Pfalz

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Karte 56.1 ‘Peitsche’, Georg Drenda: Wortatlas für Rheinhessen Pfalz und Saarpfalz, S. 230. [Bild: Georg Drenda (IGL)]

Peitsche

Das ursprüngliche Wort für die Peitsche des Wagenlenkers ist in den meisten hochdeutschen Dialekten Geißel. Der althochdeutsche Vorläufer ist geisila, hervorgegangen aus germanisch *gaiza- ‘Speer, Ger’, dem ein ‑l-Suffix, das häufig Geräte bezeichnet (vgl. neuhochdeutsch Meißel, Knüppel usw.), angehängt wurde. Das Wort Peitsche stammt nicht aus dem Germanisch-Deutschen. Es ist aus dem Westslawi­schen entlehnt und erstmals im Spätmittelhochdeutschen (14. Jh.) bezeugt. Grundlage ist ein Verb mit der Bedeutung ‘schlagen’. Peitsche ist aus dem Ostmitteldeutschen, wo es zuerst auftrat, ins Niederdeutsche und in einem breiten Streifen entlang des Mains bis auf die linke Rheinseite zwischen Bacharach und Karlsruhe vorgedrungen. Auch in Niederösterreich ist das Wort dialektal verankert.

Im Sprachmaterial des Atlasses sind für Peitsche zumeist die Belege Beitsch und Beidsch (mit Konsonantenschwächung) vertreten, seltener ist Peitsch. Für Geißel werden bis auf eine Ausnahme (Gasel) Varianten mit ‑sch- gemeldet: Geschel, Gäschel u. ä. Für die Entwicklung von ‑s- (althochdeutsch gaisila) zu ‑sch- könnte ein eingeschobenes (epenthetisches) ‑t- verantwort­lich sein, das nach ‑s- eingefügt und später wieder getilgt wurde. (Im Pfälzi­schen wird die Lautfolge st auch im In- und Auslaut zu scht, vgl. z. B. Kaschte ‘Kasten’, fescht ‘fest’). Unterstützt wird die Vermutung durch die erhobenen Belege mit erhaltenem ‑t‑: Gäschdel usw. (mit der für das Rheinfränkische typischen Schwächung von t zu d). Vereinzelt kommen Meldungen mit ‑r- vor: Gärschel, Garschel u. ä. sowie Gerschdel (hier zusätzlich mit ‑d‑).

Die Annahme eines in den Wortkörper eingeschobenen ‑t- kann aller­dings nicht zur Erklärung von Geschel-Formen im nordhessisch-thüringi­schen Raum (vgl. Deutscher Wortatlas 12, 8) herangezogen werden, da dort die regelhafte Entwicklung von ‑st(‑) zu ‑scht(‑) unterblieben ist. Möglicherweise handelt es sich deshalb bei den Geißel-Varianten mit ‑sch- um einen Reflex der sch-ähnlichen Aussprache von mittelhochdeutsch s, die in den Dialekten bei dem Wort be­wahrt blieb.

In Bechhofen (Be; bei Homburg) lautet der Dialektbeleg Gaitschel. Es scheint hier eine Wortkreuzung von Beitsch und Gäschel vorzuliegen.

Neuhochdeutsch Gerte lässt sich über althochdeutsch gerta, westgermanisch *gazdjō- auf indogermanisch *ghazd- zurückführen. Die Bedeutung ist über die Sprachstufen hinweg kon­stant ‘Rute, Stab, Stecken’. Gerte (dialektal Gert) als Bezeichnung für die Peit­sche ist im Atlasgebiet viermal belegt, davon einmal als Zweitglied im Kompositum Gaulsgerte (zu Gaul vgl. Karte 34.1.). Bobenheim (Bh; südl. Worms) gibt neben Gert die Variante Bertsch an. Möglicherweise ist diese Form durch Wortkreuzung von Gert und Beitsch entstanden.

Literatur- und Ortskürzel-Verzeichnis

Die im Text erwähnte Literatur (Literaturverzeichnis) sowie eine Aufschlüsselung der Ortskürzel (Belegorteverzeichnis) finden Sie unter den entsprechenden Links. 

Mehr zum Thema

Der obenstehende Inhalt ist entnommen aus Drenda, Georg (2014): Wortatlas für Rheinhessen, Pfalz und Saarpfalz. St. Ingbert.

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