Pfalz

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Karte 81.1 ‘Quark’, Georg Drenda: Wortatlas für Rheinhessen Pfalz und Saarpfalz, S. 310. [Bild: Georg Drenda (IGL)]

Quark

Das im Standarddeutschen übliche Wort Quark ist im Arbeitsgebiet des At­lasses dialektal nicht verankert. Obwohl der Ausdruck ein Handelswort ist, hat er erstaunlicherweise so gut wie überhaupt keinen Eingang in den rhein­hessischen und pfälzischen Dialektraum gefunden. Ein einziger Beleg findet sich östl. St. Wendel. Quark ist im Spätmittelhochdeutschen als twarc und im Frühneuhochdeutschen mit der Lautentwicklung von tw- zu kw- als quarc vertreten. Das Wort ist eine Entlehnung aus dem Slawischen, vgl. beispielsweise polnisch twaróg, tsche­chisch tvaroh, beide ‘Quark’.

Die häufigsten Bezeichnungen in den Dialekten des Untersuchungs­areals sind weicher Käse (dialektal wäächer Kees u. ä.) im Norden sowie weißer Käse im übrigen Gebiet. Auch das einfache Wort Käse ohne spezifizieren­den Zusatz ist üblich. Das lässt sich damit erklären, dass der Quark bis weit in das 20. Jh. hinein die einzige heimisch hergestellte Frischkäsesorte mit allgemeiner Verbreitung war, so dass eine genaue sprachliche Differenzie­rung nicht vorgenommen werden musste. Der Quark wurde von den Bauern selbst hergestellt. Seine Grundlage bildete die ungekochte Milch, die man gerinnen ließ und von der anschließend die festen Teile abgesondert wurden. Das Nomen Käse (althochdeutsch kasi) beruht auf einer frühen Entlehnung aus lateinisch cāseus ‘Käse’. Dieses hängt mit einem Ausdruck für ‘Gärung, Gärmittel’ zu­sammen. Mit dem lateinischen Wort haben die Germanen die Labkäsebereitung übernommen. Zuvor kannten sie nur den aus saurer Milch gewonnenen Weichkäse (Quark), dessen altnordische Bezeichnung ostr sich in schwedisch ost ‘Käse’ findet.

Die Bezeichnung weißer Käse ist durch die Farbe des Produkts moti­viert. Das Adjektiv neuhochdeutsch weiß hat sich aus germanisch *hweita- über althochdeutsch (h)wīӡ und mittelhochdeutsch wīӡ – alle mit der heutigen Bedeutung – entwickelt. Auch die Be­nennung weicher Käse ist motiviert, nämlich durch die Konsistenz des Pro­dukts. Das Pendant zu dem so bezeichneten Käse bildet die harter Käse ge­nannte Spezialität. Damit ist das im Rhein-Main-Gebiet als Handkäse, an­dernorts als Harzer, Korb‑, Spitzkäse usw. verbreitete Nahrungsmittel ge­meint, solange es sich im festen, unvergorenen Zustand befindet. Dieses Milcherzeugnis wurde früher auf den Bauernhöfen hergestellt, indem man den Quark mit Händen (wohl deshalb: Handkäse) zu Portionen formte und anschließend auf der Fensterbank trocknen ließ. Wenn der harte Käse durch­gegoren ist, spricht man je nach Reifegrad und Gegend vom angelaufe­nen/faulen/scharfen Käse. Das Adjektiv weich hat sich aus germanisch *waika- ‘weich, schwach’ (vgl. englisch weak ‘schwach’) entwickelt. Es gehört zu indogermansich *ṷeig- ‘biegen, winden, sich wenden, weichen’.

Es war früher sehr beliebt, den Quark mit Rahm (Milch), Salz, Pfeffer und auch Schnittlauch oder Kümmel zu verrühren und zu Pellkartoffeln, vor allem aber als Brotaufstrich zu verzehren. Aus dieser Verwendungsweise er­gab sich der Ausdruck Schmierkäse, der sich vornehmlich in den Mainzer Stadtteilen findet. Das Kompositum bezieht sich nicht nur auf den ange­machten Quark, sondern auch auf das nicht verarbeitete Ausgangsprodukt. In der Westpfalz kommt Käseschmiere (dialektal Käässchmeer u. ä.) vor (vgl. zu Schmiere auch Karte 80.1. Pflaumenmus). Das Verb schmieren ‘(be)strei­chen, einfetten’, von dem die entsprechenden Komponenten von Schmier­käse und Käseschmiere abgeleitet sind, geht auf germanisch *smerwija- ‘mit Fett versehen’ zurück. Das Verb ist aus dem Substantiv germanisch *smerwa ‘Fett’ ab­geleitet, das sich zu neuhochdeutsch Schmer ‘rohes Schweinefett’ entwickelt hat (vgl. auch Schmerbauch).

Aus Maximiliansau (Mx) in der äußersten Südostpfalz wird neben wei­ßer Käse die Variante Bibbeleskäse gemeldet. Der hier singulär erschei­nende Ausdruck findet eine flächenhafte Fortsetzung rechts des Rheins. Im Ostfränkischen und Alemannischen ist das Wort weit verbreitet. Die erste Kompositumskomponente bildet der Dialektausdruck für das Küken. Dieser heißt in der Pfalz Bibel, Bibil u. ä. Den Varianten liegen die mit dem ‑l-Di­minutivsuffix versehenen kindersprachlichen Bezeichnungen des Huhns zugrunde, die Bib, Bibib, Bibi usw. lauten. Es sind dies lautmalerische Bil­dungen, die aus dem Lockruf für das Huhn resultieren. Man erklärt das Wort Bibeleskäse damit, dass in den Wortverbreitungsgebieten die Küken mit Quark gefüttert wurden.

Bei dem zweimal genannten Wort Schichtkäse, einmal davon als Vari­ante neben weicher Käse, handelt es sich um eine neuere Übernahme aus dem Standarddeutschen. Das unter der Handelsbezeichnung Schichtkäse vertriebene Produkt ist ein Erzeugnis moderner Molkereiwirtschaft.

Literatur- und Ortskürzel-Verzeichnis

Die im Text erwähnte Literatur (Literaturverzeichnis) sowie eine Aufschlüsselung der Ortskürzel (Belegorteverzeichnis) finden Sie unter den entsprechenden Links. 

Mehr zum Thema

Der obenstehende Inhalt ist entnommen aus Drenda, Georg (2014): Wortatlas für Rheinhessen, Pfalz und Saarpfalz. St. Ingbert.

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