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ernten (Kartoffeln)
Die Bezeichnungen für die Tätigkeit des Erntens von Kartoffeln kommen teilweise in einer doppelten Form vor, nämlich zum einen als einfaches Verb und zum anderen als Zusammensetzung mit einem Verbzusatz. Die Wörter raffen und lesen sind mit der Vorsilbe auf- als aufraffen (dialektal uffraffe sowie auflesen (dialektal ufflese) belegt, und hacken tritt mit aus- als aushacken (dialektal aushagge u. ä.) auf. Das Wort machen jedoch erscheint ausschließlich mit Verbzusatz als ausmachen und rausmachen.
Das Element auf- markiert bei den vorliegenden Verben eine nach oben gerichtete Bewegung, aus- kennzeichnet eine Bewegung von etwas weg. In rausmachen stellt die Vorsilbe eine Kürzung von heraus dar, das für eine Bewegung von (dr)innen nach (dr)außen (zum Sprecher hin) steht. Bei den Konstruktionen mit auf- (aufraffen, auflesen) liefert das Aufheben und Einsammeln der auf dem Erdboden liegenden Kartoffeln das Motiv für die Bildung. Im Falle von (r)aus- ((r)ausmachen, aushacken) ist die Tätigkeit des Ausgrabens aus dem Erdreich maßgebend.
Das Verb machen, das heute zahlreiche Bedeutungen aufweist (u. a. ‘erzeugen, durchführen, bewirken, ergeben’) hat den Vorläufer indogermanisch *maǵ- mit der ursprünglichen Bedeutung ‘kneten’, wobei in den Einzelsprachen semantische Spezialisierung für verschiedene handwerkliche Tätigkeiten erfolgte. Im Germanischen bezieht sich das Wort auf das ‘Verschmieren (von Hauswänden) mit Lehm’. Noch im Althochdeutschen wird das Verb im Sinne von ‘zusammenfügen, ‑bringen’ und dann ‘verfertigen’ gebraucht, bevor über ‘bewirken, zuwege bringen’ das heutige Bedeutungsspektrum ausgebildet wird.
Das Verb raffen hat in den Dialekten des Arbeitsgebietes die Bedeutungen 1. ‘hastig, gierig an sich reißen’ und 2. ‘etwas vom Boden aufheben, auflesen, sammeln’. In dem zweiten Sinne wird das Wort in der neuhochdeutschen Standardsprache nicht verwendet. Aber die Bedeutung scheint zu dem seit dem 14. Jh. belegten Verb ursprünglich gehört zu haben. In niederländisch rapen, das in diesen etymologischen Zusammenhang gehört – gemeinsame Grundlage stellt germanisch *hrap- dar – ist der Wortinhalt ‘(ein)sammeln’ bewahrt.
Das Verb lesen hat als germanisch *les‑a- die Bedeutungen ‘(ein)sammeln, auflesen’. Schon früh kommt der Inhalt ‘Geschriebenes lesen’ hinzu. Für althochdeutsch lesan ist er belegt. Einfluss übte lateinisch legere aus mit den Bedeutungen 1. ‘auflesen, (ein)sammeln auswählen’ und 2. ‘Geschriebenes lesen’. Zwischen beiden steht der vermittelnde Sinn ‘durchgehen, ‑wandern, ‑laufen’. ‘Geschriebenes lesen’ ist also zu verstehen als das ‘„Wandern“ der Augen durch die Schriftzeichen’. Das Wort lesen ist in den zwei Bedeutungen ‘auflesen (ein)sammeln’ sowie ‘Geschriebenes lesen’ sowohl in der neuhochdeutschen Standardsprache als auch in den Dialekten geläufig.
Während hinter (auf)raffen und (auf)lesen das Einsammeln der Kartoffeln als Motiv steht, liefert bei (aus)hacken wie bei (r)ausmachen die Tätigkeit, die dem Einsammeln vorausgeht, die Benennungsgrundlage. Mit hacken ist hier das Ausgraben der Kartoffeln mit einem Gerät gemeint. Das Wort hacken wird auf Tätigkeiten bezogen, bei denen es darum geht, etwas mit schlagenden Bewegungen zu zerkleinern, zu spalten oder zu lockern (vgl. Zwiebeln, Holz, Beete hacken). Das Verb geht auf westgermanisch *hakk‑ō- ‘hacken’ zurück. Die ursprüngliche Bedeutung ist 1. ‘aushacken (des Auges, bei Vögeln)’ (so auch noch heute), 2. ‘in den Fuß stechen (von der Schlange)’ sowie 3. ‘ab‑, auseinanderschlagen’.
Wie bei (aus)hacken so liefert auch bei zackern (dialektal zaggre) das Ausgraben der Kartoffeln das Motiv für die Bezeichnung der Tätigkeit. Das Verb ist eine Verschmelzung und Verkürzung von zu Acker (gehen/fahren) und seit dem 15. Jh. bezeugt. Das Wort trägt in den Dialekten die Hauptbedeutung ‘pflügen’. Aus dem Bezug auf das Kartoffelernten lässt sich schließen, dass das Herauslösen der Knollen aus dem Erdreich auch mit Hilfe eines Pflugs (und nicht nur der Hacke) üblich war.
Literatur- und Ortskürzel-Verzeichnis
Die im Text erwähnte Literatur (Literaturverzeichnis) sowie eine Aufschlüsselung der Ortskürzel (Belegorteverzeichnis) finden Sie unter den entsprechenden Links.
Der obenstehende Inhalt ist entnommen aus Drenda, Georg (2014): Wortatlas für Rheinhessen, Pfalz und Saarpfalz. St. Ingbert.