswort Zwetsche- (dialektal Quetsch‑) auf. Der Ausdruck, seit dem 15. Jh. nachgewiesen, ist aus dem romanischen davascena entlehnt, das auf lateinisch damascēna ‘Pflaume aus Damaskus’ beruht. (Die veredelten Pflaumensorten stammten aus Damas­kus.)

Literatur- und Ortskürzel-Verzeichnis

Die im Text erwähnte Literatur (Literaturverzeichnis) sowie eine Aufschlüsselung der Ortskürzel (Belegorteverzeichnis) finden Sie unter den entsprechenden Links. 

Mehr zum Thema

Der obenstehende Inhalt ist entnommen aus Drenda, Georg (2014): Wortatlas für Rheinhessen, Pfalz und Saarpfalz. St. Ingbert.

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